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Wie das Fachhandwerk „fit für Trinkwasser“ wird

SBZ: Herr Neveling, die gemeinsame Initiative der Verbände verspricht, TGA-Fachplaner und das Fachhandwerk „fit für Trinkwasser“ zu machen. Waren wir bisher zu träge in diesem Thema?

Lars Neveling: In gewisser Weise muss man ­sagen: ja, waren wir. Und mit „wir“ meine ich ­alle beteiligten Kreise in der Branche. Beispielsweise sind in den vergangenen zehn Jahren, wie man landläufig hört, knapp 30.000 Personen zum Thema Trinkwasserhygiene in unterschiedlichen Schulungsformaten geschult worden. Das klingt natürlich zunächst nach einer recht ordentlichen Anzahl. Setzt man diese Anzahl jedoch in Rela­tion zu den rund 40.000 Installationsbetrieben in Deutschland, muss man leider feststellen, dass jährlich noch nicht einmal jeder zehnte Betrieb hierdurch erfasst wurde. Und dabei sprechen wir noch gar nicht von den in den Betrieben arbeitenden Personen und den anderen Zielgruppen solcher Schulungen, wie Planungsbüros oder Gebäudebetreibern.

Zudem gelten die Regeln und Anforderungen zur Trinkwasserhygiene gemeinhin als Königsdisziplin. Was die Komplexität der fachlichen Inhalte anbelangt, sehe ich das genauso, allerdings ist meine persönliche Meinung, dass ein profundes Fachwissen gerade in diesem Bereich als Grundlage bei allen an der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Trinkwasserwasser-Installationen beteiligten Experten vorhanden sein muss. Allein aus diesem Grund müsste die Anzahl der geschulten Personen weitaus höher sein.

Darüber hinaus existieren für weitere relevante Themen wie beispielsweise Sicherungseinrichtungen oder Druckerhöhungs- und Brandschutzanlagen keine einheitlichen und unabhängigen Schulungskonzepte. Diesem Umstand möchten wir mit unserer Schulungskampagne begegnen.

SBZ: Warum ist es wichtig, ein einheitliches Schulungskonzept aufzusetzen, das sowohl Hersteller als auch Planer und Handwerk mittragen?

Neveling: Die Inhalte der einzelnen Bausteine, welche im Rahmen unseres Formats vermittelt werden, bilden die Basis für eine Kommunikation auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten. Insbesondere ist es in der aktuellen schnelllebigen Zeit umso wichtiger, dass alle Partner am Gewerk auch in Schulungssachen eng zusammenarbeiten.

SBZ: Was sind die entscheidenden Merkmale, die „Fit für Trinkwasser“ von der Masse an Trinkwasserschulungen abhebt?

Neveling: Durch die Verbändekooperation arbei­ten alle großen Player der Branche auch beim Thema Schulung zusammen. Dadurch ist es auch möglich, aktuelles Wissen, Erkenntnisse oder Änderungen ganz schnell in Schulungsinhalte umzusetzen. Gerade wenn der Ersteller aus der täglichen Schulungspraxis kommt, kann er insbesondere theorielastige Inhalte praxisgerecht aufbereiten. Darüber hinaus ist ein Alleinstellungsmerkmal, dass ein bundesweit einheitlicher Rahmenlehrplan mit ebenso einheitlichen Schulungsunterlagen durch die Verbände bereitgestellt wird. Alle Schulungspartner haben sich vertraglich verpflichtet, diese Angebote verbindlich zu nutzen. Ebenso erstellen wir zentral die Abschlusstests, die die Schulungsteilnehmenden am Ende der Veranstaltungen absolvieren müssen. Damit stellen wir ein einheitliches Qualitätsniveau sicher.

SBZ: In den 1980er-Jahren blühte mal ein Volkssporttrend auf: Es wurden Trimm-dich-Kampagnen gestartet und ebensolche Pfade errichtet, wo man sich stufenwiese mehr körperliche Fitness antrainieren konnte. Wie ist Ihr Programm aufgebaut und welche Themen behandelt es?

Neveling: Gestartet wurde das Programm ganz bewusst mit dem Schulungsmodul zur Fachkraft für Hygiene in der Trinkwasser-Installation, als alles umspannendes Thema. Nun wird es in den kommenden Monaten und Jahren sukzessive mit Schulungsangeboten zu den weiteren technischen Regeln erweitert. Beispielsweise planen wir, bis zum Jahresende die Themengebiete „Druckerhöhungsanlagen mit drehzahlgesteuerten Pumpen (DIN 1988-500)“, „Trinkwasser-Installa­tionen in Verbindung mit Feuerlösch- und Brandschutzanlagen (DIN 1988-600)“ und „Umsetzung des Water-Safety-Plan-Konzeptes in Gebäuden (DIN CEN/TR 17801)“ mit neuen Schulungsmodulen abzudecken.

In den kommenden Jahren werden sowohl die europäische Grundlagennormenreihe EN 806 sowie die EN 1717 als auch deren nationale Ergänzungen in einer erneuerten Fassung mit teils erheblichen Veränderungen herausgegeben. Mit dem Erscheinen der neuen „Planungs- und Ausführungsbibel“ werden wir auch hierfür Schulungsangebote zur Verfügung stellen. So kann dann jeder Betrieb individuell für seinen jeweiligen Mitarbeiter die erforderlichen Module auswählen. Der Trimm-dich-Pfad ist ein schönes Bild, denn jeder kann die Muskelgruppe trainieren, bei der er am meisten Bedarf sieht – und regelmäßige Wiederholung stärkt den Muskelaufbau. Wir hoffen, mit dem Konzept in Modulen dem Zeitgeist zu entsprechen, und möchten mit wenig Zeitaufwand punktuell und zielgerichtet sofort in der Praxis verwendbares Wissen vermitteln.

SBZ: Geht es bei Ihrem Konzept hauptsächlich um geistige Betätigung oder ist auch ein Praxis­anteil dabei?

Neveling: Unser Ziel ist es, möglichst viele mit dem neuen Fortbildungskonzept zu erreichen. In erster Linie ist es uns daher wichtig, dass wir möglichst viele Personen ohne weite Anreisen erreichen können. Deshalb haben wir zum ­einen gute Praxisbeispiele in Bildern dabei und zum anderen sind alle unsere Referenten erfahrene Praktiker, die aus dem Alltag jederzeit praxis­nahe Beispiele geben können. Ich glaube, wir sind aus der Schulzeit raus, wo das Durchreichen von Anschauungsmaterial als Praxisnähe dargelegt wurde. Heute zählt mehr denn je der Austausch mit dem Referenten und auch den Teilnehmenden.

SBZ: Mal provokant gefragt, gab es da vorher ­eigentlich zu viel Wildwuchs bei den Seminar­angeboten rund ums Trinkwasser und die Trinkwasserhygiene?

Neveling: Nein, das wollen wir mit unserem Format „Fit für Trinkwasser“ nicht zum Ausdruck bringen. Die Schulungsinhalte waren und sind ggf. je nach Anbieter etwas zu stark theoretisch und zu wenig aus der täglichen Arbeitspraxis. Genau da setzen wir mit unserem Konzept mit der Verbändekooperation an. Hiermit können wir sicherstellen, dass nicht nur aktuell, sondern auch „vom Praktiker für den Praktiker“ geschult wird.

SBZ: Es machen aber längst nicht alle Fortbildungsanbieter mit, oder?

Neveling: Jedem Partner ist es freigestellt, in welchem Umfang er sich an der Schulungskampagne beteiligen möchte. Aber ja, Sie haben es richtig erkannt. Aktuell herrscht noch noble Zurückhaltung, obwohl der Bedarf größer denn je wäre, gerade durch die vielen Änderungen der letzten Jahre und den Wegfall von Präsenzfortbildungen aufgrund von Corona. Wir gehen davon aus, dass sich die sehr guten Erfahrungen der Teilnehmenden an den bereits durchgeführten Veranstaltungen im Markt nun sehr schnell rumsprechen werden und der „Run“ auf die Termine losgehen wird.

SBZ: Woran erkenne ich als Schulungsinteressierter, dass ich an einer qualitativ hochwertigen Fortbildung teilnehme?

Neveling: Wir können hier nur von unserer Schulungsinitiative sprechen. Doch wenn die drei großen Verbände ZVSHK, BTGA und figawa ihr Fachwissen zusammentragen und in Fortbildungsmodule stecken, dann spricht doch schon alleine dies für exzellente Qualität. Ich würde sagen, dass man die Qualität einer Schulung an zwei wesentlichen Aspekten festmachen kann: an der Art der Aufbereitung der teils komplexen und theoretischen Inhalte in den Schulungsunterlagen und an den Referenten, die diese Schulungsunterlagen nutzen und das Fachwissen möglichst praxisnah vermitteln.

Die Schulungsunterlagen ­haben wir gemeinsam mit Schulungs- und Fachexperten erstellt und wir glauben, dass wir hier für das vorhandene Modul einen richtig guten Job gemacht haben. Jeder Teilnehmende erhält diese Unterlagen vor der Schulung zur Vorbereitung und ggf. zum anschließenden Nachlesen. Was die Durchführung der Schulung anbelangt, so kommen bei allen Schulungsveranstaltungen nur erfahrene Referenten mit nachgewiesener Qualifikation für die einzelnen Bereiche der Technik und Hygiene zum Einsatz. Im Seminar werden normative und rechtlich relevante Inhalte praxisbezogen und in vielen Fällen sogar mit der Integration von Demoanlagen vermittelt. Weiterhin sorgen Visualisierungen technischer Zusammenhänge für den Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis.

SBZ: Es gibt sogar eine Abschlussprüfung. Kommen da die „fitten“ Teilnehmenden dann noch mal ordentlich ins Schwitzen?

Neveling: Wir haben uns sehr bewusst für ­eine Abschlussprüfung entschieden, die diese Bezeichnung auch wirklich verdient, wobei die ­„fitten“ Schulungsteilnehmenden ganz bestimmt nicht vor unlösbare Aufgaben gestellt werden. Ich würde es so formulieren: Der Puls geht leicht nach oben, aber ins Schwitzen werden die Schulungsteilnehmenden nicht kommen. Mit dem Fachwissen aus Ausbildung und Arbeitspraxis in Verbindung mit den in den Schulungen behandelten Inhalten haben die Teilnehmenden ein sehr ordentliches Rüstzeug, um die Abschlussprüfung ohne größere Probleme zu bestehen.

SBZ: Was kostet die Fortbildung und wie viel Zeit sollten Teilnehmende dafür einplanen?

Neveling: Die Kosten und Dauer für die einzelnen Seminare unterscheiden sich nach Art der jeweiligen Schulungsmaßnahme und Verbandszugehörigkeit. Für die eintägigen Seminare „Planung und Errichtung“ und „Betrieb“ beträgt der reguläre Preis 250 Euro und der ermäßigte Preis für Mitgliedsunternehmen der Verbände 210 Euro.

Die Dauer für das Seminar „Planung, Ausführung und Bauüberwachung“ ist auf zwei Tage ausgelegt, wobei auch hier die Kosten differenziert angesetzt sind. Bei diesem Seminar beträgt der reguläre Preis 400 Euro und Mitgliedsunternehmen erhalten einen ermäßigten Preis von 340 Euro.

SBZ: Die wichtigste Frage zum Schluss: Was bringt Fachplanern und Fachhandwerkern die Teilnahme für das Alltagsgeschäft?

Neveling: Obwohl es in der jetzigen Zeit für die meisten bei gut gefüllten Auftragsbüchern in ­aller Regel von einem Auftrag zum nächsten geht, ist es wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um das vorhandene Fachwissen aufzufrischen und in den Dialog mit anderen Experten zu kommen. Denn je spezialisierter das Fachwissen ist, umso kürzer ist dessen Halbwertszeit. Ganz konkret bringt die Teilnahme für das Alltagsgeschäft die Sicherheit, das Fachwissen auf den neuesten Stand gebracht zu haben. Und das in einer Art und Weise – und das ist ganz wichtig –, die es möglich macht, es ­direkt in der Praxis anzuwenden. Zudem werden Zusammenhänge zwischen Technik und Hygiene vermittelt, die vielleicht noch nicht jedem vollständig klar waren und die man natürlich auch im Kundengespräch anbringen kann.

SBZ: Herr Neveling, besten Dank für die Einblicke.

Im Seminar werden normative und rechtlich relevante Inhalte praxisbezogen, durch Visualisierung technischer Zusammenhänge und in vielen Fällen sogar mit der Integration von Demoanlagen vermittelt.

Bild: Geberit

Im Seminar werden normative und rechtlich relevante Inhalte praxisbezogen, durch Visualisierung
technischer Zusammenhänge und in vielen Fällen sogar mit der Integration von Demoanlagen vermittelt.
Bei der Schulungsinitiative der zentralen ­Branchenverbände handelt es sich um einen ­bundeseinheitlichen Weiterbildungsplan speziell für Experten der Trinkwasser-Installation. Das Schulungsangebot ist modular aufgebaut und wird sukzessive erweitert.

Bild: BTGA, figawa, ZVSHK

Bei der Schulungsinitiative der zentralen ­Branchenverbände handelt es sich um einen ­bundeseinheitlichen Weiterbildungsplan
speziell für Experten der Trinkwasser-Installation. Das Schulungsangebot ist modular aufgebaut und wird sukzessive erweitert.

Weiterbildungsinitiative „Fit für Trinkwasser“

Die Schulungen sollen alle Beteiligten der Sanitärbranche umfassend und kompetent auf alle neuen Herausforderungen vorbereiten und die Wichtigkeit der Teamarbeit unterstreichen. ­Inzwischen sind zielgruppenorientierte Seminare vorbereitet, die sich in drei Kategorien ­einordnen lassen. Sie richten sich an Planer und SHK-Unternehmer, an Installateure und an ­Betreiber. Frühzeitig haben sich die drei Verbände

  • Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. (BTGA)
  • figawa e.V.
  • Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK)
  • darauf verständigt, die Weiterbildung bundesweit einheitlich anzubieten. Auf der Website
    www.fit-fuer-trinkwasser.de geben sie Hintergrundinfos und Unterscheidungsmerkmale für folgende drei Zielgruppen:

  • Planung, Ausführung und Bauüberwachung (Zwei-Tages-Kurs für Verantwortliche im ­Sanitärbereich)
  • Errichtung und Instandhaltung (Tageskurs für Gesellen/Sanitärinstallateure)
  • Betrieb (Tageskurs für Betreiber von häuslichen Trinkwasser-Installationen, ­Immobilienverwaltungen etc.).
  • Das Berufsförderungswerk der Gebäude- und Energietechnikhandwerke e. V. (BfW) koordiniert alle Anmeldungen und hält dazu die Webseite
    www.berufsfoerderungswerk.org/schulungen auf aktuellem Stand.

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