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Hat jemand die Frauen gesehen?

Das SHK-Handwerk steht an einem Kipppunkt. Werden sich in diesem männerdominierten Teil der Arbeitswelt Frauen als gleichberechtigt und gleichwertig etablieren oder bleiben sie „Exotinnen im Blaumann“? In der Ausbildung, als Gesellinnen, auf Meisterkurs? Der Weg ist steinig. Nicht, weil es an Talent fehlt, sondern weil das System sie ausbremst. Weil, nennen wir das Problem ruhig mal beim Namen, weil die männlich geprägten Domänen der SHK-Welt es nicht anders zulassen. Oder hat jemals jemand schon mal von einer Landesinnungsmeisterin gehört? Eben. Strukturen hinken, Perspektiven fehlen, Chancen verpuffen. Zudem wird auch dieses Thema zu wenig adressiert: Wenn der weibliche Nachwuchs dann mal da ist – bleibt er nicht. Auch das hat Gründe. Wer heute noch glaubt, es gehe dabei nur um Motivation, der verschließt bewusst die Augen vor den wirklichen Hürden.

Männerteams bleiben unter sich und merken es nicht

In vielen Betrieben herrscht immer noch eine Atmosphäre wie in den 80er-Jahren. Männer machen, Männer reden, Männer entscheiden. Frauen sind oft geduldet, aber selten gemeint oder gar ernsthaft angesprochen. Das technische Know-how? Wird infrage gestellt, zwar nicht offen, aber dennoch spürbar. Deshalb ist klar: Es fehlt nicht nur an Frauen, es fehlt auch an einer Haltung. Wer gemischte Teams will, muss das auch ernst nehmen. Schulungen, klare Ansagen, echte Teamführung helfen da weit mehr als nur ein Schulterklopfen. SHK-Betriebe, in denen immer noch Einstellungen „von vorgestern“ vorherrschen, bremsen nicht nur Frauen aus, sondern auch die Zukunft ihres eigenen Unternehmens.

Es geht auch anders, besser: Im Familienunternehmen Ludger Pötter GmbH in Recklinghausen haben die Zwillingsschwestern Luisa und Katharina Pötter den Sprung ins SHK-Handwerk geschafft, und nicht nur die Ausbildung gemeistert, sondern sich auch in der Gesellenprüfung unter den Besten platziert. Ihr Erfolg zeigt: In einem offenen, unterstützenden Arbeitsumfeld, in dem Teamkultur aktiv gepflegt wird, kann echte Inklusion gelingen. Wenn die Unternehmensführung es vorlebt und die Mitarbeitenden mitziehen.

Der Beruf hat sich verändert, die Wahrnehmung noch nicht

Heizkörper schleppen? Ja, auch. Aber wer heute „in SHK macht“, arbeitet mit digitalen Werkzeugen, plant Anlagen, analysiert Energieflüsse. Das klingt spannend und ist es auch, nur weiß es kaum jemand. Schulen und Berufsberatung hängen im Gestern. Karriereseiten zeigen Männer statt Diversität. Die Folgen erleben wir jeden Tag: Mädchen schalten ab, bevor sie anfangen. Das Berufsbild Anlagenmechaniker*in SHK wird nicht als Möglichkeit in Betracht gezogen. Eltern raten ab, potenzielle Talente gehen woanders hin. Um das zu ändern, hat ein Umdenken in der Branche eingesetzt. Speziell der ZVSHK mit der bundesweiten Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ ist sehr darauf bedacht, nicht den Eindruck eines rein männerdominierten Milieus zu erwecken. Aber das Umdenken muss noch deutlich weiter um sich greifen, in Worten, in Bildern und in der Ansprache. Da ist jeder Betrieb gefragt, der ausbilden will und kann.

