Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

So kommen wir nicht voran!

Begriffe wie „BIM-fähig“ oder „digitale Planung“ tauchen immer öfter in Ausschreibungen auf. Bauherren erwarten ­kürzere Bauzeiten, Architekten und Planer fordern 3D‑Modelle statt Zeichnungen, und die Konkurrenz wirbt bereits mit vorgefertigten Installationsmodulen. Gleichzeitig wird es schwieriger, gute Fachkräfte zu finden – und die vorhandenen Mitarbeiter sind auf den Baustellen oft bis zur Belastungsgrenze ausgelastet.

Für viele SHK-Betriebe stellt sich damit eine zentrale Frage: Wie können wir mit vorhandenen Leuten mehr Projekte stemmen, ohne bei der Qualität Abstriche zu machen und ohne bestimmte Arbeitsprozesse in fremde Hände abzugeben? Die Antwort liegt in der Digitalisierung – konkret in Building Information Modeling (BIM) und der Vorfertigung von Installationskomponenten. Was zunächst nach großem Aufwand klingt, erweist sich in der Praxis als wirksames Instrument für die aktuellen Herausforderungen.

Die Zahlen aus der Baubranche verdeutlichen den Handlungsbedarf: Laut einer aktuellen PwC‑Studie kämpfen 85 % der Unternehmen mit zunehmendem Kostendruck, 81 % leiden unter akutem Fachkräftemangel. Besonders die technische Gebäudeausrüstung (TGA) rückt dabei in den Fokus, denn ihr Kostenanteil liegt nach fallstudienbasierten Schätzungen des BIM Center Aachen je nach Projekt zwischen 20 und 50 %. Zudem sind die Kosten der TGA fast doppelt so stark gestiegen wie die durchschnittlichen Baukosten. Genau hier liegt aber auch das größte Potenzial für Effizienzsteigerungen – und damit die Chance für SHK-Betriebe.

Mit BIM aus der Krise

BIM und Vorfertigung erweisen sich zunehmend als Motor für den notwendigen Wandel. Dies wurde auf dem dritten „TGA.Digital – BIM-Fachkongress zur Zukunft des Bauens“ in der Viega-World in Attendorn deutlich, wo über 100 Fachleute aus Forschung, Planung und Ausführung zusammenkamen. BIM ermöglicht eine datengestützte, integrale Planung, die Kollisionen frühzeitig vermeidet und die Grundlage für standardisierte Prozesse und Vorfertigung schafft. Christoph ­Ulland, SHK-Unternehmer und Geschäftsführer der ­Ulland GmbH, betont die transformative Kraft dieser Arbeitsmethode: „BIM hat den Anstoß gegeben, uns vom Handwerksbetrieb zu einem digitalen Unternehmen weiterzuentwickeln.“

Wir fangen erst dann an zu bauen, wenn alle Probleme gelöst sind.

Maximilian Waning, Geschäftsführer Waning Anlagenbau

Bild: Martin Rupik

Allerdings stellt sich der Erfolg nicht automatisch ein. „Diese generelle Aussage, BIM-Projekte sind per se effizienter als herkömmliche Bauprojekte, können wir nicht teilen“, stellt ­Maximilian Waning, kaufmännischer Geschäftsführer der Waning Anlagenbau GmbH und Mitglied des Vorstands des Industrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung Nordrhein-Westfalen (­ITGA NRW), klar. Die digitale Transformation ist komplex und verlangt von allen Beteiligten, etablierte Prozesse grundlegend zu hinterfragen.

Waning nennt drei zentrale Faktoren, die über den Projekterfolg entscheiden: die frühzeitige Einbindung ausführender Firmen (idealerweise schon in den Leistungsphasen 2 oder 3), eine kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie ein „Design Freeze“ vor Baubeginn. Denn die BIM-Arbeitsmethode, modulare Bauweise und Vorfertigung setzen voraus, dass im Vorfeld alles detailliert feststeht. Dass dies funktionieren kann, zeigen erfolgreich umgesetzte Projekte in den Niederlanden. „Wir fangen erst dann an zu bauen, wenn alle Probleme gelöst sind. Es gibt einen ‚Point of no Return‘, dann wird die Planung eingefroren, und danach kommen fast keine Änderungen mehr“, ergänzt Waning.

