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Stiebel Eltron: Selbstbewusster Auftritt trotz Wärmepumpenkrise

SBZ: Herr Schmidt, dass der Wärmepumpenmarkt weiterhin schwierig bleibt, ist kein Geheimnis. Immerhin gibt es mit dem steigenden Marktanteil im ersten Halbjahr positive Signale. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Heinz-Werner Schmidt: Wir hatten uns vom Start der neuen Bundesregierung eigentlich einen echten Aufbruch erhofft. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre, in denen politische Eingriffe in den Wärmemarkt oftmals nicht die gewünschte Wirkung hatten, war unsere Erwartung, dass es nun einen klaren, stringenten Plan gibt, der die europäischen Klimaziele verständlich herunterbricht – für die Branche und vor allem auch für die Endverbraucher. Entscheidend wäre, dass die politischen Vorgaben nachvollziehbar sind und Orientierung geben.

Die Realität sieht leider anders aus. Zumindest einige Aussagen von politischen Entscheidungsträgern lassen befürchten, dass das notwendige Verständnis für die Zusammenhänge und die technischen Fakten im Wärmemarkt nicht in dem Maße vorhanden ist, wie wir es uns erhofft hatten.

Wer jetzt ­eine Wärmepumpe kauft, macht nichts falsch.

Heinz-Werner Schmidt, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing der Stiebel-Eltron-Gruppe

Unter dem Schlagwort der sogenannten Technologieoffenheit wird beispielsweise weiterhin die Gas-Brennwerttechnik kombiniert mit Solarthermie ins Spiel gebracht. Doch weder lässt sich damit eine echte Dekarbonisierung erreichen, noch ist es realistisch, dass Verbraucher diese Kombination als zukunftsfähige Lösung ansehen.

Aus unserer Sicht führen die aktuellen politischen Signale daher leider nicht entscheidend in die richtige Richtung. Statt Orientierung und Planungssicherheit für die Wärmewende zu schaffen, werden erneut Zweifel gesät. Das macht die ohnehin schon schwierige Marktsituation für Wärmepumpen nicht leichter.

SBZ: Stiebel Eltron hat im Frühjahr 2024 ausgerechnet zum Besuch des damaligen Wirtschaftsministers Robert Habeck negative Schlagzeilen gemacht. Es ging um eine angebliche Schieflage des Unternehmens, Entlassungen und Kurzarbeit. Wie schlimm war es damals tatsächlich?

Schmidt: Die Situation im vergangenen Jahr war in der Tat angespannt, allerdings weniger eine Schieflage des Unternehmens als vielmehr der gesamten Branche – auch als Folge politischer und marktseitiger Rahmenbedingungen. Die Bundesregierung hatte einen massiven Produktionshochlauf von Wärmepumpen eingefordert – dem sind alle Hersteller, auch Stiebel Eltron, gefolgt und haben entsprechend in Werke, Flächen und neue Arbeitsplätze investiert.

Was jedoch ausblieb, war der parallele Markthochlauf: Durch politische Streitigkeiten, die starke Verzögerung beim gesetzlichen Rahmen und eine unklare Förderkulisse herrschte bei Endkunden große Zurückhaltung. Hinzu kam, dass 2023 enorme Bestellvolumina aufgebaut wurden – Großhandel und Handwerk hatten die Lager bis unters Dach gefüllt.

Als sich abzeichnete, dass diese Mengen nicht abgesetzt werden können, brach eine Stornowelle los, die uns im zweiten Halbjahr 2023 in einer Größenordnung traf, die fast einem Jahresumsatz entsprach. Gleichzeitig blieben neue Auftragseingänge praktisch aus. Dass eine negative Absatzentwicklung sich nicht nur in Deutschland, sondern in nahezu allen europäischen Ländern zeigte, tat dann noch ein Übriges.

Kurzum: Wir hatten es weniger mit einer strukturellen Krise des Unternehmens zu tun, sondern mit einem abrupten Nachfrageeinbruch. Diese Delle haben wir inzwischen durchgestanden – jetzt geht es darum, den Markt wieder zu stabilisieren und den Aufschwung einzuleiten.

In Märkten, in denen die Strom- und ­Gaspreise ­zugunsten der ­Wärmepumpe ­wirken, funktioniert der ­Umstieg von allein.

SBZ: Stiebel Eltron ist ja weltweit aktiv. Sie haben es angesprochen – wie sah es in Europa und dem Rest der Welt aus?

Schmidt: Richtig, wir haben in ganz Europa sehr deutliche Marktschwankungen erlebt. Politische Unsicherheiten, volatile Rahmenbedingungen und unklare Energiepreispolitik haben in vielen Ländern zu Verunsicherung bei den Verbrauchern, Kaufzurückhaltung und massiven Markteinbrüchen geführt.

Von den 14 europäischen Märkten, in denen wir aktiv sind, konnten sich nur zwei positiv entwickeln: Österreich, wo eine attraktive Wärmepumpenförderung für Nachfrage insbesondere bei Sole/Wasser-Systemen sorgte, sowie das Vereinigte Königreich, das stabil blieb. In allen anderen Ländern gingen die Märkte im Schnitt um knapp 50 % zurück.

