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Hydraulischer Abgleich heute – SBZ-Serie, Teil 4

Keine Angst vor Berechnungen

Die Wechselwirkungen des Systems Heizung zu kennen und einen Leitfaden zum Vorgehen an der Hand zu haben, sind Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen hydraulischen Abgleich. Doch am Ende sind immer (detaillierte) Berechnungen notwendig, um die nötigen Massenströme und Rücklauftemperaturen sowie die Einstellungen der Umwälzpumpe, der Differenzdruckregler und der Heizkörperthermostatventile zu ermitteln. Abschrecken muss das heutzutage niemand mehr. Denn dem Heizungsfachmann stehen moderne Softwarelösungen, wie etwa „Dan-Basic 7“ von Danfoss, zur Verfügung, die ihm die Rechenarbeit weitgehend abnehmen. Dadurch erhält er aber nicht nur präzise Werte, sondern darüber hinaus z. B. eine umfassende Dokumentation für den BEG-Förderantrag. Nachfolgend wird schrittweise und beispielhaft anhand dieser Anwendung gezeigt, wie eine softwarebasierte Berechnung des hydraulischen Abgleichs funktioniert.

Die raumweise Heizlast ermitteln

Grundlage aller Berechnungen, und somit erster Schritt zur Bestimmung der erforderlichen Massenströme und Rücklauftemperaturen, ist die Ermittlung der vereinfachten raumweisen Heizlast. Hierbei wird, mittels des „Dan-Basic 7“-Moduls „Heizlastberechnung“, über die U-Werte einzelner Bauteile der Transmissionswärmebedarf jedes Raums errechnet. Relevant sind die U-Werte

  • von Außenfenstern, -türen und -wänden
  • von Wänden und Böden, die an Erdreich, Keller oder unbeheizte Nebenräume grenzen
  • von Dächern und Dachraumdecken.
  • Sind die entsprechenden U-Werte nicht bekannt, macht die Software einen näherungsweisen Vorschlag, abhängig von Baualter und Dämmung. Genauer ist es jedoch immer, die bekannten Werte manuell einzugeben. Dies gilt vor allem dann, falls einzelne Bauteile, wie die Fenster, nachträglich ausgetauscht wurden. Moderne Fenster mit Dreifachverglasung erreichen mittlerweile U-Werte von bis zu 0,5 W/m²K, was bei großen Fensterflächen zu einer deutlichen Reduktion der raumweisen Heizlast führen kann. Für die Verrechnung der U-Werte von Außenwänden und Dämmplatten lässt sich die Funktion „Dämmung“ im Softwaremodul zur Heizlastberechnung nutzen.

    Wichtig: Stets mit einbezogen werden sollten auch der Lüftungswärmebedarf sowie eine eventuell vorhandene Wärmerückgewinnung, welche die Heizlast merklich verringern kann.

    Heizflächen-Bewertung: Radiatorsysteme

    Bei Heizkörperanlagen wird im nächsten Schritt die Leistung der installierten Heizköper berechnet und der ermittelten raumweisen Heizlast gegenübergestellt – und so die Überdimensionierungsfaktoren der Heizkörper bestimmt. Die Leistungsermittlung erfolgt anhand von Typ und Größe sowie einer angenommenen Vor- und Rücklauftemperatur (der sogenannten Übertemperatur).

    In der Berechnungssoftware sind dazu entsprechende Funktionen hinterlegt: Für Flachheizkörper und Gliederradiatoren lassen sich über den Menüpunkt „Heizkörper einlesen“ die Standarddatensätze nach VDI 3805/6 (Typ/Heizkörperkenndaten) integrieren. Bei der Übertemperatur wird die Paarung
    70/55 °C vorgegeben, die sich in der Praxis in unzähligen Nachrechnungen bewährt hat.