Know-how als kritischer Erfolgsfaktor

Trotz der erkannten Potenziale klafft im Bereich der Digitalisierung eine erhebliche Lücke zwischen Anspruch und Realität. Während 64 % der im Rahmen der PwC-Studie 2025 befragten Unternehmen großes Potenzial in BIM sehen, attestieren sich nur 25 % starke Fähigkeiten in diesem Bereich. 82 % identifizieren fehlendes fachliches Know-how als Haupthindernis der Digitalisierung. Der Mangel an Fachkräften behindert damit nicht nur das Tagesgeschäft, sondern auch die Einführung neuer Technologien, die spezialisiertes Know-how erfordern.

Diese Diskrepanz verdeutlicht die wesentliche Herausforderung. Die Transformation erfordert nicht nur technische Lösungen, sondern ebenso qualifizierte Fachkräfte, die in der Lage sind, digitale Werkzeuge sinnvoll einzusetzen. Oder wie Ulrich Bergmann, Handwerksmeister und Geschäftsführer der Firma Badia GmbH, treffend formuliert: „BIM braucht BIM-Umsetzer.“ Für SHK-Betriebe geht das unter anderem mit der Implementierung von Softwarelösungen für 3D-Visualisierung sowie für Projekt- und für Baustellenmanagement, der Nutzung digitaler Tools auf der Baustelle und der Verlagerung von Arbeiten in die Vorfertigung.

BIM hat den Anstoß gegeben, uns vom ­Handwerksbetrieb zum digitalen ­Unternehmen ­weiterzuentwickeln.

Christoph Ulland, SHK‑Unternehmer

Bild: Ulland

Wo und wann Vorfertigung Sinn macht

Vorfertigung rechnet sich nicht nur für den Neubau – auch Bestandssanierungen können davon profitieren. Immerhin sind 65 % der Gebäude in Deutschland vor 1979 gebaut worden. „Es gibt 2 bis 2,5 Millionen Mehrfamilienhäuser im Bestand, die sich ideal für die energetische Sanierung in serieller Ausführung eignen“, verdeutlicht ­Andreas Kipp, Leiter Vertrieb und Marketing bei dem Anbieter für serielles Sanieren Renowate. Je nach Gebäudetyp, Zugänglichkeit und Grad der Standardisierung gibt es auch hier die Möglichkeit, vorgefertigte Verteiler, Rohrregister oder komplette Technikräume einzusetzen.

Eine pauschale Faustregel für eine Projektgröße – sei es im Neubau oder Bestand – gibt es dabei nicht. „Die Vorfertigung wird immer dann interessant, wenn ich in den Planungsunterlagen standardisierbare Baugruppen mit hohem Wiederholungsgrad erkenne“, erläutert SHK-Unternehmer Ulland im Interview (nachzulesen direkt im Anschluss an diesen Leitartikel). Das kann schon bei 20 identischen Räumen der Fall sein. Bei jedem Projekt stellt er sich die Frage: Was könnte hier vorgefertigt werden? Das Ziel ist es, immer so wenig Arbeit wie möglich auf der Baustelle zu haben.

Eine konsequente Umsetzung führt in der Praxis zu hohen Effizienzgewinnen. Vorgefertigte Installationswände können bei Gebäuden mit sechs bis sieben Etagen sogar bis zu drei oder vier Monate Bauzeit gegenüber konventioneller Montage einsparen. Durch die in der Regel baubegleitende Einbringung per Kran werden zeitaufwendige Material- und Werkzeugtransporte in die Höhe vermieden. Und Ulrich Bergmann spart mit vorgefertigten Badmodulen nach eigener Aussage in dem Zeitraum zwischen Entwurfsplanung und Abnahme mehr als 50 % der Zeit ein.

BIM und Vorfertigung im SHK-Alltag

Die Verlagerung der Installationsprozesse in die werkseitige Vorfertigung verändert die etablierte Arbeitsweise. Sie verschiebt sich von der sequenziellen Einzelteilmontage auf der Baustelle hin zu parallel in der Werkstatt vorgefertigten Baugruppen. Das ermöglicht nicht nur deutlich kürzere Montagezeiten vor Ort, sondern auch eine bessere Planbarkeit und gleichbleibende Qualität. Die Installation erfolgt unter optimalen Bedingungen – die Monteure arbeiten im Trockenen, mit allen Werkzeugen und Materialien griffbereit, ohne witterungsbedingte Unterbrechungen.

Durch präzise 3D-Planung und digitale Kollisionsprüfung lassen sich Fehler bereits vor Baubeginn erkennen und vermeiden. So können auch weniger erfahrene Mitarbeiter und Azubis mit detaillierten Plänen und Stücklisten sowie vorgefertigten Modulen komplexere Aufgaben bewältigen. Das schafft Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und wirkt zudem dem Fachkräftemangel entgegen. Die digitalen Daten lassen sich darüber hinaus für den gesamten Lebenszyklus nutzen – von der Kalkulation über die Ausführung bis zur Wartung und Instandhaltung, was zusätzliche Geschäftsfelder erschließt.

