Die Heizkostenverordnung schreibt eine Umrüstung auf digitale Zähler bis Ende 2026 vor. Die Einführung der Smart-Meter-Gateways birgt technische Anforderungen und steigenden Wettbewerbsdruck für SHK-Betriebe. SBZ-Redakteurin Katrin Drogatz-Krämer sprach mit Frank Molliné, Geschäftsführer des Mess- und Abrechnungstechnikunternehmens WDV Molliné GmbH aus Stuttgart. Im Interview erläutert er, wie Betriebe mit gezielter Weiterbildung, Kooperationen und digitalem Know-how diese Hürden meistern und neue Geschäftsfelder erschließen können.
Die Stadtwerke werden versuchen, sich als Komplettanbieter zu etablieren.
SBZ: Herr Molliné, Sie führen seit über 30 Jahren ein Unternehmen für Messtechnik. Können Sie uns einen kurzen Überblick über Ihr Unternehmen geben?
Frank Molliné: Unser Unternehmen wurde 1993 gegründet, geht aber auf die Tätigkeit meines Vaters zurück, der bereits 1962 in der Branche zu arbeiten begann. Wir sind sowohl Großhändler als auch Dienstleister mit rund 120 Mitarbeitenden, davon 16 Auszubildende. Ich habe drei Kinder und auch meine beiden Söhne arbeiten aktuell mit. Unser Schwerpunkt liegt auf der Belieferung und Beratung von Handwerksbetrieben im Bereich Wärmemesstechnik und Wasserverbrauchserfassung. Etwa zwei Drittel unseres Umsatzes generieren wir über SHK-Handwerksbetriebe – vom Einmannbetrieb bis zum Großunternehmen. Das umfasst nicht nur den Verkauf von Zählern, sondern ein umfassendes Dienstleistungsangebot bis hin zur Heizkostenabrechnung.
Wir liefern hochwertige Zählertechnik – ob Kalt- oder Warmwasser, Heizwärme – fast ausschließlich aus deutscher Produktion. Wir haben so gut wie keine Reklamationen. Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Unterstützung des Handwerks: Wir beraten, liefern vorprogrammierte Geräte, bieten technische Schulungen und haben sogar eigene Softwarelösungen entwickelt, um die digitale Verbrauchserfassung einfach umsetzbar zu machen.
SBZ: Wie ist Ihre technische Systemlandschaft aufgebaut?
Molliné: Wir setzen ausschließlich auf funkvorbereitete bzw. funkfähige Messgeräte mit standardisierten M-Bus- oder OMS-Funkschnittstellen. Für jede Anwendung liefern wir vorkonfigurierte Geräte, die direkt montiert werden können. Herzstück ist unsere Gateway-Infrastruktur (EasyFunk), die als vorkonfiguriertes Plug-and-Play-System in Gebäuden installiert wird. Diese Gateways erfassen und verschlüsseln die Zählerinformationen (AES-128) und übertragen sie über Mobilfunk (LTE/2G fallback) an unsere Server.
SBZ: Ein großes Thema ist aktuell die in der Heizkostenverordnung gesetzlich vorgeschriebene Umrüstung auf digitale Zähler bis Ende 2026. Wie nehmen Sie das im Markt wahr?
Molliné: Ganz offen: Es passiert zu wenig. Wir informieren unsere Kunden darüber, bieten Schulungen, Newsletter und persönliche Beratung, aber die Umrüstung findet kaum statt. Ich schätze, dass weniger als fünf Prozent der betroffenen Gebäude derzeit entsprechend ausgestattet sind. Es fehlt nicht an Information, sondern am Umsetzungswillen – auch deshalb, weil viele Handwerker schlichtweg ausgelastet sind. Das Thema wird geradezu verdrängt, obwohl wir bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung aktiv informiert und darauf vorbereitet haben. Die Gründe sind also vielfältig: fehlende Information, Überlastung und möglicherweise auch Berührungsängste beim Handwerk und Investitionsscheu bei vielen Hausverwaltern und Eigentümern.
Ein Vorteil der digitalen Verbrauchserfassung ist, dass die Kunden ihre Durchschnittsverbräuche regelmäßig kontrollieren können.
SBZ: Was macht die Umrüstung so kompliziert? Vorkonfigurierte Geräte sind doch sicher im Angebot.
Molliné: Die Technik ist nicht das Problem – unsere Zähler sind für Plug and Play vorbereitet, funkfähig und kommen mit vorinstallierten Gateways. Schwierig wird es bei der Umsetzung vor Ort, wie beim Zugang zu den Mietwohnungen, bei komplexen baulichen Situationen und unzureichenden Funkverbindungen. Der Datenschutz verkompliziert vieles und hinzu kommt die Kommunikation mit den Hausverwaltern – das sind alles zusätzliche Hürden für den Handwerker. Außerdem fehlt oftmals schlicht die Zeit.
Unser System liefern wir „aus einer Hand“: Der Handwerker bestellt bei uns die passenden Geräte typisiert und vorkonfiguriert auf Objektbasis. Die Geräte werden werkseitig programmiert und verschlüsselt. Das Funknetz wird automatisch initialisiert und ein Rückkanal zeigt dem Installateur an, ob die Verbindung hergestellt wurde. Bei Bedarf unterstützen wir per Remote-Support oder mit Vor-Ort-Service. Der Handwerker muss also im Grunde nur noch alles einbauen und wir übernehmen die Konfiguration. Trotzdem ist die Resonanz verhalten. Wir investieren massiv in Schulungen, Informationsmaterial und direkten Support.
SBZ: Wie sieht es mit der IT-Infrastruktur und Datenverarbeitung aus?
Molliné: Wir betreiben eine eigene skalierbare Plattform, auf der die Verbrauchsdaten DSGVO-konform verarbeitet und archiviert werden. Die Datenbereitstellung für Endnutzer erfolgt monatlich per E-Mail oder über Kundenportale.
Auf Wunsch können auch Hausverwalter oder qualifizierte SHK-Betriebe über entsprechende Schnittstellen (REST API, CSV-Export) auf Daten zugreifen. Unsere Plattform ermöglicht außerdem eine Verbrauchsanalyse inklusive Skalierung im Haus- und Nutzervergleich.
SBZ: Was sind die größten technischen Herausforderungen bei der Umsetzung?
Molliné: Die Funksignalübertragung im Gebäude – gerade bei Altbauten – ist anspruchsvoll. Zudem sind Datenschutz, Geräteverschlüsselung und die verpflichtende Bereitstellung von Monatswerten an die Nutzer sehr komplex. Wir bieten hierfür ein Komplettsystem mit verschlüsselter Datenübertragung und einer Plattform für Verwalter.
Unsere Systeme verfügen über Signalqualitäts-Monitoring. Wird ein Zähler nicht erreicht, wird automatisch ein Alarm generiert. Die betroffene Einheit kann dann über alternative Zeitfenster neu abgefragt werden. Im Worst Case bieten wir auch manuelle Auslesung via optischer M-Bus-Sonde an. Wir haben Zähler mit Batterielaufzeiten von bis zu zehn Jahren und Reklamationsquoten von unter 0,001 %.
Das Smart-Meter-Gateway wird zukünftig das Herz des ganzen Gebäudes sein und mit ihm werden die Kunden für den Energieversorger gläsern.
SBZ: Ihr Alleinstellungsmerkmal sehen Sie in der Unterstützung des Handwerks – wie sieht Ihre Rolle als Partner des Handwerks konkret aus?
Molliné: Das Handwerk bleibt unverzichtbar und wir verstehen uns als Dienstleister für das Handwerk. Unsere Stärke ist, dass wir nicht nur hochwertige Produkte liefern, sondern auch Services wie Programmierung, Abrechnung und technischen Support. Unser Ziel ist, Handwerker zu entlasten und ihnen ein Komplettpaket anzubieten, das funktioniert. Das Aufgabenspektrum hat sich in der Branche extrem vergrößert und Handwerker bräuchten bestenfalls fünf Köpfe gleichzeitig, um alles zu wissen. Oftmals schicken sie uns Bilder von Produkten, die sie nicht identifizieren können, und wir helfen weiter. Auf diese Weise haben wir uns in den letzten 32 Jahren zu Spezialisten entwickelt.
SBZ: Die Integration von Smart-Meter-Gateways bedeutet, dass Betriebe in neue Geräte, Schulungen und Zertifizierungen investieren müssen, um mit den großen Playern mitzuhalten. Sie bieten dem Handwerk die Möglichkeit, Zähler zu mieten statt zu kaufen. Welche Vorteile hat das?
Molliné: Aus unserer Sicht muss sich das Handwerk stärker als Dienstleister aufstellen und die Digitalisierung annehmen, denn wer Zähler nicht nur einbaut, sondern auch vermietet und die Abrechnung mitgestaltet, kann sich langfristig Marktanteile sichern. Bei der Zählermiete geht es nicht nur um die Umlegung der Kosten auf die Nutzer, sondern auch darum, dass die Handwerker langfristig im Objekt präsent bleiben, etwa für Wartungen oder zukünftige Projekte. Es geht uns darum, das Handwerk zu stärken und ihm neue Geschäftsfelder zu erschließen. Wir bieten dafür Partnerprogramme, Vertragsmodelle und Schulungen.
SBZ: Wie steht es um die Digitalisierung im Handwerk? Staatliche Hilfen zur Förderung des Handwerks können ja beispielsweise auch für technische und IT-Kompetenz und auch für Schulungen genutzt werden.
