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ErP-Richtlinie wird Heiztechnik-Branche verändern — Teil 1 (3)

Nur noch mit Effizienz­label

Kern und Ziel der ErP-Richtlinie ist es, die Effizienz sogenannter energieverbrauchsrelevanter Produkte durch die Vorgabe verbindlicher Mindesteffizienzstandards zu steigern. In diesem Zuge wird es auch eine Kennzeichnungspflicht mit speziellen Etiketten bzw. Produktlabels für Heizgeräte geben. Bereits seit Längerem sind Haushalts- und Elektrogeräte wie Wasch- und Spülmaschinen, Kühlschränke oder Fernseher davon betroffen. Bei den altgewohnten Glühlampen führte die ErP-Richtlinie jedoch zu den erwartbaren Nebenwirkungen: Bevor die Produkte zwangsweise aus dem Handel verschwanden, legten sich die meisten privaten Haushalte umfangreiche Lager an.

Neben der Festlegung von Mindesteffi­zienzstandards sollen durch die ErP-Richtlinie energieverbrauchsrelevante Produkte, die den gleichen Verwendungszweck haben, vergleichbar gemacht werden – und zwar durch die Einstufung in Energie-Effizienzklassen und ihre Angabe auf definierten Produktlabels. Seit September 2013 sind erstmals auch Produkte der Heiztechnik betroffen. Durchführungsmaßnahmen für Klimageräte bis 12kW Kälteleistung und Pumpen sind bereits seit einiger Zeit in Kraft.

Aufgeteilt in mehrere Untergruppen, den sogenannten Lots, fasst die ErP-Richtlinie bestimmte Cluster von Produkten zusammen. In den Lots, die die Produkte aus dem Bereich Wärmeerzeugung betreffen, wird es zu ähnlichen Auswirkungen und Umstrukturierungen wie bei Leuchtmitteln kommen – denn von wenigen Ausnahmen abgesehen gilt mit der neuen Richtlinie ab dem 26. September 2015 praktisch ein Brennwertgebot. Hierzu später mehr.

Acht Jahre sind seit dem ersten Entwurf der ErP-Richtlinie vergangen. In diesem Zeitraum wurde viel und oft kontrovers diskutiert, um einen Kompromiss zwischen den politischen EU-Klimazielen und technischen Notwendigkeiten zu finden. Zudem soll weiterhin in allen objektspezifischen Belangen ­eine individuell hoch effiziente Lösung zur Wärmeerzeugung ermöglicht werden. Herausgekommen ist ein Regelwerk, in dem sich die Komplexität der Branche inklusive regionaler Randbedingungen widerspiegelt. Denn anders als Lampen hat die Heiztechnik ein wesentlich größeres Spektrum, das von einfachen Holzfeuerstätten über elektrische Durchlauferhitzer bis hin zur Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung reicht. Es repräsentiert damit auch eine Bandbreite unterschiedlicher Energieträger, deren Vergleich in puncto Effizienz in der ErP-Richtlinie über mehrere Lots hinweg eine entsprechende Herausforderung darstellt.

Ab wann wird die ErP-Richtlinie gültig sein?

Gültigkeit haben die Verordnungen der ErP-Richtlinie 20 Tage nach ihrem Abdruck im Amtsblatt der Europäischen Union am 6. September 2013 erlangt. Ab 26. September gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren bis zum 26. September 2015. In dieser Zeit müssen sich die Marktteilnehmer auf die neuen Regeln einstellen und notwendige Änderungen bzw. Vorgaben umsetzen. Doch dafür müssen die Hersteller eine wahre Fülle an Informationen für die Produkte bereitstellen. Für die kommenden vier Jahre erstreckt sich die Skala der Effizienzlabel von A++ bis G. Zum August 2019 wird dieses Spektrum nach unten hin verringert und nach oben ergänzt: Es sind dann die Label A+++ bis D anzuwenden. Bei den Trinkwasser­erwärmern reicht das Spektrum von A bis G und ab dem 26. September 2017 von A+ bis F.

Wie ist die ErP-Richtlinie für Lot 1 strukturiert?

Im ersten und zweiten Beitrag der Serie dreht sich alles um die ErP-Grundlagen und das Lot 1, in das die Kernprodukte der Heizungstechnik eingeordnet sind: Klassische Heizwert- und Brennwertheizkessel, Blockheizkraftwerke und Wärmepumpen. Grundsätzlich wird zwischen Einzelgeräten und Systemen unterschieden. Dabei können ein Gas-Brennwertheizkessel und eine separate Regelung bereits ein System bilden. Das Ziel lautet: Alle Produkte sollen durch ihre Effizienzeinstufung vergleichbar werden.

Das Regelwerk umfasst jeweils eine Durchführungsverordnung für die Energiekennzeichnung und eine für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung der Produkte. Bis zu einer Heizleistung von 70kW müssen alle einzelnen Produkte sowie auch Systeme, die aus mehreren Geräten bestehen, über ein ErP-Label verfügen.

