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FLÄCHENHEIZUNG UND -KÜHLUNG

Kalte Nahwärmenetze und Flächentemperierung

  • Ein konventionelles Nah­wärme­netz besteht aus einer zentralen Heizungsanlage, einem Verteilnetz und mehreren Haus­übergabestationen.
  • Ein kaltes Nahwärmenetz besteht aus der Wärmequelle, einem ungedämmten Verteilnetz und dezentralen Wärmepumpen in den Häusern.
  • Kalte Nahwärme kommt ohne große Verteilungsverluste aus und ermöglicht zusätzlich auch das Kühlen im Objekt.
  • Im kalten Nahwärmenetz ­eignet sich die Flächen­heizung und -kühlung optimal zum Heizen und Kühlen mit einer ­Wärmepumpe.
  • Das Ziel einer klimaneutralen Energie- und Wärmeversorgung in Deutschland bis 2045 steht fest – der Weg dorthin ist jedoch noch weit und die Herausforderungen besonders im Wärmesektor sind gewaltig. Wie abhängig wir bei der Wärmeversorgung immer noch von fossilen Energieträgern sind, macht uns die derzeitige Energiekrise im Rahmen des Ukrainekriegs sehr deutlich. Ohne Kohle, Öl und Gas ist eine flächendeckende Wärmeversorgung zurzeit noch unmöglich.

    40 % der in Europa eingesetzten Energie werden allein für Gebäude genutzt. 70 % der überbauten Flächen in Europa sind Wohnflächen. Ein enormes Einsparpotenzial an Energie und CO2. Als ein Lösungsbaustein sind in den letzten Jahren erste kalte Nahwärmenetze für Bestandsquartiere geplant und umgesetzt worden.

    Wie arbeiten konventionelle Nahwärmenetze?

    Ein Nahwärmenetz besteht aus einer zentralen Heizungsanlage, einem Verteilnetz und mehreren Hausübergabestationen. Die Hausübergabestationen befinden sich in der Regel in einzelnen Quartieren, Siedlungen oder Gemeinden und beziehen Wärme für Heizung und Warmwasser aus der zentralen Heizungsanlage.

    Die zentrale Anlage erzeugt Heizwärme mit ­einer Leistung von meist weniger als einem Megawatt und transportiert diese über gedämmte Erdleitungen zu den angebundenen Gebäuden. Hier übergibt ein Wärmeübertrager die Energie an die Warmwasser-Heizungsanlage im Haus.

    An die Nahwärme angeschlossene Verbraucher zahlen nicht für den Brennstoff Öl, Gas oder Brennholz, sondern die tatsächlich übergebene Wärme. Möglich ist das durch Wärmemengenzähler, die in die Übergabestation jeder Haus­anlage integriert sind.

    Die Größe eines Nahwärmenetzes reicht von wenigen Gebäuden bis hin zu gesamten Stadtteilen. Typisch ist der Einsatz vor allem in Wohnquartieren, in denen eine zentrale Anlage viele Verbraucher mit Energie für Heizung und Warmwasser versorgt. Für die Versorgung mehrerer Gebäude mit Nahwärme kommen zahlreiche Technologien infrage. Beispiele dafür sind Blockheizkraftwerke, Wärmepumpen, Holzhackschnitzelheizungen oder Solarthermie­anlagen.

    In Nahwärmenetze lassen sich auch Langzeitwärmespeicher wie Erdwärmespeicher integrie­ren, was bei einer einzelnen Gebäudeheizung nicht immer sinnvoll möglich ist.

    Funktionsweise eines konventionellen Nahwärmenetzes.

    Bild: Prof. Giel, Technische Hochschule Mainz

    Funktionsweise eines konventionellen Nahwärmenetzes.

    Wie funktionieren kalte Nahwärmenetze?

    Neben herkömmlichen Nah- oder Fernwärmenetzen existieren sogenannte kalte Nahwärmesysteme, zum Teil auch als Low-Ex bezeichnet. Während konventionelle Nahwärmenetze Wasser oder Dampf mit hohen Temperaturen von 70 bis 100 °C transportieren, arbeitet die kalte Nah­wärme mit Medientemperaturen von 5 bis 20 °C. Die Wärme wird über Rohrleitungen verteilt, in denen eine Sole zirkuliert.

    Der große Vorteil dieser Systeme ist, dass sie wegen ihrer niedrigen Temperaturen auf dem Weg wenig Energie verlieren und gegebenenfalls sogar noch Energie aufnehmen können, z. B. aus dem Erdreich, was sie energetisch sehr effizient macht. Zudem müssen die Rohre nicht gedämmt sein. In den einzelnen angeschlossenen Haushalten wird die Temperatur dann mittels monovalent betriebener Wärmepumpenheizungen auf die nötige Heiztemperatur angehoben.

