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Wärmepumpentechnologie

Wärmepumpe: Nur im Neubau oder auch im Bestandsgebäude einplanen?

Eine Wärmepumpe wird bisher meist im Neubau eingeplant. Und was ist mit Bestandsgebäuden? Die Wärmepumpentechnologie hat in den letzten Jahren einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Die Systeme sind leiser, effizienter und leistungsfähiger geworden. Damit ist die Wärmepumpe bereit für den Massenmarkt. Tim Rehder ist Inhaber der Rehder Heizungsbau GmbH in Kiel und arbeitet bereits seit den 1980er-Jahren mit Wärmepumpen. Die SBZ sprach mit ihm über die Einsatzbereiche, die gestiegene Nachfrage und technische Besonderheiten.

SBZ: Herr Rehder, wenn der Einbau einer Wärmepumpe geplant wird, dann handelt es sich in der Regel um einen Neubau. Wie sind Ihre Erfahrungen im Bestand?

Tim Rehder: Wärmepumpen lassen sich in nahezu allen Gebäuden einsetzen, man muss nur das passende Gerät für das jeweilige Objekt wählen. Bei modulierenden Gaskesseln kann man mit einem oder zwei Produkten fast alle Anforderungen abdecken, das ist bei Wärmepumpen anders.

Wir legen diese immer so aus, dass sie monovalent, also ohne Heizstab, arbeiten. Weil die Leistung perfekt zum Gebäude und zum Nutzer passen muss, ist die Planung ein wenig aufwendiger. Es macht keinen Sinn, eine Wärmepumpe zu groß zu dimensionieren, weil sie dann nicht den gewünschten Wirkungsgrad erreicht und im Zweifel viel zu hohe Investitionen mit sich bringt – beispielsweise bei einer Bohrung.

SBZ: Im Vergleich mit Öl- oder Gas-Brennwertkesseln haben Wärmepumpen niedrigere Vorlauftemperaturen. Muss in einem Bestandsgebäude dann nicht die komplette Wärmeverteilung in den Räumen erneuert werden – Stichwort Fußbodenheizung?

Rehder: Das ist leider eine weit verbreitete Meinung, die so nicht stimmt. Auch mit Heizkörpern kann man Wärmepumpen effizient betreiben. Häufig sind die vorhandenen Heizkörper bereits ausreichend dimensioniert, um mit Vorlauftemperaturen bis 55 °C die Räume zu beheizen.

Bei Bedarf können wir heute mit überschaubarem finanziellem und technischem Aufwand Flächenheizungen für Boden, Wand und Decke nachrüsten oder bestehende Heizkörper unkompliziert durch größere ersetzen. Wenn in einem Gebäude tatsächlich Vorlauftemperaturen über 55 °C nötig sind, bieten sich Hochtemperaturwärmepumpen oder Hybridlösungen an.

SBZ: Ihr Unternehmen installiert im größeren Umfang Wärmepumpen. Seit wann setzen Sie auf diese Technologie?

Rehder: Die Firma Rehder hat bereits in den 1980er-Jahren die ersten Wärmepumpen installiert, intensiv beschäftigen wir uns damit allerdings seit 2005. Mittlerweile sind wir auf diese Technologie spezialisiert.

Tim Rehder: „Wärmepumpen lassen sich in nahezu allen Gebäuden einsetzen. Sie eignen sich auch im Bestand für eine Heizungsmodernisierung.“

Bild: Buderus

Tim Rehder: „Wärmepumpen lassen sich in nahezu allen Gebäuden einsetzen. Sie eignen sich auch im Bestand für eine Heizungsmodernisierung.“

SBZ: Wie ist generell zurzeit das Kundeninteresse an Wärmepumpen?

Rehder: Die Nachfrage ist sehr groß. Wir waren bislang überwiegend im Austauschgeschäft tätig, im Neubau hingegen eher selten. Das hat sich allerdings durch das insgesamt steigende Interesse an Wärmepumpen etwas geändert. Der Anteil unserer Wärmepumpenanlagen für den Neubau liegt im Verhältnis zu Bestandsgebäuden heute bei rund 50 %.

SBZ: Inzwischen stellt sich bei älteren Wärmepumpen die Frage der Modernisierung. Bleiben Hauseigentümer dieser Technologie treu?

Rehder: Im Allgemeinen ja. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Hauseigentümer seine Wärmepumpe bei der Modernisierung durch einen Öl- oder Gaskessel ersetzt hat. Allerdings kommt es gelegentlich vor, dass wir bei zu geringer Soleleistung im Bestand den Wechsel von einer Sole/Wasser- zu einer Luft/Wasser-Wärmepumpe empfehlen. Deren Effizienz ist bei den aktuellen Maschinen nahezu gleich gut wie bei Solemaschinen, sie sind preislich aber interessanter als neue oder zusätzliche Bohrungen.

