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Wie die Solarthermie aus dem Schatten der Photovoltaik treten könnte

  • Solarthermie ist effizient und ausgereift, bleibt aber hinter Photovoltaik zurück, da ein digitales Nutzererlebnis fehlt und somit ihr Vorteil wenig sichtbar ist.
  • Eine serienmäßige WLAN-Anbindung und eine ­benutzerfreundliche App könnten die Solarthermie für Handwerk und Endkunden attraktiver machen.
  • Eine einfache App-Anbindung steigert bei ­Photovoltaikanlagen sowohl die Kundenbindung als auch die ­Weiterempfehlung – ein Aspekt, den auch Solarthermie dringend benötigt.
  • Die Sonne ist eine der ökologischsten Quellen der Energiegewinnung und schickt – nach erfolgter Installation – bekanntlich keine Rechnung. Sonnenkollektoren erreichen höchste Wirkungsgrade, Fertigungsstraßen sind automatisiert und Montageprozesse für die Handwerker weitestgehend vereinfacht. Dennoch verweilt die Solarthermie in einer Marktnische. In der Heizungstechnik dominiert die Wärmepumpe den Diskurs und in der Konkurrenz ums Dach stehen Sonnenkollektoren zunehmend im Schatten der Photovoltaik. Tatsächlich flacht der Zubau solarthermischer Anlagen weiterhin ab, während die Photovoltaik boomt wie nie. Die aktuellen Marktzahlen des Bundesverbands Solarwirtschaft führen dies klar vor Augen:

    Per Smartphone-App zum solaren Kundenerlebnis

    Die grundsätzlich steigende Bedeutung der Energieform Strom liegt im Zuge der Elektromobilität und der Elektrifizierung der Heiztechnik in Kombination mit der Wärmepumpe auf der Hand. Eine starke politische Förderung hat der Photovoltaik zudem beeindruckende Kostensenkungen ermöglicht, die sich nun in sehr günstigen Materialpreisen widerspiegeln. Neben diesen harten Faktoren, die bei aller Sympathie zur Solarthermie klar für die Photovoltaik sprechen, hat sich Letztere jedoch auch psychologisch einen großen Vorteil erarbeitet: die einfache Sichtbarkeit des Anlagenerfolgs. Es gelingt der Photovoltaik viel besser, dem Endkunden die Leistung seiner Solaranlage erlebbar zu machen, da sie ihm diese einfach auf sein Smartphone liefert. Da fast alle Wechselrichter inzwischen mit einer Internetanbindung ausgestattet sind, kommt der digitale Touchpoint zur Photovoltaikanlage serienmäßig per App in die Hosentasche. So kann ein Anlagenbesitzer immer und überall den Systemstatus checken, Solarerträge bequem ablesen und im Plausch mit Nachbarn und Freunden sonnige Erfolgsgeschichten teilen. Die kontinuierliche Verbindung zur eigenen Photovoltaikanlage emotionalisiert, begeistert und regt zur Weiterempfehlung an.

    Die Solarthermie hingegen verrichtet zuverlässig und effizient, aber meist unsichtbar auf dem Dach ihr Werk. Wer Ertragsstatistiken sehen möchte, muss bisher weiteres Geld und Installationsaufwand in teure Zusatzgeräte wie Datenlogger oder Gateways stecken. Dies kommt meist nur in großen oder gewerblichen Installationen infrage. Alternativ muss der Bewohner regelmäßig den Gang in den Keller antreten, um am Display des Solarreglers die Betriebszahlen in Textform zu entnehmen und händisch auszuwerten. Unklare Menüführungen mit kryptischen Abkürzungen machen dies nicht immer leicht verständlich. Zudem sind die bereitgestellten Kennzahlen oft stark begrenzt, sodass der Anlagenbesitzer schon einen hohen Eigenantrieb mitbringen muss, um diesen Aufwand zur Erfolgsmessung dauerhaft betreiben zu wollen. Das Monitoring einer Solarthermie-Anlage ist bisher kompliziert und teuer.

