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Interview

Hybridsysteme werden in fünf Jahren akzeptiert sein

SBZ: Herr Blümel, welche Perspektiven sieht Rotex im deutschen Markt für Wärmepumpen?

Georg Blümel: Die Wärmepumpe hat für mich unbestritten einen Platz in der Zukunft unserer Heizungslandschaft. Alle Experten sind sich einig, dass die Wärmepumpentechnologie die einzige ist, die uns wirklich in die Zukunft bringen wird. Und zwar in allen Punkten: Kosten/Leistung, Energieeffizienz und erneuerbarer Anteil.

Aus meiner Sicht ist es ganz eindeutig, dass die Wärmepumpe im Neubau ihren Platz gewonnen hat. Der ist ihr nicht mehr zu nehmen. Im Gegenteil, er wird sich deutlich verstärken. Wir sind heute bei einem Anteil von 35 % im Neubau. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Anteil bis 2020 mindestens auf 50 % erhöht hat. Im Neubau sind also die Weichen gestellt und die Wärmepumpe ist dort wirtschaftlich attraktiv. Außerdem denkt die Europäische Kommission über ein sogenanntes „Erneuerbare Wärme- und Kältegesetz“ nach. Das zieht also die Kälte mit in Betracht. Die Wärmepumpe kann zusätzlich den Komfort bieten, Gebäude zu klimatisieren. Das kann ein fossiles Gerät nicht leisten.

SBZ: Und wie beurteilen Sie die Situation im Bestand?

Blümel: In der Modernisierung müssen wir uns die Frage stellen, wie sich der wirtschaftliche Rahmen für den Kunden entwickelt. Wenn die fossilen Preise auf dem heute niedrigen Niveau verharren und Strom weiterhin durch das EEG verteuert wird, ist es in der Tat schwierig für den Absatz der Wärmepumpe. Aber die Wärmepumpe bietet Lösungen, z. B. in Kombination mit bestehenden Photovoltaik-Anlagen, um Energie im Gebäude intelligent zu verwalten und zu nutzen. Im Bestand spielt aus meiner Sicht die Hybridtechnologie eine entscheidende Rolle, denn es gibt Gebäude, die an den kältesten Tagen im Jahr sehr hohe Wärmebedarfe haben. Dann kann es sinnvoll sein, weiterhin fossile Technik einzusetzen. Aber gleichzeitig kann über weite Strecken des Jahres eine Wärmepumpe effizient arbeiten. Insbesondere, wenn der Strom selbst erzeugt wurde. Hier sehe ich in Zukunft eine Chance für Hybrid-Systeme. Deswegen rechne ich auch im Bestand mit weiterem Wachstum.

SBZ: Darf bei Hybridanlagen die Amortisation als Verkaufsargument gelten?

Blümel: Die Amortisation ist aus meiner Sicht auch heute nicht das primäre Verkaufsargument. Ich glaube in der Industrie überschätzen wir dieses Thema. Natürlich sind Investitionskosten ein wichtiges Kriterium. Aber warum kaufe ich mir ein teures Auto anstelle eines anderen preisgünstigen Fabrikats, das genauso vier Räder und einen Motor hat und mich von A nach B bringt und wahrscheinlich genauso sicher und ähnlich zuverlässig ist. Ich kaufe es, weil ich damit Emotionen verbinde. Diese Emotionen sind natürlich bei einer Heizung nicht ganz so ausgeprägt. Aber wir haben, vor Jahren bei solarthermischen Systemen gemerkt, dass Hauseigentümer stolz waren, wenn sie ein System auf dem Dach hatten. Sie konnten dem Nachbarn zeigen: ich bin progressiv, ich nutze erneuerbare Energien. Ein Hybridsystem hat aus meiner Sicht ähnliche Potenziale. Es ist etwas, womit sich ein Kunde in Zukunft identifizieren kann.

SBZ: Aber trotzdem: Das Thema ist noch lange nicht vollflächig beim Handwerker und beim Verbraucher angekommen, oder?

Blümel: Man muss bei einer neuen Technologie immer eine gewisse kritische Masse erreichen, damit das Thema Akzeptanz findet. Bei Rotex setzen wir uns auch mit der Fragestellung auseinander, wie wir es für den Handwerker einfach machen, eine so komplexe Technologie zu beherrschen. Das wird in der Zukunft ein großer Schwerpunkt unserer Entwicklungsarbeit sein, diese immer komplexer werdenden Produkte für den Handwerker einfach handhabbar zu machen. Dies fängt an bei der Inbetriebnahme, geht weiter bei der Bedienung des Gerätes. Aber natürlich auch in der Art und Weise, wie ich mit dem Thema Kältekreis umgehe: welche Fähigkeiten ich zum Umgang mit Kältemitteln haben oder auch nicht haben muss. Hier könnten Monoblocks zukünftig ein stärkeres Gewicht bekommen. Das Wichtige ist, dass wir dem Handwerker das Vertrauen geben müssen, dass er auf bewährte Technologien setzt und diese einfach beherrschen kann.

