In der SHK-Branche hat sich in den letzten 50 Jahren die Fußbodenheizung zum Niedrigtemperatur-Standard im Neubau entwickelt. Andere Systeme, wie Flächenheizung/-kühlung an Wänden, Dachschrägen und Decken, stehen in ihrem Schatten, obwohl sie insbesondere im Bestandsbau Potenzial besitzen. SBZ-Redakteurin Katrin Drogatz-Krämer hat mit Frank Hartmann gesprochen. Er ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektriker, Baubiologe und Lehmbauer. Der Geschäftsführer des Planungsbüros Forum Wohnenergie und des Handwerksbetriebs Wohnwärmegestalter arbeitet derzeit an einem Fachbuch über Flächenheizung/-kühlung. Es greift die Defizite in der SHK-Ausbildung auf und behandelt zudem weitere wassergeführte Heiz- und Kühlflächen.
SBZ: Herr Hartmann, warum läuft die Fußbodenheizung der Flächenheizung/-kühlung an Wänden und Decken den Rang ab?
Frank Hartmann: Ich denke, dass das an zwei wesentlichen Faktoren liegt: zum einen an den Gewerke-Schnittstellen und zum anderen an den Beratungs- und Entscheidungsprozessen, aber auch an der Kommunikation, insbesondere in der Ausbildung. Eine Flächenheizung/ -kühlung besteht ja nicht nur aus anlagentechnischen Komponenten wie Systemrohren/-registern, Befestigungssystemen und Einzelraumregelungen. Neben den Bauformen und Bauarten geht es auch um die Wärmeverteilschicht, die den systemischen Kreis zur Wärmeübergabe erst schließt. Das beinhaltet nicht nur spezifische Materialien, wie Estriche, Putzmörtel, Trockenbauplatten, Beläge, usw., die über die anlagentechnischen Systemkomponenten hinausgehen, sondern auch gewerkeübergreifende Montage- und Ausführungsabläufe. Darüber sollten SHKler Bescheid wissen.
Bei der Fußbodenheizung/-kühlung haben sich diese in den letzten Dekaden bereits zur Routine von Heizungsbauern, Estrich-, Boden- und Fliesenlegern im praktischen Bauablauf etabliert. An den Wand- und Deckenflächen bestehen hier noch erhebliche Defizite und auch eine recht hartnäckige Scheu, die aus einer Mischung von Unsicherheit und Bequemlichkeit resultiert. Und es stehen oft mehr die Problemstellungen im Fokus als die Problemlösungen, was an den Defiziten in der SHK-Ausbildung liegt und auch an der größeren Komplexität, vor allem bei der Wandheizung/-kühlung.
Bei Wand- und Deckenflächenheizungen besteht Nachholbedarf in der SHK-Ausbildung.
SBZ: Was macht die Arbeit an den Wandflächen so komplex?
Hartmann: Bei den Wandflächen sind neben Verputzern, Lehm- und Trockenbauern weitere Gewerke, beispielsweise Elektriker, involviert. An den Wandflächen befinden sich außerdem die meisten elektrischen Einbauten (Steckdosen usw.) und deren Leitungsführung, die mit der Montage der Systemrohre genau abzustimmen sind. An den Außenwandflächen kommen noch Fenster und Türen dazu, die die Homogenität der Flächen deutlich beeinflussen. Für die Verlegepläne an Decken und Fußböden bildet der Grundriss eine hervorragende Grundlage. Für die Wandflächen funktioniert dies nicht. Da muss man schauen, wie man wirksame Flächen unterbekommt, und mit individuellen Lösungen arbeiten.
SBZ: Die Arbeit an den Deckenflächen ist sicherlich ebenso aufwendig, richtig?
Hartmann: Die Deckenflächen sind der Bodenfläche ähnlich und bieten im Wohnungsbau oft sogar die größte Belegungsdichte, da sie keine Überbauungen, wie Küchenschränke, Kochinseln, usw., beinhalten. Einbauten oder abgehängte Deckenkonstruktionen sind im Wohnungsbau sehr überschaubar. Die Positionierung und Integration der Heiz-/Kühlkreisverteiler erfolgt nicht bodennah wie bei der Fußbodenheizung/-kühlung, sondern idealerweise auch an/in der Decke.
Die Verteilerschränke für Heiz-/Kühlkreisverteiler sind in der Regel für die Fußbodenheizung/-kühlung konstruiert. Da bietet der Markt Alternativen. Das betrifft dann auch die Leitungsführungen der Wärmeverteilleitungen zu den Heiz-/Kühlkreisverteilern ebenso wie die der Anbindeleitungen der einzelnen Wärmeübergabekreise. Bei der Wandheizung/-kühlung verhält es sich ähnlich. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Kühlung sollte man beachten, dass Deckenflächen – insbesondere im Vergleich zu Bodenflächen – besonders gut dafür geeignet sind, ebenso aber auch die Wandflächen.
