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Was der Boho-Stil im Bad bewirken kann

  • Boho als Einrichtungsstil nutzt leichte, naturnahe Elemente, um ein Bad aufzuwerten.
  • Rattan, Zottelteppich und Makramee sind typische Stilelemente
  • Genauso gut wie helle Naturtöne funktionieren Anthrazit und Terra(kotta) als Wandfarbe.
  • Auffällige Deko-Elemente ­ergänzen das Erscheinungsbild im Bad.
  • Bekannte Boho-Ausprägungen sind Vintage-Boho, Hippie-Chic und Ibiza-Style.
  • Statt üppiger Deko bestimmt den nordischen Boho-Stil eine Reduktion der Accessoires und Farben.
  • Neben Purismus und Landhausstil hat seit geraumer Zeit auch der Boho-Chic seinen festen Platz im Bereich der trendorientierten Inneneinrichtung gefunden. Viele denken bei Boho an den unkonventionellen Hippie-Lifestyle der 1960er-Jahre und liegen damit schon ganz gut. Boho ist individuell, lässig und naturnah.

    Was bedeutet Boho überhaupt?

    Boho passt perfekt zum Megatrend der Nachhaltigkeit. In den Möbelhäusern nannte man den detailreichen Einrichtungsstil zunächst gern „Gipsy“, in Anlehnung an bunte Kleidung, Musik, Tanz und die farbigen Wohnwagen des sogenannten „fahrenden Volkes“. Um aber jeglichen Ansatz einer möglichen Diskriminierung böhmischer bzw. der aus Osteuropa stammenden Volksgruppen auszuschließen, wählte man nach und nach lieber passendere Begriffe, von denen sich Boho durchgesetzt hat. Boho ist alles andere als langweilig und hat auch seinen Weg ins Bad gefunden.

    Woher kommt Boho?

    Paris um 1900: Dort fing die Freigeistbewegung an. Aufständische Maler, Musiker, Philosophen und Dichter nannten sich Bohemiens, wobei der Begriff „Boheme“ auf die böhmischen Ursprünge des Lebensstils zurückführt. In Künstlerkreisen lehnte man sich gegen die Spießbürger und die bürgerliche Mitte auf und wollte der alternativen, ungezwungenen Lebensart auch über Kleidung bzw. Wohnungseinrichtung einen besonderen Ausdruck geben.

    Das Wort und der Stil Boho (englisch: ­Bohemian) funktionieren auch international sehr gut. So gibt es in London einen Ausgeh- und ­Party-Stadtteil Soho und in New York ein beliebtes Soho-Viertel: zwei ganz besondere Gegenden, auf die der Wortklang des Begriffs Boho natürlich anspielt. In Manhattan heißt die Abkürzung SoHo „South of Houston“. Gemeint ist die historische Gegend südlich der kommerziell geprägten Houston Street. Und zwar ist dieses Viertel besonders attraktiv, weil dort weniger die touristische Massenware gehandelt wird, sondern kreative, inhabergeführte Läden zum Stöbern einladen. Verschnörkelte Geländer, gusseiserne Fluchttreppen und Balkone zieren die Fassaden und machen das Viertel malerisch.

    Aber auch hierzulande hat sich die Lebensart der nonkonformen Künstlerkreise in vielen Bereichen eingebürgert: So preisen mittlerweile sogar Hochzeitsplaner Boho-Feste mit zauberhaft lockerer Hippie-Atmosphäre an.

    Was gehört auf jeden Fall dazu?

    Vereinfacht zusammengefasst sind es Rattan, Zottelteppich und Makramee. Aber lassen Sie uns etwas genauer hinschauen. Wesentliche Bestandteile sind Naturmaterialien wie Holz, Leinen und Baumwolle. Aber auch Samt ist beliebt. Und getuftete Textilien mit schönen Schlingenstrukturen, die es auch fürs Bad gibt. Seegras und Wasserhyazinthe werden als geflochtene Natur für Körbe und Lampen verwendet. Lebendige Texturen, Reliefs und bewegte Oberflächen sind wichtiger als ein glatt poliertes Äußeres. Ethno-Elemente und Kolonialmöbel kommen vor, sollten aber nicht zu schwer wirken.