SBZ: Welche Aufgaben sehen Sie im Handwerk, was das Verbreiten und Streuen des Themas Wärmepumpe angeht?

Blümel: Verbreiten und Streuen des Themas Wärmepumpe ist aus Rotex Sicht heute nicht mehr der limitierende Faktor. Die Wärmepumpe ist mittlerweile aus meiner Sicht eine akzeptierte Technologie. Jeder, der in der Nachbarschaft einen Neubau hat, sieht, dass in aller Regel kein Schornstein mehr auf dem Dach ist.

Wir stellen viel stärker in den Vordergrund, dass die Wärmepumpe keine reine Effizienztechnologie, sondern vielmehr auch eine Komforttechnologie ist. Ich glaube, dass die Wärmepumpe Argumente bietet, die wir bisher zu wenig nutzen. Beispielsweise den Nutzen, auch im Sommer kühlen zu können. Aber hier sind natürlich auch wir als Hersteller sehr stark gefragt, dem Heizungsbauer diese Argumente an die Hand zu geben.

SBZ: Bilden Sie das Handwerk im Bereich Verkaufen bzw. Argumente-pro-Wärmepumpe in irgendeiner Weise fort?

Blümel: Das ist Bestandteil all unserer Schulungen. Schulungen mit dem Handwerk sind in aller Regel fokussiert auf den technischen Aspekt. Wir halten uns aber immer vor Augen, dass der Handwerker ja verkaufsaktive Zeit bei uns investiert. In Schulungen, die er bei uns wahrnimmt, ist es für ihn wichtig, dass er mit technischem Mehrwissen das Haus verlässt. Für uns zählt aber auch, dass er den verkäuferischen Aspekt wahrnimmt. Dass er die Chance hat, statt eines Brennwertgeräts eine Wärmepumpe zu verkaufen, die ihm zusätzliches Umsatzpotenzial bietet. In aller Regel muss der SHK-Handwerker drei bis vier Brennwertgeräte verkaufen, bis er den Wert einer Wärmepumpe verkauft hat.

Gleichzeitig merken wir, dass Endkunden durchaus bereit sind, dieses Geld zu investieren. Und zwar dann, wenn sie verstehen, dass sie wirklich einen Mehrnutzen haben. Dieser hat eben verschiedene Aspekte: Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit, aber auch den angesprochenen Komfort. In unserem Fall haben wir zusätzlich noch den Pluspunkt, dass wir ein kompaktes Gerät bieten, das im Haus des Kunden wenig Platz braucht. Wir nehmen weniger Raum in Beschlag: ein wichtiger Mehrnutzen, gerade im Neubau.

SBZ: Würden Sie sich darüber hinaus Zugkräfte ordnungspolitischer oder steuerlicher Art wünschen?

Blümel: Es ist wichtig, nicht zu viel Zickzack zu fahren. Sobald steuerliche Instrumente ins Spiel kommen, ist die Gefahr groß, dass die Zugkräfte sehr temporär sind. Die Ordnungspolitik wirkt langfristiger. Was wir beim Fernseher, beim Auto oder auch beim Neubau gemerkt haben ist, dass konsequente, aber auch mit Augenmaß ausgeführte Ordnungspolitik nach meiner Einschätzung zu guten Erfolgen führt. Sie hilft uns allen, das technische Niveau anzuheben. Insofern ist das ein gutes Instrumentarium. Wir dürfen natürlich nicht in die Situation kommen, dass unsere Kunden das Gefühl haben, dass sie bevormundet werden. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass heute jeder sparsame LED-Birnen verwendet oder dass unsere Fernseher auch im Stand-by-Betrieb kaum noch Energie verbrauchen. Das alles war nicht Kundenwunsch. Das war durch gut gesetzte Rahmenbedingungen getrieben und trotzdem geht der Fernsehermarkt nicht zugrunde. Das gleiche gilt für unsere Heizungen.

SBZ: Wieso stagnieren wir trotzdem immer noch bei knapp 60 000 verkauften Anlagen und sind nicht lange schon bei deutlich mehr?

