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Zukunft Handwerk: Ein SHK-Betrieb räumt mit alten Rollenbildern auf

Gerhard Gabriel, der gemeinsam mit seiner Frau Andrea die Geschäftsführung der Gabriel GmbH Heizung Sonne Bad innehat, arbeitet mit insgesamt 14 Mitarbeitern in dem 170-Einwohner-Teilort Boos zusammen. Er erklärt: „Mein Vater hat den Betrieb 1976 als Zwei-Mann-Betrieb gegründet. Nächstes Jahr feiern wir unser 50-jähriges Betriebsjubiläum.“ Die Firma führt er seit 1994, in die er fünf Jahre zuvor als Meister ­eingestiegen ist. Die Gabriels haben das Lebenswerk von Gabriel senior nicht nur erhalten, sondern konsequent weiterentwickelt – inzwischen arbeiten auch die drei gemeinsamen Söhne im Betrieb.

Zudem gibt es eine Neuerung im Unternehmen mit der ersten weiblichen Auszubildenden im SHK-Handwerk: Jana Sonntag (18) ist im zweiten Lehrjahr mit dabei. Im Unternehmen gilt das Motto: „Behandle deinen Kunden wie deinen Freund und deine Mitarbeiter wie Familienmitglieder.“

Bad und Heizung mit klarer Rollenverteilung

Dass Andrea Gabriel für das Unternehmen mitverantwortlich ist, war nicht immer so. „Mein Mann hat mir zur Hochzeit 49 % der GmbH geschenkt und ein bisschen Verantwortung dazu“, sagt sie augenzwinkernd. Die gelernte technische Zeichnerin, die ursprünglich Maschinenbau studieren wollte, lernte stattdessen Bürokauffrau – „notgedrungen“, wie sie sagt – und übernahm sukzessive mehr Verantwortung im Betrieb. Durch gemeinsame Baustellenbesuche und technische Fortbildungen fand sie ihren Weg ins Handwerk – oft als einzige Frau im Raum. Als ihr Mann irgendwann die Badberatung aufgeben und den Bereich aus dem Firmennamen streichen wollte, setzte sie ein klares Veto: „Ich habe einfach nein gesagt. Schließlich hatte ich ja 49 % Firmenanteile!“

Im Betrieb ist die Rollenverteilung klar: Auf den Heizungsbau entfallen 70 % der Arbeiten, für den Gerhard Gabriel zuständig ist. Seine Frau verantwortet den Bereich Bad und erklärt: „Ich mache die Komplettbäder und bin auf der Baustelle genauso unterwegs wie im Büro.“ Sie übernimmt die Bauleitung und deckt im Badbereich das mittlere bis gehobene Preissegment ab.

Pionier in regenerativer Energie

Das Unternehmen war Vorreiter, als noch kaum jemand von Wärmepumpe und Solartechnik sprach, so Andrea Gabriel. Bereits 1977 schloss der Seniorchef die erste Biogasanlage an, 1980 folgte eine Wärmepumpe und 1989 eine Solaranlage in Kombination mit Holzvergaserkessel. Gerhard Gabriel ergänzt: „Regenerative Energie war für uns schon immer ein Steckenpferd. Der Markt hat sich in unsere Richtung entwickelt, und wir sind konsequent dabeigeblieben.“

Die Liste der Pionierleistungen des Unternehmens ist lang, und für ihr Engagement gab es zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2010 den Baden-Württembergischen Umweltpreis und 2018 den Marketingpreis des SHK-Handwerks. Die Gabriels sind stolz auf diese Auszeichnungen – insbesondere auch deshalb, weil sie für ihre Kunden ein Beleg dafür sind, dass der Betrieb mit regenerativen Energien kompetent verfährt und über den Tellerrand schaut. Im Eingangsbereich kann jeder in die gesammelten Fragebögen zu Kundenmeinungen inkl. zahlreicher Baustellenfotos, die gerahmt oder in einer Mappe gesammelt wurden, Einsicht nehmen.

Ausbildung als Zukunftsstrategie

Die Gabriel GmbH bildet regelmäßig aus und trifft bei den Auszubildenden eine Vorauswahl. „Unsere Abbrecherquote liegt bei null, und alle Azubis wurden bisher übernommen“, sagt Gerhard Gabriel. „Wir achten auf einen mindestens mittleren Bildungsabschluss, obwohl die Ausbildung als Anlagenmechaniker/-in SHK auch mit einem Hauptschulabschluss begonnen werden kann, denn wir wollen, dass unsere Azubis später Techniker, Meister oder Betriebswirte werden. Dafür brauchen sie eine gewisse Grundlage.“ Für die Auszubildenden ist zu Beginn außerdem der Besuch einer einjährigen Berufsfachschule Elektrotechnik vorgesehen.

