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Gebäudeenergiegesetz

Vorschlag für ein effektiveres Gebäudeenergiegesetz

Gestaffelte Emissionsgrenzwerte könnten den CO2-Ausstoß von Gebäuden relativ einfach reduzieren. Ein Impuls für die Wärmewende von Nicholas Matten.

Für alle Gebäude kann man über den CO2-Ausstoß je m2 Wohnfläche pro Jahr Emissionsgrenzwerte vorgeben. Anschließend wird der zulässige Wert in Etappen immer weiter abgesenkt und auf das reduziert, was technisch umsetzbar ist.

Frank – stock.adobe.com

Für alle Gebäude kann man über den CO2-Ausstoß je m2 Wohnfläche pro Jahr Emissionsgrenzwerte vorgeben. Anschließend wird der zulässige Wert in Etappen immer weiter abgesenkt und auf das reduziert, was technisch umsetzbar ist.

Seit der Flüchtlingskrise 2015 erregt keine Debatte die Gemüter so sehr wie die um das Gebäudeenergiegesetz, kurz GEG (oft fälschlicherweise als „Heizungsgesetz“ bezeichnet). Die öffentlich geführte Diskussion geht mit ihrer Aufgeregtheit immer mehr am eigentlichen Thema vorbei; anstatt über Fakten und mögliche Lösungen zu sprechen, reicht das Spektrum von der Diffamierung des politischen Gegners auf der einen bis zum Festhalten an ideologischen Positionen auf der anderen Seite.

Auch wenn das Gesetz jetzt die parlamentarische Abstimmung durchläuft und parallel dazu der Gesetzesvorschlag zur Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz - WPG) vorliegt, bleibt es ein regulatorischer Flickenteppich.

Es geht nicht um Technologien, sondern um den Klimaschutz

Es wäre gut, wenn man sich wieder auf das besinnt, worum es wirklich geht: die Emissionen im Gebäudebereich zu senken und nicht um eine oft fadenscheinige Diskussion über Technologien! Schließlich tragen Gebäude mit 30 % zu den gesamten Emissionen und mit 35 % zum gesamten Energieverbrauch bei.

Dabei darf man sich nicht vor der Realität des bereits Machbaren verschließen oder unter dem irreführenden Begriff „Technologieoffenheit“ auf Lösungen warten, die nicht bezahlbar sein werden (Stichwort: grüner Wasserstoff). Es geht vielmehr darum, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln, schnell die Emissionen im Gebäudebereich über die kommenden 22 Jahre bis zum Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 abzusenken.

„Der aktuelle Ansatz im GEG - mit vielen Ausnahmen und ungelösten Fragen - droht an der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung und der Komplexität in der Praxis zu scheitern.“ Nicholas Matten

Matten

Der aktuelle Ansatz im GEG, wonach jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 % erneuerbarer Energie betrieben werden muss - mit vielen Ausnahmen und ungelösten Fragen - droht weiterhin an der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung und der Komplexität in der Praxis zu scheitern. Und ob das Gesetz einer neuerlichen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Stand hält, ist ebenso fraglich. Es wäre daher angebracht, sich neu zu besinnen, und das Gesetz deutlich zu vereinfachen.

Einfacher Vorschlag: Im GEG den CO2-Ausstoß regulieren

Ein Ansatz dabei ist über den CO2-Ausstoß je m2 Wohnfläche pro Jahr Klimaschutzziele vorzugeben. Für alle Gebäude kann man Emissionsgrenzwerte vorgeben, wobei ältere Gebäude als Ausgangspunkt einen höheren Grenzwert erhalten dürfen. Anschließend wird der zulässige Wert in Etappen immer weiter abgesenkt und auf das reduziert, was technisch umsetzbar ist, bis das Ziel 2045 der Klimaneutralität erreicht wird.

Ein ähnliches Prinzip hat die EU mit der sogenannten F-Gase-Verordnung erfolgreich umgesetzt. Ob die Grenzwerte durch den Tausch der Heizung, ein geändertes Verbrauchsverhalten, eine Fassadendämmung oder andere Möglichkeiten erreicht werden, kann der Gesetzgeber offenlassen. Jeder darf selbst entscheiden.

Auf diesem Weg bekäme man einen Fahrplan, der Besitzern und Bewohnern von Immobilien Zeit gibt, sich auf das einzustellen, was zwangsweise kommen wird. Dass bei Gebäuden mit einer schlechteren Energieeffizienz viel mehr getan werden muss als bei Effizienteren, liegt auf der Hand. Über sinnvolle Förderprogramme und Besteuerung der Energiearten gemäß ihrer Klimabilanz kann der Staat Anreize schaffen, diese Investitionen anzustoßen. Und wer die Emissionsvorgaben nicht einhält, müsste mit einer Strafe rechnen.

„Eine einfache Lösung ist es, den CO2-Ausstoß je m2 Wohnfläche pro Jahr vorzugeben. Wie die Grenzwerte eingehalten werden – Heizungstausch, Fassadendämmung etc. – darf dann jeder selbst entscheiden.“ Nicholas Matten

Matten

Das durch Steuer- und Strafzahlungen eingesammelte Geld sollte in einen Klimaschutzfonds fließen, mit denen die notwendigen Investitionen teilfinanziert oder als Energiegeld vor allem an einkommensschwache Haushalte ausgeschüttet werden, so wie es manche Länder schon machen.