Blümel: Im Moment müssen wir akzeptieren, dass sich der Heizungsmarkt verschiebt. Sie sehen das an den Einzelsegmenten. Nach wie vor haben die geothermischen Erdwärmeanlagen einen sehr schweren Stand und verlieren weiterhin an Bedeutung. Sie bieten zwar hocheffiziente Lösungen, sind aber gleichzeitig mit einem sehr hohen Investment für den Kunden verbunden. Alles, was Luftwärmepumpen angeht, zeigt ein stabiles und deutliches Wachstum. Weil die Technologie sich auf ein Niveau entwickelt hat, bei dem wir hohe Effizienzwerte erreichen können. Im Neubau sind die Rahmenbedingungen so, dass man an einer Wärmepumpe kaum noch vorbei kommt.

Es gibt also sowohl positive wie auch negative Effekte, die in der Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führen. Aber im Segment Neubau spüren wir ein deutliches Wachstum der Wärmepumpe. In der Modernisierung steht dagegen der bereits angesprochene Effekt steigender Stromkosten bei fallenden fossilen Preisen. Das macht es im Moment etwas schwierig. Wer hätte denn vor drei Jahren noch gedacht, dass Ölkessel 30 % Wachstum verzeichnen?

SBZ: Aber trotzdem verkaufen Sie lieber Wärmepumpen?

Blümel: Wir haben gute Produkte auf der Wärmepumpenseite und wir haben die Möglichkeit, unseren Kunden in der Umstellungsphase von fossil auf Wärmepumpen zu helfen. Hier hat Rotex eine ausgewiesene Expertise und der Erfolg zeigt uns, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Das bedeutet aber nicht, dass wir deswegen nicht andere Produkte ebenso gerne verkaufen.

SBZ: Was schätzen Sie, wie lange braucht das Thema Hybrid, bis es sich in der Altbausanierung durchgesetzt hat?

Blümel: Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten fünf Jahren eine allgemein akzeptierte Technologie sein wird. Hybrid ist aus meiner Sicht die Brückentechnologie in der Modernisierung.

SBZ: Wo werden eigentlich die Rotex-Wärmepumpen entwickelt und gebaut? Gibt es da schon Berührungspunkte zur Rotex-Brennertechnik?

Blümel: Wir entwickeln Produkte in der Daikin-Gruppe immer regional, weil sich gerade im Heizungsbereich die Anforderungen lokal unterscheiden. Amerika ist komplett anders als Europa und innerhalb Europas haben z. B. Italien, Frankreich und Deutschland jeweils andere Anforderungen. Deshalb entwickeln wir unsere Rotex-Wärmepumpen hauptsächlich in Güglingen, aber in Kooperation mit anderen Entwicklungszentren der Gruppe. Wir arbeiten eng mit unseren Kollegen im Entwicklungszentrum im belgischen Oostende zusammen und kooperieren mit Japan. Wir konzentrieren uns auf die Warmwasserseite und die Hydraulik zum Heizungswasser. Diese Bereiche entwickeln wir auf europäischem Niveau in Deutschland. Die Entwicklungsführung für diese Projekte liegt ausschließlich hier.

SBZ: Wir sprechen also von deutschem Know-how angereichert durch Daikin-Fachwissen?

Blümel: Ich würde sagen, das ist internationales Know-how. Wir sind eine globale Gruppe und jeder steuert Wissen hinzu. Wir haben vier verschiedene Entwicklungszentren in Europa. In diesen sind wir zuständig für alles, was die Warmwasserseite angeht. D. h. vom Warmwasserspeicher bis hin zu den Hydraulikgruppen. Wir sind außerdem verantwortlich für die Verbrennungstechnik insbesondere bei den Ölkesseln, für die Solarthermie und für alles, was Fußbodenheizung angeht. Insofern haben wir hier für die Heizungstechnik eine starke Rolle innerhalb der Daikin Europe Organisation und bestimmen stark die Entwicklung.

Info

Anbieter kompletter Heizungssysteme

Rotex Heating Systems wurde 1973 gegründet. Das Unternehmen mit Stammsitz in Güglingen (bei Heilbronn) hat sich vom reinen Kunststoffverarbeiter zum Anbieter kompletter Heizungssysteme für Neubau und Modernisierung entwickelt. Der Hersteller beschäftigt ca. 260 Mitarbeiter in den Geschäftsfeldern Wärmepumpe, Öl- und Gasbrennwertkessel, Wärmespeicher, Solarsysteme, Wärmeverteilung / Fußbodenheizungen, Heizöllagertanks und Regenwasserspeicher. Die Rotex Heating Systems GmbH ist seit 2008 eine 100 %ige Tochter der Daikin Europe NV und somit Mitglied der Daikin-Gruppe, des laut eigenen Angaben weltweit führenden Herstellers und Anbieters von Anlagen zur Heizung, Lüftung und Klimatisierung.