Heizgeräte mit mehr als 70 und weniger als 400kW Heizleistung müssen ebenfalls Mindesteffizienzkriterien erfüllen, benötigen aber kein Effizienzlabel. Denn in erster Linie soll die Energiekennzeichnung Endkunden eine Orientierung und Vergleichsgrundlage bieten. Für Heizanlagen ab 70kW Leistung wird üblicherweise ein Fachplaner eingeschaltet, der aufgrund der individuellen technischen Komplexität der Heizungsanlage weitere Faktoren als Entscheidungsgrundlage heranziehen muss.

Ein gemeinsames Etikett für Verbundanlagen

Grundsätzlich gilt: Die meisten Geräte erhalten eine eigene Effizienzeinstufung, bestimmte Systemkomponenten werten eine Anlage durch Bonuspunkte auf. Beispielsweise erhält eine gängige Systemkombination aus einem Gas-Brennwertheizkessel mit einer Regelung, einem Multifunktionsspeicher und Solarkollektoren eine gemeinsame Effi­zienzeinstufung. Heizgerät und Speicher verfügen jeweils über ein eigenes Effizienzlabel, während Solarkollektoren und Regelung die Gesamt-Effizienzeinstufung des Systems durch Bonuspunkte verbessern können.

Um dem Endkunden in solchen Fällen dennoch ­einen einfachen Überblick zu bieten, legt das ErP-Regelwerk fest, dass eine Systemkennzeichnung (Package-Label/Etikett für Verbundanlagen) erstellt werden muss. Auf dieser finden sich dann die individuellen Effizienzbewertungen der Produkte in einem gemeinsamen Etikett. Allein bei der möglichen Zahl von Anlagenkombinationen eines einzigen großen Herstellers wird schnell deutlich, welcher Aufwand auf die Branche zukommt.

Für inzwischen häufig eingesetzte Anlagenkombinationen (gemäß Sprachregelung der ErP-Durchführungsverordnungen: Verbundanlagen), beispielsweise ein Gas/Öl-Brennwertheizkessel in Kombination mit ­einer Trinkwasser-Wärmepumpe, stellt das Regelwerk (noch) kein Etikett zur Verfügung. Hier gelten dann die Etiketten der Einzelgeräte, ohne dass sich die Gesamteffizienz darstellen lässt.

Beim Package-Labeling sind die Fachleute in der Pflicht

Wie brisant die Vorschrift des Etiketts für Verbundanlagen für das Fachhandwerk ist, zeigt die Tatsache, dass hier eine rechtliche Verpflichtung des Fachhandwerkers (als Verkäufer) gegenüber dem Endkunden greift und dieser sich grundsätzlich auf die Fachkompetenz des Fachhandwerkers berufen kann. „Dabei muss sich der Fachhandwerker zwar darauf verlassen können, dass die Produkte, die er dem Endkunden anbietet, vom Hersteller auch konform zum ErP-Regelwerk sind und die Effizienz-Etiketten den Tatsachen ent­sprechen“, betont Andreas Christmann, Leiter Produkt und Marketing bei Vaillant Deutschland die Auswirkungen der ErP-Richtlinie. „Ob jedoch alle Anbieter, die ihre Waren derzeit auf dem deutschen Markt vertreiben, dem Fachhandwerk bzw. dem Fachplaner kurzfristig entsprechende Daten für das Package-Labeling zur Verfügung stellen können, lässt sich kaum absehen. In derartigen Fällen wäre der Fachhandwerker dann weitestgehend auf sich alleine gestellt.“

Und Christmann weiter: „Auch auf die Frage, wie und ob die Bestimmungen des ErP-Regelwerks von allen auf den Markt drängenden preisaggressiven Anbietern umgesetzt werden können, ist derzeit keine Antwort möglich. Zudem ist noch nicht geklärt, wie die Marktüberwachung erfolgen soll. Wir haben für unser Produktprogramm bereits ­eine Software entwickelt, in der alle verfügbaren Systemkombinationen gespeichert sind und die dann die jeweiligen Package-Label berechnet sowie ausgibt. Diese Software werden wir unseren Fachhandwerkspartnern künftig zur Verfügung stellen und dann regelmäßig ergänzen. Ziel ist es, diese Software in unser Planungsprogramm Plansoft einzubinden. Wir sehen darin einen Wettbewerbsvorteil für unsere Fachpartner.“

Dass diese Dienstleistung durch die Hersteller überhaupt möglich ist, geht auf intensive Bemühungen der Heiztechnikbranche zurück. Denn ursprünglich sollte die Erstellung der Etiketten für Verbundanlagen ausschließlich durch das Fachhandwerk erlaubt sein. Die Hersteller hätten dann keine direkte Unterstützung leisten dürfen.

