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Als Handwerksunternehmer die Krise meistern

Die Kunst zu überleben

Um die Liquidität zu verbessern und um eine Überschuldung zu vermeiden, wird die notwendige Sanierung, die in Zusammenarbeit mit externen Experten erfolgen sollte, in drei Phasen eingeteilt: kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen.

Phase 1 Kurzfristige Maßnahmen

Erste Sicherungsmaßnahme

Als erste Sicherungsmaßnahme und zur Schöpfung von kurzfristiger Liquidität sollten folgende Punkte sofort umgesetzt werden:

  • Wenn Liquidität in Form von Festgeld, Aktien usw. außerhalb des Unternehmens liegt, sollte dieses Geld als Bareinlage in die Firma eingebracht werden.
  • Aggressives Forderungsmanagement: Vermeiden Sie Streitigkeiten mit Ihren Kunden, da gerichtliche Auseinandersetzungen in dieser Situation zu lange dauern. Um rasch Liquidität zu gewinnen, sollten Sie auf Vergleiche mit Ihren Kunden eingehen. Gibt es keine Einigung, bleibt nur noch der Weg zum Rechtsanwalt.
  • Abverkauf des nicht benötigten Betriebsvermögens (z.B. nicht mehr benötigte oder benutzte Maschinen oder Betriebseinrichtungen, Fahrzeuge, Grundstücke etc.).
  • Sollten hohe oder überhöhte Warenbestände vorhanden sein, dann muss der Wareneinkauf zur Liquiditätserhaltung reduziert und die Bestände müssen durch Sonderverkäufe zu liquiden Mitteln gemacht werden.
  • Abverkauf und anschließendes Mieten oder Leasen von Mobilien (Maschinen, Fahrzeugen) und Immobilien (Gewerbeobjekte). In der Fachsprache nennt man dies auch „sale-and-lease-back oder „sale-and-rent“.
  • Auch eine Zuführung von „frischem Geld“ durch die Aufnahme von Beteiligten ins Unternehmen sollte nicht außer acht gelassen werden. Dies kann durch eine typische oder atypische Beteiligung von Mitarbeitern, Lieferanten, Freunden usw. erfolgen.

Nach Abschluss dieser Maßnahmen ist eine erste kleine Hürde genommen worden. Jetzt heißt es, eine positive Fortführungsprognose zu erstellen: Das bedeutet, dass trotz der Krisensituation das Unternehmen grundsätzlich das Potenzial hat, auf Erfolgskurs zu kommen. Diese Aktivitäten müssen Sie in einen Business-Plan mit Sanierungskonzeption und allen notwendigen Veränderungen packen. Danach gilt es unbedingt, die niedergeschriebenen erforderlichen Maßnahmen konsequent und gezielt umzusetzen. Das Sanierungskonzept dient nicht nur als Leitfaden, sondern ist auch die Grundlage für die Gespräche mit Dritten.

Zweite Sicherungsmaßnahme

Als weitere Sicherungsmaßnahme und zur Schöpfung zusätzlicher bzw. künftiger Liquidität sollten folgende Punkte strukturiert umgesetzt werden:

  • Führen Sie Bankgespräche und präsentieren Sie aktiv Ihr Sanierungskonzeption. Durch diese Aktion können kann man eventuell Folgendes bei Ihrer Bank erreichen:

– Kreditkündigungen vermeiden

– Zins- und Tilgungsaussetzungen erreichen

– Umschuldung von kurzfristigen Krediten in langfristige Darlehen bis hin zu einem Sanierungszins auf alle Bankverbindlichkeiten

– Ausweitung des Kreditarrangements

– die Möglichkeit, öffentliche Fördermittel in Form eines Liquiditätshilfedarlehens in Anspruch zu nehmen

  • Führen Sie Gespräche mit Ihren Lieferanten in Bezug auf Bezahlung der Altforderungen (Ratenzahlungsvereinbarungen) sowie Zahlungsvereinbarungen bei Neulieferungen.
  • Alle weiteren Gläubiger, wie Finanzamt, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft usw. in die Verhandlungen und Gespräche einbinden.
  • Gelingt es bei einer bestehenden Überschuldung nicht, zusätzliche Liquidität zu mobilisieren, könnte der Ausweg lauten: außergerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern. Zu beachten ist jedoch, dass dadurch ein Negativimage für Sie und Ihr Unternehmen entsteht.
  • Haben Sie zusätzliche Sicherheiten und ist Ihre Konzeption gut, bestehen auch die Möglichkeit von Umschuldungen zu anderen Banken. Dadurch erhält man bei Verhandlungen mit der Hausbank eine bessere Position. Unter den Bereich Umschuldung kann auch die Verschiebung des Bürgschafts- oder Avalrahmens bei der Bank zu einer Kautionsversicherung gehören. Mit dieser Aktion schmälern Sie Ihr Komplettengagement bei der Bank und bekommen vielleicht einen Teil Ihrer Linien in Form von liquiden Mitteln frei.

