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Abwärmenutzung

Rechenzentren als Wärme­quelle im urbanen Raum

Die kontinuierlich anfallende Abwärme von Rechenzentren ist eine Niedertemperaturquelle. Um sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll für Heizzwecke einzusetzen, sind kurze Transportwege zu den Verbrauchern unerlässlich.

Gasag Solution Plus

Die kontinuierlich anfallende Abwärme von Rechenzentren ist eine Niedertemperaturquelle. Um sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll für Heizzwecke einzusetzen, sind kurze Transportwege zu den Verbrauchern unerlässlich.

Die Abwärme von Rechenzentren lässt sich nach­haltig auf Quartiers­ebene nutzen. Zwei Projekte in Berlin zeigen, wie dies in der Praxis aus­sehen kann.

Rechenzentren sind unverzichtbare Infrastrukturen für unsere digitalisierte Gesellschaft. Sie ermöglichen Kommunikation, Datenspeicherung, Cloud-Dienste, industrielle Automatisierung und viele weitere zentrale Anwendungen. Dabei bleibt ein physikalischer Nebeneffekt bislang häufig ungenutzt: die kontinuierlich anfallende Abwärme.

Diese entsteht durch die Kühlung der IT-Systeme, hat allerdings meist ein vergleichsweise niedriges Temperaturniveau. Lange Zeit galt sie daher als energetisch schwer verwertbar – eine Belastung, die durch energieintensive Kühlsysteme kompensiert werden musste.

Mit dem im Jahr 2023 in Kraft getretenen Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ändert sich der Blick auf diese Wärmequelle grundlegend. Das Gesetz verpflichtet Betreiber großer Rechenzentren, unvermeidbare Abwärme Dritten zur Verfügung zu stellen, sofern eine Nutzung technisch und wirtschaftlich möglich ist. Gleichzeitig forciert die kommunale Wärmeplanung die systematische Erschließung neuer Potenziale.

Vor diesem Hintergrund wird die Serverabwärme zur Chance – nicht nur für die Betreiber, die ihre Kosten für die Kühlung reduzieren oder gesetzliche Vorgaben erfüllen können, sondern auch für Städte und Quartiersentwickler, die auf der Suche nach regenerativen Wärmequellen sind.

Urbane Synergien: Warum Städte besonders geeignet sind

Für das Pallasseum wird die Abwärme eines benachbarten Rechenzentrums der Deutschen Telekom genutzt. Eine große Wärmepumpe wurde direkt auf dem Dach des Rechenzentrums installiert und hebt die Wassertemperatur auf 70 bis 75 °C.

Gasag Solution Plus

Für das Pallasseum wird die Abwärme eines benachbarten Rechenzentrums der Deutschen Telekom genutzt. Eine große Wärmepumpe wurde direkt auf dem Dach des Rechenzentrums installiert und hebt die Wassertemperatur auf 70 bis 75 °C.

Die Abwärme von Servern ist eine Niedertemperaturquelle. Um sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll für Heizzwecke einzusetzen, sind kurze Transportwege zu den Verbrauchern unerlässlich. Andernfalls können Energieverluste und der zusätzliche Aufwand zur Temperaturanhebung die Vorteile schnell zunichtemachen.

Urbane Räume bieten dafür ideale Voraussetzungen: eine hohe Dichte an potenziellen Abnehmern – darunter Wohnquartiere, öffentliche Einrichtungen, Gewerbeeinheiten – erlaubt kurze Leitungswege und kontinuierliche Abnahme. Laut Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) entfallen etwa 55 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland auf den Wärmesektor, ein erheblicher Teil davon im urbanen Raum.

Die kommunale Wärmeplanung, wie sie § 3 EnEfG vorschreibt, fordert daher ausdrücklich die Erhebung und Nutzung lokaler Abwärmepotenziale. Vorhandene Fern- und Nahwärmenetze können in diesem Zusammenhang wirtschaftlich erweitert oder durch neue, dezentrale Strukturen ergänzt werden.

Gerade in dicht bebauten Stadtgebieten lassen sich zudem mehrere Funktionen bündeln: Quartiersentwicklung, Netzinfrastruktur und Energieversorgung können von Anfang an integriert geplant werden. Die Kombination dieser Faktoren – hohe Wärmedichte, kurze Wege, bestehende Infrastruktur – macht Städte zum bevorzugten Einsatzgebiet für die Nutzung von Rechenzentrumsabwärme.

Dass dies nicht nur theoretisch sinnvoll, sondern auch praktisch umsetzbar ist, zeigen realisierte Projekte wie das Pallasseum in Berlin-Schöneberg und das Neubauquartier „Das Neue Gartenfeld“ in Berlin-Spandau.

Abwärmenutzung im Bestand – das Pallasseum in Berlin-Schöneberg

Die denkmalgeschützte Wohnanlage Pallasseum aus den 1970er-Jahren weist einen überdurchschnittlich hohen Wärmeverbrauch auf. Sie wurde über eine 140 m lange Nahwärmetrasse an das Rechenzentrum angebunden.

