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Versickerung von Niederschlagswasser auf Grundstücken – Teil 2: Bemessung

Die Bemessung von Versickerungsanlagen (Bild A) erfolgt auf Grundlage des Arbeitsblatts DWA-A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“. Es können folgende Verfahren angewendet werden:

  • einfaches Bemessungsverfahren, basierend auf statistischen Niederschlagsauswertungen („Einfaches Verfahren“)
  • Nachweis der Leistungsfähigkeit mittels ­Niederschlag-Abfluss-Langzeitsimulation (Nachweisverfahren).
  • Für die Bemessung von dezentralen Versickerungsanlagen kann in der Regel das „Einfache Verfahren“ angewendet werden. Die genaue Vorgehensweise wird im Abschnitt 5.3.3.2 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1 näher erläutert. Beim „Einfachen Verfahren“ gelten nach Arbeitsblatt DWA-A 117 in Übereinstimmung mit DIN EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement“ und unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Aspekte für das gesamte Einzugsgebiet (Grundstück) bis zur Versickerungsanlage die folgenden Randbedingungen:

  • Das Einzugsgebiet AE weist eine Fläche von maximal 200 ha oder eine Fließzeit tf bis zur Versickerungsanlage von maximal 15 Minuten auf.
  • Die gewählte bzw. zulässige Überschreitungshäufigkeit des Speichervolumens beträgt Tn ≤ 10 Jahre.
  • Die spezifische Versickerungs-/Abfluss­leistung qS bezogen auf ABem (Summe aller an die Versickerungsanlage angeschlossenen Teilflächen, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen mittleren Abflussbeiwert Cm) ist ≥ 2 l/­(s · ha).
  • Die Regenhäufigkeit n wird mit der Bemessungs-/Versagenshäufigkeit gleichgesetzt.
  • Zuflüsse

    Die Berechnung der Zuflüsse zur Versickerungsanlage im „Einfachen Verfahren“ erfolgt nach Abschnitt 5.3.3.5 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1. Der Rechenwert für die abflusswirksame Fläche AC wird gemäß Gleichung 2 wie folgt ermittelt:

    AC = Σ (AE,b,a,i · Ci) + Σ (AE,nb,a,i · Ci)

    Dabei ist:

    AC Summe aller an die Versickerungs­anlage angeschlossenen Teilflächen, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen Abflussbeiwert in m²

    AE,b,a,i angeschlossene befestigte Teil­fläche in m²

    AE,nb,a,i angeschlossene nicht befestigte Teil­fläche in m²

    Ci Abflussbeiwert der Teilfläche

    In Tabelle 9 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1 sind Abflussbeiwerte aufgeführt. Alternativ können die Abflussbeiwerte aus Tabelle 9 der DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“ verwendet werden.

    Berechnungsbeispiel 1

    Gegeben:

    AE,b,a,i 400 m² Dachfläche mit Extensivbegrünung < 10 cm Aufbaudicke und Dachneigung < 5° mit einem Cm,i von 0,3

    AE,nb,a,i 200 m² Parkfläche mit Rasengittersteinen für häufige Verkehrsbelastung mit einem Cm,i von 0,2

    Gesucht:

    AC = Summe aller an die Versickerungs­anlage angeschlossenen Teilflächen, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen mittleren Abflussbeiwert in m²

    Formel:

    AC = Σ (AE,b,a,i · Cm,i) + Σ (AE,nb,a,i · Cm,i)

    Lösung:

    AC = (400 m² · 0,3) + (200 m² · 0,2)

    Ergebnis:

    AC = 160 m²

    Der Zufluss zur Versickerungsanlage Qzu wird nach folgender Gleichung 3 ermittelt:

    Qzu = rD(n) · (AC + AVA) · 10-4

    Dabei ist:

    Qzu Zufluss zur Versickerungsanlage während der Dauerstufe D in l/s

    rD(n) Regenspende der Dauerstufe D und Wiederkehrzeit n in l/(s · ha) aus Kostra-DWD-2020