Phase 2 Mittelfristige Maßnahmen

Das Ziel von Phase 2 ist es, das Unternehmen weiter zu stabilisieren und vor allem auf Konsolidierungskurs zu bringen. Die finanzwirtschaftlichen Maßnahmen sind nur ein Teil des Erfolgs. Jetzt sind Sie als Unternehmer und Manager gefordert, die notwendigen Veränderungen einzuleiten. Und diese könnten wie folgt aussehen:

  • Überkapazitäten im Bereich Personal abbauen und die Personalkosten durch Streichungen von Zulagen mindern. Eine andere Möglichkeit die Mitarbeiter zu motivieren und ihre Leistungsbereitschaft zu steigern könnte die Einführung eines Leistungslohns oder eines Entgeltanreizsystems sein.
  • Kostenmanagement in den Bereichen Sachkosten und Materialeinkauf durchführen: Alle Kostenfresser werden dazu genau unter die Lupe genommen, wie z.B. Versicherungskosten, Steuerberatungskosten, Telefonkosten usw. Auch überhöhte Warenbestände müssen vermieden werden. Die Händler sind in der Lage, Ihre benötigten Materialien „just in time“ zu liefern.
  • Vereinbaren Sie neue Einkaufskonditionen mit Ihren Lieferanten.
  • Bringen Sie Ihre Buchhaltung so auf Vordermann, dass Sie jederzeit aktuelle Zahlen abfragen können. Je nach Unternehmens- und Umsatzgröße können Sie sich einen Buchhalter einstellen oder Sie übergeben diese Tätigkeiten an externe Profis. In diesem Zusammenhang muss das Forderungsmanagement gestrafft und optimiert werden. Zur Absicherung Ihrer Forderungen sollten Sie eine Warenkreditversicherung abschließen um Forderungsverluste zu vermeiden. Um Kosten zu vermeiden, sollten Sie auf jeden Fall mit § 648a BGB (Bauhandwerkersicherung) arbeiten.
  • Betreiben Sie aktives Marketing und versuchen Sie Marktnischen zu finden. Nehmen Sie auch hier die Dienste und Erfahrungen eines externen Marketingspezialisten in Anspruch. Diese Kosten sind oft günstiger und effizienter als wöchentliche Anzeigen im Anzeigenfriedhof der Zeitungen.
  • Schaffen Sie sich Kalkulationsgrundlagen, wie Deckungsbeitragsrechnung oder Stundenverrechnungssatz auf Vollkostenbasis.
  • Führen Sie die notwendigen Veränderungen in den Betriebsstrukturen und in den betrieblichen Abläufen herbei

Diese Auflistung kann – je nach Struktur und den notwendigen Maßnahmen zur Konsolidierung – weiter ausgebaut werden.

Phase 3 Langfristige Maßnahmen

Wenn Sie die beiden Phasen 1 und 2 erfolgreich durchlaufen haben, können Sie die Möglichkeiten und Risiken erkennen, die eine Krise mit sich bringt. Um nicht noch einmal in diese prekäre Situation zu kommen, müssen Sie vorbauen. Zur langfristigen, strategischen Ausrichtung gehören die nachfolgenden Maßnahmen:

– Einführung eines operativen und strategischen Controllingsystems zur Früherkennung und zur Vermeidung von Krisensituationen

– Erschließen von neuen Kundenkreisen und Märkten

– Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen

– Fort- und Ausbildung der Mitarbeiter bzw. Heranziehen des Nachwuchses

– Planung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge

Es kann natürlich sein, dass Sie irgendwann keinen Sinn mehr in der Fortführung Ihres Unternehmens sehen oder dies bei der Erstellung der Sanierungskonzeption erkennen. In diesem Fall sollten Sie Ihre finanziellen Mittel aufsparen und diese anderweitig einsetzen, z.B. in die Gründung eines neuen Unternehmens.

Beugen Sie rechtzeitig vor!

Wenn Sie diesen Bericht lesen, dann gehört Ihr Unternehmen i.d.R. zu denen, die noch schwarze Zahlen schreiben und eine gute Liquidität haben. Dennoch sollten Sie aufgrund des Strukturwandels, von Basel II und den Veränderungen in der Bank- und Finanzwelt mit der Kommunikation und Offenheit gegenüber Ihren Geschäftspartnern beginnen:

Informieren Sie Banken, Warenkreditversicherer und sonstige Partner des Unternehmens aktiv über die aktuelle Situation ihres Betriebs. Geben Sie rechtzeitig die Bilanz an Ihre Hausbank und warten Sie nicht bis Sie zur Abgabe aufgefordert werden. Führen Sie eine offene Kommunika­tion und geben Sie aktuelle Zahlen nach außen, wie z.B. monatliche betriebswirtschaftliche Auswertungen, Auftragsbestand, Offene-Posten-Listen usw. Am besten wäre es auch mit Blick auf Basel II, einen Business-Plan zu erstellen.

All diese Maßnahmen kommen Ihnen auch in Krisensituationen zugute, da Sie eine Vertrauensbasis zu Ihren Partnern aufgebaut und immer mit offenen Karten gespielt haben.

Weitere Informationen

Unser Autor Herbert Reithmeir ist Betriebswirt, Bonitäts- und Ratinganalyst, Unternehmenscoach sowie In­ha­ber der DLS Unternehmensberatung in 86165 Augsburg, Telefon (08 21) 2 79 71 15, Telefax (08 21) 78 36 24, https://www.dls-berater.de/

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Unser Autor Han Christian Jung ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter sowie Mitgesellschafter der Anwaltskanzlei Putsche & Jung in Asbach, Telefon (09 06) 29 62-0, E-Mail: kanzlei@putsche-jung.de