BIM braucht BIM‑Umsetzer.

Ulrich Bergmann, Geschäftsführer Badia

Bild: Bergmann

Damit das gelingt, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen im Betrieb geschaffen werden. Die Implementierung von BIM und Vorfertigung ist durchaus mit höheren Anfangsinvestitionen verbunden – sowohl finanziell als auch zeitlich. Viele Mitarbeiter zeigen anfangs Berührungsängste mit neuen Technologien und Arbeitsweisen. Wichtig ist, die Belegschaft von Anfang an einzubinden und mitzunehmen, ihre Bedenken ernst zu nehmen und sie aktiv zu schulen.

Zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass es keine All-in-one-Lösung gibt, sondern verschiedene Softwaretools mit unterschiedlichen Schnittstellen kombiniert werden müssen. Zudem arbeiten viele Projektpartner – Architekten, Fachplaner, andere Gewerke – noch analog, was die Zusammenarbeit erschwert, aber nicht unmöglich macht.

Der Trend ist jedoch nicht mehr umkehrbar, digitale Prozesse und Vorfertigung werden vor allem bei größeren Projekten immer mehr zum Standard. Wer sich jetzt noch dagegen sträubt, wird in wenigen Jahren vor deutlich höheren Hürden stehen. Der Einstieg wird dann nicht nur schwieriger, sondern auch teurer.

Fazit

Bauen und Sanieren müssen schneller und effizienter werden. Mit BIM und Vorfertigung stehen Werkzeuge bereit, die nicht nur die fehlenden Fachkräfte kompensieren können, sondern auch erhebliche Effizienzgewinne und Wettbewerbsvorteile ermöglichen. SHK-Betriebe, die jetzt in digitale Kompetenzen investieren, positionieren sich für lukrative BIM-Projekte und sichern langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Der Einstieg in die Transformation vom klassischen Handwerksbetrieb zum digitalen Unternehmen erfordert jedoch ein Umdenken und Mut zur Veränderung. Investitionen in Software, Schulungen und neue Prozesse zahlen sich nicht über Nacht aus. Entscheidend ist, klein anzufangen und dabei stets den konkreten Mehrwert für das eigene Unternehmen im Blick zu behalten. Wer seine Mitarbeiter aktiv einbindet, sich mit anderen Betrieben austauscht, Netzwerke nutzt und mit erfahrenen Partnern wie Herstellern und Softwareanbietern zusammenarbeitet, kann die Lernkurve zudem erheblich verkürzen.

  • Eine isolierte Planung der Gewerke, unkoordinierte ­Arbeitsabläufe und Leitungskollisionen kosten Zeit und Geld – und lassen die Baustelle stocken.
  • BIM ermöglicht eine frühzeitige Abstimmung ­zwischen den Gewerken und schafft die Grundlage für Vorfertigung und effiziente Arbeitsprozesse.
  • Der Einstieg gelingt am besten schrittweise – ­erfordert jedoch Investitionsbereitschaft, Mut zur Veränderung und aktive Einbindung der Mitarbeiter.
  • Durch präzise 3D-Planung und digitale Kollisionsprüfung lassen sich Fehler bereits vor Baubeginn erkennen und vermeiden.

    Bild: TÜV Süd

    Durch präzise 3D-Planung und digitale Kollisionsprüfung lassen sich Fehler bereits vor Baubeginn erkennen und vermeiden.
    Die Verlagerung der Installa­tions­prozesse in die Werkstatt ermöglicht eine Vorfertigung unter kontrollierten Bedingungen – und sichert gleichbleibende Qualität, ­bessere Planbarkeit und kürzere ­Montagezeiten vor Ort.

    Bild: Ulland

    Die Verlagerung der Installa­tions­prozesse in die Werkstatt ermöglicht eine Vorfertigung unter kontrollierten Bedingungen – und sichert gleichbleibende Qualität, ­bessere Planbarkeit und kürzere ­Montagezeiten vor Ort.
    Autorin
    Beate Geßler
    ist Redakteurin bei der SBZ.

    Bild: SBZ

    Mehr zu diesem Thema:
    Interview mit SHK-Unternehmer Christoph Ulland: BIM und Vorfertigung als Erfolgsmodell

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + SBZ E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Fokus SBZ: Sonderhefte (PDF)
    + Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
    uvm.

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen