Der Kunden ist König, er weiß das und nutzt die Situation für sich aus. Was nicht gefällt, wird als Reklamation definiert. Er verlangt immer mehr und der Handwerker sagt meist zu, damit der den Kunden nicht verliert. Wie soll man sich dem Kunden gegenüber verhalten, wenn es sich um eine unberechtigte Reklamation handelt? Rolf Leicher weiß es.
Hat der Kunde immer recht, wenn er sich beschwert? Er reklamiert die Rechnung, sie ist zu hoch, nicht transparent, einzelne Positionen nicht gerechtfertigt. Oder: Das Angebot entspricht nicht seinen Wünschen. Oder: Es hatte Terminprobleme wegen Personalnotstands gegeben. Das sind keinesfalls berechtigte Reklamationen, sondern darin äußert sich die Enttäuschung des Kunden. Zwischen „Enttäuschung“ und „Reklamation“ gibt es einen Unterschied. Hohe Kundenansprüche, die sich nicht erfüllt haben, berechtigen nicht grundsätzlich zur Reklamation.
Den Tatbestand grundsätzlich zu übertreiben und Vergleiche mit anderen Firmen vorzunehmen, ist ein typisches Verhalten des unzufriedenen Kunden. Nur wenige Kunden sind bereit, im Gespräch ihre Meinung zu revidieren. Sie drohen im schlimmsten Fall mit einer kritischen Aussage in einem Bewertungsportal, derzeit die stärkste Trumpfkarte unzufriedener Kunden.
Mit einem Vermerk in der Kundendatei weiß man, wie man sich bei zukünftigen Aufträgen verhalten muss.
Ob berechtigte oder unberechtigte Reklamationen – das Gespräch ist Chefsache. Hier sind Sachbearbeiter überfordert. Bei der Beurteilung des Sachverhalts wird nach Kundenwertigkeit unterschieden. Meist ist man bei den A-Kunden großzügiger, man gibt schneller nach, behandelt den Kunden mit Samthandschuhen. Ein Normalkunde weiß das und kämpft daher verbissen um seine vermeintlichen Rechte. Auch unberechtigte Beschwerden sind eine Chance und ein Kundenbindungstool, wenn man richtig damit umgeht.
Rechnungsreklamationen
Probleme entstehen, wenn die Rechnung wegen Zusatzarbeiten höher ist als der Kostenvoranschlag. Um das zu vermeiden, ist Transparenz angesagt: Noch vor der Ausführung zusätzlicher Arbeiten sollte der Kunde über Mehrkosten informiert werden. Unklarheiten der einzelnen Rechnungspositionen irritieren den Kunden. Das führt zu lästigen Rückfragen und verzögert die Zahlung der Rechnung. Häufig werden bei kleineren Aufträgen keine Angebote gemacht, vor allem wenn der Kunde nicht nach den Kosten fragt. Das erhöht die Anzahl der Rechnungsreklamationen.
Wer mit der Rechnung unzufrieden ist, betreibt negative Mundwerbung. Kunden vergleichen die Stundenlöhne des Anbieters meist schon im Internet. Lohnkosten werden besonders kritisch betrachtet und sie fallen negativ auf, wenn die Stundenanzahl unrealistisch erscheint. Kommt es zur Diskussion mit dem Kunden darüber, sind Ruhe und Gelassenheit gefragt. Wer sich vom Kunden durch die Diskussion provozieren lässt, wird sich falsch verhalten und auch dann nicht recht bekommen, wenn er objektiv im Recht ist.
Wie lehnt man Kundenwünsche ab?
Zustimmen ist meist leichter als absagen. Einen Kundenwunsch zu erfüllen, geht einfacher, als ihn abzulehnen. Wer bei seinem Nein Bedenken hat, kann nichts mehr durchsetzen, wird ausgenutzt. Wer sich die Absage gut überlegt hat, für den gibt es keinen Grund, sie später zu bereuen. Bei Stammkunden kann man sich auf einen Kompromiss einigen, man trifft sich in der Mitte. Das darf nicht zu schnell gehen, sonst meint der Kunde, dass er hätte noch mehr fordern können. Bei Absagen kann sich der Handwerker auch auf Branchengepflogenheiten berufen, darf dann aber nicht in Beweisnot geraten. Kunden wollen das Gefühl haben, recht zu bekommen. Auch wenn jemand nicht recht hat, ist es gut, ihm Verständnis zu vermitteln: „Ich kann Sie verstehen, dasist ärgerlich für Sie. Aber die zusätzlichen Arbeiten, über die wir Sie informiert haben, haben den Rechnungsbetrag erhöht.“
Kunden, die ihre „Reklamation“ durchsetzen wollen, sind meist gut vorbereitet.