Hinzu kommen die zunehmend höheren Temperaturen auch in unserem Breiten und ein verändertes Heizverhalten. Ab einer Außentemperatur von 10 °C ist die Luft/Wasser-Wärmepumpe gegenüber der Sole-Maschine aufgrund der höheren Basisenergie sogar überlegen. Weil viele Anlagen auch während der Sommermonate laufen, wirkt sich das positiv auf die Jahresarbeitszahl aus.

SBZ: Die Förderung im Klimapaket zielt unter anderem darauf ab, bestehende Ölheizungen durch regenerative Energieträger zu ersetzen. Erkennen Sie bei dieser Klientel eine größere Nachfrage nach Wärmepumpen?

Rehder: Auf jeden Fall, das Interesse dieser Kunden steigt seit Monaten deutlich an. Ich kann das ganz plakativ ausdrücken: Früher kam auf fünf Anfragen nach einem Öl- oder Gaskessel eine Anfrage nach einer Wärmepumpe. Heute ist es genau umgekehrt. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass inzwischen auch Installateure Wärmepumpen einbauen, die bislang diese Technologie nicht in ihrem Portfolio hatten.

SBZ: Diese Entwicklung zeigt, dass das Klimapaket wirkt.

Rehder: Ja, das ist zutreffend. In meinen Augen handelt es sich beim Klimapaket um eine Förderung, die tatsächlich zu Ende gedacht ist. In der Vergangenheit gab es immer wieder Fördertöpfe, die vielfach nur genutzt wurden, um Mittel abzugreifen. Diesmal ist es anders.

Wer in ein regeneratives Heizsystem investiert, erhält in etwa die Mehrkosten gegenüber einer konventionellen Heizungsanlage als Zuschuss. Aber er hat dadurch einen deutlichen Mehrwert, spart langfristig Energiekosten und leistet einen Beitrag gegen den Klimawandel.

SBZ: Sie sagen, dass verstärkt auch Heizungsfirmen Wärmepumpen installieren, die diese Technologie bislang nicht angeboten haben. Viele Betriebe haben aber noch Angst vor den technischen Hürden. Wie sehen Sie das?

Rehder: Diese Technologie ist in meinen Augen nicht besonders kompliziert. Eine Wärmepumpe hat systembedingt eine viel geringere Spreizung als andere Wärmeerzeuger. Es gilt also zu beachten, dass eine größere Menge Wasser bewegt werden muss, um die gleiche Leistung von A nach B zu transportieren. Das System steht und fällt mit der Hydraulik. Wer das berücksichtigt und allgemein die Grundsätze der Heizungstechnik beachtet, installiert wirtschaftlich arbeitende Anlagen und hat zufriedene Kunden.

SBZ: Die Stromkosten sind immer wieder Thema im Zusammenhang mit Wärmepumpen. Sind diese wirtschaftlich nur in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage oder einem Energiemanagementsystem zu betreiben?

Rehder: Im Beratungsgespräch stellen Anlagenbetreiber fast immer die Frage nach dem Einbau einer Photovoltaikanlage. Darauf gibt es aus meiner Sicht eine klare Antwort. Die PV-Anlage macht die Wärmepumpe nicht besser, aber mit einer Wärmepumpe arbeitet die Photovoltaikanlage wesentlich wirtschaftlicher. Das liegt in erster Linie am höheren Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms.

Deshalb ist eine PV-Anlage in Verbindung mit einer Wärmepumpe ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Die Wirtschaftlichkeit lässt sich mit einem Energiemanagement weiter verbessern, beispielsweise mit dem Buderus-System MyEnergyMaster. Damit nutzen Hauseigentümer den eigenen Strom ausgesprochen effizient, denn der Energiemanager passt die Wärmepumpenleistung stufenlos an – abgestimmt auf die verfügbare PV-Leistung.

SBZ: Wie schätzen Sie das Potenzial der Wärmepumpe in den nächsten Jahren ein?

Rehder: Die Wärmepumpe ist meiner Ansicht nach das Heizsystem der Zukunft und die einzige massenmarkttaugliche Alternative zu Öl- oder Gaskesseln. Natürlich ist die Wärmepumpentechnologie kein Allheilmittel, das bedingungslos alle fossilen Wärmeerzeuger ersetzen kann. Aber die Einsatzbereiche sind vielfältiger, als man glaubt.

SBZ: Herr Rehder, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Artikels „Vielfältiger, als man glaubt“, erschienen in SBZ 12-2020.

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