    Wer mit anderen Werten rechnen möchte, kann diese unter dem Menüpunkt „Vorgaben bearbeiten/Heizungsarmatur“ eingeben. Allerdings zeigen Praxiserfahrungen, dass höhere Temperaturpaarungen wie 90/70 °C sich fast immer als zu hoch erweisen. Niedrigere Paarungen hingegen, z. B. 60/45 °C, bergen die Gefahr, eine zu geringe Leistung zu ermitteln.

    Beim Differenzdruck über den Thermo­statventilen sieht die Software den Ausgangswert von 50 mbar vor. Auch hier bestätigen Praxiserfahrungen, dass ein Differenzdruck von 100 mbar, wie er heute noch in vielen Unterlagen zu finden ist, selbst bei unsanierten Bestandsanlagen überzogen ist: Die Thermostatventile werden dann zu stark eingedrosselt, die Pumpenförderhöhen zu hoch eingestellt. Selbst 50 mbar sind streng genommen zu viel, weil sich nicht wenige Anlagen heute mit 30 mbar oder weniger betreiben lassen. Um allerdings eine eventuelle Unterversorgung zu vermeiden, falls der Differenzdruck (zu) niedrig angesetzt wird, ist es vernünftiger, mit dem höheren Wert zu rechnen.

    Heizflächen-Bewertung: Fußbodenheizung

    Etwas anders gestaltet sich die Vorgehensweise, falls die Leistung einer installierten Fußbodenheizung ermittelt werden soll. Im ersten Schritt wird hier der ungefähre Verlegeabstand bestimmt. Im Softwaremodul „Fußbodenheizung“ ist dafür ein Vorschlagswert von 15 cm hinterlegt (entspricht 6,5 m/m²).
    Dieser Vorschlagswert lässt sich anpassen, falls ein anderer Wert bekannt oder aus guten Gründen anzunehmen ist. Hinweis: Auch Randzonen sollten gegebenenfalls beachtet und in die Berechnung mit einbezogen werden.

    Anhand von Heizlast und Verlegeabstand wird anschließend jene Vorlauftemperatur bestimmt, die für die benötigte thermische Heizleistung erforderlich ist. Zudem wird die von Vorlauftemperatur und Bodenbelag abhängige Spreizung ermittelt. Berechnungsgrundlage ist im Regelfall die Annahme eines Nasssystems nach DIN 1264 Typ A mit Bodenbelag Stein. Die Wärmeabgabe nach unten sollte überdies ebenfalls berücksichtigt werden.

    Für den Sonderfall einer Kombination aus Fußbodenheizung und Heizkörpern im selben System sind in der „Dan-Basic 7“ die entsprechenden Berechnungsfunktionen hinterlegt. Hierbei wird u. a. geprüft, ob die Vorlauftemperatur, die für die Fußbodenheizung im EG errechnet wurde, auch für die Heizkörper im OG ausreicht. Ebenso zuverlässig werden auch die Richtwerte für eine sinnvolle Aufteilung der Heizleistung ermittelt, falls beide Wärmeübertragertypen in einem Raum installiert sind.

    Im Softwaremodul „Fußbodenheizung“ ist für den Verlegeabstand ein Vorschlagswert von 15 cm hinterlegt (entspricht 6,5m/m²); dieser Wert lässt sich bei Bedarf anpassen. Auch Randzonen sollten gegebenenfalls beachtet und in die Berechnung mit einbezogen werden. Anhand von Heizlast und Verlegeabstand wird mittels Software jene Vorlauftemperatur bestimmt, die für die benötigte thermische Heizleistung erforderlich ist.

    Bild: Danfoss

    Im Softwaremodul „Fußbodenheizung“ ist für den Verlegeabstand ein Vorschlagswert von 15 cm hinterlegt (entspricht 6,5m/m²); dieser Wert lässt sich bei Bedarf anpassen. Auch Randzonen sollten gegebenenfalls beachtet und in die Berechnung mit einbezogen werden. Anhand von Heizlast und Verlegeabstand wird mittels Software jene Vorlauftemperatur bestimmt, die für die benötigte thermische Heizleistung erforderlich ist.

