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Hebeanlagen als Rückstauschutz

Kein Zurück für Abwasser

Wenn Schmutzwasser, Abwasser oder auch Fäkalien nicht durch ein Gefälle abgeleitet werden können, kommen in der Regel Hebeanlagen zum Einsatz. Häuser deren Keller unter der so genannten Rückstauebene liegen, sprich der Keller liegt unter der Straßenoberfläche, werden zum Beispiel mit solchen Anlagen ausgestattet. Dabei muss die Druckleitung einer Hebeanlage mit der Sohle der Rückstauschleife über die Rückstauebene geführt werden (Bild 1). Nur so ist ein wirksamer Schutz gegen Rückstau zu erreichen. Die Anlage pumpt auch bei Rückstau Abwasser in die öffentliche Kanalisation, die Hausentwässerung bleibt dadurch in vollem Umfang betriebsfähig. Die entscheidende Frage bei der Wahl der Entwässerungsoption lautet zunächst: In welchem Maße möchte der Betreiber der Entwässerungsanlage die Räume unterhalb der Rückstauebene nutzen? Die Bau- und Prüfgrundsätze für Schmutzwasser- und Fäkalienhebeanlagen unterscheiden hier verschiedene Einsatzbereiche, deren Abgrenzung anhand von drei Fallbeispielen beschrieben wird.

Das Zweit-Bad ohne WC

Die Waschküche eines Kellers soll künftig als Zweit-Bad genutzt werden. Das bereits vorhandene Ausgussbecken soll zu einem Waschbecken umfunktioniert, die vorhandene Waschmaschine nach wie vor entwässert werden. Zusätzlich soll eine Dusche installiert werden. Zunächst stellt sich hier die Frage, wie die Entwässerung der Anschlussgegenstände bisher erfolgt ist. Wurde hier über einen Pumpenschacht in gemauerter oder gegossener Form entwässert? In einem solchen Fall sollte stets vorab geklärt werden, ob von diesem Schacht eine Geruchsbelästigung ausgeht, die man im späteren Bad möglichst nicht mehr haben möchte. Gerüche können beispielsweise effektiv vermindert werden, indem in den vorhandenen Schacht nachträglich ein PE-Fertigbehälter eingesetzt wird, dessen glatte Innenoberfläche Ablagerungen vermeidet und damit gleichzeitig den Aufwand für die Wartung der Hebeanlage vermindert (Bild 2). Einbaufertige Schächte verfügen oft über so genannte Kombistutzen für mehrere Anschlüsse DN 50/DN 100, komfortable Möglichkeiten zur Verlängerung und damit zur Anpassung an die Einbausituation. Der Anschluss für die Entlüftung kann wahlweise über das Dach geführt werden oder alternativ in den Aufstellraum, wobei Gerüche dann über einen Filtereinsatz mittels Aktivkohle gemindert werden.

Mit einer verfliesbaren Abdeckplatte kann ein Unterflurbehälter optisch unauffällig in das Gesamtbild des neuen Bades eintauchen und zugleich die Schutzfunktion eines Bodenablaufs übernehmen. Beachtet werden muss allerdings, dass der Einsatz eines solchen Behälters nur im nicht grundwassergefährdeten Bereich gestattet ist, da die Verbindung PE-Beton nicht dicht gegen drückendes Grundwasser ist. Es sei denn, der Behälter wird vollständig von der wasserdichten Wanne umgeben. Alternativ zu einem Unterflurbehälter ist auch die Rückstausicherung mittels Überflurbehälter denkbar: Diese kompakten Behälter zur Grauwasserentsorgung werden in vielen Fällen direkt unter dem Waschbecken angeordnet. Vor allem beim Anschluss von Waschmaschinen empfiehlt sich der Einbau einer Alarmanlage, da die Wassermenge eines Waschvorgangs meist mehr als die doppelte Wassermenge des Behältervolumens beträgt (Bild 3). Alarmanlagen mit eingebautem Waschmaschinenstopp verhindern, dass bei Störungen an der Pumpe nachlaufendes Wasser aus der Waschmaschine zu einer Überflutung von Kellerräumen führt.

