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Wärmepumpen im Altbau: Ein Mutmacher für Fachleute

Die unter Denkmalschutz stehende, fast 150 Jahre alte Villa, deren Sanierung Stephan Neumann-Weinkopf und sein Team mitbetreuen, wurde zuvor durch eine Ölheizung versorgt. Die Anlage wurde ohne Pufferung oder witterungsabhängige Steuerung mit 80 °C Vorlauftemperatur betrieben. Der Gesamtöl­verbrauch für die 512 m² große Villa lag bei rund 15.000 l pro Jahr. Der denkmalschutzrechtlich geforderte Erhalt der historischen Heizkörper schien auf den ersten Blick eine besondere Anforderung an das Projekt zu stellen.

Ermitteln der realen Gebäudedaten

Im ersten Schritt widmete sich der Betrieb ­Weinkopf der Optimierung der vorhandenen Hydraulik. In diesem Zuge erhielt der 56 kW große Ölkessel ein Hygienepufferspeichersystem. Anschließend wurde ein hydraulischer Abgleich durchgeführt – aus der ursprünglichen Durchschnittslaufzeit von < 1 Minute sind insgesamt 60 Minuten geworden. Im Resultat konnte sich hierdurch die Verbrennungsqualität prompt verbessern.

Um die in der Praxis tatsächlich benötigte Vorlauftemperatur zu ermitteln, wurde eine mehrwöchige Kaltphase von –10 °C genutzt. Hierbei wurde festgestellt, dass alle Räume bereits bei Vorlauftemperaturen von 55 °C ausreichend warm wurden – erst nach dieser Feststellung wurde die Verwendung einer Wärmepumpe in die engere Auswahl genommen. Allein durch die hydraulische Optimierung in Verbindung mit der um fast 30 °C abgesenkten Vorlauftemperatur konnte eine Öl-Ersparnis von fast 50 % erreicht werden.

Heizlastberechnung und Wahl des Heizsystems

Die Heizlastberechnung nach DIN EN 12831 erwies sich in der alten Villa als nicht hilfreich, denn das Ergebnis von 57 kW (–9,6 °C NAT) hätte eine massiv überdimensionierte Wärmepumpe zur Folge gehabt. Demgegenüber ergab sich, nach Auswertung der Daten der ersten Optimierung, eine Realheizlast von ca. 35 kW.

Durch die Ergebnisse der ersten Optimierung fiel die Entscheidung auf den Einbau einer Kaskade aus 4 Hybrox-8-Wärmepumpen des Herstellers Alpha Innotec – zu diesem Zeitpunkt waren noch keine modulierenden R290-Maschinen in größeren Leistungsklassen erhältlich, auf die die Wahl heute gefallen wäre.

Durch die Installation der vollmodulierenden Kaskade kann die Heizleistung von 2 bis 28 kW flexibel angepasst werden. Für eine eventuelle Unterdeckung wurden Anschlüsse für einen Spitzenlastkessel vorgesehen. Dieser wurde in der Praxis jedoch bislang nicht benötigt und somit nicht nachgerüstet.

Die Optimierung der Vorlauftemperatur in Verbindung mit dem Puffersystem spielte eine entscheidende Rolle. Diese Maßnahmen führten zu einer für dieses Objekt beeindruckenden realen Jahresarbeitszahl von 3,2 (November 2023 bis November 2024), die den Erfolg der Umstellung unterstreicht.

Wirtschaftlichkeit und Einsparungen

Obwohl die Anfangsinvestition – vor der Förderung – mit rund 100.000 Euro hoch war, erweist sich die Umstellung auf Wärmepumpentechnologie sogar ohne Fördermittel als wirtschaftlich sinnvoll: Die deutliche Reduzierung der Betriebskosten von 15.000 l Öl auf 22.000 kWh Strom pro Jahr macht die Investition auch ohne Betrachtung von Kohlendioxidausstoß und Wartungskosten schnell rentabel.

Dieses Projekt zeigt, dass Wärmepumpen selbst in denkmalgeschützten Altbauten erfolgreich und effizient eingesetzt werden können. Es räumt mit verbreiteten Vorbehalten auf und macht Mut, bei der Altbausanierung neue Wege zu gehen. Mit technischer Expertise und einem praxisnahen Ansatz lassen sich historische Gebäude so modernisieren, dass ihr besonderer Charakter erhalten bleibt. Nachhaltige Technologien erweisen sich dabei im Bestand nicht nur als möglich, sondern auch als vorteilhaft.

www.weinkopf.de

Der alte, 56 kW ­große Ölkessel erhielt ­einen hydraulischen ­Abgleich und eine um fast 30 °C abgesenkten Vorlauftemperatur. Hierdurch ­wurde eine signifikante ­Öl-Ersparnis erreicht.

Bild: Privat

Der alte, 56 kW ­große Ölkessel erhielt ­einen hydraulischen ­Abgleich und eine um fast 30 °C abgesenkten Vorlauftemperatur. Hierdurch ­wurde eine signifikante ­Öl-Ersparnis erreicht.

1 Eine hydraulische Optimierung und eine Vorlauftemperatur-Absenkungverringerten den Heizölverbrauch in einer Denkmalschutz-Villa um fast 50 %.