Aurelio Schrey

Die denkmalgeschützte Wohnanlage Pallasseum aus den 1970er-Jahren weist einen überdurchschnittlich hohen Wärmeverbrauch auf. Sie wurde über eine 140 m lange Nahwärmetrasse an das Rechenzentrum angebunden.

Das Pallasseum zählt zu den bekanntesten Wohnanlagen Berlins. Der in den 1970er-Jahren errichtete Gebäudekomplex steht heute unter Denkmalschutz und umfasst rund 500 Wohnungen mit etwa 36.000 m² Wohnfläche. Die kommunale Eigentümerin ist die Gewobag. Aufgrund seiner Bauweise weist das Gebäude einen überdurchschnittlich hohen Wärmeverbrauch auf. Zugleich schränken denkmalrechtliche Vorgaben bauliche Maßnahmen zur energetischen Sanierung deutlich ein.

In Kooperation mit Gasag Solution Plus und der Deutschen Telekom als Betreiber des benachbarten Rechenzentrums entstand ein Versorgungskonzept zur Nutzung der Abwärme aus dem Serverbetrieb für die Wärmeversorgung des Pallasseums. Ab Oktober 2025 sollen auf diese Weise rund 65 % des jährlichen Wärmebedarfs – rund 7030 MWh – gedeckt werden.

Kernstück des Konzepts ist eine 140 m lange Nahwärmetrasse, die das Rechenzentrum mit dem Pallasseum verbindet. Die dort anfallende Abwärme liegt bei unter 30 °C und wird über einen Wärmetauscher ausgekoppelt. Eine große Wasser/Wasser-Wärmepumpe hebt die Temperatur anschließend auf 70 bis 75 °C an. Die Wärmepumpe ist auf dem Dach des Rechenzentrums installiert und wird mit Netzstrom betrieben. Zur Absicherung der Versorgung in Spitzenlastzeiten sowie bei temporären Ausfällen kommt ein ergänzender Erdgaskessel zum Einsatz.

Im Fall des Pallasseums wurde die Abwärmenutzung partnerschaftlich realisiert – mit Unterstützung der öffentlichen Hand. Finanziert wird das Projekt durch die Europäische Union und das BMWE. Es zeigt, dass die Dekarbonisierung von Gebäudebeständen selbst unter herausfordernden Rahmenbedingungen möglich ist, wenn geeignete Technologien, förderpolitische Instrumente und kooperative Akteure zusammenkommen.

EnEfG - Andienungspflicht für Rechenzentren

Das im November 2023 verabschiedete Energieeffizienzgesetz (EnEfG) bildet die gesetzliche Grundlage für eine effizientere Energienutzung in Deutschland. Für Rechenzentren sieht § 17 EnEfG eine sogenannte Andienungspflicht vor: Betreiber von Rechenzentren mit einer elektrischen Anschlussleistung ab 1 MW müssen unvermeidbare Abwärme Dritten zur Nutzung anbieten – sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.

Ab 2025 gelten außerdem Effizienzanforderungen für Neubauten, unter anderem in Bezug auf PUE-Werte (Power Usage Effectiveness). Ab dem Jahr 2028 müssen neue Rechenzentren verpflichtend eigene Abwärmekonzepte umsetzen und die Wärme vollständig nutzen, sofern keine begründeten Ausnahmen vorliegen.

Die Umsetzung erfolgt im Zusammenspiel mit der kommunalen Wärmeplanung, die laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) bis spätestens Mitte 2028 in allen Kommunen vorliegen muss. Ziel ist die schrittweise Dekarbonisierung der Wärmeversorgung durch eine bessere Ausnutzung vorhandener Potenziale – insbesondere im urbanen Raum.

Abwärmenutzung im Neubau – das Quartier „Das Neue Gartenfeld“ in Berlin-Spandau

Auf einer rund 31 Hektar großen Fläche entsteht mit dem Projekt „Das Neue Gartenfeld“ im Westen Berlins Wohn- und Gewerberaum für mehr als 10.000 Menschen.

Buwog

Auf einer rund 31 Hektar großen Fläche entsteht mit dem Projekt „Das Neue Gartenfeld“ im Westen Berlins Wohn- und Gewerberaum für mehr als 10.000 Menschen.

Das Projekt „Das Neue Gartenfeld“ zeigt, wie sich Serverabwärme als tragende Säule eines neu entstehenden Stadtquartiers einbinden lässt. Auf einer rund 31 Hektar großen Fläche entsteht im Westen Berlins Wohn- und Gewerberaum für mehr als 10.000 Menschen. Das Projekt wird von der Planungsgemeinschaft Das Neue Gartenfeld – bestehend aus mehreren Bauherren, darunter die Gewobag – gemeinsam mit der Quartierswerk Gartenfeld GmbH, einem Joint Venture von Engie Deutschland und Gasag Solution Plus, entwickelt.