    Kalte Nahwärmenetze haben auf diese Weise keine Wärmeverluste in den Leitungen, sondern erzielen zusätzliche Energiegewinne durch Umweltwärme. Als Wärmequellen können z. B. Geothermie, Grundwasserbrunnen, Solarthermiekol­lektoren oder Wärmeenergie aus Regenwasser dienen. Sogar Abwärme aus Industrie- oder Gewerbegebieten kann genutzt werden, die im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen durch die niedrigen Betriebstemperaturen der Leitungen auch auf Niedertemperaturbasis vorliegen kann.

    Durch die Nutzung von Umweltwärme in Verbindung mit Strom aus erneuerbaren Energien für die Wärmepumpen ermöglichen kalte Nahwärme­systeme eine Wärmeversorgung, die zu 100 % auf erneuerbaren Energien basiert.

    Vorteile kalter Nahwärmenetze für die Energiewende

    Kalte Nahwärme kommt ohne große Verteilungs­verluste aus. Sie ermöglicht den effizienten Einsatz regenerativer Energien und sorgt als Wärme­quelle für einen sparsamen Wärmepumpenbetrieb. Verbraucher sparen dadurch Kosten und CO2 ein, senken die Anschlusskosten ihrer Heizung und können Wärmepumpen mit kalter Nahwärme auch ohne besondere Genehmigungen betreiben.

    Durch den Anschluss an kalte Nahwärmenetze sinken die Kosten der neuen Heizungstechnik. Denn neben einem Schornstein können Hausbesitzer dabei auch auf einen Gasanschluss oder ein Brennstofflager im eigenen Haus verzichten. Die Investitionskosten der zentralen Anlage lassen sich hingegen auf den Wärmepreis umlegen und so auf alle angebundenen Haushalte verteilen.

    Funktionsweise eines kalten Nahwärmenetzes.

    Bild: Prof. Giel, Technische Hochschule Mainz

    Funktionsweise eines kalten Nahwärmenetzes.

    Optimale Wärmeverteilung mit Flächenheizung und -kühlung

    Die Flächenheizung ist durch eine Auslegung von z. B. 32 °C im Vorlauf und 27 °C im Rücklauf optimal für den Betrieb mit einer Wärmepumpe. Diese muss im Haus für den Heizfall die Temperatur um lediglich maximal 15 °C an­heben.

    Neben der Wärmeversorgung ermöglicht das kalte Nahwärmenetz auch die Kälteversorgung. Verbraucher nutzen das Medium dabei mit der Flächenheizung/-kühlung, um Wärme aus dem Gebäude abzuführen. Die Kühlung lässt das Temperaturniveau der kalten Nahwärme steigen, wodurch sich das Netz wieder regeneriert.

    Eine Spreizung von 5 K für einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe sowohl für den Heiz- wie für den Kühlfall hat sich dabei als praktikabel erwiesen. Dies führt zu einer effizienten Betriebsweise der Wärmepumpe und damit zu einer ­hohen Jahresarbeitszahl (JAZ).

    Fazit

    Die Flächenheizung setzt die Niedertemperaturtechnik der kalten Nahwärme optimal um. Eine niedrige Vorlauftemperatur von maximal 35 °C reicht für die Flächenheizung aus, um die Heizflächen im Winter zu versorgen. In Kombination mit erneuerbaren Energiequellen aus Sonne, Luft oder Wind zur Stromgewinnung lassen sich die Einspareffekte nochmals deutlich steigern.

    Ein weiterer Vorteil: Kalte Nah­wärme mit Flächenheizung kann sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen verwendet werden. Kalte Nahwärmenetze sind eine interessante Entwicklung und echte ­Alternative zu den oft noch üblichen Nahwärmenetzen oder individuellen Wärmesystemen. Wenn man kalte Nahwärme mit Flächenheizung kombiniert, erhält man ein energieeffizientes, nachhaltiges und thermisch behagliches Heiz- und Kühlsystem.

    Kalte Nahwärmenetze mit ­Flächenheizung/-kühlung.

    Bild: BVF

    Kalte Nahwärmenetze mit ­Flächenheizung/-kühlung.
    Funktionsweise einer Wärme­pumpe mit Flächenheizung.

    Bild: BVF

    Funktionsweise einer Wärme­pumpe mit Flächenheizung.

    Autoren

    Alexandra Borke
    ist tech­nische Referentin beim Bun­des­verband Flächen­heizungen und Flächen­kühlungen e. V.

    Bild: Alexandra Borke

    Prof. Dipl. Ing. (FH) Thomas Giel
    Nachhaltige Gebäude­energie­systeme, Technische Hoch­schule Mainz

    Bild: Giel

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