    AVA überregnete Fläche einer oberirdischen Versickerungsanlage in m²

    AC Rechenwert für die Bemessung, der sich aus der Summe aller an die Versickerungsanlage angeschlossenen Teil­flächen, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen Abflussbeiwert C, ergibt in m²

    Berechnungsbeispiel 2

    Gegeben:

    rD(n) Regenspende r10(5) = 207 l/(s · ha) für Bonn

    AC angeschlossene abflusswirksame ­Fläche insgesamt = 650 m²

    AVA überregnete Fläche der Versickerungsanlage = 100 m²

    Gesucht:

    Qzu = Zufluss zur Versickerungsanlage in m³/s bzw. l/s

    Formel:

    Qzu = rD(n) · (AC + AVA) · 10-4

    Lösung:

    Qzu = 207 l/(s · ha) · (650 m² + 100 m²) · 10-4

    Ergebnis:

    Qzu = 15,5 l/s

    Versickerungsleistung

    Im Abschnitt 5.3.3.6 des Arbeitsblatts ­ DWA-A 138-1 wird die Vorgehensweise zur Berechnung der Versickerungsleistung beschrieben. Zur Ermittlung der Versickerungsleistung gilt folgende Grundgleichung 4:

    QS = ki · AS · 103

    Dabei ist:

    QS Versickerungsleistung in l/s

    AS erforderliche Versickerungsfläche in m²

    ki bemessungsrelevante Infiltrationsrate in m/s

    Die bemessungsrelevante Infiltrationsrate ki in m/s ergibt sich aus der Multiplikation des ermittelten Durchlässigkeitsbeiwertes des Bodens k (in der Regel kf-Wert aus dem hydrogeologischen Gutachten) in m/s mit dem resultierenden Korrekturfaktor für die Wasserdurchlässigkeit fk gemäß Gleichung 5:

    ki = k · fk

    Der resultierende Korrekturfaktor fk wird nach folgender Gleichung 6 berechnet:

    fk = fOrt · fMethode ≤ 1

    Dabei ist:

    fOrt Korrekturfaktor zum Kenntnisstand der ­Variabilität der Bodenverhältnisse sowie der Anzahl der durchgeführten Versuche/Probenahmen vor Ort

    fMethode Korrekturfaktor für die Bestimmungsmethode (methodenspezifische Unsicherheiten der Ergebnisse durch unterschiedliche Versuchsverfahren)

    Entsprechende Zahlenwerte für die Korrekturfaktoren befinden sich im hydrogeologischen Gutachten bzw. in den Tabellen 10 und 11 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1.

    Berechnungsbeispiel 3

    Gegeben:

    AS erforderliche Versickerungsfläche = 100 m²

    k Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens mit 2 · 10−4 m/s (hier kf-Wert aus hydro­geologischem Gutachten)

    fk resultierender Korrekturfaktor mit 0,8 (aus hydrogeologischem Gutachten bzw. den Tabellen 10 und 11 des Arbeitsblatts DWA‑A 138-1)

    Gesucht:

    QS = Versickerungsleistung in l/s

    Formel:

    QS =  ki · AS · 103

    mit

    ki  =  k · fk

    Lösung:

    ki  =  2 · 10-4 m/s · 0,8 = 1,6 · 10-4 m/s

    QS =  1,6 · 10-4 m/s · 100 m2 · 103

    Ergebnis:

    QS =  16 l/s

    A Dezentrale Versickerungsanlage mit Rigolen aus Kunststofffertigteilen.

    Bild: Otto Graf

    A Dezentrale Versickerungsanlage mit Rigolen aus Kunststofffertigteilen.