Außerhalb Europas, etwa in der Asien-Pazifik-Region, gab es zwar ebenfalls gewisse Schwankungen, diese fielen für uns aber längst nicht so gravierend aus wie in Europa. Der größte Einbruch kam also klar vom europäischen Kernmarkt.

SBZ: Und wie haben Sie dann auf den massiven Nachfrageeinbruch reagiert?

Schmidt: Wir hatten letztlich nur eine Möglichkeit: Um unsere Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern, mussten wir die Unternehmensgröße an den deutlich geschrumpften Markt anpassen. Und das bedeutete erhebliche Einschnitte.

Dabei war es uns wichtig, so sozialverträglich wie möglich vorzugehen. In Abstimmung mit dem Betriebsrat haben wir zunächst alle Leiharbeitsverhältnisse beendet, befristete Verträge nicht verlängert und frei werdende Stellen nicht nachbesetzt. Außerdem haben wir ein Freiwilligenprogramm für rentennahe Jahrgänge aufgelegt, um diesen Kolleginnen und Kollegen einen möglichst reibungslosen Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen.

Statt ­neuer ­Unsicherheit ­brauchen wir ein ­klares Bekenntnis zur Wärmepumpe.

Und als letzte Maßnahme haben wir zusammen mit dem Betriebsrat und der IG Metall einen Tarifvertrag „Beschäftigungssicherung“ abgeschlossen. Dieser beinhaltet eine zehnprozentige Arbeitszeitverkürzung bei gleichzeitig zehn Prozent weniger Lohn – ein Schritt, den alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, inklusive der Führungskräfte, mitgetragen haben. Dass hier alle mitgemacht haben, war schon etwas Besonderes.

SBZ: Wie ist Stiebel Eltron heute aufgestellt?

Schmidt: Wir haben die Talsohle durchschritten und sind mit guten Voraussetzungen ins Jahr 2025 gestartet. Durch die Maßnahmen im letzten Jahr ist es uns gelungen, Personalstärke und Umsatz wieder in Einklang zu bringen.

Ein Meilenstein war die ISH im März. Wir haben dort ein komplett neues Produktportfolio auf Basis des Kältemittels R290 präsentiert, was man sicher auch nicht alle Tage sieht. Das Interesse war entsprechend groß und wir hatten Rekordbesucherzahlen auf dem Stand.

Dieses Jahr konnten wir bislang unsere Planzahlen erreichen, sind also zufrieden. Jetzt gilt es, dieses Niveau zu halten. Entscheidend wird sein, wie sich die politischen Rahmenbedingungen im weiteren Jahresverlauf entwickeln – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Bemerkenswert ist auch: Während wir als reiner Wärmepumpenhersteller im letzten Jahr besonders stark von der Marktschwäche betroffen waren, hat sich das Blatt dieses Jahr gewendet. Da der Absatz von Gasheizungen um fast 50 % eingebrochen ist, leiden jetzt vor allem die Wettbewerber, die noch fossile Heizsysteme im Programm haben. Wir profitieren hingegen voll von dem steigenden Trend bei den Wärmepumpen.

SBZ: Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den nächsten zwei Jahren im Heizungsmarkt?

Schmidt: Im ersten Halbjahr 2025 hatte die Wärmepumpe einen Anteil von etwa 47 % am gesamten Heizungsmarkt und lag damit erstmals vor dem Gasheizkessel. Das ist für uns eine gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Das erste Quartal war insgesamt eines der schwächsten der letzten zehn Jahre – sowohl im Neubau als auch in der Sanierung ist der Wärmeerzeugermarkt ins Stocken geraten.

Die Prognosen der Industrieverbände gehen für 2025 von einem weiteren Rückgang des Gesamtmarkts um bis zu 13 % aus. Bei rund 618.000 Heizgeräten rechnen wir mit einem Wärmepumpenabsatz zwischen 250.000 und 290.000 Stück – eine Größenordnung, die immerhin über unseren Erwartungen liegt.

Wenn die Leute ­wieder in ­Richtung Gas gedrängt ­werden, dann läuft etwas falsch.

Für die kommenden Jahre bin ich optimistisch. Das Bewusstsein der Kunden für Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von fossilen Energien wächst. Technisch sind wir heute so weit, dass wir auch im Bestand hohe Vorlauftemperaturen erreichen und eine hohe Effizienz sicherstellen können. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Wärmepumpe den Gas-Brennwertkessel auf Dauer als Standard-Wärmeerzeuger ablösen wird.

Für 2026 rechne ich mit einer leichten Markterholung. Entscheidend ist, dass die Förderkulisse und die Preisrelation zwischen Strom und Gas so gestaltet bleiben, dass die Wärmepumpe wirtschaftlich attraktiv ist – dann wird sie sich weiter durchsetzen.

SBZ: Die Heizungshersteller haben sich weitgehend geschlossen zur Wärmepumpe als führender Heiztechnik bekannt. Was braucht die Branche jetzt?