Gesellinnen gehen und keiner weiß, warum

Die Zahlen sind dramatisch. Bis zu 70 % der ausgebildeten Frauen kehren dem Handwerk bald wieder den Rücken – über alle Handwerke hinweg, auch im SHK-Handwerk. Aber warum? Das fragt kaum jemand. Es gibt selten klärende Gespräche, wenig Studien, kaum echtes Interesse, daraus zu lernen. Dabei liegen die Antworten auf der Hand: schlechte Vereinbarkeit, unklare Perspektiven, kein Plan B, wenn es um die Gründung einer Familie geht. Wer nach der Elternzeit zurück will, hat Angst davor, keine offene Tür mehr zu finden. Das ist nicht nur fahrlässig. Es ist teuer. Weibliche Fachkräfte verlassen das Feld. Auch bei Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle eingeführt haben, fehlt es häufig an geschlechterspezifischen Ansätzen. Kaum jemand bietet spezielle Rückkehrerprogramme für Frauen an. Offensichtlich gibt es zwar moderne Arbeitsformen, aber bisher keinen strategischen Fokus auf die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen.

Meisterin? Gründerin? Warum eigentlich nicht?

Viele Frauen wollen auch mehr leisten. Aber das System lässt sie hängen. Wer heute als Frau gründen oder den Meister machen will, braucht vor allem eins: Durchhaltevermögen gegen die Umstände. Netzwerke? Kaum sichtbar. Förderungen? Schwer auffindbar oder bürokratisch verknotet. Mentoring? Wenn überhaupt, dann als Sonderprojekt. Die Folge: Männer dominieren weiterhin die Führungspositionen, ganz ohne Quote, einfach durch Beharrung. Wer das ändern will, muss aktiv werden. Strukturen öffnen, Frauen fördern. Es reicht nicht, damit irgendwann anzufangen. Die Basis sollte jetzt gelegt werden.

Familie und Handwerk, ein echter Realitätscheck

Der Alltag vieler SHK-Betriebe funktioniert noch nach dem Prinzip: Wer nicht Vollzeit kann, fällt raus. Notdienste und starre Arbeitszeiten, das ist Realität. Besonders für Frauen mit Kindern. Jobsharing, Teilzeit, betrieblich unterstützte Betreuung? Schön wär’s. Männer bekommen oft flexible Lösungen, informell, über kurze Wege. Frauen holen sich Absagen. Und auch das kostet uns qualifizierte, hoch motivierte Fachkräfte.

Innungen, Fachmessen, Gremien, überall dasselbe Bild: Männer reden, Frauen stehen daneben. Repräsentativ und nett, aber meist ohne Einfluss. Dabei geht es um Themen wie Wärmewende, Smart Home, Hygiene, genau hier braucht es diverse Perspektiven. Frauen bringen andere Sichtweisen, andere Fragen, andere Lösungen. Nur: Sie kommen nicht zu Wort. Es fehlt ein Netzwerk mit Gewicht und Reichweite. Und der Wille, das zu ändern. Frauen gehören in die Entscheidungsrunden, regelmäßig und selbstverständlich.

Genug gejammert, jetzt wird verändert

Es reicht. Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Wer das SHK-Handwerk allgemein und seinen Betrieb im Speziellen fit für die Zukunft machen will, muss jetzt handeln und diese Punkte angehen:

  • Inklusive Arbeitskultur leben
  • Berufsbilder modern und weiblich darstellen
  • Abgänge analysieren, nicht ignorieren
  • Karrierewege sichtbar machen
  • Vereinbarkeit ernsthaft ermöglichen
  • Talente jenseits von Abschlüssen fördern
  • Frauen in alle Gremien holen, mit echter Stimme.
  • Ein Appell

    An alle Entscheiderinnen und Entscheider im Handwerk: Macht eure Betriebe zukunftsfähig. Öffnet die Türen, brecht Routinen auf, fördert gezielt. Frauen sind keine nette Ergänzung. Sie sind ein Gewinn: für die Arbeitsqualität, fürs Miteinander, für die ganze Branche. Wer das nicht erkennt, der rutscht in den Mitarbeiterengpass oder kommt nicht mehr hinaus. Er droht, den Anschluss zu verpassen.

  • Frauen scheitern in Betrieben selten am Können, sondern an männlich dominierten Strukturen, die sie ausbremsen und ausschließen.
  • SHK-Jobs sind längst auch digital und beratend ausgestaltet, doch veraltete Bilder und Vorstellungen zu den Tätigkeiten halten Frauen weiter fern.
  • Durch fehlende Flexibilität bei der Familienplanung, also Elternzeit und Rückkehr, gehen Mütter dem Handwerk dauerhaft verloren.
  • Autor

    Dennis Jäger
    ist SBZ-Chefredakteur.

    Bild: SBZ

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