Eine Flächenheizung/-kühlung beinhaltet gewerkeübergreifende Montage- und Ausführungsabläufe. Darüber sollten SHKler Bescheid wissen.
SBZ: In welche Beratungs- und Entscheidungsprozesse sollten die SHKler einbezogen werden?
Hartmann: Es geht ja vor allem um bestehende Wohngebäude. Nicht immer ist ein SHK-Betrieb involviert, wenn es z. B. um die Neugestaltung von Wandflächen sowie weitere Modernisierungsmaßnahmen geht – das schließt Verschönerungsmaßnahmen und auch Veränderungen von Grundrissen ein. Da ist der konventionelle SHK-Betrieb zu sehr allein auf den Heizkeller und das Badezimmer fokussiert. Aber gerade in den Wohnräumen soll es thermisch behaglich sein, was gesundes Raumklima und auch Energieeffizienz einschließt. In der Planung von Neubauten wird oft nicht an die anderen Flächen jenseits des Fußbodens gedacht, wenn nicht der Kunde selbst darauf hinweist bzw. Alternativen aufzeigt. Selbst wenn er nach Alternativen fragt, werden diese häufig ausgeblendet, da es oftmals an entsprechendem Fachwissen und praktischer Routine – auch gewerkeübergreifend – fehlt. Allerdings ist eine umfassende Beratung Grundlage für einen nachhaltigen Entscheidungsprozess. Das betrifft im Wesentlichen Defizite bei Architekten, Energieberatern und Bauträgern. Ohne Frage könnten die an einer Flächenheizung/-kühlung beteiligten Gewerke ebenso die vielfältigen Möglichkeiten bei der Kundenberatung ins Spiel bringen und ihre Beratungskompetenz steigern. Aus diesem Grund richtet sich mein Buch eben nicht nur an die potenziell beteiligten Gewerke einer Flächenheizung/-kühlung, sondern auch an Energieberater, Architekten, Bauplaner usw.
SBZ: Ist es so zu verstehen, dass in der Bauberatung die Wand- und Deckenheizung/-kühlung kaum thematisiert wird?
Hartmann: Ja, und das hat mehrere Gründe: Früher hat sich der Endkunde zurückgehalten, wenn er keinen Heizungsbauer kannte, der über den Tellerrand hinausblickte. Heute ist der Endkunde viel selbstbewusster und sucht einen Fachhandwerker, der seinen Anforderungen entspricht. Wünschenswert wäre, wenn sich Beratende am Bau, insbesondere Energieberater, zumindest in den Grundlagen der Wirk- und Funktionsweise der Flächenheizung/-kühlung im Allgemeinen, in den konkreten Montageabläufen und vor allem in den Unterschieden der Systeme gut auskennen würden.
Wir schulen nicht an praxisfremden Montagewänden. Die Arbeiten werden hinterher in Betrieb genommen und bleiben bestehen.
SBZ: Und wie schätzen Sie die Fachkenntnis der an einer Flächenheizung/-kühlung beteiligten Gewerke ein?
Hartmann: Auch hier sollte idealerweise ein solides Grundlagenwissen sowie die Bereitschaft zur Kooperation vorhanden sein. Ein Verputzer oder Trockenbauer sollte über die Bedeutung einer Wärmeverteilschicht aus Putzmörteln oder Trockenbauplatten Bescheid wissen. Das schließt Materialaufbau und -schichten ebenso ein wie die Kenntnis über Systemohrüberdeckungen in ihrer unmittelbaren Auswirkung auf die Leistung der Flächenheizung/-kühlung. Also auch, was es zu beachten gilt, bevor eine Wärmeverteilschicht überhaupt aufgetragen werden kann, bis hin zu Fragen des Trockenheizens. Natürlich betrifft dies in Summe auch die Planungs- und Qualitätssicherheit und hilft, Unsicherheiten zu überwinden. Der moderne Lehmbau ist hier schon viel weiter. Wichtig ist auch der Elektriker. Gerade in Zeiten der stetigen Elektrifizierung sind es nicht nur die spannungsführenden Leitungen für Steckdosen und Beleuchtung, sondern auch eine Vielzahl von Kommunikationsleitungen, die heute verbaut werden. Besonders bei der Wandheizung/-kühlung muss die Installation mit dem Elektriker Hand in Hand gehen, bis hin zur Einzelraumregelung und Gebäudeautomation.
SBZ: Dies war sicherlich eine wichtige Motivation für Sie, ein Buch zum Thema Flächenheizung/-kühlung zu schreiben.