Dadurch verbringen alle SHK-Azubis das erste Ausbildungsjahr an der Elektrofachschule. Dies war ein Vorstoß, den die ­Gabriels vor über zehn Jahren gegen Widerstände durchsetzten. „Wir machen das seit zwölf Jahren und waren die Ersten hier in der Region, die so vorgegangen sind. Letztlich mit Zustimmung der Handwerkskammer“, erklärt Andrea Gabriel. Der Nutzen liegt auf der Hand: Die Azubis erhalten ein starkes Fundament für die zunehmend elektrische und digitale SHK-Welt.

Die erste weibliche Auszubildende auf der Baustelle

Jana Sonntag ist die erste weibliche Auszubildende des Betriebs im SHK-Bereich. „Sie ist ein Gewinn fürs Team“, betonen die Gabriels. Sie hat schnell ihren Platz zwischen den Monteuren gefunden, auch deshalb, weil alle Beteiligten in den Entscheidungsprozess eingebunden wurden. „Man kann nicht einfach über deren Köpfe hinweg entscheiden. Es muss einfach passen“, erläutert Andrea Gabriel. „Jana trägt zwar keinen Heizkessel in den Keller, aber sie läuft dafür hundertmal die Treppe mit kleinen Paketen hoch und runter. Die Arbeit verteilt sich anders und ist gleichwertig“, sagt sie und ist von der Zielstrebigkeit und Entschlossenheit ihrer Auszubildenden überzeugt. Gerhard Gabriel ergänzt: „Frauen bringen eine andere Denkweise und andere Schwerpunkte in die Arbeit ein. Das braucht unser Handwerk, denn es verändert sich gerade signifikant. Es geht heute viel stärker um Kommunikation, Beratung und saubere Ausführung.“

Als Umbauspezialist hat die Gabriel GmbH Heizung Sonne Bad einen entscheidenden Vorteil bei dem Thema Beschäftigung von Frauen im Handwerk, wie er erläutert: „Wir arbeiten im Bestandsbau mit in aller Regel funktionierenden Toiletten in den Bädern – also ist es kein Problem für uns, eine weibliche Auszubildende zu beschäftigen.“

Die Gabriel GmbH blickt auf zahlreiche Auszeichnungen zurück, wie den Baden-Württembergischen Umweltpreis und den ­Marketingpreis des SHK-Handwerks.

Bild: Drogatz-Krämer / SBZ

Die Gabriel GmbH blickt auf zahlreiche Auszeichnungen zurück, wie den Baden-Württembergischen Umweltpreis und den ­Marketingpreis des SHK-Handwerks.

Kommunikation im Fokus

Die männliche Kommunikationskultur ist anders, sagt Andrea Gabriel: „Manche Männer werfen mit technischen Begriffen um sich, mit denen die Endkunden meist nichts anfangen können. Jana ‚übersetzt‘, macht Themen greifbar und überfordert die Kunden nicht.“ Die Geschäftsführerin erklärt: „Wir haben festgestellt, dass die Kommunikation viel besser läuft. Insbesondere ältere Kundinnen trauen sich eher, mit Jana als mit den männlichen Monteuren zu sprechen. Sie ist Mittlerin zwischen Kunden und Monteuren – gerade bei Renovierungen in bewohnten Häusern ist das vorteilhaft.“

Die Gabriels wünschen sich mehr Frauen im Handwerk – nicht nur aus Idealismus, sondern aus Notwendigkeit. „Frauen sind im SHK-Handwerk unterrepräsentiert“, stellt Andrea Gabriel fest. Langfristig möchte sie in jedem Montageteam mindestens eine Frau etablieren. Sie erläutert: „Das verändert das Teamgefüge positiv. Es wird ruhiger und respektvoller. Die Männer für die schweren Arbeiten und die Frauen für die Kommunikation, das Feine und die Struktur.“

Praktika als Schlüssel zur Nachwuchsgewinnung

An die Adresse von Kollegen, die sich noch schwertun, eine Frau einzustellen, richtet Andrea Gabriel eine klare Aufforderung: „Einfach ausprobieren, aber nicht einfach eine junge Frau in die Mannschaft setzen, sondern das gesamte Team mitnehmen. Praktika sind der Schlüssel – für Jungen und Mädchen.“ Ihr Mann ergänzt, dass Mädchen oft ein handwerkliches Talent besitzen, das unterschätzt wird.
Ein zentrales Element der Ausbildungsstrategie ist die Bildungspartnerschaft mit drei Schulen. Jana ist ebenfalls über ein Praktikum in den Betrieb gekommen und hat gezeigt, dass sie mitziehen kann. „Das Team wollte sie unbedingt“, erinnert sich Gerhard Gabriel.