2 Die Jahresarbeitszahl der neuen Wärmepumpenanlage beträgt 3,2 und der Stromverbrauch 22.000 kWh pro Jahr.

Zahlen, Daten, Fakten:

Stadtvilla, Baujahr zwischen 1860 und 1880, unsaniert, Denkmalschutz,
beheizte Wohnfläche 512 m²,
hohe Räume mit historischen ­Guss-Heizkörpern

Vor Sanierung:

  • Alter Ölkessel: 56 kW,
    keine Modulation, keine Pufferung,
    VL-Temp. 80 °C Festwert,
    Ø-Laufzeit < 1 Minute
  • Verbrauch: 15.000 l Öl/Jahr
  • Sanierung Phase 1:
    Puffer und hydraulischer Abgleich (Nov. 22 – Nov. 23)

  • Ø-Laufzeit 60 Minuten
  • VL-Temp. 55 °C bei –10 °C Außen­temperatur/Raum­temperatur > 20 °C
  • Ölverbrauch ca. 8000 l/Jahr
  • Sanierung Phase 2:
    Wärmepumpenkaskade

  • 4x Alpha Innotec Hybrox 8
  • 2 – 28 kW Heizleistung vollmodulierend
  • 70.500 kWh Wärmeabgabe (Jan. 2024 – Jan. 2025)
  • Stromaufnahme 22.000 kWh/Jahr, (Jan. 2024 – Jan. 2025)
  • JAZ 3,2 über die Gesamtanlage bis zum Puffer
  • Investition:
    rund 100.000 Euro gesamt vor der Förderung

    Heizkosten vor Sanierung:
    15.000 l Öl x 1,10 Euro
    (Stand 25. Dezember 2023)
    = 16.500 Euro/Jahr

    Heizkosten nach Sanierung:
    22.000 kWh Strom x 0,32 ­Euro
    (Stand 25. Dezember 2023)
    = 7040 Euro/Jahr

    (Zu Vergleichszwecken wurden die ­Energiepreise des gleichen Tags ­angesetzt.)

    Jährliche Ersparnis: rund 9460 Euro

    Zzgl. Schornsteinfeger, zzgl. CO2-­Besteuerung, zzgl. Wartungskosten

    Mehr über Wärmepumpen ­online

    Neugierig geworden? Weitere Beiträge zum Thema ­Wärmepumpe gibt es online unter:
    http://bit.ly/3VtJYjW

    Der Autor Stephan Neumann-Weinkopf im Kurzinterview

    SBZ: Herr Neumann-Weinkopf, seit 2016 stehen Sie in zweiter Generation an der Spitze Ihres Familienunternehmens, das auf die Bereiche Badsanierung und innovative Heizungstechnolo­gien, insbesondere auf Wärmepumpen, spezialisiert ist. Wie kam es dazu?

    Stephan Neumann-Weinkopf: Als Fachhandwerksbetrieb beschäftigen wir uns schon seit fast 30 Jahren intensiv mit der Wärmepumpentechnologie. Was früher als mittelfristig kostengünstige Heizlösung für Neubauten galt, hat sich im Laufe der Jahre zu einer der führenden Heiztechnologien entwickelt. Die politischen Diskussionen und die negative Berichterstattung haben der Wärmepumpe nur kurzfristig geschadet. Die Verunsicherung bei Verbrauchern und Fachleuten hat sich weitestgehend gelegt und diese Auseinandersetzungen haben andererseits auch einen bedeutenden Entwicklungsschub ausgelöst. Insbesondere in Bereichen, die zuvor jahrelang stagnierten, wie natürliche Kältemittel und Effizienz, konnten endlich Fortschritte erzielt werden.

    SBZ: Wie verkauft man in diesen Zeiten Wärmepumpen?

    Neumann-Weinkopf: In der Vermarktung von Wärmepumpen haben wir unsere Ansätze auch in den letzten Jahren nicht grundlegend verändert. Im Austausch mit Kollegen wird deutlich, dass diejenigen, die frühzeitig offen für die Wärmepumpe waren, kaum Schwierigkeiten hatten, Aufträge zu generieren. Unser Beratungsansatz basiert auf unserer Expertise sowie auf fundierten Zahlen, Daten und Fakten. Viele Kunden arbeiten mit uns, weil sie das Gefühl haben, dass andere Anbieter nicht über das notwendige Wissen verfügen und keine fundierte Beratung bieten. Ein Beispiel für unseren Erfolg ist das hier dargestellte „Mutmacher-Projekt“, das in der Praxis die Vorteile der Wärmepumpe unter Beweis stellt.

    SBZ: Denken Sie, dass die Wärmepumpe auch ohne staatliche Förderung ihren Stand behaupten kann?

    Neumann-Weinkopf: Die Wärmepumpe hat in den letzten 30 Jahren sowohl in Zeiten der Förderung als auch ohne ­diese an Marktanteilen gewonnen. Ich persönlich habe noch nie eine fossile Heizung in einem Einfamilienneubau installiert und kann die bis vor wenigen Jahren hohen Neubauzahlen für Öl- und Gasheizungen im Neubau nicht ganz nachvollziehen. Die ­Förderung spielt jedoch eine entscheidende Rolle, um das Ziel der CO2-Neutralität im Gebäudesektor schnellstmöglich zu ­erreichen. Sie unterstützt den Übergang zu nachhaltigen Heizlösungen und erleichtert vielen Bauherren die Entscheidung für eine Wärmepumpe. Letztlich wird sich die Wärmepumpentechnologie – wenn auch langsamer als gewünscht – durchsetzen, sofern sie nicht durch eine noch ­unbekannte, ­innovativere ­Technologie abgelöst wird. Die Förderung dient ja weniger der Wärmepumpe an sich, sondern der ­Erreichung der Klimaziele.

    SBZ: Herr Neumann-Weinkopf, ich danke Ihnen für die ­vertiefenden Erläuterungen.

    Stephan Neumann-Weinkopf, Geschäftsführer Weinkopf GmbH und VDI-Sachkundiger für Wärmepumpen.

    Bild: Weinkopf GmbH / FotoRika

    Stephan Neumann-Weinkopf, Geschäftsführer Weinkopf GmbH und VDI-Sachkundiger für Wärmepumpen.

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