    Wie die Solarthermie aufholen könnte

    Die Akzeptanz und Beliebtheit der Solarthermie könnte einen großen Schub erfahren, wenn sie ebenso smart wäre wie ihre Konkurrenztechnologien und wenn es ihr gelänge, ihre bestehenden technischen Stärken mit einem emotionalen Mehrwert zu untermauern. Die Sonnenwärme ist im Vergleich zum Strom die Energieform mit dem höheren Identifikationspotenzial, denn das wohlige Gefühl von Sonnenwärme auf der Haut kann jeder intuitiv nachempfinden. Strom hingegen ist zunächst abstrakt, kalt und rational. Diese vorteilhafte Ausgangslage muss jedoch von den Solarthermie-Anbietern gezielt angesprochen und im laufenden Anlagenbetrieb besser wachgehalten werden. Wie kann dies ebenso einfach und kosteneffizient gelingen wie bei den vernetzten Wechselrichtern?

    Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dafür, dass die Internetanbindung von Photovoltaiksystemen eben nicht kompliziert und teuer, sondern einfach und kostengünstig ist, liegt im Plug and Play. Die Internetfähigkeit ist ohne zusätzliche Geräte und Verkabelungsaufwand nativ in die Systemelektronik eingebettet und kann in wenigen bekannten Schritten eingerichtet werden. Auf die Solarthermie übertragen wäre dies durch die serienmäßige, standardisierte Integration eines Wi-Fi-Chips in den Solarregler ebenso erfüllbar. Die Kopplung mit dem lokalen WLAN sollte ohne besondere Netzwerkkenntnisse mit der simplen Eingabe des WLAN-Passworts durchführbar sein. Hierfür wäre eine komfortable Eingabemöglichkeit am Regler wie etwa ein Touchdisplay vorteilhaft, mit der auch lange Passwörter mit Sonderzeichen bequem und zügig eingegeben werden können.

    Ist die Anlage im Internet, sollte eine App mit guter Usability und schickem Design verfügbar sein, die mit den wichtigsten Features für Endkunden und Handwerker ausgestattet ist. Hierzu gehören unter anderem die Visualisierung des Anlagenstatus, wie beispielsweise die aktuellen Systemtemperaturen an Kollektor und Speicher, Ertragsstatistiken und -kurven sowie Diagnosemöglichkeiten und Fernparametrierung für den Profi.

    Eine potenzielle Stolperfalle besteht bei Installation von Fabrikaten, deren Hersteller mit den Best Practices sowie den europäischen Richtlinien zur IT-Sicherheit nicht vertraut sind oder diese nicht im Sinne eines „Security by design“-Gedankens seriös umsetzen. Hierzu zählt neben der inzwischen etablierten Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch der derzeit in Kraft tretende Cyber Resilience Act, der konkrete Standards für eine grundlegende Cybersecurity verpflichtend vorschreibt.

    Gegenüberstellung des solaren Zubaus von Solarthermie (rechts) und Photovoltaikanlagen (links) in Deutschland (vgl. www.solarwirtschaft.de/presse/marktdaten).

    Bild: Bundesverband Solarwirtschaft

    Gegenüberstellung des solaren Zubaus von Solarthermie (rechts) und Photovoltaikanlagen (links) in Deutschland (vgl. www.solarwirtschaft.de/presse/marktdaten).

    Neue Chancen für das SHK-Handwerk

    Eine digitalisierte Solarthermie bietet nicht nur Vorteile für Hausbesitzer und Systemanbieter. Auch das Handwerk kann profitieren:

  • Mehrwert verkaufen: Handwerker können die Internetanbindung als zusätzlichen Nutzen anbieten und Kunden von den Vorteilen einer smarteren Anlage überzeugen. Wo Mehrwert ist, steckt oft auch eine zusätzliche Verdienstchance.
  • Effizientere Serviceleistungen: Fernzugriff ermöglicht schnelle Diagnosen und Lösungen, oft ohne Vor-Ort-Besuch. Das spart Zeit und Kosten. Installateure könnten die effizientere Nachbetreuung sogar dahin gehend nutzen, ihren Kunden proaktiv Wartungspläne anzubieten.
  • Imagegewinn: Handwerker, die moderne Technologien anbieten, positionieren sich als fortschrittlich und kundenorientiert. Sonnenwärme genießt einen unverändert hohen Sympathiebonus, der durch die Verwendung smarter Technologien doppelt auf das Handwerk abfärben kann.
  • Kurioserweise ergab die diesjährige Trendstudie des österreichischen Trendforschungsunternehmens Querschiesser ausgerechnet für die fachfremde Photovoltaik die beste Geschäftsprognose durch Heizungsinstallateure. Die Solarthermie belegt immerhin einen respektablen dritten Platz noch vor der Wärmepumpe. Während die Solarthermie jedoch von knapp 60 % der Betriebe aktiv installiert wird, verfügen in der Photovoltaik lediglich 12 % über Installationserfahrung. Während die Solarthermie somit unbestritten das Terrain des SHK-Anlagenmechanikers ist, bewerben sich gleich mehrere Gewerke um die Aufträge in der Photovoltaik. Warum sollen sich Heizungstechniker in einen Wettbewerb mit Elektrikern und Dachdeckern begeben, wenn sie sich den damit einhergehenden Preiskämpfen entziehen und Geld mit etwas verdienen können, was andere Gewerke nicht beherrschen – mit moderner Heiztechnik, wie zum Beispiel der Solarthermie?

    Warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist

    Studien innerhalb des SHK-Handwerks wie solche von BauInfoConsult und Querschiesser zeigen, dass das Heizungsfachhandwerk zunehmend bereit ist, digitale Technologien zu nutzen.

    Demnach stehen 85 % der befragten Heizungsinstallateure dem Trend zur Internetanbindung von Heizsystemen offen oder positiv gegenüber. Im europäischen Vergleich sind es sogar fast 90 %. Gleichzeitig steigt die Erwartung der Endkunden an digitale Lösungen, um ihre Heizung über Smartphones und Apps kontrollieren zu können. Die Solarthermie hat die Chance, diese Erwartungen zu erfüllen und sich neu zu positionieren.

    Die Pläne zum Neuentwurf eines Gebäudeenergiegesetzes der neuen Bundesregierung könnte die Rolle der Solarthermie ebenfalls mittelfristig verändern. Die Abschwächung der Rolle der Wärmepumpe unter dem Leitbild der Technologieoffenheit könnte der Solarthermie mit ihrem etablierten Profil als ideale, erneuerbare Ergänzung zum bestehenden Gaskessel zu einem erneuten Bedeutungszuwachs verhelfen.

    Fazit: Sonnenwärme für die Hosentasche

    Die Digitalisierung könnte der Solarthermie neuen Schwung verleihen. Eine einfach einzurichtende, kostenfreie Solar-App, die den Zustand und Ertrag der Anlage sichtbar macht, kann die Technologie greifbarer und attraktiver machen. Sie könnte Hausbesitzern Freude an ihrer Investition bringen, Handwerkern neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und der Solarthermie insgesamt zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen.

    Darüber hinaus würde eine solche App die Solarthermie nicht nur funktional aufwerten, sondern auch ihre Rolle in der Diskussion um erneuerbare Energien neu definieren. Denn die besten Technologien sind die, die wir nicht nur nutzen, sondern auch erleben und teilen können. Die Solarthermie hat das Potenzial, aus dem Schatten der Photovoltaik herauszutreten und ihre Stärken selbstbewusst zu zeigen.

    Solarthermie-App „Sorel Connect“ in Endkunden- (links) und Profiansicht zur Fernparametrierung (rechts).

    Bild: Sorel

    Solarthermie-App „Sorel Connect“ in Endkunden- (links) und Profiansicht zur Fernparametrierung (rechts).
    Umfrageergebnis BauInfoConsult (2024) „European Mechanical Installation Monitor – Smart buildings and products“ im ­deutschen SHK-Handwerk zur Bewertung des steigenden Trends zur ­Internetvernetzung von Heizsystemen (vgl. https://bauinfoconsult.de/individuelle-marktforschung/).

    Bild: Sorel (Grundlage Umfrageergebnisse)

    Umfrageergebnis BauInfoConsult (2024) „European Mechanical Installation Monitor – Smart buildings and products“ im ­deutschen SHK-Handwerk zur Bewertung des steigenden Trends zur ­Internetvernetzung von Heizsystemen (vgl. https://bauinfoconsult.de/individuelle-marktforschung/).

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    Autor

    Jonas Bicher
    ist Master of Engineering in Digitalen Technologien, Master of Science in Management und seit 2013 als Geschäftsführer bei Sorel GmbH Mikroelektronik in der Heizungsbranche tätig. Er mag innovative Ideen zu Solarthermie und erneuerbarer Wärme, Usability-Design und softwarebasierte Technologien.

    Bild: Autor

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