Hebeanlagen in der Vorwand

Da die Ansprüche in der Badgestaltung stetig wachsen, haben einige Hersteller in diesem Produktsegment Anlagen entwickelt, die in handelsübliche Vorwandmontagesysteme eingebaut werden können. Die Behälterlüftung erfolgt bei diesen Produkten über ein unauffälliges Lüftungsgitter (inkl. Filtereinsatz für Aktivkohle) aus der Vorwand. Optional besteht die Möglichkeit die Lüftungsleitung über Dach zu führen. Im Störungsfall ist eine gezielte Ableitung des rückstauenden Wassers aus der Vorwand mittels Ablaufschlauch möglich. Damit wird das Auslaufen von Wasser hinter bzw. in der Vorwand vermieden. Entscheidend für die Wartung ist, dass bei Einbau der Anlage eine ausreichend große Revisionsöffnung berücksichtigt wird. Entsprechende Magnetrahmen führen die Anbieter dieser Anlagen im Zu­behörprogramm. Im Wartungsfall wird lediglich die Pumpe aus dem Behälter entnommen, der Behälter verbleibt eingebaut in der Vorwand. Die Ausstattung mit einer Alarmanlage ist bei renommierten Produk­ten heute Standard. Soll ein Kellerbad auch eine Toilette beinhalten, empfehlen sich so genannte „Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung“ (Bild 4). Diese Geräte unterliegen den Einsatzbedingungen der DIN EN 12050-3 und sind am Markt auch oft als „Zerhacker“ oder „Häcksler“ bekannt. Mit dem eingebauten Schneid- oder Hackwerk sind allerdings auch vielfach recht hohe Geräuschbelästigungen verbunden. Einzelne Hersteller propagieren daher, hier auf das Schneidwerk zu verzichten, da die rasante Umdrehungszahl des Motors in Verbindung mit dem ­Freistromrad der Pumpe eine ausreichende Zerkleinerung der Beimengungen bewirkt und zudem geringere Geräuschemissionen verursacht.

Besonderheiten beim Einbau ­beachten

Auch über der Kellerebene finden Hebeanlagen ihren Einsatz. Z.B. im Dachgeschoss wenn ein neues modernes Bad fernab der zentralen Abwasserleitung installiert werden soll, können Hebeanlagen die Verbindung durch klein dimensionierte Druckleitungen zur Sammelleitung schaffen. Bei Einsatz eines solchen Gerätes ist es vor allem wichtig, den Hausbesitzer auf die Einsatzgrenzen dieser Anlagen hinzuweisen bzw. einige Besonderheiten beim Einbau zu beachten: Maximal eine Toilette, ein Handwaschbecken, ein Bidet und eine Dusche dürfen hier angeschlossen werden. Außerdem sind diese Anlagen ausschließlich im privaten Zweit-Bad mit überschaubarem und entsprechend über die technischen Gegebenheiten informierten Benutzerkreis zu verwenden. Des Weiteren muss bei dieser Lösung eine weitere Toilette im Haus zur Entwässerung im Freigefälle zur Verfügung stehen.

Nicht selten werden Toiletten als Müll­eimer „missbraucht“. In der Praxis heißt das, dass neben dem fäkalienhaltigen Schwarzwasser auch Essensreste, Hygieneartikel und vieles mehr entsorgt wird – Beimengungen, die zu Störungen bei Kleinhebeanlagen führen können. Umso wichtiger ist es, die Nutzer solcher Anlagen über die Einsatzbedingungen und die Funktion der Geräte aufzuklären. Der Anschluss der Entwässerungsgegenstände hat so zu erfolgen, dass die Toilette direkt an das Gerät angeschlossen wird und sich die weiteren Entwässerungsgegenstände ebenfalls im Aufstellraum, also im Störungsfall in Sichtweite befinden, so dass damit auch die akustische Störmeldung wahrgenommen werden kann.