    Massenströme und Rücklauftemperaturen

    Hat der Heizungsfachmann alle Heizlast- und Heizleistungsparameter vollständig ermittelt, kann er auf dieser Basis letztlich auch die realen Massenströme und Rücklauftemperaturen (Radiatorsysteme) bzw. die Massenströme je Heizkreis (Fußbodenheizungen) errechnen und einstellen. In der Software werden dafür die Module „Armaturen-/Pumpenauslegung“ bzw. „Fußbodenheizungen“ vorgehalten.

    In der Software wurde auf ein Modul zur detaillierten Rohrnetzberechnung bewusst verzichtet. Prinzipiell wäre es zwar korrekt, die Berechnung des Rohrnetzes detailliert vorzunehmen. Allerdings kann in allen Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in den meisten Mehrfamilienhäusern darauf verzichtet werden, weil das Ergebnis der späteren Massenstromberechnung dadurch nicht negativ beeinflusst wird. Denn aufgrund reduzierter Heizlasten, relativ kurzer und oft überdimensionierter Netze sowie wegen vielfacher Teillastnutzungen strömen ohnehin keine größeren Volumina mehr durch die Rohrleitungen, sodass kaum noch ein Druckabfall vorhanden ist. Nicht zufällig findet sich im VdZ-Formular nach Verfahren B folgender Satz: „Wenn große Teile der Alt-Installation im nicht sichtbaren Bereich liegen, ist eine Ermittlung der Voreinstellwerte durch Annahmen von Rohrlängen und Nennweiten möglich“. Im Softwaremodul „Armaturen-/Pumpenauslegung“ ist deshalb auch genau diese Berechnungsfunktion hinterlegt.

    Systemoptimierung und Einstellungen: Radiatorsysteme

    Mit der Ermittlung der Massenströme und Rücklauftemperaturen ist der hydraulische Abgleich noch nicht abgeschlossen. Bei Radiatorsystemen folgen noch die Berechnung der Einstellungen

  • der Heizungsumwälzpumpe,
  • der Differenzdruckregler vor den zonierten Strängen sowie
  • der Heizkörperthermostatventile.
  • Bevor diese Einstellungen endgültig festgelegt werden, sollte jedoch noch ein wichtiger Systemoptimierungsschritt folgen: Das Softwaremodul „Temperaturoptimierung und Druckoptimierung“ unterstützt zum einen die schrittweise Anpassung des Heizsystems an den Wärmeerzeuger. Dabei wird durch die Absenkung der Systemtemperaturen, was gleichbedeutend mit der Reduzierung der mittleren Übertemperatur ist, die Heizleistung der Heizkörper sukzessive bis zur berechneten Heizlast reduziert. Entspricht anschließend die Heizleistung der Heizkörper genau der Heizlast, lassen sich durch die Absenkung der Differenzdrücke über den Thermostatventilen die Voreinstellwerte weiter optimieren.

    Tipp: Erfolgt die endgültige Parametrisierung von Umwälzpumpe, Differenzdruckreglern und Thermostatventilen erst nach Umsetzung dieser Systemoptimierungen, so sind die Effekte deutlich spürbar. Beispielsweise lässt sich nach der Optimierung der Massenströme oft noch einmal die Pumpenförderhöhe reduzieren.

    Die Berechnung aller Werte erfolgt letztlich auch hier über das Modul „Armaturen-/Pumpenausauslegung“: Es bestimmt die Pumpenförderhöhe für den Schlechtpunkt, ermittelt für die Differenzdruckregler den Voreinstellwert (bzw. den Sollwert für den jeweiligen Strang) und berechnet bei Thermostatventilen die Auslegung anhand der Kenndaten auf Basis der VDI 3805/2.

