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Trends und Technologievergleich

Smarthome smart geplant

Moderne Gebäude sind meist gut gedämmt und mit einer effizienten Anlagentechnik ausgestattet. Doch was nutzt das alles, wenn während der Heizperiode gleichzeitig über die Fenster gelüftet wird? Was nutzt eine hocheffiziente Lüftungsanlage, die permanent lüftet, wenn ein Teil des Gebäudes nicht benutzt wird? Oder wie hilfreich ist ­eine energieeffiziente LED-Beleuchtung, die den ganzen Tag im Büro eingeschaltet bleibt?

Trotz effizienter Anlagentechnik wird in Gebäuden immer noch (zu) viel Energie verschwendet. Diese Situation lässt sich durch den gezielten Einsatz von Gebäudeautomation verbessern. Dabei wird oft der Fehler gemacht, zu Beginn eines Planungsprozesses die Anforderungen nicht eindeutig festzuschreiben, sondern das mal „irgendwie“ machen zu lassen.

So kann das nichts werden und das Resultat sind teure Installationen, die nicht richtig funktionieren und den Nutzer ärgern. Es geht aber auch anders. Ergänzend zum Beitrag der Energieeffizienz bietet das Smarthome bzw. das smarte Office auch einige Vorteile hinsichtlich Sicherheit und Komfort.

Nur so viel Automation wie nötig

Im Vordergrund steht somit eine sinnvolle Erfassung der Anforderungen. Dort, wo es um die Raumautomation geht, sollte die Erfassung aus Nutzersicht erfolgen. Das Institut für Gebäudetechnologie (IGT) stellt hierfür einen kostenlosen Fragebogen zur Verfügung www.igt-institut.de/smart-building. Über diesen kann ein Nutzer seine Anforderungen auswählen und eine übermäßige Automation vermeiden.

Sofern die Anforderungsermittlung nicht durch den Nutzer direkt, sondern von einem Fachhandwerker durchgeführt wird, muss sich dieser tatsächlich in den späteren „normalen“ Nutzer hineinversetzen. ­Parallel zum Fragebogen steht auf der Webseite eine kompaktere Excel-Checkliste zur Verfügung.

Auch wenn der konkrete Bedarf individuell ermittelt werden sollte: Der Verbreitungsgrad von Raumautomation nimmt zu. Im privaten Bereich ist das Smarthome längst zu einem bekannten Stichwort geworden. Dabei wird es sehr inflationär verwendet. Eine App-Steuerung der Kaffeemaschine berechtigt noch lange nicht dazu, diese nun als smart zu bezeichnen.

Somit wird „smart“ oft schon dann vergeben, wenn ein Gerät oder eine Komponente kommunikationsfähig ist. Smart ist eine Komponente erst dann, wenn Sie weiß, wann Sie was tun soll. Das gilt auch für das Gebäude, ein echtes Smarthome bewirkt ein harmonisches Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Komponenten, die dazu natürlich alle kommunikationsfähig sein müssen.

Die jeweilige Ansteuerung macht dabei ein Smarthome-Controller und nicht der Mensch über eine „Smartphone-App“. So können im Gebäude an wesentlichen Stellen Leuchten zum Blinken gebracht werden, wenn z. B. ein Fenster geöffnet wird, ohne dass vorher Präsenz im Raum war. Oder ein untypischer Wasserverbrauch wird gemeldet, der z. B. bei einem durchlaufenden Toilettenspülkasten oder bei einer Rohrleckage auftreten kann. Und wenn länger keine Anwesenheit im Gebäude erkannt und gemeldet wird, kann man verschiedene Geräte ausschalten – womöglich auch die Kaffee­maschine.

„Do-it-yourself“ Systeme

Der erste wesentliche Trend ist somit, dass der Verbreitungsgrad von solchen Anforderungen zunimmt. Das gilt sowohl für das Smarthome als auch für die Raumautomation im Büro. Basierend auf den Anforderungen muss entschieden werden, welches konkrete System zum Einsatz kommt. Dabei nimmt das Angebot der sogenannten „Do-it-yourself“ Smarthome-Systeme massiv zu. Selbst jeder gut sortierte Baumarkt bietet bereits entsprechende Komplettsysteme an.

Hierbei ist zu beachten, dass diese meist ­eine in sich geschlossene Lösung sind. D. h. die Sensoren, Aktoren und die Steuerung muss von genau dem einen Hersteller bezogen werden. Und die Vielfalt des Sortiments entscheidet über die Anforderungen, die umgesetzt werden können. Im Sortiment solcher Komplettsysteme fehlen meist Komponenten wie Außen-Bewegungsmelder, Leckagesensoren oder Wasserzähler und die Einbindung der Kaffeemaschine ist auch nicht möglich.

Das muss nicht schlecht sein, wenn man diese Komponenten aufgrund seiner persönlichen Anforderungen auch nicht braucht. ­Somit sollte vor der Wahl eines Komplettsystems sorgfältig geklärt werden, welche ­Anforderungen man abdecken möchte. Dabei sollte man nicht nur den aktuellen Status betrachten, sondern auch einen Blick auf die nächsten 5 bis 10 Jahre werfen.