Souterrainwohnung mit Bad und Küche

Wird eine komplette Souterrainwohnung eingerichtet, so geht es in der Regel um die Entwässerung des angeschlossenen Bades inklusive Toilette sowie der Ablaufstellen aus der Küche. In diesem Fall ist eine He­beanlage nach DIN EN 12050-1 zu installieren. Anlagen dieser Bauart verfügen über ­einen Sammelbehälter, der bei kurzfristigem Stromausfall auch als Puffer genutzt werden kann und dabei die Volumen mehrerer Toilettenspülungen aufnimmt. Hier gibt es keine speziellen Einschränkungen im Hinblick auf die möglichen Anschlussgegen­stände. Jedoch empfiehlt es sich – wie in allen vorhergehenden Fällen – ­eine hydraulische Berechnung vorzunehmen, über die der Pumpentyp, das notwendige Stauvolumen und die Rohrleitung bemessen werden. Grundsätzlich gilt, dass Anlagen für einen derart umfassenden Einsatz einwandfrei arbeiten müssen. Führende Hersteller verwenden zu diesem Zweck längswasserdicht vergossene Leitungseinführungen. Die absolute Dichtheit der elektrischen Leitungsführungen vor eindringendem Wasser ist so gewährleistet. Um eine maximale Laufruhe zu erreichen, werden noch heute Motorträgerplattformen aus Guss auf die korrosionsbeständigen PE-Behälter aufgesetzt, die den Behälter stabilisieren und der Anlage Laufruhe verleihen. Auch für die Wartung ergeben sich hieraus Erleichterungen, da die Aufbauten wie Motor und Armaturen mittels metrischem Gewinde in der Platte fixiert sind und sich nach der ggf. durchgeführten Demontage wieder sicher und (druck-)dicht aufbauen lassen.

Behältergrößen je nach Einbaubedingungen

Die Lieferung einer solchen Anlage sollte ein bereits vormontiertes Steuergerät beinhalten, so dass die Anlage aus elektrischer Sicht steckerfertig ist. Damit sind keine besonderen Elektrofachkenntnisse bei der Installation notwendig. Das Steuergerät muss aber bei der Montage in einem trockenen, gut belüfteten Raum installiert werden. Die Ausstattung des Steuergerätes selbst sollte über optische Anzeigen für Betrieb, Drehrichtung (bei Drehstrom-Anlagen) und Alarm verfügen, wobei die Alarmmeldung zusätzlich akustisch zu hören sein und ihre Weiterleitung mittels potenzialfreien Kontakts möglich sein sollte. Im Falle eines Stromausfalls ist es zudem sinnvoll, wenn die Alarmmeldung mittels Akku auch netzunabhängig erfolgt. Vollwertige Fäkalienhebeanlagen werden in unterschiedlichen Behältergrößen angeboten. Je nach Abwasservorkommen und Einbaubedingungen werden diese Behälter mit spezifischen Pumpenleistungen bestückt. Im Bereich der Einfamilienhäuser existieren leichte und kompakte Lösungen für die „Ein-Mann- Montage“, die auch bei geringen Platzverhältnissen unterzubringen sind (Bild 5). Ein Beispiel stellt die neue Fäkalienhebeanlage Compli 300 E von Jung Pumpen dar. Mit Wechselstrom betrieben hat sie einen Platzbedarf von etwa 0,25 m² bei einem Gesamtgewicht von unter 30 kg. Der freie Durchgang beträgt 50 mm. Der Betreiber, der robuste Konstruktionen bevorzugt, wird sich für die Compli 400 entscheiden. Mit 70 mm freiem Durchgang und hohen Anlaufmomenten ist die Anlage auch bei Fehleinleitungen in das WC nahezu störungsfrei zu betreiben. Bei Einsatz einer Hebeanlage im Mehrfamilienhaus oder im gewerblichen Bereich, wo also von einem „unkontrollierbaren Zufluss“ gesprochen werden kann, ist eine Doppelanlage (zwei Pumpen) vorzusehen.

Fazit

Hebeanlagen lassen eine flexible Nutzung von Räumen zu. Jedoch setzt der fachgerechte Einsatz eine qualifizierte Beratung voraus. Die Rückstaussicherung garantiert bei fachgerechter Installation der Hebeanlagen unterhalb der Rückstauebene nachhaltig den Schutz vor unliebsamen Überraschungen.