    Systemoptimierung und Einstellungen: Flächenheizungen

    Bei Fußbodenheizungen muss ebenfalls im Anschluss an die Massenstromermittlung der Druckverlust jedes Heizkreises berechnet werden; anhand

  • der Heizkreisgröße (m²),
  • des Verlegeabstands (m/m²) und eines
  • angenommenen Druckverlustes (Vorschlag: 1,5 mbar/m).
  • Auf Grundlage der ermittelten Werte lässt sich dann der Gesamtmassenstrom je Verteiler bzw. Anlage sowie der minimal erforderliche Differenzdruck errechnen – ausgehend vom Heizkreis mit dem höchsten Druckverlust. Aus diesem Druckwert und der Rohrlänge vom entferntesten Verteiler zur Pumpe ergibt sich dann die notwendige Förderhöhe der Heizungspumpe.

    Darüber hinaus sollten auch individuelle Randbedingungen berücksichtigt werden. Beispielsweise muss bei Bodenbelägen mit erhöhtem Wärmedurchlasswiderstand die Vorlauftemperatur zunächst rechnerisch angehoben werden. Solche Kalkulationen lassen sich ebenfalls mithilfe des Moduls „Fußbodenheizung“ durchführen. Weitere Optimierungen und die endgültige Anpassung kann nur anhand von Erfahrungen im laufenden Betrieb oder durch den Einsatz adaptiver Systeme erfolgen.

    Machen adaptive Systeme Berechnungen überflüssig?

    An dieser Stelle wird sich womöglich mancher Heizungsfachmann fragen, warum man nicht von vorneherein auf adaptive Systeme setzt, statt Berechnungen durchzuführen. Denn einige Hersteller versprechen ja einen voll funktionsfähigen automatischen hydraulischen Abgleich. Darauf gibt es zwei Antworten: Zum einen ist der automatische Abgleich nicht förderfähig – die BEG-Richtlinien schreiben den Nachweis einer Berechnung vor. Zum anderen lässt sich der größtmögliche Effekt erst dann erzielen, wenn Berechnung und Automatik kombiniert werden. Der Abgleich mithilfe berechnungsbasierter Voreinstellungen liefert dabei die Grundauslegung, während die künstliche Intelligenz automatisch-adaptiver Systeme, wie z. B. „Eco“, „Ally“ oder „Icon“ von Danfoss, die Heizanlage im laufenden Betrieb an die Gebäudedynamik und das Nutzerverhalten anpasst.

    Die Berechnung der Massenströme und sonstigen Voreinstellungen bleibt somit ebenso zentraler Bestandteil des hydraulischen Abgleichs, wie die Erarbeitung eines grundlegenden Systemverständnisses und eines Leitfadens zur Vorgehensweise.

    Nach dem hydraulischen Abgleich mithilfe berechnungsbasierter Voreinstellungen passt die künstliche Intelligenz automatisch-adaptiver Systeme die Heizanlage im laufenden Betrieb an die Gebäudedynamik und das Nutzerverhalten an.

    Bild: Danfoss

    Nach dem hydraulischen Abgleich mithilfe berechnungsbasierter Voreinstellungen passt die künstliche Intelligenz automatisch-adaptiver Systeme die Heizanlage im laufenden Betrieb an die Gebäudedynamik und das Nutzerverhalten an.

    Info

    SBZ-Serie: Hydraulischer Abgleich heute

    Der hydraulische Abgleich bekommt im Zuge der Wärmewende eine immer größere Bedeutung. Sei es als Maßnahme zur Energieeinsparung, als Fördervoraussetzung oder zur Optimierung des Heizsystems nicht nur für die Wärmepumpe. Grund genug also, die aktuellen Entwicklungen, wichtige Rahmenbedingungen und die Vorgehensweise in einer umfassenden vierteiligen SBZ-Serie zusammenzutragen:

    Teil 1: Herausforderung hydraulischer Abgleich SBZ 9-22

    Teil 2: Das System Heizung verstehen SBZ 11-22

    Teil 3: Leitfaden zur Vorgehensweise SBZ 13-22

    Teil 4: Softwarebasierte Berechnung SBZ 15-22 (diese Ausgabe)

    Autor

    Bernd Scheithauer 
    ist Produktingenieur für Wärmeautomatik bei Danfoss in 63073 Offenbach

    Bild: Danfoss

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