Molliné: Die Branche steht generell unter enormem Druck. Nicht nur die Digitalisierung, sondern auch Personalmangel und regulatorische Anforderungen sind für kleine Betriebe oft kaum zu stemmen. Viele Installateure sagen uns: „Was sollen wir noch alles machen?“ Ich verstehe das. Deshalb plädiere ich für praxisnahe Lösungen, die sich schnell und einfach umsetzen lassen. Und dafür stehen wir.
SBZ: Wie sehen Sie die Rolle der Energieversorger im Kontext von Smart-Meter-Gateways?
Molliné: Das Smart-Meter-Gateway wird in vielen Regionen zur zentralen Infrastrukturkomponente – mit Zugriff auf alle Verbrauchsdaten, wie Strom, Wasser, Wärme und Gas. Die Stadtwerke positionieren sich zunehmend als Komplettanbieter – inklusive Heiztechnik, Abrechnung, PV-Anbindung. Das kann das SHK-Handwerk unter Druck setzen, da der Zugriff auf Gebäude mittelfristig schwieriger wird. Wer sich nicht jetzt als Dienstleister mit eigener Infrastruktur und Abrechnungskompetenz aufstellt, riskiert, außen vor zu bleiben. Es ist also wichtig, als Handwerksbetrieb präsent zu bleiben, eigene Kompetenzen aufzubauen und Nischen zu besetzen.
Digitalisierung und Energiewende sind aucheineChance für SHK-Betriebe. Wer kooperiert und sein Angebot digital erweitert, bleibt wettbewerbsfähig.
SBZ: Also könnte die Zählermiete hierbei eine wichtige Rolle einnehmen?
Molliné: Absolut! Durch die Zählermiete kann der Handwerker seine Position im Gebäude festigen. Mietkosten sind vollständig umlegbar, der Handwerker bleibt Ansprechpartner und erschließt sich ein nachhaltiges Erlösmodell. Wir bieten hierfür Vertragsmodelle und übernehmen auch das Forderungsmanagement. Der Handwerker kann den Zähler selbst vermieten oder über uns als Subdienstleister agieren – inklusive Eichwechsel, Wartung und Austausch. So kann er Know-how bündeln, ohne alles selbst machen zu müssen.
SBZ: Wie beurteilen Sie abschließend die Zukunft der SHK-Branche?
Molliné: Die Branche steht vor einem tiefgreifenden Wandel – getrieben durch Digitalisierung, Regulierung und Marktkonzentration. Ich bin überzeugt, dass der klassische Installateur wichtig bleibt, aber er muss sich neu erfinden als technikaffiner Dienstleister mit digitaler Kompetenz. Wer frühzeitig in Qualifikation, Partnerschaften und Systeme investiert, wird auch 2040 noch erfolgreich im Markt agieren können.
SBZ: Wie lautet Ihr abschließender Appell an das SHK-Handwerk?
Molliné: Bleiben Sie in den Gebäuden präsent! Nutzen Sie die Chance, über Messtechnik und Dienstleistung neue Kundenkontakte zu generieren, denn die Digitalisierung der Messtechnik ist Pflicht und Chance zugleich. Wer jetzt handelt, kann profitieren. Wir stehen als Partner bereit, mit Lösungen, die praxistauglich und zukunftssicher sind.
SBZ: Herr Molliné – ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.
Smart Meter dienen – laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWK) – dem Zweck, Energiekosten zu senken und Effizienz zu steigern:
ein Gerät für Strom, Gas, Wasser und Wärme,
Transparenz und Stromsparen,
genauere und bequemere Abrechnung,
Ermöglichung der Nutzung dynamischer und variabler Tarife.
Das Smart-Meter-Gateway wurde als zentrale Kommunikationseinheit eines Smart Meters nach den Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelt. Die Hauptaufgaben liegen in der Datenerfassung, Datensicherheit, Fernsteuerung, Tarifnutzung und Datenkommunikation und ergeben in der Einheit mit einer modernen Messeinrichtung das Smart Meter.
Eine praxisnahe Lösung für die korrekte Zuordnung von Verbrauchskosten in modernen Heizsystemen bietet die Richtlinie VDI 2077 Blatt 3.4 „Verbrauchskostenabrechnung für die technische Gebäudeausrüstung – Wärmeversorgungs- und Trinkwassererwärmungsanlagen – Kostenaufteilung bei Wärmepumpen und multienergetischen/multivalenten Anlagen“. Sie zielt darauf ab, eine gerechte und nachvollziehbare Zuordnung der entstehenden Kosten sicherzustellen. Die VDI 2077 Blatt 3.4 bietet detaillierte Anleitungen für die Verbrauchskostenabrechnung in Anlagen mit Wärmepumpen und multivalenten Systemen und berücksichtigt dabei die spezifischen Anforderungen und Betriebsbedingungen dieser Technologien. Die Richtlinie ist im Oktober 2024 als Entwurf erschienen und für 86,40 Euro bei DIN Media erhältlich.
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