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Bohrungen sicher verfüllen

Die Planung und Errichtung einer Erdwärmeanlage ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Hier sind erfahrene Spezialisten gefragt, die ihr Handwerk verstehen und über eine entsprechende Zertifizierung nach dem Arbeitsblatt DVGW W120-2 einer akkreditierten Zertifizierungsstelle verfügen. Dass ausschließlich hochwertige Materialien verwendet werden, versteht sich von selbst. Schließlich soll die Erdwärmesonde das Gebäude für die nächsten 100 Jahre im Winter mit nachhaltiger Wärme versorgen und im Sommer effizient kühlen. Wie wichtig die sorgfältige Prüfung der Standortbedingungen und der geologischen Gegebenheiten vor Ort sowie eine qualitativ hochwertige und fachgerechte Ausführung der Arbeiten sind, haben eine Reihe von Schadensfällen im Zusammenhang mit der Erstellung von Erdwärmesonden gezeigt, insbesondere in Baden-Württemberg in den Jahren 2008 bis 2011. Das Umweltministerium des Landes hat infolge dieser wenigen, aber zum Teil gravierenden Schadensfälle eine Reihe von Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die Erstellung von Erdwärmesonden erlassen, die in den seit November 2011 geltenden „Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden“ (kurz LQS EWS) festgeschrieben sind.

Suspensionsverluste erkennen

Zu den wichtigsten Vorgaben zählt eine Bohrtiefenbeschränkung in festgelegten Anhydrit führenden Formationen, um Schadensfälle durch das Aufquellen von Anhydrit auszuschließen. Weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden routinemäßig auf der Baustelle ausgeführt, wie die Dichtebestimmung sowie die Bestimmung der Viskosität der angemischten Suspension zur Verfüllung des Ringraums. Der Ringraum, also der nach Einbau der Erdwärmesonde verbleibende Raum zwischen Erdwärmesonde und Bohrlochwand, wird mit dieser speziellen Baustoffsuspension im Kontraktorverfahren verfüllt, d. h. die Öffnung des Verfüllschlauchs befindet sich stets unterhalb des Suspensionsspiegels. Standardmäßig wird der Ringraum so lange mit der Baustoffsuspension verfüllt, bis das Material an der Oberfläche mit der gleichen Dichte austritt mit der es eingebracht wurde. Eine Bestimmung der Dichte des austretenden Materials stellt sicher, dass der Verfüllvorgang erst beendet wird, wenn das unverdünnte Material die Oberfläche erreicht.

Besonders in klüftigen und durch Verkarstung geprägten Gebieten kann es während des Verfüllvorgangs zu Suspensionsverlusten kommen. Der Suspensionsspiegel steigt in einem solchen Fall im Bohrloch mit fortlaufendem Suspensionseintrag nicht kontinuierlich an, sondern die Suspension sucht sich ihren Weg in Klüfte und durch Verkarstung hervorgerufene Hohlräume im Untergrund. Diese Verlusthorizonte können beträchtliche Mengen an Material aufnehmen, ohne eine Erfassung des Suspensionsspiegels wird die Bohrmannschaft den Suspensionsverlust in der Regel nur mit einer signifikanten zeitlichen Verzögerung bemerken. Eine bereits seit 2011 bestehende Forderung der LQS EWS (die im Mai 2015 verpflichtend eingeführt wurde) sieht den Einsatz eines Systems zur Erfassung des Suspensionsspiegels während der Ringraumverfüllung vor.

Der Abdichtungsvorgang ist demnach im Bohrloch automatisch vom tiefsten Punkt des Bohrlochs aufwärts zu überwachen und zu dokumentieren. Dabei sind der Baustoffsuspensionsspiegel und das Volumen der eingebrachten Suspension über Zeit und Tiefe kontinuierlich zu messen, elektronisch aufzuzeichnen und grafisch darzustellen. Die geforderte Genauigkeit, mit der der Suspensionsspiegel erfasst werden muss, beträgt +/– 2m. Laut Aussage des Umweltministeriums Baden-Württemberg stehen seit Anfang 2015 drei Systeme am Markt zur Verfügung, die die Anforderungen an eine automatische Überwachung des Abdichtungsvorgangs nach den Leitlinien der Qualitätssicherung erfüllen (siehe Kasten).

Automatische Dokumentation

Während des Verfüllvorgangs wird der Bohrgeräteführer durch den Einsatz eines der genannten Systeme in die Lage versetzt, Verlusthorizonte frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um Suspensionsverluste zu minimieren. Das System CEM Trakker bietet zudem die Möglichkeit, nach Abschluss der Ringraumverfüllung das Profil der gesamten Bohrung noch einmal abzufahren und eine durchgehende Messung über das gesamte Bohrprofil durchzuführen, da sie innerhalb der Erdwärmesonde bewegt wird. Dies ist auch nach längeren Zeiträumen noch möglich, sofern die Erdwärmesonde für die Befahrung mit der Messsonde zugänglich ist. Bei den Systemen, die den Messsensor im Ringraum bewegen, ist eine nachträgliche Messung durch das Aushärten der Verfüllsuspension nicht möglich. Durch das zeitnahe Erkennen von Verlusthorizonten können frühzeitig geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Unnötige Verluste der Baustoffsuspension können vermieden werden. Das Potenzial der Systeme lässt sich insbesondere in solchen Gebieten voll nutzen, in denen anspruchsvolle geologische Verhältnisse vorherrschen, also beispielsweise Klüfte und Auslaugungshorizonte den Verfüllvorgang kompliziert machen und erschweren. Neben den zusätzlichen Informationen, die die Systeme den Bohrmannschaften während ihrer Arbeit liefern, sorgt die automatische Dokumentation des Verfüllvorgangs dafür, dass die ausgeführten Arbeiten detailliert und kontinuierlich elektronisch aufgezeichnet werden. Sowohl das Volumen der eingebrachten Suspension als auch der Suspensionsspiegel über Zeit und Tiefe werden erfasst. Die Systeme bieten eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation. Für den Auftraggeber, sei es der Bauherr, ein Planungsbüro oder der SHK-Handwerker, der die Planung der Heizungsanlage und die Installation der Wärmepumpe übernimmt, werden die ausgeführten Arbeiten nachvollziehbar. Das Bohrunternehmen kann sich mit einer sauberen Dokumentation gegen unberechtigte Ansprüche schützen und nachweisen, dass die Arbeiten wie beauftragt ausgeführt wurden.

Mit der verpflichtenden Einführung der automatischen Dokumentation der Verfüllarbeiten entfällt die Pflicht, diese von einem externen Sachverständigen überwachen zu lassen. Sollte der Sachverständige allerdings feststellen, dass das Gerät zur automatischen Abdichtungsüberwachung nicht funktionsfähig ist, hat er in Gebieten mit schwierigen geologischen und hydrogeologischen Untergrundverhältnissen die Arbeiten zur Ringraumverfüllung auch weiterhin zu überwachen. Als neue Aufgabe haben die Sachverständigen in schwierigen geologischen und hydrogeologischen Gebieten die von der Bohrfirma interpretierten Messprotokolle zur automatischen Abdichtungsüberwachung anhand der vorgenommenen Untergrund- und Grundwasseransprachen zu plausibilisieren.

Einsatz in Baden-Württemberg verpflichtend

Den Vorteilen der Technik stehen beträchtliche Investitionskosten gegenüber. Die Bohrunternehmen in Baden-Württemberg waren gezwungen, hohe Kosten auf sich zu nehmen, um weiterhin Erdwärmebohrungen ausführen zu können. Gerade für kleinere Bohrunternehmen, die ihren Arbeitsschwerpunkt nicht im Bereich der Erdwärmebohrungen haben, sind entsprechende Investitionen nicht ohne Weiteres machbar.

Die Pflicht zum flächendeckenden Einsatz der Systeme in Baden-Württemberg besteht nun seit etwa einem Jahr. Der bereits seit Jahren stattfindende, kontinuierliche Lern- und Optimierungsprozess, an dem nicht nur die Anwender, sondern auch die Entwickler und Behörden beteiligt sind, wird voraussichtlich nicht so bald abgeschlossen sein. Dies hat unter anderem der intensive Erfahrungsaustausch zwischen Behörden und Anwendern, Entwicklern und Sachverständigen im Rahmen des am 24. Februar dieses Jahres vom Bundesverband Wärmepumpe BWP organisierten Praxis-Forums Erdwärme in Offenburg gezeigt. Der Einsatz der Systeme wurde von den meisten Teilnehmern als sinnvoller Beitrag zur Qualitätssicherung angesehen. Allerdings hat sich auch herausgestellt, dass die gewonnenen Informationen mit Sachverstand und unter Berücksichtigung der dokumentierten Schichtenabfolge und der lokalen hydrogeologischen Verhältnisse interpretiert werden müssen.