Kern des Wärmekonzepts ist die Nutzung von Abwärme aus dem Rechenzentrum „Berlin 1“ des Betreibers NTT Data. Bis zu 8 MW Niedertemperatur-Abwärme (zwischen 20 °C und 30 °C) werden über Wärmetauscher ausgekoppelt und zur Energiezentrale des Quartiers transportiert, die 2026 gebaut werden soll. Dort übernehmen dann vier Kältemaschinen und Wärmepumpen mit einer kombinierten Wärmeleistung von 10 MW die Temperaturanhebung auf 65 °C, was die Nutzung für die Raumheizung und Trinkwarmwasserbereitung ermöglicht.

Zur Abdeckung von Spitzenlasten – insbesondere in der Heizperiode – ist ein Power-to-Heat-Kessel mit einer Leistung von 3,6 MW vorgesehen. Zusätzlich wurde ein 300.000-l-Warmwasserspeicher installiert, der Flexibilität im Betrieb gewährleistet und die Effizienz der Anlagen erhöht. Die erzeugte Wärme wird über ein etwa 4,6 km langes Nahwärmenetz an die Gebäude des Quartiers verteilt.

Einsparung von 6000 Tonnen CO2 pro Jahr

Beim Projekt „Das Neue Gartenfeld“ sollen aus dem Rechenzentrum „Berlin 1“ bis zu 8 MW Niedertemperatur-Abwärme ausgekoppelt, in der Energiezentrale mit Wärmepumpen auf eine Temperatur von 65 °C gebracht und dann über ein etwa 4,6 km langes Nahwärmenetz verteilt werden.

Gasag Solution Plus

Beim Projekt „Das Neue Gartenfeld“ sollen aus dem Rechenzentrum „Berlin 1“ bis zu 8 MW Niedertemperatur-Abwärme ausgekoppelt, in der Energiezentrale mit Wärmepumpen auf eine Temperatur von 65 °C gebracht und dann über ein etwa 4,6 km langes Nahwärmenetz verteilt werden.

Die Umsetzung erfüllt bereits heute die Anforderungen des Wärmeplanungsgesetzes für 2040 und wird durch Bundesmittel im Rahmen der Förderung für effiziente Wärmenetze (BEW) unterstützt. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Energiezentrale mit einer Photovoltaikanlage auszustatten, um die Wärmepumpen mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu versorgen.

Mit jährlich rund 6000 t CO₂-Einsparung im Vergleich zu einem gasbasierten Konzept zeigt das Projekt, wie die konsequente Nutzung von Rechenzentrumsabwärme zur Erreichung stadtweiter Klimaziele beitragen kann.

Besonders bemerkenswert: Die Wärmelieferung erfolgt aus einem bestehenden Rechenzentrum – ein Beleg dafür, dass auch vorhandene IT-Infrastrukturen sinnvoll in nachhaltige Versorgungssysteme eingebunden werden können, wenn technische und planerische Voraussetzungen frühzeitig koordiniert werden.

Fazit: Effiziente Technik und kurze Wege

Die beiden Berliner Projekte zeigen, wie Abwärme aus Rechenzentren – bislang meist ungenutzt – zu einem funktionalen Bestandteil städtischer Wärmeinfrastrukturen werden kann. Im Pallasseum wird unter schwierigen Rahmenbedingungen im Bestand eine CO2-arme Versorgung ermöglicht, während „Das Neue Gartenfeld“ die Potenziale von Serverabwärme im Neubau voll ausschöpft. Beide Konzepte belegen, dass auch Niedertemperaturabwärme wirtschaftlich nutzbar ist, wenn effiziente Technik und kurze Wege zusammentreffen.

Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist der politische Rahmen gesetzt, um solche Lösungen künftig systematisch zu fördern. Besonders in urbanen Räumen entstehen durch vorhandene Netze, hohe Wärmedichten und kurze Distanzen optimale Bedingungen für diese Form der Wärmerückgewinnung. Gleichzeitig zeigen die Projekte, dass freiwillige Kooperationen – gestützt durch Förderprogramme und kommunale Planung – entscheidend sind, um technische Lösungen in die Fläche zu bringen.

Rechenzentren sind damit nicht nur digitale Infrastruktur, sondern potenzielle Energiequellen für eine klimaneutrale Stadt. Ihre Einbindung in lokale Wärmesysteme kann ein zentraler Hebel der städtischen Dekarbonisierung sein – vorausgesetzt, alle Akteure denken frühzeitig zusammen: planerisch, technologisch und wirtschaftlich. ■
Quelle: Gasag Solution Plus

Gasag Solution Plus

Die Gasag Solution Plus, ein Unternehmen der Gasag-Gruppe, hat sich der grünen Wärme-, Kälte- und Energieversorgung verschrieben. Der Energiedienstleister entwickelt für seine Kunden maßgeschneiderte Energie- und Wärmeversorgungsanlagen, um ihnen individuelle und wirtschaftlich sinnvolle Wege in eine fossilfreie Zukunft zu ermöglichen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gasag Solution Plus sind Experten bei der Planung und Umsetzung von Energiekonzepten und sorgen für eine verlässliche und termingerechte Fertigstellung mit einem Fokus auf langfristige Versorgungssicherheit.
www.gasag-solution.de