Literatur

DIN EN 12056-4 – Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 4: Abwasserhebeanlagen; Planung und Bemessung; Deutsche Fassung EN 12056-4:2000

DIN EN 12050-1 – Abwasserhebeanlagen für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung – Bau- und Prüfgrundsätze – Teil 1: Fäkalienhebeanlagen; Deutsche Fassung EN 12050-1:2001

DIN EN 12050-3 – Abwasserhebeanlagen für Gebäude- und Grundstücksentwässerung – Bau- und Prüfgrundsätze – Teil 3: Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung; Fassung EN 12050-3:2000

Checkliste

4-Punkte zur korrekten Auslegung einer Hebeanlage

Für die richtige Konzeption und Auslegung einer Pumpe bzw. Hebeanlage müssen verschiedene Fragen vorab geklärt werden. Zuerst sind Angaben über das Fördermedium sehr wichtig.

1. Was soll gefördert werden? Hier wird unterschieden, ob es sich um fäkalienhaltiges Abwasser (Schwarzwasser) oder um fäkalienfreies Abwasser (Grauwasser) handelt. Die Konstruktion, die Arbeitsweise und die eingesetzten Werkstoffe der Hebeanlage orientieren sich an der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Fördermediums.

2. Wie viel Abwasser fällt an bzw. soll gefördert werden? Anhand der Entwässerungsgegenstände (WCs, Duschen, Waschmaschinen etc.) wird der Schmutzwasserabfluss Qww nach DIN EN 12056-2 unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit berechnet.

3. Wohin soll gefördert werden? „Wie hoch“ und „wie weit“ muss das Abwasser gefördert werden. Die Förderhöhe, auch manometrische Förderhöhe genannt, setzt sich aus der geodätischen Förderhöhe und den Reibungsverlusten im Rohrsystem zusammen. Mit dieser errechneten Größe und der vorher bestimmten Fördermenge kann die für den Anwendungsfall geeignete Pumpe ausgewählt werden. Die Kennlinie der Pumpe muss sich über oder auf diesem Betriebspunkt befinden.

4. Womit soll gefördert werden? Soll eine Einzel- oder Doppelpumpstation installiert werden? Diese Frage wird häufig durch die Gebäudeart und die relevante DIN beantwortet. Die DIN schreibt vor, dass dort wo auf den Abwasserzufluss nicht verzichtet werden kann, Doppelanlagen installiert werden müssen. Dies ist meist in gewerblich genutzten Gebäuden oder Mehrfamilienhäusern der Fall.

Zur Sache

Ursache für Rückstau

Rückstau im Kanal entsteht meistens bei Starkregenereignissen, wenn das Kanalnetz aufgrund der Menge nicht das gesamte anfallende Niederschlagswasser ableiten kann. Bei dieser kurzfristigen Überlastung des Kanalnetzes muss damit gerechnet werden, dass die Haus- oder auch Grundstücksentwässerungsanlagen zeitweise unter Rückstau stehen. Verstopfungen oder Ablagerungen im Kanal, Rohrbruch oder der Ausfall eines Pumpwerkes können ebenfalls einen Rückstau verursachen. Bei solchen Kanalüberlastungen steigt das Abwasser bis zur Rückstauebene an. Sind dann unterhalb der Straßenoberfläche gelegene Ablaufstellen nicht gegen Rückstau geschützt, kann das Abwasser ungehindert in den Keller eindringen.

Autor

Marco Koch ist Leiter Verkaufsförderung bei Jung Pumpen in Steinhagen, Telefon (0 52 04) 17-0, Fax (0 52 04) 8 03 68, https://www.jung-pumpen.de/

Autor

Dr.-Ing. Andreas Kämpf leitet bei Jung Pumpen die Abteilung Kommunikation. Zudem trägt er die Verantwortung für die Abteilungen Verkaufsförderung und Produktmanagement, 33803 Steinhagen, Telefon (0 52 04) 17-0, Fax (0 52 04) 8 03 68, https://www.jung-pumpen.de/