Hartmann: Ja! Es soll neben dem grundlegenden Paradigmenwechsel in der Wärmeübergabe einen praxisorientierten Überblick über die Systemvielfalt der Flächenheizung/-kühlung bieten. Das fehlt bis heute und ist sicher auch ein wesentlicher Grund für das beschriebene Dilemma. Das Buch soll ein erster Schritt sein, die Lücken in der Ausbildung zeitgemäßer Heizungstechnik zu schließen. Neben der Darstellung und Erläuterung der grundlegenden Wirk- und Funktionsweise, sowohl für den Heiz- als auch für den Kühlbetrieb, ist es insbesondere die Schnittstellenkoordination zwischen den Gewerken, die im Buch dargelegt wird. Außerdem gibt es praxisbewährte Montage- und Bauabläufe, Checklisten usw. Aber auch für Bauplaner und -berater ist dieses Buch eine Hilfestellung, nicht nur um die Beratungskompetenz zu stärken, sondern auch um die Schnittstellenkoordination der beteiligten Gewerke zu bewerkstelligen. Das Buch enthält außerdem verschiedene Projektbeispiele, in denen viele Anwendungsarten aus real ausgeführten Bauvorhaben – auch im bewohnten Zustand – mit entsprechenden Erfahrungsberichten abgebildet werden.
Mein Fachbuch ist ein erster Schritt, um die Lücken in der Ausbildung zeitgemäßer Heizungstechnik zu schließen.
SBZ: Das Buch richtet sich also neben dem SHK-Handwerk auch an die beteiligten ausführenden Gewerke und außerdem an diejenigen, die am Bau beratend tätig sind.
Hartmann: Genau, so ist es. Natürlich steht das SHK-Handwerk bei mir als SHKler im Fokus. Ich spreche aber auch alle anderen Beteiligten an, die an der Flächenheizung/-kühlung interessiert sind und sich mit der Dynamik und Innovation
des Marktes weiterentwickeln wollen. Insbesondere aus der Branche des modernen Lehmbaus kommen vermehrt Anfragen zu einer berufsbegleitenden Weiterbildung. Aus diesem Grund haben wir am Forum Wohnenergie im vergangenen Jahr einen Grundkurs Flächenheizung/-kühlung entwickelt, der in seiner Bandbreite auch dieser Branche gerecht zu werden versucht. Das Buch soll auch das zentrale Lehrmittel – neben zahlreichen Ergänzungen und konkreten Arbeitshilfen – für unseren Grundkurs am Forum Wohnenergie werden.
SBZ: Welche konkreten Inhalte bietet der Grundkurs Flächenheizung/-kühlung?
Hartmann: Wir bieten ein komprimiertes Onlineseminar zu den Grundlagen an, das für SHKler und alle beteiligten Gewerke als Einstieg konzipiert ist. Neben der Wirk- und Funktionsweise wird die Vielfalt der Möglichkeiten an Projektbeispielen kommentiert und erläutert. Wer tiefer einsteigen möchte, kann an einem eintägigen Intensivseminar in Präsenz für Ausführende und Planende teilnehmen. Neben der Theorie bieten wir darüber hinaus die Möglichkeit, in unserer Schulungsanlage anhand von Musterflächen und -komponenten einen Überblick über die Systeme zu bekommen. Für individuelle Anforderungen bieten wir zusätzlich Tutorials zur Projektarbeit an bzw. konzeptionieren wir Inhalte aus unserem Grundkurs auch für Unternehmen und interessierte Gruppen.
Für Ausführende bieten wir praktische Übungen an unserer Schulungsanlage für die Herstellung der Betriebsbereitschaft und Instandhaltung an sowie konkrete Montageabläufe auf realen Baustellen. Dies ist allerdings organisatorisch aufwendig – hierfür gibt es für Interessenten eine Mailingliste, damit sie sich über relevante Termine und weitere Informationen, wie Neuigkeiten rund um die Flächenheizung/-kühlung, auf dem Laufenden halten können. Unser Grundkurs entwickelt sich stetig weiter und wir unterstützen die Bildung einer Community rund um die Flächenheizung/-kühlung.
SBZ: Habe ich richtig verstanden, dass die praktischen Übungen auch an realen Baustellen stattfinden?
Hartmann: Ja, es handelt sich um Baustellen, die durch das Forum Wohnenergie oder im Rahmen von Tutorials zur Projektarbeit geplant wurden und zur Ausführung stehen. Das ist uns besonders wichtig und im Grunde das Herzstück des Grundkurses, weil es hier ans Eingemachte geht. Wir sehen keinen Sinn darin, an praxisfremden Montagewänden zu arbeiten, die danach wieder rückgebaut werden, Ressourcen ungenutzt verbrauchen, Abfall generieren und für die zielorientierte Weiterbildung nicht wirklich geeignet sind. Diese Arbeiten finden also real statt, werden in Betrieb genommen und bleiben bestehen.
SBZ: Herr Hartmann, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.
Bild: Moritz Hartmann
Experte und Buchautor Frank Hartmann während einer Schulung.
Bild: VDE-Verlag
Das Fachbuch von Frank Hartmann erscheint im Oktober 2025 im VDE-Verlag, Berlin.
Weitere Informationen,
einen Newsletter und Termine zum Grundkurs Flächenheizung/ -kühlung im Forum Wohnenergie finden Interessierte unter: www.forum-wohnenergie.de/grundkurs
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