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Regelwerk

EU-Parlament nimmt Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie an

European Union 2024: Quelle: EP / Frédéric Marvaux

Am 12. März 2024 hat das Europäische Parlament die bereits mit dem Rat der EU vereinbarte Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie angenommen.

Die Ziele der Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD, EU-Gebäuderichtlinie) sind große. Schon bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor deutlich sinken, bis 2050 soll der Gebäudebereich klimaneutral sein.

Auch wenn dies technisch allein durch eine Umstellung der Energieversorgung auf klimaneutrale Energieträger möglich wäre, muss der Energieverbrauch aus logistischen und finanziellen Gründen auf dem Zielpfad kontinuierlich sinken. Ein wesentliches Ziel ist deshalb, dass künftig mehr und vorrangig Gebäude mit den schlechtesten Effizienzwerten (Worst Performing Building) energisch saniert werden.

Die Richtlinie wurde mit 370 zu 199 Stimmen bei 46 Enthaltungen angenommen. Nun muss sie auch der Ministerrat förmlich billigen, damit sie in Kraft treten kann (der vom EU-Parlament angenommene Text P9_TA(2024)0129 als Download).

Primärenergieverbrauch, Solarenergie

Bei Wohngebäuden müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, damit der durchschnittliche Primärenergieverbrauch in kWh/(m2 ∙ a) bis 2030 um mindestens 16 % und bis 2035 um mindestens 20 bis 22 % sinkt. Basis für die Minderung ist das Jahr 2020. Ab 2035 müssen die Mitgliedstaaten dann eine Transformation des Wohngebäudebestands zum Nullemissionsgebäudebestand bis 2050 gewährleisten.

Ab 2030 sollen alle Neubauten (im Sinne der Richtlinie) emissionsfrei sein. Für Neubauten, die Behörden nutzen oder besitzen, soll das schon ab 2028 gelten. Die Mitgliedstaaten können dabei das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial eines Gebäudes berücksichtigen, also das Treibhauspotenzial der für den Bau verwendeten Produkte von ihrer Herstellung bis zu ihrer Entsorgung berücksichtigen.

Sofern dies technisch und wirtschaftlich realisierbar ist, müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 schrittweise gewährleisten, das Solaranlagen auf / an öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden – je nach deren Größe – und auf / an allen neuen Wohngebäuden installiert werden. Ausgebaut werden muss auch die gebäudenahe Ladeinfrastruktur, zudem soll der Einsatz von Systemen zur Gebäudeautomatisierung und -steuerung verpflichtend werden.

Anmerkung: Für Deutschland ist der Zielwert für 2030 kaum ambitioniert. Im Bundes-Klimaschutzgesetz ist beispielsweise für den Gebäudesektor vorgesehen, dass die Treibhausgasemissionen von 2020 bis 2030 um 44 % sinken müssen. Und bei der zunehmenden Elektrifizierung der Wärmeerzeugung ist bei einem immer weiter sinkenden Primärenergiefaktor für Netzstrom der Bezug auf den „Primärenergieverbrauch“ ein wenig tauglicher Ansatz.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen und zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung ergreifen: Bis 2040 soll es keine mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkessel mehr geben. Ab 2025 dürfen eigenständige mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel nicht mehr subventioniert werden. Weiter zugelassen sind allerdings finanzielle Anreize für hybride Heizanlagen, bei denen beispielsweise Heizkessel mit Solarthermie-Anlagen oder Wärmepumpen kombiniert werden.

Anmerkung: In Deutschland wurde die Beantragung von Fördergeldern für Gas- und Öl-Heizungen aus Bundesmitteln schon im August 2022 weitestgehend beendet. Bei der Heizungsmodernisierung kann in hybriden Heizanlagen die Technik zur Nutzung erneuerbarer Energie gefördert werden. In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 2024 über das Gebäudeenergiegesetz: „Heizkessel dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.“ Ein fünf Jahre früherer Ausstieg würde bedeuten, dass für eine Umstellung der Gasnetze viel weniger Zeit bleibt. Nennenswerte Mengen an Wasserstoff für solche Maßnahmen wurden bisher erst ab etwa dem Jahr 2035 erwartet.