    Rattan und Bambus eignen sich gut für Regale und andere leicht transportierbare Möbel.

    Die Leichtigkeit ist wichtig, da es sich ja ursprünglich um einen Stil für „Umherziehende“ handelt. Rattan und Bambus eignen sich gut für Stand- und Wandregale oder für Möbel. Von Wiener Geflecht durchbrochene Fronten lassen sich gut damit kombinieren. Makramee mit Quasten und Fransen gilt als Erkennungsmerkmal für Boho, sei es als Wandbehang, Kissen oder Blumenampel. Pflanzen von Palmen über Farn bis Kaktus dürfen nicht fehlen. Gern auch ergänzt durch Trockenblumen und -gräser in opulenten Gestecken und Vasen. Auf den ganz speziellen Zottelteppich gehen wir später noch ein.

    Welche Farben sind typisch?

    Farbtöne wie sonniger Sand und helles Off-White sind als Wandfarben die Grundlage für das populäre skandinavisch geprägte und reduzierte Boho-Light. Generell eignen sich Wollweiß und Leinenfarben, Beigenuancen sowie Khaki und Kaffee-Töne, aber auch Anthrazit und Schwarz-Weiß als neutrale Basis, zu der sich fantasievolle Akzente kombinieren lassen. Zu farblich zurückhaltenden und langlebigen Hauptelementen passen im Weiteren durchaus Deko und Details in pastelligem Pink, zartem Orange, in Wasserblau und Türkis, je nach persönlichem Geschmack.

    Es gibt aber auch eine andere Boho-Variante, mit dunklem Türkis, Grün, Samt in Braun oder Aubergine und Violett an die Hippie-Zeiten der 1960er- und 70er-Jahre erinnernd. Wenn man ein komplettes, funkelnagelneues Bad plant, würden dazu besser als polierter Chrom neue Armaturen in Schwarz oder Gold, matt oder gebürstet passen.

    Wie können die Must-haves für einen entspannten Boho-Stil ergänzt werden?

    Mitbringsel von Reisen können als Deko-­Statement dienen; gemeint sind aber nicht billige Souvenirs, sondern handwerklich gut gemachte, ausgefallene Einzelstücke. Wer nicht zuletzt wegen der Pandemie in den vergangenen Jahren wenig herumgekommen ist, schaut gern bei Maisons du Monde (= Häuser der Welt, kreativ und inspirierend) oder vielleicht auch bei Depot (eher günstiger Mainstream).

    Die französische Einzelhandelskette Maisons du Monde agiert von Nantes aus seit ca. 25 ­Jahren europaweit und ist seit 10 Jahren auch in Deutschland vertreten. Das Unternehmen ist recht groß, hat gut 330 Niederlassungen und macht ein Drittel des Umsatzes mittlerweile online. Die Möbel sind zwar nicht besonders hochwertig, aber der Bummel durch eine Filiale ist fast immer anregend, weil Möbel, Wandfarben, Textilien und Accessoires in Themengruppen stilistisch attraktiv aufeinander abgestimmt sind, sofern man offen für Boho und Einflüsse aus aller Welt ist.

    Blickfänge wie z. B. ein fliegender Fisch als Skulptur oder ein beeindruckender schwarzer Alligator, fast 1 m groß, passen thematisch gut ins Bad und sind für die Besucher einer Verkaufsausstellung einprägsam, aber weniger direkt erkennbar auf eine Handelskette zurückzuführen, als es oft bei den Produkten eines weithin bekannten schwedischen Möbelhändlers der Fall ist.

    Aber auch in den großen Möbelhäusern hat Boho seit geraumer Zeit einen festen Platz. Bei Segmüller gibt es eine ganze „Themenstraße im Dorf“, mit großen und kleinen Möbeln zum Boho-Trend, ausstaffiert mit Textilien von Teppich über Fransengardine bis hin zu Kissen, ergänzt mit Vasen, Pflanzen und anderen Dekoartikeln, alles jahreszeitlich angepasst.