Ein Online-Tool, um die Funktionalität eines Komplettsystems zu beurteilen, ist unter www.igt-institut.de/smart-building im Bereich „Vergleich von Smarthome-Systemen“ verfügbar. Bild 1 zeigt das Ergebnis einer Bewertung von einem markverfügbaren System – mit offensichtlich deutlichen Stärken und Schwächen.

Bild 1: Bewertung der Funk­tionalität ­eines Kom­plett­systems.

Bild: IGT

Bild 1: Bewertung der Funk­tionalität ­eines Kom­plett­systems.

Mehr Möglichkeiten mit offenen Systemen

Wer sich hingegen für eine standardisierte Technologie entscheidet, wird eine beliebig große Auswahl an Sensoren, Aktoren und unterschiedlichen Steuerungen finden. Dabei kann zwischen kabelbasierten oder funkbasierten Technologien unterschieden werden.

Die kabelbasierte BUS-Topologie hat dann Vorteile, wenn zu allen Komponenten Kabel gezogen werden können und auch in Bezug zu Sensoren keine Veränderungen zu erwarten sind (z. B. späteres Versetzen von Tastern, Präsenzsensoren etc.).

Der Nachteil ist der entsprechende Verkabelungsaufwand. Ein Beispiel für eine kabelbasierte BUS-Topo­logie ist das KNX-Protokoll bei Kommunikation über das (grüne) KNX-Kabel.

Funkbasierte Systeme haben dann Vorteile, wenn Bestandsgebäude nachgerüstet werden oder insbesondere Sensoren ortsveränderlich sein sollen (z. B. Handsender oder Zwischenstecker – oder es soll möglich sein, Präsenzsensoren oder Taster später ohne großen Aufwand versetzen zu können). Ein Beispiel für eine leistungsfähige funkbasierte Technologie ist EnOcean.

Das IGT hat einen Vergleich zwischen Komplettsystemen und standardisierten Technologien durchgeführt ( www.bit.ly/sbz039).

Das Fazit in Kürze: Wer nur wenige Komponenten zur Abdeckung weniger Anforderungen benötigt und das möglichst einfach umsetzen will, kann mit einem Komplettsystem glücklich werden. Wer hingegen etwas mehr Anforderungen hat oder in Summe auf mehr als 20 oder 30 erforderliche Komponenten kommt, auch in einigen Jahren noch nachkaufen können möchte und womöglich eine Betreuung über einen Systemintegrator wünscht, sollte eine der standardisierten Technologien wählen.

Was kostet eine Smarthome-Lösung?

Ein gutes Smarthome bzw. eine gute Raum­automation kostet mehr Geld als eine konventionelle Elektroverkabelung. Wer also so günstig wie möglich bauen oder renovieren will, sollte die Aspekte der Raumautomation sofort streichen. Aber es gibt auch Vorurteile, dass die Raumautomation extrem teuer ist. Das muss nicht so sein.

Wichtig ist erneut, dass man sich auf die wesentlichen persönlichen Anforderungen beschränkt. Und womöglich stattet man auch nicht die gesamte Immobilie aus. Im Wohnbereich macht ein Dimmaktor im Wohnzimmer meistens Sinn – im Gäste-WC oder im Lagerraum genügt meist noch der normale Schalter. Also: selektives Vorgehen ist ratsam. Dafür erhält man einen deutlichen Mehrgewinn an Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz.

Zur groben Orientierung hat das IGT entsprechende Kostenkennwerte ermittelt (Bild 2, nähere Informationen unter
www.bit.ly/sbz042):

  • Ca. 75 €/m² für eine konventionelle ­Elektroinstallation
  • Ca. 200 €/m² für ein funkbasiertes Smarthome
  • Ca. 250 €/m² für eine BUS-basierte ­Ausstattung.
  • Bei den Smarthome-Kostenkennwerten sind die Kosten für die Steckdosen und Stromleitungen bereits enthalten. Somit sind die Kosten nicht additiv, sondern als „entweder oder“ zu betrachten. Diese Kostenkennwerte gelten für den Neubau. Beim Bestandsgebäude profitiert man zum Teil von einer bereits existenten Elektroinstallation, wobei funkbasierte Systeme klar im Vorteil sind, da die nachträgliche Verlegung eines BUS-Kabels oft gar nicht möglich ist.

    Für diese Smarthome-Mehrkosten erhält man wie zuvor erwähnt dann einen deut­lichen Mehrwert. Und wer sich bei den Anforderungen auf die wesentlichen Wünsche konzentriert und womöglich nicht jeden Raum „smartifiziert“, wird auf akzeptable Gesamtkosten kommen.

    Fazit

    Die Raumautomation verbreitet sich weiter. Dabei ist zwischen einfachen Komplettsystemen und den professionellen Technologien zu unterscheiden. Welches System individuell geeignet ist und wie günstig ein Smart­home umgesetzt werden kann, hängt ganz wesentlich von der individuellen Festlegung der tatsächlich gewünschten Anforderungen ab.

    Bild 2: Kostenkennwerte der Elektroinstallation für ein Smarthome im Neubau

    Bild: IGT / Julia Winkler

    Bild 2: Kostenkennwerte der Elektroinstallation für ein Smarthome im Neubau

    Autor

    Prof. Dr. Michael Krödel 
    ist Leiter des IGT – Institut für Gebäu­de­technologie, 85521 Ottobrunn

    Bild: IGT

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