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Multi-Detektoren

Die mit dem Röntgenblick

Der findet, was Ihr Bohrer nicht finden soll!“ So oder ähnlich lauten Werbesprüche einschlägiger Hersteller von Geräten zur Ortung von Elektroleitungen, Metall- oder Kunststoffrohren, Armierungseisen oder Holzprofilen – sogenannte Multi-Detektoren, Ortungsgeräte oder Wandscanner. Insbesondere Billiggeräte vom Discounter halten jedoch selten, was sie versprechen und so haben die piepsenden und/oder blinkenden Leitungs- und Metallsucher keinen sonderlich guten Ruf. Dabei ist der Bedarf durchaus vorhanden, denn nicht nur aus versicherungsrechtlichen Gründen ist ein gewissenhaftes vorheriges Abklären der installationstechnischen Verhältnisse insbesondere im Altbaubereich sinnvoll und wichtig.

Vor der Einführung von Installationszonen gemäß DIN 18015 wurden Elektroleitungen nicht innerhalb normierter Zonen streng vertikal und horizontal, sondern nach Belieben, um Material zu sparen, teilweise auch im Wandbereich diagonal geführt. Das Bohren im Altbaubereich ist damit ein Lotteriespiel. Findet der Bohrer doch einmal, was er nicht finden soll, muss bestenfalls „nur“ die Wand aufgestemmt werden. Schlimmstenfalls drohen zusätzlich Wasserschäden oder durch beschädigte Gas- oder Elektroleitungen verursachte Brände.

Umgekehrt können Detektoren auch anzeigen, wo man bohren soll – etwa wenn für die Befestigung eines Küchen-Oberschranks die Unterkonstruktion hinter einer Gips-Kartonplatte gesucht wird. In diesen und weiteren Fällen geben Detektoren mehr Sicherheit und vermeiden Ärger.

Ortung ist kein Hexenwerk

Damit Detektoren quasi durch Wände hindurchsehen können, werden spezielle, teilweise auch mehrere Ortungsverfahren respektive Sensoren kombiniert in einem Gerät eingesetzt: Bei reinen Metallsuchgeräten wird nach dem Induktionsprinzip ein elektromagnetisches Feld erzeugt, das sich ändert, sobald sich Metallgegenstände nähern. Markante Änderungen werden optisch und akustisch angezeigt. Multi-Detektoren, die mehrere Materialien erkennen können, arbeiten nach dem kapazitiven Verfahren. Dabei wird über einen im Detektor integrierten Kondensator ein hochfrequentes elektrisches Feld aufgebaut, das sich ebenfalls verändert, sobald der Detektor über unterschiedliche Materialien geführt wird. Aus der Veränderung lässt sich ableiten, an welcher Stelle der Materialübergang stattfindet.

Im Gegensatz zu induktiven Sensoren, die nur metallische Gegenstände erkennen, lassen sich mit kapazitiven Sensoren auch nicht-metallische Objekte orten. Zusätzliche Sensoren erhöhen die Flexibilität und Präzision. ­Einige wenige Ortungsgeräte verfügen beispielsweise über eine Radar-Sensorik, wie der Wallscanner von Bosch oder der Multidetektor PS 38 von Hilti. So lassen sich etwa Objektkanten exakter orten oder sogar Kunststoffrohre einer Fußboden- oder Wandheizung anzeigen. Aufgespürt werden können Objekte, die in verschiedenen Materialien wie Mauerwerk (Ziegel, Porenbeton, Kalksandstein etc.), Beton/Stahlbeton, hinter Leichtbauwänden, unter Putz, Fliesen, Tapeten, Parkett, Teppich, hinter Holz oder Gipskarton verborgen sind.

Neben Wasser-, Heizungs-, Abwasser- oder Gasleitungen respektive Unterkonstruktionen aus Metall oder NE-Metall, Kunststoff oder Holz, können auch stromfreie oder stromführende Elektroleitungen, darunter auch Niederspannungsleitungen wie Klingeldrähte, Telefonleitungen oder LAN-Kabel lokalisiert werden. Für das Auffinden und Verfolgen von Stromleitungen in Wänden, Böden oder Decken speziell konzipiert sind Elektro-Leitungsdetektoren wie etwa das Modell 2042 von Fluke. Die aus einem Geber und Empfänger bestehenden Detektoren können neben Leitungsunterbrechungen oder kurzschlüssen auch Elektro-Fußbodenheizungen oder metallische Wasser- oder Heizungsrohre orten.