Schmidt: Ich würde mir wünschen, dass die Regierung sich im Gegenzug klar dazu bekennt, an der Heizungsförderung festzuhalten. Ich sehe nicht, wie wir die Klimaziele ohne dieses Instrument einhalten können. Zumal wir ja auch an die europäischen Vorgaben gebunden sind. Das Rad zurückzudrehen, ist hier keine Option.

Genauso wichtig ist für mich, dass wir die Energiepreise in den Griff bekommen. Strom muss im Verhältnis zu Gas wettbewerbsfähig werden. Mein Kollege Dr. Kai Schiefelbein hat mal gesagt, bei einem Verhältnis über 3:1 bewegen wir uns mit der Wärmepumpe in der wirtschaftlichen Todeszone.

Und da sind wir heute noch. Wir haben in den letzten Jahren technisch enorme Effizienzsteigerungen erreicht. Wenn diese durch eine falsche Preispolitik zunichtegemacht werden und die Leute wieder in Richtung Gas gedrängt werden, dann läuft etwas falsch.

Ich erinnere mich noch an eine Aussage von Jens Spahn beim letzten Forum Wärmepumpe. Er brauche keine Produkte, die nur mit Förderung am Markt bestehen können. Dem würde ich entgegnen, dass sich Gas gar nicht rechnen würde, wenn man alle politisch gesetzten Preisfaktoren außen vor ließe oder gar die gesellschaftlichen Folgekosten des CO2-Ausstoßes realistisch einpreisen würde.

Deshalb brauchen wir dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine faire Preisgestaltung, damit sich effiziente Technologien, die immense Mengen CO2 einsparen – wie die Wärmepumpe – durchsetzen können.

SBZ: Stiebel Eltron plädiert dafür, die Heizungsförderung zukünftig degressiv zu gestalten, sofern sich die Strompreise auf dem richtigen Niveau bewegen. Welche Beweggründe stecken dahinter?

Schmidt: Es ist allgemein bekannt, dass Förderprogramme – egal, wie sie politisch gestaltet sind – immer auch kritisch gesehen werden können. Förderprogramme haben immer sowohl Vor- als auch Nachteile.

Ich hätte mir von Anfang an einen stärker einkommensabhängigen Ansatz gewünscht. Über die Finanzämter liegen der Bundesregierung die Steuerbescheide vor – man hätte also problemlos ein Fördermodell aufsetzen können, das soziale Ungleichheit viel feiner ausgleicht. Wer wirklich einen höheren Förderbedarf hat, sollte nicht ausgegrenzt werden, während andere sich die Anlage auch mit einem geringeren oder sogar ohne Zuschuss leisten können.

Wir müssen die Energiepreise in den Griff ­bekommen. Strom muss im ­Verhältnis zu Gas wettbewerbsfähig werden.

Grundsätzlich gilt: Wenn wir es schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wärmepumpe über die Energiepreise darzustellen, brauchen wir auf lange Sicht keine zusätzlichen Förderungen. Dann können wir jedem Verbraucher erklären, wann sich seine Investition rechnet.

Das sehen wir auch im europäischen Ausland: In Märkten, in denen Strom- und Gaspreise so austariert sind, dass sie zugunsten der Wärmepumpe wirken – etwa in Schweden –, funktioniert der Umstieg von allein. Allerdings darf man nicht vergessen, dass der Investitionsbedarf bei einem Systemwechsel vom fossilen Brenner zur Wärmepumpe deutlich höher ist als der reine Tausch Wärmepumpe gegen Wärmepumpe.

Es ist nun mal so: Wir erleben gerade einen grundlegenden Wandel in der Heizungstechnik, wie er – wenn überhaupt – nur alle 50 Jahre mal vorkommt. Dieser Wandel ist zwingend notwendig. Da ist es unvermeidlich, dass in der Übergangszeit – die sicher noch einige Jahre andauern wird – der Staat mit entsprechender Unterstützung dafür sorgen muss, dass die Bürgerinnen und Bürger den Wandel mitmachen.

SBZ: Bis der Umstieg von alleine funktioniert, wird es also noch etwas dauern. Was würde aus Ihrer Sicht sofort helfen?

Schmidt: Wir brauchen endlich Klarheit von der Politik – und zwar jetzt. Unsere internen Herausforderungen haben wir gemeistert. Wir wissen, was wir tun. Das gilt nicht nur für Stiebel Eltron, das fordern auch der BDH und andere Branchenakteure. Stiebel Eltron hat wie die gesamte deutsche Heizungsindustrie nicht nur versprochen, sondern auch geliefert und den von der Politik gewünschten Kapazitätsaufbau vorangetrieben. Im Gegenzug ist die Politik jedoch die Einlösung ihrer Versprechen noch immer schuldig.

Und ich würde mir wünschen, dass die Politik den Menschen unmissverständlich sagt: „Wer jetzt eine Wärmepumpe kauft, macht nichts falsch.“ Dieses Signal fehlt. Statt immer neue Unsicherheit zu erzeugen, brauchen wir ein klares Bekenntnis zur Wärmepumpe.

SBZ: Herr Schmidt, vielen Dank für die Hintergründe und das interessante Gespräch.

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