    Speichervolumen

    Das erforderliche Speichervolumen stellt in den häufigsten Fällen die Bemessungszielgröße bei Versickerungsanlagen dar (außer bei der Flächenversickerung). Im Arbeitsblatt DWA-A 138-1 wird im Abschnitt 5.3.3.7 die Vorgehensweise zur Ermittlung des erforderlichen Speichervolumens beschrieben. Beim „Einfachen Verfahren“ gilt die Gleichung 8:

    VVA = (Qzu - QS - QDr) · D · 60 · fZ · fA · 10-3

    Dabei sind:

    VVA erforderliches Speichervolumen in m³

    Qzu Zufluss zur Versickerungsanlage während der Dauerstufe D in l/s

    QS Versickerungsleistung in l/s

    QDr Drosselabfluss in l/s (z. B. gemäß Einleitungsbeschränkung in den Straßen­kanal)

    D Dauerstufe in Minuten

    fZ Zuschlagsfaktor nach Arbeitsblatt DWA-A 117 (empfohlen zwischen 1,1 und 1,2)

    fA Abminderungsfaktor nach Arbeitsblatt DWA-A 117 (in der Regel = 1,0)

    Das Maximum für das erforderliche Speichervolumen ist iterativ für verschiedene Wertepaare der Dauerstufe D (beginnend bei 5 ­Minuten bis maximal 4320 Minuten) und der jeweils zugehörigen Regenspende rD(n) nach Kostra-DWD-2020 zu bestimmen.

    Berechnungsbeispiel 4

    Gegeben:

    gesamte abflusswirksame Fläche AC + AVA = 2200 m²

    Versickerungsleistung QS = 5 l/s

    Drosselabfluss QDr = 0 l/s

    Zuschlagsfaktor fZ = 1,2

    Abminderungsfaktor fA = 1,0

    Jährlichkeit T = 5

    Gesucht:

    VVA = erforderliches Speichervolumen in m³

    Lösung:

    siehe Bild B und Bild C

    Ergebnis:

    Das erforderliche Speichervolumen VVA beträgt 33,2 m³.

    Die Bemessungsregeln für die unterschiedlichen Typen von Versickerungsanlagen – z. B. für Flächenversickerung, Versickerungsmulden, Rigolen- und Schachtversickerung – befinden sich im Abschnitt 6 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1.

    Überflutungsnachweis

    Gemäß DIN 1986-100 muss für Versickerungsanlagen zur Entwässerung von Grundstücken mit einem Rechenwert von AC größer 800 m² ein Überflutungsnachweis erbracht werden. Bezüglich der Durchführung des Überflutungsnachweises bei Versickerungsanlagen verweist die DIN 1986-100 auf das Arbeitsblatt DWA-A 138.

    Die Vorgehensweise zum Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen wird im Abschnitt 5.3.4 des Arbeitsblatts DWA-A 138-1 beschrieben. Es muss der Nachweis erbracht werden, dass die zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück in m³ vollständig und schadlos auf dem Grundstück verbleiben kann, beispielsweise durch zusätzlichen Speicherraum oder das Einstauen von Außenflächen.

    Das Maximum der zurückzuhaltenden Regenwassermenge VRück in m³ muss hierbei nach folgender Gleichung 10 iterativ für verschiedene Wertepaare der Dauerstufe D (beginnend bei 5 Minuten bis maximal 4320 Minuten) und der jeweils zugehörigen Überflutungsregenspende (in der Regel die 30-jährige Regenspende rD(30) nach Kostra-DWD-2020) bestimmt werden:

    VRück = [rD(30) ∙ (AE,b,a ∙ CS + AVA) ∙ 10-4 - (QS + QDr)] ∙ D ∙ 60 ∙ 10-3 - VVA

    Dabei ist:

    VRück zurückzuhaltende Regenwassermenge in m³

    CS Spitzenabflussbeiwert

    D Dauerstufe des Bemessungsregens in ­Minuten

    rD(30) Regenspende für die Dauerstufe D und Jährlichkeit T = 30 nach Kostra-DWD-2020

    AE,b,a angeschlossene befestigte Fläche in m²

    AVA überregnete Fläche einer oberirdischen Versickerungsanlage in m²

    QS Leistung der Versickerungsanlage in l/s

    QDr mittlerer Drosselabfluss in l/s

    VVA Speichervolumen in m³

    Berechnungsbeispiel 5

    Gegeben:

    Jährlichkeit T = 30

    abflusswirksame Fläche =  AE,b,a ∙ CS  = 820 m²

    überregnete Fläche der oberirdischen
    Versickerungsanlage AVA = 29,28 m²

    Leistung der Versickerungsanlage QS = 6,73 l/s

    mittlerer Drosselabfluss QDr = 0 l/s

    erforderliches Speichervolumen VVA = 19,32 m³

    Gesucht:

    VRück = zurückzuhaltende Regenwassermenge in m³

    Lösung:

    siehe Bild D und Bild E

    Ergebnis:

    Die zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück beträgt 3,06 m³.

    Hinweis: Um den Zeitaufwand zu minimieren, sollten zur Bemessung von ­Versickerungsanlagen entsprechende Berechnungsprogramme verwendet werden (etwa die Software des ­Instituts für technisch-wissenschaftliche Hydrologie GmbH (itwh) aus Hannover oder Berechnungstools der Hersteller).

  • Versickerungsanlagen können auf Grundlage des Arbeitsblatts DWA-A 117 nach dem „Einfachen Verfahren“ oder dem Nachweisverfahren bemessen werden.
  • Bei dezentralen Versickerungs­anlagen kommt in der Regel das „Einfache Verfahren“ zur Anwendung.
  • Für die Berechnung der ­Versickerungsleistung ist die bemessungsrelevante Infiltrationsrate der entscheidende Eingangsparameter.
  • Außer bei der Flächenversickerung stellt das erforderliche Speichervolumen der Versickerungsanlage die ­Bemessungszielgröße dar.
  • Für Versickerungsanlagen zur Entwässerung von Grundstücken mit einem Rechenwert von AC > 800 m² muss gemäß DIN 1986-100 ein Überflutungsnachweis erbracht werden.
  • Zur Bemessung von Versickerungs­anlagen sollten entsprechende Berechnungs­programme verwendet werden.
  • B Berechnungsbeispiel 4 für die Bemessung des Speichervolumens von Versickerungsanlagen.

    B Berechnungsbeispiel 4 für die Bemessung des Speichervolumens von Versickerungsanlagen.
    C Berechnungsbeispiel 4: Tabelle mit Angaben zur Dauerstufe D, Regenspende für die jeweilige Dauerstufe D und Jährlichkeit T = 5 sowie dem jeweils erforderlichen Speichervolumen in m³.

    C Berechnungsbeispiel 4: Tabelle mit Angaben zur Dauerstufe D, Regenspende für die jeweilige Dauerstufe D und Jährlichkeit T = 5 sowie dem jeweils erforderlichen Speichervolumen in m³.
    D Berechnungsbeispiel 5 für den Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen.

    D Berechnungsbeispiel 5 für den Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen.
    E Berechnungsbeispiel 5: Tabelle mit Angaben zur Dauerstufe D, Regenspende für die jeweilige Dauerstufe D und Jährlichkeit T = 30 sowie dem jeweils zurück­zuhaltenden Regenvolumen in m³.

    E Berechnungsbeispiel 5: Tabelle mit Angaben zur Dauerstufe D, Regenspende für die jeweilige Dauerstufe D und Jährlichkeit T = 30 sowie dem jeweils zurück­zuhaltenden Regenvolumen in m³.

    Quellen

    Arbeitsblatt DWA-A 138-1: Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser – Teil 1: Planung, Bau, ­Betrieb. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und ­Abfall e. V. (DWA), Oktober 2024

    Arbeitsblatt DWA-A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser. Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und ­Abfall e. V. (DWA), April 2005

    Arbeitsblatt DWA-A 117: Bemessung von Regen­rückhalteräumen. Deutsche Vereinigung für ­Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Dezember 2013

    DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in ­Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056. DIN Media, ­Dezember 2016

    DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement. DIN Media, Juli 2017

    Autor

    Bernd Ishorst
    ist Berater, Fachautor und Referent für Entwässerungstechnik.

    Bild: Bernd Ishorst

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