Für den Ansatz des CO2-Ausstoßes pro m2 bräuchte man nicht einmal neue Erfassungsmethoden: über die Art der Energie (Öl, Gas, Strom etc.) und die jährliche Nebenkosten- beziehungsweise Verbrauchsabrechnung kann man über die CO2-Äquivalente der einzelnen Energiearten in einfacher Näherung ermitteln, wieviel CO2 ein Haushalt emittiert.

Alle notwendigen Technologien sind vorhanden

Wir sind in der glücklichen Lage, dass heute schon die Technologien industriell verfügbar sind, um alle Gebäudearten klimaneutral zu heizen - von Biomasse über Wärmepumpen bis hin zu dekarbonisierten Nah- und Fernwärmenetzen. Im Ein- und Zweifamilienhaus wird sich die Wärmepumpe als Standard durchsetzen, auch bei weniger energieeffizienten Bestandsgebäuden. Bei Mehrfamilienhäusern wird es die Mischung aus Wärmepumpen und Nah- bzw. Fernwärme werden.

Die Gebäudedämmung wird einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs leisten, egal wie geheizt wird. Der konsequente Einsatz dieser vorhandenen Technologien wird dazu beitragen, dass Deutschland seine fossilen Energieimporte reduzieren kann.

Man muss dafür nicht auf den wunderbaren, grünen Wasserstoff warten, der knapp und damit teuer bleiben wird und bei der Herstellung sehr viel erneuerbare Energie verbraucht und daher keine wirtschaftliche Alternative bietet.

Den grünen Strom in direkt elektrifizierte Anwendungen einzusetzen ist immer deutlich effizienter. Und ob die oft erwähnten hybriden Lösungen, also die Kombination aus Wärmepumpe und Gastherme, mehr sein werden, als nur eine Übergangstechnologie, bleibt abzuwarten.

Die deutschen Heizungshersteller, führend in Europa, sind bereit und technologisch in der Lage, die notwendigen Schritte in Richtung Klimaneutralität im Gebäudebereich zu ermöglichen. Die Frage ist also nicht eine der technischen Machbarkeit, sondern der Wirtschaftlichkeit und des Willens.

„Wir scheitern bei der Wärmewende nicht an ‚fehlender Technologieoffenheit‘ oder Kapazitäten, wir scheitern an fehlenden, klaren und langfristig verbindlichen Rahmenbedingungen.“ Nicholas Matten

Matten

Klimaneutralität - eine Frage der Wirtschaftlichkeit und des Willens

Das unterscheidet den Gebäudesektor von den anderen wie Industrie, Energie und Verkehr, wo heute viele Fragen noch offen sind. Wir scheitern bei der Wärmewende nicht an „fehlender Technologieoffenheit“ oder Kapazitäten, wir scheitern an fehlenden, klaren und langfristig verbindlichen Rahmenbedingungen. Und das ist die ureigene Aufgabe der Politik.

Anstatt Verbote oder Vorschriften zu einzelnen Technologien zu erlassen, müssten Vorgaben für zulässige Emissionen über den gesamten Zeitraum bis 2045 vorgegeben werden. Diese müssen über mehrere Legislaturperioden verbindlich bleiben und nicht schutzlos der nächsten, ideologisch motivierten Gesetzesnovellierung ausgesetzt sein. Hier sind alle demokratischen Parteien aufgefordert, ihren Beitrag auf der Grundlage fachlicher Argumente zu leisten.

Nur dann besteht Investitionssicherheit und -bereitschaft und die Chance auf eine gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende. Wir brauchen einen breiten Konsens, um die Technologien, die wir heute schon haben, in einen schnellen, aber auch gleichzeitig pragmatischen Rollout zu bringen.

Perspektive: Die Energiewende als Exportmodell

Wenn man Klimaschutz ernst nimmt, muss im Gebäudesektor viel passieren - und es wird sehr viel Geld kosten. Es geht aber nicht nur um den Klimaschutz: der barbarische Krieg Russlands gegen die Ukraine zeigt deutlich auf, dass wir unsere fossilen Energieimporte reduzieren müssen; auf null bringen ist, Stand heute, leider nicht realistisch.

Wenn wir es für uns hinbekommen, können wir unser Beispiel und unsere Produkte in andere Teile der Welt exportieren! Und dieses Geschäftsmodell war lange Jahre die Stärke Deutschlands - warum nicht auch bei der Energiewende?

Autor

Matten

Dr. Nicholas Matten war von August 2016 bis Juli 2022 einer der Gruppengeschäftsführer bei Stiebel Eltron, zuständig für die Bereiche Vertrieb, Marketing und Finanzen. Während dieser Zeit war Dr. Matten Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Der promovierte Maschinenbauingenieur arbeitet heute als freier Berater für Unternehmen im Heizungs- und Energiesektor.