
Stiebel Eltron
Der Heizungshersteller Stiebel Eltron setzt traditionell voll auf die Wärmepumpe – und ist damit vom Markteinbruch Ende 2023 besonders hart getroffen worden. Trotzdem präsentierte sich das Unternehmen auf der ISH 2025 selbstbewusst mit einem runderneuerten Produktportfolio. Was die Branche jetzt von der Politik braucht, darüber sprach Tim Geßler aus der Redaktion Wärmewende für die SBZ mit dem Geschäftsführer Vertrieb und Marketing Heinz-Werner Schmidt.
SBZ: Herr Schmidt, dass der Wärmepumpen-Markt weiterhin schwierig bleibt, ist kein Geheimnis. Immerhin gibt es mit dem steigenden Marktanteil im ersten Halbjahr positive Signale. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?
Heinz-Werner Schmidt: Wir hatten uns vom Start der neuen Bundesregierung eigentlich einen echten Aufbruch erhofft. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre, in denen politische Eingriffe in den Wärmemarkt oftmals nicht die gewünschte Wirkung hatten, war unsere Erwartung, dass es nun einen klaren, stringenten Plan gibt, der die europäischen Klimaziele verständlich herunterbricht – für die Branche und vor allem auch für die Endverbraucher. Entscheidend wäre, dass die politischen Vorgaben nachvollziehbar sind und Orientierung geben.
Die Realität sieht leider anders aus. Zumindest einige Aussagen von politischen Entscheidungsträgern lassen befürchten, dass das notwendige Verständnis für die Zusammenhänge und die technischen Fakten im Wärmemarkt nicht in dem Maße vorhanden ist, wie wir es uns erhofft hatten.
Unter dem Schlagwort der sogenannten ‚Technologieoffenheit‘ wird beispielsweise weiterhin die Gas-Brennwerttechnik kombiniert mit Solarthermie ins Spiel gebracht. Doch weder lässt sich damit eine echte Dekarbonisierung erreichen, noch ist es realistisch, dass Verbraucher diese Kombination als zukunftsfähige Lösung ansehen.
Aus unserer Sicht führen die aktuellen politischen Signale daher leider nicht entscheidend in die richtige Richtung. Statt Orientierung und Planungssicherheit für die Wärmewende zu schaffen, werden erneut Zweifel gesät. Das macht die ohnehin schon schwierige Marktsituation für Wärmepumpen nicht leichter.
„Die Wärmepumpe wird den Gas-Brennwertkessel als Standard-Wärmeerzeuger ablösen.“

BDH
SBZ: Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den nächsten zwei Jahren im Heizungsmarkt?
Schmidt: Im ersten Halbjahr 2025 hatte die Wärmepumpe einen Anteil von etwa 47 % am gesamten Heizungsmarkt und lag damit erstmals vor dem Gas-Heizkessel. Das ist für uns eine gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Das erste Quartal war insgesamt eines der schwächsten der letzten zehn Jahre – sowohl im Neubau als auch in der Sanierung ist der Wärmeerzeuger-Markt ins Stocken geraten.
Die Prognosen der Industrieverbände gehen für 2025 von einem weiteren Rückgang des Gesamtmarkts um bis zu 13 % aus. Bei rund 618.000 Heizgeräten rechnen wir mit einem Wärmepumpenabsatz zwischen 250.000 und 290.000 Stück – eine Größenordnung, die immerhin über unseren Erwartungen liegt.
Für die kommenden Jahre bin ich optimistisch. Das Bewusstsein der Kunden für Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von fossilen Energien wächst. Technisch sind wir heute so weit, dass wir auch im Bestand hohe Vorlauftemperaturen erreichen und eine hohe Effizienz sicherstellen können. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Wärmepumpe den Gas-Brennwertkessel auf Dauer als Standard-Wärmeerzeuger ablösen wird.
Für 2026 rechne ich mit einer leichten Markterholung. Entscheidend ist, dass die Förderkulisse und die Preisrelation zwischen Strom und Gas so gestaltet bleiben, dass die Wärmepumpe wirtschaftlich attraktiv ist – dann wird sie sich weiter durchsetzen.
„Wenn die Leute wieder in Richtung Gas gedrängt werden, dann läuft etwas falsch.“

Stiebel Eltron
SBZ: Die Heizungshersteller haben sich weitgehend geschlossen zur Wärmepumpe als führende Heiztechnik bekannt. Was braucht die Branche jetzt?
Schmidt: Ich würde mir wünschen, dass die Regierung sich im Gegenzug klar dazu bekennt, an der Heizungsförderung festzuhalten. Ich sehe nicht, wie wir die Klimaziele ohne dieses Instrument einhalten können. Zumal wir ja auch an die europäischen Vorgaben gebunden sind. Das Rad zurückzudrehen, ist hier keine Option.
Genauso wichtig ist für mich, dass wir die Energiepreise in den Griff bekommen. Strom muss im Verhältnis zu Gas wettbewerbsfähig werden. Mein Kollege Dr. Kai Schiefelbein hat mal gesagt, bei einem Verhältnis über 3:1 bewegen wir uns mit der Wärmepumpe in der wirtschaftlichen Todeszone.
Und da sind wir heute noch. Wir haben in den letzten Jahren technisch enorme Effizienzsteigerungen erreicht. Wenn diese durch eine falsche Preispolitik zunichtegemacht werden und die Leute wieder in Richtung Gas gedrängt werden, dann läuft etwas falsch.
Ich erinnere mich noch an eine Aussage von Jens Spahn beim letzten Forum Wärmepumpe. Er brauche keine Produkte, die nur mit Förderung am Markt bestehen können. Dem würde ich entgegnen, dass sich Gas gar nicht rechnen würde, wenn man alle politisch gesetzten Preisfaktoren außen vorließe oder gar die gesellschaftlichen Folgekosten des CO2-Ausstoßes realistisch einpreisen würde.
Deshalb brauchen wir dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine faire Preisgestaltung, damit sich effiziente Technologien, die immense Mengen CO2 einsparen - wie die Wärmepumpe - durchsetzen können.
„In Märkten, in denen die Strom- und Gaspreise zugunsten der Wärmepumpe wirken, funktioniert der Umstieg von allein.“

