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Hybrid mit Doppelfunktion

Besteht kein Gefälle zum Kanal, muss das von Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene anfallende Abwasser mithilfe einer Hebeanlage über eine Druckleitung in den Kanal gepumpt werden. Laut aktuellen Erhebungen besteht jedoch bei rund 50 % der Einbausituationen ein natürliches Gefälle zum Kanal. Aber auch hier werden häufig Hebeanlagen verbaut. Dabei bieten Hybrid-Hebeanlagen in genau diesen Fällen mittlerweile eine Alternative zur klassischen Variante. Im Normalbetrieb nutzen sie das natürliche Gefälle zum Kanal und nur bei Rückstau pumpen sie das Abwasser in den Kanal (Bild 1), und zwar über eine Rückstauschleife, genau wie bei einer klassischen Hebeanlage. Dass trotz dieser Alternative häufig klassische Hebeanlagen verbaut werden, ist unter anderem durch den momentanen Stand der Norm begründet, die alternative Lösungen zum Rückstauschutz nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.

Wie jede Neuheit sind auch Hybrid-Hebeanlagen derzeit nicht in der Norm geregelt. Jede Norm definiert den aktuellen Stand der Technik zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, Innovationen kann sie nicht abbilden. Dennoch kommen in der Praxis auch neue Produkte zum Einsatz. Ein Blick über die Norm hinaus lohnt sich, denn moderne Alternativen wie Hybrid-Hebeanlagen verbrauchen nicht nur wesentlich weniger Strom als klassische Hebeanlagen (Bild 2), sie sparen dem Betreiber auch Kosten bei der Wartung.

Normative Vorgaben

Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene sind nach DIN EN 12056-4 durch automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife gegen Rückstau zu sichern. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Rückstauverschlüsse nach DIN EN 13564-1 eingesetzt werden. Alle in einer Entwässerungsanlage verbauten Produkte gelten als Bauprodukte und müssen gemäß der Bauproduktenrichtlinie, Landesbauordnung und DIN 1986-100 baurechtlich geregelt sein. Dazu sind folgende Nachweisverfahren erlaubt: Harmonisierte Normen wie DIN EN 12050 für Hebeanlagen oder DIN EN 13564 für Rückstauverschlüsse, allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen oder bauaufsichtliche Zustimmungen im Einzelfall durch eine Eignungsfeststellung und Abklärung mit einer zuständigen Behörde. Bezüglich der Einsatzbereiche beschreibt die DIN 1986-100 nur die beiden genormten Produktarten Hebeanlagen und Rückstauverschlüsse.

Doch wie auch der Kommentar der DIN 1986-100 feststellt, ist es aus Gründen der technischen Entwicklung, der Wirtschaftlichkeit, aber auch des Umweltschutzes und des sparsamen Umgangs mit Primärenergien notwendig, dass neue Bau- und Werkstoffe, Bauteile, Bauarten und Einrichtungsgegenstände Anwendung und Verwendung finden.

Insofern können auch innovative Lösungen geplant und verwendet werden. Deren Einsatzbereich ist in der jeweiligen Zulassung geregelt oder auch im Einzelfall mit der jeweiligen Behörde abzustimmen. Zur Entwässerung eines Gebäudes und dessen Schutz vor Rückstau aus dem Kanal stehen also grundsätzlich automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen (nach DIN EN 12056), Rückstauverschlüsse (nach DIN EN 13564-1) oder Hybrid-Hebeanlagen (Rückstaupump- und Rückstauhebeanlagen) mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung zur Verfügung.

Funktionsweise und Voraussetzungen für sicheren Betrieb

Hybrid-Hebeanlagen nutzen im Normalbetrieb das natürliche Gefälle zum Kanal (Bild 3). Nur bei Rückstau schließt das Verschlusssystem der Anlage und das anfallende Abwasser wird über eine Druckleitung in den Kanal gepumpt. So ist eine Nutzung der Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene auch während eines Rückstaus möglich, denn das Abwasser wird gegen den Rückstau in den Kanal gepumpt. Im Vergleich mit den herkömmlichen klassischen Produkten ergeben sich also wesentliche Unterschiede in der Funktionsweise (Bild 4).

Damit eine Hybrid-Hebeanlage auch reibungslos funktionieren kann, müssen nur wenige Voraussetzungen erfüllt werden. Zum einen ist ein Gefälle zum Kanal erforderlich, damit das Abwasser im Normalbetrieb auf direktem Weg abfließen kann. Zum anderen ist der fachgerechte Einbau ausschlaggebend für einen problemlosen Betrieb. Zudem müssen Entlüftung und Zulaufleitung ordnungsgemäß nach DIN EN 12056 und DIN 1986-100 verlegt werden.

Schutz vor Rückstau

Wie auch klassische Hebeanlagen verfügen Hybrid-Hebeanlagen über eine Druckleitung mit Rückstauschleife, durch die im Rückstaufall das Abwasser in den Kanal gepumpt wird. Die Rückstauschleife sorgt dafür, dass während eines Rückstaus das Wasser aus dem Kanal nicht in das Gebäude zurückdrücken kann. So ist das Gebäude vor Schäden durch Rückstau sicher, ohne dass ständig eine Pumpe laufen muss.

Hybrid-Hebeanlagen sind mit Sicherheitssystemen ausgestattet, um für einen reibungslosen Betrieb der Anlagen zu sorgen. So ist die Hybrid-Hebeanlage Ecolift XL des Herstellers Kessel mit zwei redundanten motorischen Verschlusssystemen ausgestattet. Die pneumatische Niveauerfassung und ein Alarmsensor sorgen für zusätzliche Sicherheit. Das integrierte Selbstdiagnosesystem SDS sorgt durch regelmäßige Funktionsprüfungen für eine dauerhafte Funktionssicherheit. Zusätzlich werden bei der regelmäßigen Wartung alle Komponenten einer Funktionsprüfung unterzogen.

Einsatzbereiche

Neben Hybrid-Hebeanlagen, die für den Einsatz in Einfamilienhäusern geeignet sind, gibt es auch Ausführungen, die auch sehr große Volumenströme entwässern und als Doppelanlage ausgeführt sind. Diese Varianten können auch im Gewerbebau (Bild 5), zum Beispiel in Hotels oder Restaurants hinter Fettabscheidern (Bild 6) oder in Mehrfamilienhäusern zum Einsatz kommen. Auch Regenwasser kann über Hybrid-Hebeanlagen abgeleitet werden. In diesem Fall gelten die gleichen normativen Planungsgrundlagen wie für klassische Hebeanlagen: Es darf ausschließlich Regen- oder Oberflächenwasser eingeleitet werden, das unterhalb der Rückstauebene anfällt oder wenn die angeschlossene Regenwasser-Entwässerungsfläche, die ins Gebäude geleitet wird, sich im Rahmen der normativen Vorgaben bewegt.

Ein wichtiger Aspekt vor allem auch für den gewerblichen Einsatz: Das Abwasser wird auch bei Stromausfall abgeleitet, denn zur Nutzung des direkten Wegs in den Kanal mit natürlichem Gefälle wird kein Strom benötigt. Das bedeutet: keine Betriebsstillstände bei Stromausfall und dadurch zusätzliche Sicherheit für den Betreiber. Das Abwasser wird immer zuverlässig abgeleitet.

Geräuscharmer Betrieb

Das regelmäßige Pumpen klassischer Hebeanlagen verbraucht nicht nur andauernd Strom, sondern erzeugt trotz hochwertiger mechanischer Ausführung und Dämmung ständig Geräusche (Bild 7). Hybrid-Hebeanlagen hingegen pumpen nur im Rückstaufall und nutzen im Normalbetrieb den direkten Weg in den Kanal – das natürliche Gefälle. So entstehen nur in Ausnahmefällen und während der Wartung und regelmäßigen Selbstdiagnose Geräusche. Das ist nicht nur wichtig für Wohnanlagen, in denen sich im Souterrain Wohnungen befinden, sondern auch für gewerblich genutzte Gebäude wie Büros, Krankenhäuser und Altenheime von Vorteil.

Einbauart je nach Bedarf

Abhängig von den individuellen Gegebenheiten vor Ort sind verschiedene Einbauvarianten möglich. Hybrid-Hebeanlagen eignen sich zum einen für die freie Aufstellung im Gebäude und können ebenso außerhalb des Gebäudes in einem Kunststoffschacht installiert werden. Kunststoffschächte sind aufgrund ihres geringen Gewichts besonders leicht zu montieren. Dennoch sind sie stabil und halten Grundwasser bis zu einer Höhe von 3 m ab der Unterkante des Schachtes stand. Die Kunststoffschächte von Kessel verfügen über eine aktuell gültige Zulassung. Darüber hinaus können Hybrid-Hebeanlagen unter Verwendung der entsprechenden Systemkomponenten auch im Beton verbaut werden.

Weniger Wartungsaufwand

Kosten- und zeitsparend sind auch die deutlich selteneren Wartungen. Wie bei einer konventionellen Hebeanlage besteht auch für Hybrid-Hebeanlagen eine Wartungspflicht durch den Bauherrn. Während für klassische Hebeanlagen im gewerblichen Bereich jedoch eine vierteljährliche Wartung vorgeschrieben ist, genügt für Hybrid-Hebeanlagen die halbjährliche Wartung. Bei einer Hybrid-Hebeanlage zum Einsatz in Einfamilienhäusern ist lediglich eine jährliche Wartung durchzuführen.

Ökonomische und ökologische Alternativen fördern

Zukünftig werden sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte in der Entwässerungstechnik an Bedeutung gewinnen. Installateure und Planer sind deshalb aufgefordert, Ausschau nach alternativen Lösungen zu halten, um den Betreibern Anlagen anbieten zu können, die ihren Wunsch nach stromsparenden, geräuscharmen und effizienten Lösungen erfüllen (Bild 8).

Autor

Reinhard Späth ist Marketingleiter der Kessel AG in 85101 Lenting, Telefon (0 84 56) 27-0, Telefax (0 84 56) 27-1 02, http://www.kessel.de