Tipp

Erdwärme wird gefördert

Die Nutzung von Erdwärme kann einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der in Paris vereinbarten Klimaschutzziele leisten. Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks fordert die konsequente Dekarbonisierung des Energieverbrauchs. Insbesondere erdgekoppelte Wärmepumpen gehören zu den effizientesten Heizsystemen. Der Staat fördert die Nutzung von Erdwärme über das Marktanreizprogramm (MAP) mit Zuschüssen. Eine Wärmepumpe mit Erdwärmesonde, die in einem Bestandsgebäude installiert wird, fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über das Programm Basisförderung mit mindestens 4500 Euro.

Für besonders effiziente Anlagen winken mit der Innovationsförderung im Bestand 6750 Euro und für Neubauten 4500 Euro. Ersetzt eine Wärmepumpe mit Erdwärmesonde eine alte, ineffiziente Öl- oder Gasheizung, so erhöht sich der Förderbetrag auf bis zu 9300 Euro.

Info

Qualität bei der Abdichtung

Laut Aussage des Umweltministeriums Baden-Württemberg stehen seit Anfang 2015 drei Systeme am Markt zur Verfügung, die die Anforderungen an eine automatische Überwachung des Abdichtungsvorgangs einer Sondenbohrung nach den Leitlinien der Qualitätssicherung für Erdwärmesonden erfüllen:

Michalik/Messsysteme für die Kontrolle des Abdichtungsvorganges

Das System erfasst den Suspensionsspiegel über zwei Drucksensoren, die in einem festen vertikalen Abstand zueinander an einer Messsonde installiert sind. Die Bestimmung der Druckdifferenz zwischen beiden Sensoren erlaubt eine permanente Anzeige der Dichte des den Sensor umgebenden Mediums. Durch die kontinuierliche Dichtemessung erkennt der Bohrgeräteführer, ob der Sensor von der unverdünnten Suspension, von Grundwasser oder einem Suspensions-Wassergemisch umgeben ist. Die Messsonde kann durch einen Fiberglasstab im Ringraum auf und ab bewegt werden.

Santherr Geothermie Technik/CemTrakker in Verbindung mit einer magnetisch dotierten Baustoffsuspension

Dieses System nutzt die messbare Magnetisierbarkeit des die Erdwärmesonde umgebenden Materials. Um einen deutlichen Signalunterschied zwischen Luft, Wasser und Verfüllsuspension zu erreichen, wird eine magnetisch dotierte Baustoffsuspension verwendet. Die sehr kompakte Messsonde wird innerhalb eines Schenkels der U-förmigen Erdwärmesonde bewegt und nicht im Ringraum, wie bei den beiden anderen Systemen.

Sotronix und Dietrich/Digital Borehole Observation (DBO 3)

Das Messprinzip beruht auf einer Druckmessung durch eine Messsonde, die in die Verpresslanze integriert ist und mit dem Verfüllschlauch im Ringraum zwischen Erdwärmesonde und Bohrlochwand bewegt werden kann. Wird der Drucksensor auf einer konstanten Position gehalten, so erkennt der Bohrgeräteführer bei einer normal verlaufenden Verfüllung an dem angezeigten kontinuierlichen Druckanstieg den Anstieg des Suspensionsspiegels über dem Drucksensor. Ist bei kontinuierlicher Zufuhr der Verfüllsuspension in das Bohrloch kein Druckanstieg messbar, so weist dies auf bestehende Verlusthorizonte in dem entsprechenden Teufenbereich hin.

Autor

Der Geologe Dr. Martin Sabel ist im Bundesverband Wärmepumpe (BWP) für den Bereich Erdwärme zuständig und seit 2014 stellvertretender Geschäftsführer des BWP.www.waermepumpe.de