Für landwirtschaftliche und denkmalgeschützte Gebäude sind Ausnahmen von den neuen Vorschriften möglich. Zudem können die EU-Staaten beschließen, auch Gebäude, die wegen ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind, sowie provisorische Gebäude, Kirchen und für Gottesdienste genutzte Gebäude von den neuen Vorschriften auszunehmen. Anmerkung: Da sich die Kernforderung auf den Gesamtbestand bezieht, erhöht jede Befreiung den Druck auf den nichtbefreiten Anteil.

Nullemissions-Standard für neue Gebäude

Mit der überarbeiteten Richtlinie werden Nullemissionsgebäude zum Standard bei neuen Gebäuden. Laut der Einigung dürfen neue Wohn- und Nichtwohngebäude am Standort keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen. Dies gilt ab dem 1. Januar 2028 für öffentliche Gebäude und ab dem 1. Januar 2030 für alle anderen Neubauten, wobei bestimmte Ausnahmen möglich sind. Ein Nullemissionsgebäude muss, sofern dies wirtschaftlich und technisch realisierbar ist, in der Lage sein, auf externe Signale zu reagieren und seinen Energieverbrauch bzw. seine Energieerzeugung oder -speicherung anzupassen.

Anmerkung: Diese Anforderung geht über das am 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz hinaus, das noch einen Anteil von maximal 35 % an fossilen Brennstoffen zulässt. Bei Wohngebäuden hat dies allerdings kaum Relevanz, weil hier Öl- und Gas-Heizungen nur noch eine kleine Rolle spielen, die vermutlich ohnehin weiter abnimmt.

Weitere GEG-Novellen erforderlich

Was die Neufassung in jedem Fall bedeutet: Das Gebäudeenergiegesetz wird in den nächsten Jahren auch in gerade erst novellierten oder ergänzten Bereichen überarbeitet werden. Die Frist zur Umsetzung beträgt nach dem Inkrafttreten der Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie bei den wesentlichen Punkten zwei Jahre. Um dies einzuhalten, muss die Novellierung noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen oder zumindest sehr weit vorangetrieben werden. Nach einer Bundestagswahl im September 2025 wäre eine fristgerechte Umsetzung mit ausreichender Diskussion der Maßnahmen zur Umsetzung in der Öffentlichkeit und im Gesetzgebungsverfahren kaum möglich.

Eine Einschätzung von Stefan Bolln, Vorsitzender der bundesweiten Interessenvertretung für Energieberatende GIH: „Bereits in den Verhandlungen war erkennbar, dass die vereinbarten Pflichten nicht ausreichen werden, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Zudem gibt es kaum Verbindlichkeit. Wie die letzten 20 Jahre bisher gezeigt haben, reichen reine Förderprogramme nicht aus, um nachhaltigen Klimaschutz zu betreiben. Es wäre gut und bezahlbar gewesen, wirtschaftliche Modernisierungspflichten, z. B. Einblasdämmungen, auch für Wohngebäude zu erlassen, um ernsthafte Absichten zu signalisieren. Dies bleibt nun den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen. Wir sind gespannt, ob die Bundesregierung den Mut aufbringt, diesen Schritt der Klimaneutralität zu gehen. Dafür werden ausreichend aufgesetzte Förderprogramme unumgänglich, um die Klimaziele zum ersten Mal wirklich erreichen zu können. Auch die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind gegenzurechnen. Eine nicht verbrauchte kWh muss schließlich gar nicht erst erzeugt werden.“ ■
Quellen: EU-Parlament, GIH / jv

Arbeitshilfe zum Gebäudeenergiegesetz: Whitepaper zum GEG 2024

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