    Es eignen sich Wollweiß und Leinenfarben, Beigenuancen sowie Khaki und Kaffee-Töne
    als neutrale Basis.

    Nicht so empfehlenswert sind hingegen die Geschenkartikel-Sortimente von Billigheimern wie Butlers oder Nanu-Nana. Dort gibt es zwar viele (billige) Artikel zum Thema Boho, dabei handelt es sich aber meist um wenig überzeugende Massenware auf Kaufhausniveau, mit der eine exklusive Badausstellung nicht aufgewertet werden kann.

    Zugegebenermaßen hat die Verkaufsausstellung bei Maisons du Monde zwar durchaus Lagercharakter und wirkt daher ebenfalls günstig, was aber durch die Nähe zu coolem Industrial oder Loft-Style zeitgemäß erscheint. Manche Einrichter haben Spaß an ergänzenden Deko-Elementen im niedrigen oder mittleren Preissegment, dann kann man öfter wechseln. Stimmt, aber Vorsicht! Nicht dass Kunden den Eindruck billiger Deko auf das gesamte Niveau der Badausstellung übertragen. Wenn die Qualität des Dekomaterials nicht als passend erachtet wird, lieber die Finger davon lassen! Aber man kann sich inspirieren lassen, Fotos machen und zumindest die Ideen für den längerfristigen, hochwertigeren Einsatz speichern.

    Welche Varianten gibt es?

    Boho ist einfach umzusetzen, da es sich nicht um eine streng definierte Ausdrucksform handelt, sondern vom Selbstverständnis her als Stilmix geplant wird. Boho eignet sich im Sinne von Mix-and-Match als zeitgemäße Ergänzung zu vorhandenen Möbeln und Einrichtungsformen, und zwar sowohl in der Badausstellung als auch im Kundenbad.

    Benötigen Sie ein schnelles Update für die ein oder andere Koje, deren Minimalismus nicht nur Ihnen, sondern auch der Kundschaft langweilig geworden ist? Die großen Sanitärobjekte sind hochwertig, langlebig, aber wenig trendorientiert? Und dennoch zu schade, um ausgetauscht zu werden? Ein klarer Fall für Boho. Eine Kombination aus Bambus-Wandregal und -Hocker sowie Seifenspender und Wannenablage aus Naturmaterial könnten den Look aktualisieren. Dazu ein wenig blondes Pampasgras, vielleicht eine ausgefallene Vase und ruckzuck ist der vorher belanglose Purismus zumindest ein wenig in die Nähe einer nachhaltigen Boho-Variante gerückt. Fast jede klassische Badeinrichtung kann so einfach zum lässig-sympathischen Blickfang in der Ausstellung „frisiert“ werden.

    Wesentliche Bestandteile sind Naturmaterialien wie Holz, Leinen und Baumwolle. Aber auch
    Samt ist beliebt.

    Typische Spielarten dieses Einrichtungsstils sind Vintage-Boho, Hippie-Chic und Ibiza-Style. Drei Begriffe, die jeweils Ähnliches umschreiben: nämlich Makramee und Rattanmöbel mit hell leinenfarbenen Polstern in lichtdurchfluteten Räumen. Die Atmosphäre wirkt lässig, leicht, verwittert von der Seeluft, verblichen von der Sonne. Matt passt eher als perfekt polierte Oberflächen. Wer nach Hochglanz sucht, ist falsch hier. Accessoires in freundlichen Pastellfarben passen zum Insel-Feeling und lassen an entspannte Ferien mit Love, Peace und Happiness denken. Übrigens, die mediterranen Elemente passen ebenso gut wie zu Ibiza auch für eingefleischte Mallorca-Fans.

