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Heizungswende

„Es gab flächen­deckend starke Preis­steigerungen“

Peter Kafke: „Wir haben den Eindruck, dass sich der Markt langsam wieder beruhigt. Der ganz große Druck ist raus.“

vzbv

Peter Kafke: „Wir haben den Eindruck, dass sich der Markt langsam wieder beruhigt. Der ganz große Druck ist raus.“

Was kostet aktuell ein Heizungstausch? Dieser Frage geht die Energieberatung der Verbraucherzentrale bereits seit 2021 nach. Jedes Jahr werden bundesweit die durchschnittlichen Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie kleinere Mehrfamilienhäuser erhoben. Über die teils drastischen Preissteigerungen der letzten Jahre sprach Tim Geßler aus der Redaktion Wärmewende für die SBZ mit Stefan Materne und Peter Kafke von der Energieberatung der Verbraucherzentrale.

SBZ: Im Januar 2021, als Sie die Erhebung der Heizungspreise zum ersten Mal durchgeführt haben, war gerade das erste Jahr der Corona-Pandemie vorbei. Waren das noch die vorher üblichen Marktpreise oder gab es da schon Abweichungen?

Stefan Materne: Aus unserer Sicht nein – die Marktpreise, die wir zu Beginn 2021 erfasst haben, entsprachen im Wesentlichen dem Niveau, das vor Corona über Jahre hinweg stabil war. Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe lag damals bei rund 20.000 Euro, ein Gas-Brennwertheizkessel bei etwa 10.000 Euro. Diese Werte spiegeln die damalige Marktsituation ziemlich gut wider.

Das zeigen auch interne Schätzungen auf Basis unserer Erfahrung und von Rückmeldungen aus der Beratung, die wir bereits ein Jahr zuvor gemacht hatten – eine Art Vorläufer der späteren echten Markterhebung. Die deutlichen Preissprünge kamen also wirklich erst in den Folgejahren.

„Bis Ende 2022 waren die Preis­steiger­ungs­raten besonders hoch.“

Die großen Verwerfungen der letzten fünf Jahre haben die Preise für Wärmeerzeuger erheblich in die Höhe getrieben. Sie sind seit Januar 2021 im Durchschnitt um 69 % gestiegen.

TG / Daten: vzbv

Die großen Verwerfungen der letzten fünf Jahre haben die Preise für Wärmeerzeuger erheblich in die Höhe getrieben. Sie sind seit Januar 2021 im Durchschnitt um 69 % gestiegen.

SBZ: Wenn man zum Anfang 2021 zurückblickt: Wie haben sich die Preise seitdem entwickelt? Und was waren die Ursachen?

Peter Kafke: Von Beginn unserer Erhebung bis Ende 2022 waren die Preissteigerungsraten besonders hoch. In den folgenden zwei Zeiträumen sind diese dann Jahr für Jahr zurückgegangen – zumindest prozentual. Aber die Preise sind natürlich weiter gestiegen. Insgesamt haben wir aber den Eindruck, dass sich der Markt langsam wieder beruhigt. Der ganz große Druck ist raus, und die extremen Preisausschläge wie 2022 sehen wir heute nicht mehr.

Diese Entwicklungen hatten natürlich vielfältige Ursachen. Da während Corona zunächst öffentliche Aufträge ausblieben, hatten viele Handwerksbetriebe plötzlich Kapazitäten für private Kunden. Gleichzeitig haben viele Menschen im Homeoffice angefangen, ihre Wohnsituation zu hinterfragen und in die Haustechnik investiert.

Der entscheidende Wendepunkt kam aber mit dem Krieg in der Ukraine. Der hat nicht nur Unsicherheit erzeugt, sondern auch das Bewusstsein geschärft: Fossile Energien sind politisch und wirtschaftlich riskant. Als dann noch die politischen Signale zur Dekarbonisierung deutlich wurden – Stichwort „Klimaneutralität bis 2045“ – war klar: Die Wärmewende ist ernst gemeint. Das führte zu einem Nachfrageschub bei klimafreundlichen Heiztechniken – insbesondere bei Wärmepumpen.

„Es sind nicht nur die Erneuer­baren. Auch fossile Heiz­ungen sind deut­lich teurer geworden.“

Stefan Materne: „Das war schon ein krasser Umschwung, vor allem hin zu Wärmepumpen, aber auch zu Biomasse-Heizkesseln.“

Pablo Castagnola / vzbv

Stefan Materne: „Das war schon ein krasser Umschwung, vor allem hin zu Wärmepumpen, aber auch zu Biomasse-Heizkesseln.“

Materne: Das sehen wir auch in unseren Zahlen und in den Rückmeldungen aus unseren Beratungen. Viele Menschen wollten plötzlich raus aus Gas und Öl – selbst wenn ihre Anlagen noch relativ neu waren. In den Beratungsprotokollen lesen wir von Fällen, wo zwei Jahre alte Gasheizungen freiwillig ersetzt wurden. Das war schon ein krasser Umschwung, vor allem hin zu Wärmepumpen, aber auch zu Biomasse-Heizkesseln. Und das hat natürlich die Preise getrieben.