Stiebel Eltron
SBZ: Stiebel Eltron plädiert dafür, die Heizungsförderung zukünftig degressiv zu gestalten, sofern sich die Strompreise auf dem richtigen Niveau bewegen. Welche Beweggründe stecken dahinter?
Schmidt: Es ist allgemein bekannt, dass Förderprogramme – egal, wie sie politisch gestaltet sind – immer auch kritisch gesehen werden können. Förderprogramme haben immer sowohl Vor- als auch Nachteile.
Ich hätte mir von Anfang an einen stärker einkommensabhängigen Ansatz gewünscht. Über die Finanzämter liegen der Bundesregierung die Steuerbescheide vor – man hätte also problemlos ein Fördermodell aufsetzen können, das soziale Ungleichheit viel feiner ausgleicht. Wer wirklich einen höheren Förderbedarf hat, sollte nicht ausgegrenzt werden, während andere sich die Anlage auch mit einem geringeren oder sogar ohne Zuschuss leisten können.
Grundsätzlich gilt: Wenn wir es schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wärmepumpe über die Energiepreise darzustellen, brauchen wir auf lange Sicht keine zusätzlichen Förderungen. Dann können wir jedem Verbraucher erklären, wann sich seine Investition rechnet.
Das sehen wir auch im europäischen Ausland: In Märkten, in denen Strom- und Gaspreise so austariert sind, dass sie zugunsten der Wärmepumpe wirken – etwa in Schweden –, funktioniert der Umstieg von allein. Allerdings darf man nicht vergessen, dass der Investitionsbedarf bei einem Systemwechsel vom fossilen Brenner zur Wärmepumpe deutlich höher ist als der reine Tausch Wärmepumpe gegen Wärmepumpe.
Es ist nun mal so: Wir erleben gerade einen grundlegenden Wandel in der Heizungstechnik, wie er – wenn überhaupt – nur alle 50 Jahre mal vorkommt. Dieser Wandel ist zwingend notwendig. Da ist es unvermeidlich, dass in der Übergangszeit – die sicher noch einige Jahre andauern wird – der Staat mit entsprechender Unterstützung dafür sorgen muss, dass die Bürgerinnen und Bürger den Wandel mitmachen.
„Statt neuer Unsicherheit brauchen wir ein klares Bekenntnis zur Wärmepumpe.“
SBZ: Bis der Umstieg von alleine funktioniert, wird es wohl noch etwas dauern. Was würde aus Ihrer Sicht sofort helfen?
Schmidt: Wir brauchen endlich Klarheit von der Politik – und zwar jetzt. Unsere internen Herausforderungen haben wir gemeistert. Wir wissen, was wir tun. Das gilt nicht nur für Stiebel Eltron, das fordern auch der BDH und andere Branchenakteure. Stiebel Eltron hat wie die gesamte deutsche Heizungsindustrie nicht nur versprochen, sondern auch geliefert und den von der Politik gewünschten Kapazitätsaufbau vorangetrieben. Im Gegenzug ist die Politik jedoch die Einlösung Ihrer Versprechen noch immer schuldig.
Und ich würde mir wünschen, dass die Politik den Menschen unmissverständlich sagt: ‚Wer jetzt eine Wärmepumpe kauft, macht nichts falsch.‘ Dieses Signal fehlt. Statt immer neue Unsicherheit zu erzeugen, brauchen wir ein klares Bekenntnis zur Wärmepumpe.
SBZ: Herr Schmidt, vielen Dank für Ihre Einschätzung der aktuellen Marktsituation.
Der zweite Teil des Interviews erscheint bald auf www.sbz-online.de und beschäftigt sich damit, wie Stiebel Eltron auf den Einbruch im Wärmepumpenmarkt Ende 2023 reagiert hat. Das Unternehmen wurde besonders hart getroffen, hat sich mittlerweile aber neu aufgestellt.
Heinz-Werner Schmidt (Jahrgang 1961) ist seit September 2023 Geschäftsführer Vertrieb & Marketing der Stiebel Eltron-Gruppe. Zuvor war er CEO von BDR Thermea Deutschland und verantwortete dort alle in Deutschland vertretenen Marken wie Brötje, Remeha und Senertec. Frühere Stationen führten ihn in leitende Positionen bei Nibe, Neura und Uponor.
Innerhalb der Stiebel Eltron-Gruppe war Schmidt bereits von 2009 bis 2014 Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Tecalor. Seit 2023 ist er im Vorstand des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH) vertreten, seit 2024 zusätzlich als Vorsitzender des Fachverbandes Elektro-Hauswärmetechnik im Vorstand des ZVEI. Zuvor war er 19 Jahre Vorstandsmitglied im Bundesverband Wärmepumpe BWP.