Am besten erhält der Kunde so viele Informationen, dass es ihm rational und emotional unmöglich wird, weiterhin seine Forderung aufrechtzuerhalten. Das ist viel wirkungsvoller, als mit der üblichen Kurz-Ablehnung „Tut mir leid“ zu reagieren. Absagen sind immer eine besondere Herausforderung an die kommunikative Kompetenz. Die übliche Floskel „Bitte haben Sie Verständnis, wenn wir auf die volle Zahlung der Rechnung bestehen müssen“ hat an Wirkung verloren. Bitten Sie nicht um das Verständnis des Kunden, sondern haben Sie Verständnis für die Situation des Kunden.
Telefonisch oder schriftlich?
Schriftlich abzulehnen, ist der einfachste Weg, aber nicht immer zielführend. Die telefonische Absage kostet Zeit und Nerven, man setzt sich einer Diskussion aus. Im Dialog ist aber noch eher ein Kompromiss zu finden, Telefonate wirken stärker als Mails. Die telefonische Ab- oder Zusage wird dann schriftlich bestätigt. Das Telefonat kann man kaum vermeiden, weil der Kunde meist gleich anruft, wenn er eine schriftliche Absage erhalten hat.
Druck aushalten
Kunden, die ihre „Reklamation“ durchsetzen wollen, sind meist gut vorbereitet. Sie vergleichen die großzügige Regelung mit ähnlichen Fällen in anderen Firmen und erklären, dass ihre Forderung dem Üblichen entspricht. Unter dem Druck des Kunden wird der Fall zur Reklamation erklärt, nur um Kundenorientierung zu beweisen. Das kann nicht der richtige Weg sein, weil die Forderungen der Kunden dann weiter zunehmen und auch der Eindruck entsteht, dass im Betrieb eben nicht alles perfekt ist.
Mit einem Vermerk in der Kundendatei weiß man, wie man sich bei zukünftigen Aufträgen verhalten muss. Typische Kundenreklamationen lassen sich vermeiden, wenn man Vorkehrungen trifft und dem Kunden alle Informationen liefert, die für ihn wichtig sind. Entscheidend ist auch die Rechtslage: Was ist rechtsverbindlich vereinbart? Wo steht man als Anbieter in der Pflicht? Juristische Auseinandersetzungen gilt es zu vermeiden, es gibt aber Fälle, in denen kein Weg daran vorbeiführt. Man muss auch den Druck des Kunden aushalten können. Es gilt, Ruhe und Gelassenheit zu bewahren. Wer sich über die Kundenforderung aufregt, reagiert meist falsch. Wichtig ist es, Maßnahmen zu treffen, um zukünftige Reklamationen auszuschließen.
Behandlung unberechtigter Reklamationen
R Ruhe bewahren, sich über den Anspruch des Kunden nicht ärgern
E Erklärungshintergrund liefern für die Nichtanerkennung der Reklamation
K Kulanzregelung als Entgegenkommen vorschlagen
L Lösungen für die Zukunft vorschlagen, um Wiederholung zu vermeiden
A Anteilnahme an der Enttäuschung des Reklamierenden äußern
M Mut zu einer Ablehnung haben, zu einem begründeten Nein
A Allgemeine Branchengepflogenheiten erwähnen
T Tatsachen und Meinungen unterscheiden
I Innere Einstellung positiv programmieren
O Objektive Beurteilung des Falls vornehmen
N Negative Übertreibungen des Kunden überhören
Textbausteine für Absagen
„Es ist für Sie sehr unangenehm, einen negativen Bescheid zu erhalten. Wir können Ihre Reklamation aus folgenden Gründen leider nicht anerkennen: ...“
„Wir verstehen, dass Sie jetzt enttäuscht sind, wenn wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Forderungen nicht anerkennen können. Folgende Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt ...“
„In diesem Fall handelt es sich nicht um eine Reklamation. Die Gewährleistungsfrist beträgt … Jahre und ist seit … abgelaufen. Wir möchten den Fall bei Ihnen vor Ort besprechen und finden dann eine Kulanzlösung für….“
„Tastsächlich haben die Arbeiten bei Ihnen länger gedauert als geplant, das ist ärgerlich, auch für uns. Das Überschreiten der Arbeitszeit war durch zusätzliche Arbeiten erforderlich, ist aber kein Grund für eine Reklamation. Wir haben Sie rechtzeitig darüber informiert.“
Absagevarianten
Telefonisch absagen
1. Persönlicher Kontakt
2. Direkte Reaktion
3. Dialogvorteil
4. Schnellste Kontaktmöglichkeit
5. Großer Zeitaufwand
Schriftlich absagen
1. Größere Verbindlichkeit
2. Geschriebenes wird ernst genommen
3. Formulierungen sind nicht spontan
4. Vermeidung von Missverständnissen
5. Keine direkte Reaktion nötig
Autor
Rolf Leicher
ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent.
Bild: Leicher
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