Der Markt war dadurch überhitzt. Es gab einen Wechseldruck, getrieben durch politische Vorgaben und die gesellschaftliche Erwartung. Gleichzeitig fehlten im Handwerk die Installationskapazitäten. Die Folge waren hohe Preise, teilweise auch überzogen hoch. Einfach weil man sie realisieren konnte. Dazu kommt die Struktur des Vertriebs: Wenn auf jeder Stufe – Hersteller, Großhandel, Handwerk – jemand mitverdienen will, treibt auch das die Preise.

Und später hat der politische Aktionismus viele verunsichert. Manche haben dann doch lieber nochmal eine neue Gasheizung eingebaut. Wobei es bemerkenswert ist, dass die Preissteigerung nicht nur die erneuerbaren Systeme betraf. Auch fossile Heizungen – also Gas- und Ölkessel – sind deutlich teurer geworden und liegen bei den Preissteigerungen nicht weit hinter den Erneuerbaren.

„Wenn der Wärmepumpenabsatz wieder steigt, besteht die Hoffnung auf sinkende Preise.“

Entwicklung der Kosten für den Heizungstausch vom Erhebungsanfang (je nach Heiztechnik 2021 oder 2022) bis Mai 2025. Deutlich zu erkennen sind die großen Preissprünge (rot) im Jahr 2022 aufgrund der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine.

JV / Daten: vzbv

Entwicklung der Kosten für den Heizungstausch vom Erhebungsanfang (je nach Heiztechnik 2021 oder 2022) bis Mai 2025. Deutlich zu erkennen sind die großen Preissprünge (rot) im Jahr 2022 aufgrund der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine.

SBZ: Wie fällt Ihre Prognose für die kommenden Jahre aus? Könnten die Preise wieder sinken?

Materne: Das ist natürlich ein Blick in Glaskugel. Die Entwicklung hängt von vielen Faktoren ab, die sich gegenwärtig kaum kalkulieren lassen. Maßgeblich sind sicher die Gesetzgebung und die Förderlandschaft. Da traue ich mir aktuell keine Prognose zu.

Klar ist für mich, dass die Wärmepumpe gegenwärtig am Markt zu teuer angeboten wird. Unter stabilen Rahmenbedingungen könnte sich der Absatz hier aber wieder deutlich erhöhen. Dann würden die hohen Stückzahlen auch preisdämpfend wirken. Das gilt ebenfalls, wenn dann noch mehr Handwerker Wärmepumpen installieren. So bestünde zumindest die Hoffnung auf sinkende Preise.

Kafke: Ich bin vorsichtig optimistisch. Die Sondereffekte, die die Preise so stark getrieben haben – Lieferschwierigkeiten, Materialknappheit, Nachfrageüberhang – sind mittlerweile vorbei. Jetzt kann sich der Markt wieder korrigieren und ich glaube, dass sich der Heizungsmarkt in den nächsten Jahren wieder an die allgemeinen Preissteigerungsraten angleichen wird. Falls es also nicht wieder zu unvorhersehbaren Ausnahmesituationen kommt, ist aus meiner Sicht das Schlimmste vorbei.

„Planungssicherheit für Kommunen, Verbraucher und Handwerker ist essenziell.“

SBZ: Was brauchen Markt und Verbraucher aus Ihrer Sicht jetzt am dringendsten?

Materne: Klare Rahmenbedingungen. Die Unsicherheit rund um das Gebäudeenergiegesetz und die Heizungsförderung lähmt viele. Planungssicherheit für Kommunen, Verbraucher und Handwerker ist essenziell. Wenn allen klar ist, was gilt und wie lange, kann sich der Markt beruhigen. Das würde auch die Preise stabilisieren und vielleicht sogar senken.

Kafke: Die Politik sollte einen langfristigen Fördermechanismus schaffen, der sich an Kennzahlen orientiert – etwa an Marktdurchdringung und Preisentwicklung. Nicht jedes Jahr Geld „reinkippen“, sondern eine verlässliche, zehnjährige Perspektive bieten. Davon würden nicht nur die Verbraucher profitieren, sondern die ganze Heizungsbranche.

Geßler: Herr Kafke, Herr Materne, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

Der erste Teil dieses Interviews „Die Preise für den Heizungstausch sind zu hoch“ ist bereits auf www.sbz-online.de erschienen. Hier geht es um das aktuelle Preisgefüge im Heizungsmarkt und was Verbraucher tun können.

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Stefan Materne (Jahrgang 1977) ist Referent im Projekt Energieberatung der Verbraucherzentralen. In diesem Projekt mit über 1000 Energieberater*innen und über 900 Beratungsstellen arbeitet er seit 2007. Er ist gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer und studierte anschließend Versorgungstechnik an der Berliner Hochschule für Technik. Als Dipl.-Ing (FH) arbeitete nach dem Studium als planender und bauleitender Ingenieur in einem Planungsbüro.

Dipl.-Phys. Peter Kafke (Jahrgang 1962) ist Projektteamleiter bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Nach Stationen in einem Solarprojekt in Großbritannien, als freiberuflicher Energieberater in Hamburg und als Beratungsstellenleiter bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen leitete er seit 2003 die technischen Referate beim Bundesverband in Berlin.