    Die mit dem Ibiza-Style eng verwandte Hippie-Variante von Boho kann mit von Pfauenfedern abgeschauten Farbkombis etwas dunkler und herbstlicher ausfallen als die Inseldeko. Man kombiniert hier tiefes Tannengrün und Preußisch-Blau, flankiert von Cognac-, Bordeaux- und Violett-Nuancen auf der Basis von Naturtönen. Dazu gesellen sich Bouquets aus getrockneten Blüten, Gräsern und Straußenfedern, vielleicht in einer Vase von der Oma oder vom Flohmarkt. Wenn nicht viel Abstellfläche im Bad vorhanden ist, lassen sich entsprechende Motive auf Handtüchern oder Bildern nutzen.

    Kennen Sie oder erinnern Sie sich vielleicht sogar an den Film „Hair“, die bunte Hippie-Kleidung der Beatles oder den Afghanenmantel, wie Jimi Hendrix und Janis Joplin ihn trugen? Das waren die typischen Modeattribute aus den 1960er- und 70er-Jahren, in denen die Jugend durch den politischen Aufbruch geprägt war und nach Alternativen zur bürgerlichen Wohlstandsgesellschaft suchte. Für den Innenraum kaufte man damals stolz Makramee-Wandgehänge oder Blumenampeln noch bei Nanu-Nana oder erlernte sogar selbst die dekorative Knotentechnik, die heute als Erkennungszeichen im Boho eine massive Renaissance erlebt. Am Boden lagen bunte Kelims von fernen Reisen, wenn sie nicht gar an der Wand hingen.

    Weniger exotisch, aber besonders beliebt ist heute die Nordic- oder Scandi-Boho-Variante, an der auch schwedische Möbelhäuser nicht vorbeikommen. Natürlich kann man sich hier inspirieren lassen, aber es gibt originellere Blickfänge als die bei den manchmal zu leicht wiedererkennbaren Schweden. Statt mit üppiger Deko arbeitet man für den nordischen Boho-Stil reduzierter, sowohl was die Anzahl der Accessoires als auch deren Farben angeht. Entweder wird zu cooler Schwarz-Weiß-Optik nur die Farbigkeit von hellem (Treib-)Holz, Rattan und Seegras genutzt oder es gesellt sich Grau und vielleicht noch eine Nuance von graugrünem Eukalyptus als Wandfarbe hinzu. Der zottelige Hippie-Lammfellmantel spiegelt sich im Interieur in Form von mehr oder weniger hochflorigen Schafwollteppichen mit marokkanischem Berbermuster wider. Kennen Sie nicht? Doch, mit Sicherheit, nur vielleicht den Namen nicht: die schwarzen Rautenlinien auf hellem Grund sieht man zurzeit nämlich überall.

    Und irgendwie passen sie auch gerade fast überall: einerseits sind sie gewissermaßen rustikal gemütlich und andererseits in ihrer Reduziertheit klassisch edel. „Beni Ouarains“ heißen sie übrigens, die dankbaren Allrounder aus dem marokkanischen Atlasgebirge. Ach ja, das typische Muster gibt es sogar bei „Kleine Wolke“ als „Badematte Boho“. Und ehe wir es vergessen: Dekorative Zimmerpflanzen wie z. B. die Monstera, Teddyfell, Strukturkissen und Makramee in Off-White runden den vielleicht angesagtesten Vertreter des Bohemian Style als Scandi-Boho ab.

    Auch wenn Sie mit Stilkunde eigentlich nichts am Hut haben, könnte Boho genau Ihr Fall sein, bzw. der Fall Ihrer Kunden. Weil es sich um eine besonders ungezwungene Art der Einrichtung handelt, sind die typischen Elemente fast mit jeder vorhandenen Einrichtung gut kombinierbar. Und da die Spielarten so verschieden sind, ist für jeden Interessenten oder für die eigene Badausstellung leicht etwas Passendes im Boho-Look zu finden.

    Dr. Hildegard Kalthegener
    ist Farbexpertin, Seminar­leiterin und Dozentin. Sie ist in diversen Branchen aktiv: Architektur und Interieur, Produk­tdesign und Trend­research.

    Bild: Kalthegener

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