Ausbildung als Startpunkt, nicht als Ziel

Bei der Gabriel GmbH folgen nach dem Elektrojahr noch 2,5 Jahre SHK-Ausbildung inklusive überbetrieblicher Kurse, wodurch die Azubis am Ende breiter aufgestellt sind als in anderen Betrieben. Doch die Ausbildung ist damit nicht das Ende. Wer bleibt – und bisher sind alle geblieben – bekommt Perspektiven: eine eigene Baustelle, in der Badplanung, im Kundendienst oder im Service sowie einen Aufstieg zum Meister oder Techniker. „Unsere Mitarbeiter sollen sich entwickeln können, nicht nur fachlich, sondern auch menschlich“, betont Gerhard Gabriel und sagt: „Jana kann später wählen, in welche Richtung sie gehen möchte. Bei uns kann man sich entfalten, und wer die Ausbildung schafft, bekommt auch ein eigenes Auto.“

Die Anforderungen im SHK-Gewerbe werden in vielen Bereichen immer komplexer. „Früher war das Handwerk hauptsächlich körperlich – heute ist es mehr Kopfsache, mehr Technik, mehr Kommunikation und weniger Schlepperei“, erklärt Gerhard Gabriel, der aus diesen Gründen Frauen stärker einbinden und das Bild vom rauen Männer­handwerk aufbrechen möchte. „Frauen denken, arbeiten und kommunizieren anders. Das macht Betriebe besser, und das merken auch die Kunden. Die Frauen sind da, ebenso die Technik – jetzt müssen nur noch die Betriebe mitziehen“, sagt er und ergänzt: „Viele Mädels haben ein unglaubliches handwerkliches Talent, trauen sich oft aber nicht. Deshalb: Praktika, Praktika, Praktika!“

Die „Hall of Fame“ des Unternehmens enthält zahlreiche Baustellenfotos, Zeitungsausschnitte und begeisterte Kundenbewertungen.

Bild: Drogatz-Krämer / SBZ

Die „Hall of Fame“ des Unternehmens enthält zahlreiche Baustellenfotos, Zeitungsausschnitte und begeisterte Kundenbewertungen.
Vorteilhaft insbesondere im Bestandsbau: ­Eine Frau auf der Baustelle kann als Mittlerin zwischen Kunden und Monteuren fungieren.

Bild: Drogatz-Krämer / SBZ

Vorteilhaft insbesondere im Bestandsbau: ­Eine Frau auf der Baustelle kann als Mittlerin zwischen Kunden und Monteuren fungieren.
Ob Weiterbildung oder ein eigener Wagen nach der ­Ausbildung – die Gabriel GmbH bietet attraktive Chancen für die individuelle Entwicklung.

Bild: Drogatz-Krämer / SBZ

Ob Weiterbildung oder ein eigener Wagen nach der ­Ausbildung – die Gabriel GmbH bietet attraktive Chancen für die individuelle Entwicklung.
  • Die Gabriel GmbH setzt bewusst auf Frauen im SHK-Handwerk und plant, langfristig in jedem Montageteam eine Frau zu etablieren.
  • Die Kundenkommunikation auf der Baustelle hat sich durch die weibliche Anlagenmechanikerin spürbar verbessert.
  • Praktika werden im Betrieb als zentrales Mittel der Nachwuchsgewinnung eingesetzt.
  • Jede Ausbildung zum/zur ­Anlagenmechaniker/-in SHK startet im Betrieb mit einem Elektro­jahr.
  • Ausbildung als Teil der Unternehmensstrategie: Ein mittlerer Schulabschluss soll den Einstieg in eine Weiterbildung zum/zur Techniker/-in, Meister/-in oder ­Betriebswirt/-in erleichtern.
  • Weitere Infos auf www.sbz-online.de

    Neugierig geworden?
    Mehr rund um das Thema Frauen im SHK-Handwerk erfahren Sie in unserem Online-Dossier unter:
    www.sbz-online.de/tags/frauen

    Autorin

    Katrin Drogatz-Krämer
    ist Redakteurin bei der SBZ.
    drogatz-kraemer@sbz-­online.de

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