In dieser Übersicht nicht berücksichtigt wurden Geräte, die auf die Anzeige eines ­bestimmten Materials spezialisiert sind, z.B. Metalle und NE-Metalle, wie etwa Bewehrungsstahl-Scanner von Hilti. Sie ermöglichen die Kartierung der Lage und des Verlaufs von Bewehrungseisen, verhindern das Anbohren von Bewehrungseisen und verlängern so die Lebensdauer von Bohrern. Teilweise kann auch relativ präzise die Betonüberdeckung von Bewehrungseisen sowie deren Durchmesser angezeigt werden. Weitere Detektoren-Varianten sind Geräte zur Positionsbestimmung des Bohreraustritts in Beton oder Mauerwerk.

So wird geortet

Die Bedienung ist denkbar einfach: Gerät auf die Messfläche (Boden, Wand oder Decke) auflegen und einschalten, worauf einige Geräte zunächst automatisch kalibriert werden. Anschließend muss gegebenenfalls der Scanmodus (Trockenbau, Mauerwerk, Beton, Universal etc.) gewählt werden, der mit mehreren Sensoren ausgestattete Geräte für die jeweilige Messaufgabe optimiert und das Mess­ergebnis verbessern kann. Nun wird der Detektor geradlinig und senkrecht zur Gehäuse-Längsachse mit leichtem Druck über die Wand geführt oder gerollt, wobei darauf geachtet werden muss, dass der Detektor auf der Geräteunterseite stets Wandkontakt hat.

Optimale Ergebnisse werden erzielt, wenn die Messstrecke mindestens 40–50cm beträgt und der Detektor langsam und kontinuierlich über die gesamte zu untersuchende Fläche zunächst in eine, anschließend in die entgegengesetzte Richtung bewegt wird. Im Display werden anhand einer Balkengrafik die Objektkante und/oder die Objektmitte, gegebenenfalls die zulässige Bohrtiefe sowie teilweise sogar das Objektmaterial angezeigt. Über eine spezielle Vorrichtung (Loch für Bleistift oder Lichtmarkierung) kann die Lage ­einer Leitung oder Strebe auf der Wandfläche exakt markiert werden.

Da nur quer zur Bewegungsrichtung des Messgerätes verlaufende Objekte zuverlässig erkannt werden, sollte man den zu untersuchenden Bereich stets zunächst waagrecht und anschließend senkrecht abfahren. Befinden sich mehrere Objekte übereinander in der Wand, wird im Display das dem Detektor am nächsten liegende Objekt angezeigt.

Was taugen Ortungsgeräte in der Praxis?

Wand-Detektoren sind besser als ihr Ruf, der vor allem aus den schlechten Ergebnissen von Billigprodukten für unter 20 Euro resultiert. Diese vorwiegend in Discountern und Baumärkten erhältlichen Geräte finden, wenn überhaupt, lediglich Stromleitungen oder ­Metall und schneiden im praktischen Einsatz meist schlecht ab. Detektoren aus dem mittleren Preisbereich bis 100 Euro finden mehrere Materialien und eignen sich durchaus für den gelegentlichen Einsatz. Wer ein professionelles Gerät sucht, muss gleich mehrere hundert ­Euro ausgeben, erhält dafür aber auch mehr Präzision, Zuverlässigkeit und Sicherheit.

Stichwort Sicherheit: Multi-Detektoren können zwar beim Bohren an kniffeligen Stellen den Blutdruck senken – absolute Sicherheit bietet aber kein Gerät! Der Grund: Zahlreiche Fehlerquellen können das Ergebnis verfälschen und zu Fehlschlüssen führen, denn geortet wird so ziemlich alles, worauf der Sensor anspricht: Stromleitungen, Holzbalken, Stahlträger, aber auch Hohlräume etc.. Mehrschichtige Wandaufbauten, leere Kunststoffrohre oder schräg verlaufende Objekte können dazu führen, dass Objekte nicht erkannt, deren Position und Größe falsch dargestellt, teilweise auch nicht vorhandene Objekte angezeigt werden.

Auch Wandanomalien wie feuchte Stellen, als Putzträger verlegte Streckmetalle oder an einer Stelle konzentrierte Leitungen führen häufig zu Fehlanzeigen. Extrem dünne Objekte werden im Display überhaupt nicht oder dicker dargestellt, als sie tatsächlich sind. Umgekehrt können zylindrische Objekte wie Rohre im Display schmaler erscheinen. Einige Geräte laden sich beim Hin- und Herfahren an der Wand statisch auf, was eine korrekte Messung unmöglich macht. Dies lässt sich relativ einfach verhindern, indem beim Messen die andere Hand auf die Wand gestützt wird, um einen Potenzialausgleich zu schaffen. In der Nähe befindliche Geräte, die magnetische oder elektromagnetische Felder erzeugen (z.B. Elektromotoren, WLAN-Router), können eine Messung komplett unmöglich machen.

Worauf sollte man achten?