Keine Lösung existiert dagegen für Fälle, in denen Produkte mehrerer Hersteller zu ­einer gemeinsamen Anlage kombiniert werden. Hier sind sowohl Fachplaner als auch Fachhandwerk auf sich alleine gestellt und dazu verpflichtet, die Daten der einzelnen Anlagenkomponenten zu recherchieren und in der gemeinsamen Berechnung nach den ErP-Vorschriften zu gewichten. Dabei kann eine Haftung für die Richtigkeit dieser Angaben greifen. Christmann: „Hier werden Fachplaner und Fachhandwerk von Herstellern profitieren, die Komplettsysteme aus einer Hand anbieten. Alleine aus der denkbaren Haftungsproblematik heraus werden die Marktteilnehmer noch mehr als bisher bei komplexen Anlagen auf Gesamtlösungen eines einzigen Herstellers setzen.“

Zudem ist zu bedenken: Das Effizienz-Etikett kann nur dann das individuelle Planungskonzept gegenüber dem Auftraggeber unterstützen, wenn es bereits im Vorfeld erstellt wird. Damit wird der Heizungsbauer für die Planung, die Ausschreibung, die Angebotsprüfung und die Abnahme mit dem Effizienz-Etikett und seiner Erstellung – oder der eines vorläufigen Musters – konfrontiert.

Informationen auf dem Effizienz-Etikett

Die Informationen auf dem Effizienz-Etikett werden sich nach den jeweiligen Produkten differenzieren. Für ein Gas-Kombibrennwertgerät, das Warmwasser im Durchlaufprinzip erzeugt, werden zunächst getrennte Effi­zienzklassen für die Heizung und Trinkwasser­erwärmung angegeben. Dann folgen Informationen zum Schallleistungspegel und zur Heizleistung.

Deutlich komplexer wird sich die Kennzeichnung für Wärmepumpen darstellen, denn diese sind in mehrere Kategorien unterteilt – mit Auslegungstemperaturen von 35 und 55°C. Zusätzlich gibt es noch die so­genannte Niedertemperatur-Wärmepumpe, die bei einer Eingangstrockentemperatur von –7°C oder einer Eingangsfeuchttemperatur von –8°C unter den Bezugs-Auslegungsbedingungen für durchschnittliche Klimaverhältnisse kein Heizwasser mit einer Vorlauftemperatur von 52°C liefern kann.

Zudem wurde Europa für eine praxisnähere Bewertung von Wärmepumpen in drei Klimazonen unterteilt. Auf dem Effizienz-Etikett ist immer die „mittlere Klimazone“ abgebildet, zu der auch Deutschland zählt. Die unter­schiedlichen Effizienzwerte für die kältere und wärmere Klimaregion in Europa sind dann in einer prozentualen Angabe auf ­einem technischen Datenblatt hinterlegt. Wird ein Land von mehreren Klimazonen durchschnitten, können identische Wärmepumpen also regional verschiedene Effi­zienzeinstufungen erhalten. Vorsicht wird künftig beim Einkauf über Internet-Portale geboten sein. Handelt es sich beispielsweise ohne Wissen des Käufers um einen Re-Import, sind Probleme im Inland fast vorprogrammiert. Das Etikett von Luft/Wasser-Wärmepumpen in Split-Bauweise beinhaltet zusätzlich noch Angaben zum Schallleistungspegel im Inneren und Äußeren des Gebäudes.

Für Package-Label gilt: Es wird eine Gesamt-Effizienzklasse ermittelt, die auf den Werten der einzelnen Komponenten der Heizungsanlage beruht. Dabei wird der Haupt-Wärmeerzeuger, wie zum Beispiel ein Gas-Brennwertgerät, in der Verbundanlage als Grundlage genommen. Zusätzliche Komponenten wie Regelung, Warmwasserspeicher und Solarkollektoren erzielen in ihrer jeweiligen individuellen Kombination und mit ihrer jeweils eigenen Einstufung Bonuspunkte, die das Gesamt-Effizienzlabel verbessern können. Auch hierbei wurden bei Kombigeräten getrennte Effizienzklassen auf dem Package-Label für die Wärmeerzeugung und Trinkwassererwärmung festgelegt.

Einen negativen Einfluss auf die Effi­zienzeinstufung haben Faktoren wie Stand-by-Verluste oder der Einsatz elektrischer Hilfsenergien. Die Effizienzdefinition gemäß dem ErP-Regelwerk bezieht sich dadurch nicht alleine auf die thermische Effizienz, sondern betrachtet die Energieeffizienz und den ge­samten Energieverbrauch über den Zeitraum eines Jahres.

Ausblick auf Teil 2 der Artikelserie

Im zweiten Teil gehen wir für Sie auf besonders interessante Fragen rund um das ErP-Regelwerk für Lot 1 (Wärmeerzeuger) ein. Hier werden wir unter anderem Antworten darauf geben,

  • ob das gleiche Produkt auch unterschiedliche Effizienzeinstufungen erhalten kann,
  • ob die bessere Energie-Effizienzklasse auch automatisch die beste Lösung ­darstellt,
  • welche Produkte künftig vom Markt ­verschwinden werden und
  • wie mit Lagerware und bereits bestehenden Anlagen im Bestand umzugehen ist.

Autor

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn ist Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Kommunikationsmanagement Schellhorn, 45721 Haltern am See, ­Telefon (0 23 64) 10 81 99, martin.schellhorn@die-agentur.sh, http://www.die-agentur.sh

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