Zu den wichtigsten Eigenschaften eines Wandscanners gehört das Messverfahren. Je mehr Sensoren eingebaut sind (induktiv, kapazitiv, Radar etc.), desto präziser und flexibler einsetzbar ist das Gerät, desto anspruchsvoller kann aber auch die Bedienung sein. Wichtig ist natürlich auch, welche Objekte erkannt werden. Üblich sind Wasser- und Stromleitungen, Holzprofile sowie in Beton verlegte ­Armierungseisen. Je genauer Objektkanten, -zentren und teilweise auch -tiefen angezeigt werden, desto präziser kann gebohrt werden. Die maximale Messtiefe, die vom Ortungsverfahren und dem Material abhängt (z.B. Armierung in Beton: 15cm, Objekte in Trockenbauwand: 6cm etc.), sagt etwas über die Leistungsfähigkeit des Gerätes aus.

Werden Objekttiefen, respektive Bohrtiefen angezeigt, gibt die Genauigkeit mögliche Abweichungen vom angezeigten Wert an. Geräte der gehobenen und Profi-Klasse verfügen durchweg über eine LCD-Anzeige sowie ein akustisches Signal. Kompakte Abmessungen und ein geringes Gewicht sind auf der Baustelle immer sinnvoll. Beim Gehäuse sollte auf Baustellentauglichkeit (möglichst mit Gummiarmierung und der Schutzklasse IP 54 = staub- und spritzwassergeschützt) geachtet werden. Die Stromversorgung sollte durch Batterien, besser noch durch Lithium-Ionen-Akkus erfolgen. Wer Wandscanner häufig einsetzt, sollte auch auf den Stromverbrauch achten, der sehr unterschiedlich sein kann. Zum Lieferumfang sollten eine gedruckte Bedienungsanleitung, Batterien und eine Schutztasche gehören.

Teuer, aber auch zuverlässig

Es lohnt sich, die Geräte einiger Hersteller miteinander zu vergleichen, wobei einige auch mehrere Modelle im Produktprogramm führen – beispielsweise der Hersteller Zircon. Aus dem Angebot ragen der Wallscanner ­D-tect 150 von Bosch sowie der Multidetektor PS 38 bzw. dessen ab September 2014 erhältlicher Nachfolger PS 50 von Hilti deutlich heraus. Mit der Kombination mehrerer Ortungsverfahren und einer intelligenten Softwaresteuerung wurden damit Multi-Detektoren geschaffen, die im Hinblick auf Präzision und Zuverlässigkeit konkurrenzlos sind – leider auch im Preis. Doch die Investition kann sich schnell bezahlt machen, schließlich kann eine eventuell fällige Eigenbeteiligung bei notwendig werdenden Reparaturen schnell die Anschaffungskosten für einen Detektor überschreiten.

Versicherer erheben im Fall der Fälle eine nicht unerhebliche Eigenbeteiligung und brummen Wiederholungstätern Prämienanpassungen auf. Abgesehen davon ist die ­Behebung eines Schadens meist sehr zeitintensiv und für den Kunden bzw. Mieter mit viel Ärger ­verbunden (Handwerker, ggf. auch Gutachter bestellen, Versicherungsbericht schreiben, Stemm- und Installationsarbeiten etc.). Dass eine angebohrte Leitung außerdem alles andere als eine gute Werbung ist, versteht sich von selbst. Dagegen vermittelt der vorbeugende Einsatz eines Detektors beim Kunden den Eindruck von Professionalität und Sorgfalt.

Info

Achtung, Installationszonen!

Um elektrische Leitungen vor versehentlichem Anbohren zu schützen, wurden sogenannte Installationszonen gemäß DIN 18015 („Elektrische Anlagen in Wohngebäuden“) geschaffen. Danach sind Leitungen in Wänden nur waagerecht innerhalb von 30 cm oder senkrecht innerhalb von 20 cm breiten Zonen zu verlegen. Die Vorzugsmaße für die waagrechte Leitungsverlegung, das sind gewissermaßen die „Achsmaße“ der Verlegezonen, betragen 30, 105 bzw. 115 cm über dem fertigen Fußboden, respektive 30 cm unter der fertigen Deckenebene.

Das Vorzugsmaß für senkrechte Leitungen beträgt 15 cm neben Rohbaukanten oder -ecken. Außerhalb dieser Bereiche liegende Schalter, Steck- oder Abzweigdosen müssen mit einer senkrechten Stichleitung aus der nächstgelegenen horizontalen Installationszone versorgt werden. Doch Vorsicht: Im Boden- und Deckenbereich dürfen Leitungen auf dem kürzesten Weg, also auch diagonal verlegt werden.

Autor

Dipl.-Ing. Marian Behaneck war viele Jahre lang in Dokumentation, Marketing und PR der Bausoftware-Branche tätig. Er ist Fachautor zahlreicher Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich, 76751 Jockgrim, behaneck@gmx.de