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„Ein Bad ist eine Gemeinschaftsleistung“

SBZ: Herr Dalheimer, würde der junge Hartmut Dalheimer von 1991 das Unternehmen Keuco im Jahr 2021 noch wiedererkennen?

Hartmut Dalheimer: Das kann ich ganz klar mit einem Ja und einem Nein beantworten.

Ja, weil es viele Konstanten bei Keuco gibt. Wir sind nach wie vor im Familienbesitz, was nicht selbstverständlich ist. Sieht man sich die Branche an, so hat es in den letzten Jahren bei vielen Unternehmen Inhaberwechsel gegeben. Viele Unternehmen wurden von Unternehmen oder Investoren aus dem Ausland übernommen. Ich bin froh, dass wir bei Keuco nach wie vor die gleiche Inhaberstruktur haben, die auch auf die kommenden Jahre ausgelegt ist.

Außerdem produzieren wir immer noch an unserem Hauptsitz im westfälischen Hemer. Das ist ein wesentliches Argument für unsere Kunden im In- und Ausland: Qualität made in Germany wird weltweit geschätzt. Das bedeutet auch, dass wir viele Fach- und Führungskräfte seit Jahren beschäftigen, die ihr Know-how und ihre Erfahrung einbringen. Gleichzeitig sind wir ein attraktiver Arbeitgeber für junge Mitarbeiter. Unser Ziel ist ein kontinuierliches und gesundes Wachstum. Und dieses erwirtschaften wir nach wie vor mit Produkten fürs Bad. Auf all das sind wir sehr stolz.

SBZ: Und das Nein?

Dalheimer: Nein, weil wir unser Sortiment seither deutlich erweitert haben mit Spiegelschränken, Armaturen und Produkten für den Care-Bereich. Daneben gibt es weitere Dinge, die wir im Laufe der Zeit geändert, verbessert und die wir ganz neu aufgebaut haben. Vieles wurde automatisiert und digitalisiert. Ich will nur ein paar Beispiele nennen. Zu Beginn meiner Tätigkeit wurde in der Konstruktion noch mit dem Zeichenbrett in 2D gearbeitet. Heute erfolgt alles digital. Es gibt 3D-Drucker.

Auch in der Kommunikation hat sich viel getan. Damals war das Faxgerät noch die modernste Technik. Es gab noch keine Mobiltelefone bei Keuco. Heute haben wir viele Möglichkeiten auch digital zu kommunizieren, bis hin zu Web-Meetings. In der Produktion, insbesondere in der Schleiferei, werden Roboter eingesetzt und sorgen so für eine gleichbleibende Qualität. Nur spezielle Formen und Geometrien werden noch von Hand geschliffen und poliert. Auch in der Logistik hat sich viel getan. 1995 haben wir unser modernes Logistikzentrum gebaut. Was früher noch manuell kommissioniert und papiergetrieben versendet wurde, wird seitdem vollelektronisch eingelagert, kommissioniert und verschickt.

SBZ: Was bedeutet es heute, Geschäftsführer zu sein, im Vergleich zu 1995?

Dalheimer: Wesentliche Unterschiede zu früher sind die Komplexität und Geschwin­digkeit. Entscheidungen werden auf Basis vielfältiger Fragestellungen getroffen. Neben der Wirtschaftlichkeit gehören dazu heute Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Fragen des Umweltschutzes. Trends entwickeln sich viel schneller. Die Digitalisierung eröffnet neue Chancen und Risiken. Die Globalisierung bietet neue Märkte.

Gleichzeitig heißt es, effizient auf sich ändernde Situationen zu reagieren und dabei alle mitzunehmen. Dabei muss man sich als Geschäftsführer immer der Verantwortung bewusst sein. Das sehen wir ja aktuell mit der Pandemie. Wir sind froh, auch in diesen Zeiten die richtigen Weichen gestellt zu haben, und gehen davon aus, dass wir gut durch die Krise kommen.

SBZ: Welche Entscheidung/Entwicklung in Ihrer mehr als 25 Jahre währenden Führungstätigkeit hat Ihnen im Nachhinein betrachtet am meisten Freude bereitet?

Dalheimer: Es sind drei Dinge, die besonders hervorzuheben sind. Ein wichtiger Schritt war die Übernahme des Spiegelschrank-Produzenten „Twick & Lehrke“ aus Gütersloh im Jahr 1995 und die erfolgreiche Integration in die Marke Keuco. Zweitens: 1999 dann die Markteinführung der Kollektion Plan. Das Sortiment wurde stetig weiterentwickelt und Plan ist bis heute die umfangreichste Accessoires-Collection für den Privat-, Objekt- und Care-Bereich.

SBZ: Und der dritte Punkt?

Dalheimer: Der dritte Punkt ist aus meiner Sicht die Einführung von wasserführenden Armaturen im Jahr 2002. Es war für uns damals ein wirklich großer und mutiger Schritt, Designarmaturen zu fertigen. Damit haben wir alle Bereiche des Unternehmens vor neue Herausforderungen gestellt: von der Entwicklung und Konstruktion über die Produktion, die Qualitätssicherung, Zertifizierung bis hin zu Vertrieb und Service. Dabei hatten wir den Anspruch, sowohl mit der Technik als auch mit dem Design die hohen Erwartungen unserer Kunden mehr als zu übertreffen. Wir haben uns der Herausforderung gestellt. Für Keuco, aber auch für mich persönlich war das ein State­ment, das nicht nur unsere Wettbewerbslandschaft und unsere Kundenstruktur verändert, sondern letztlich positiv auf die Marke gestrahlt hat. Dass wir einmal Wasser auf unserem Messestand zeigen würden, hätte sich vor fast 30 Jahren bei Keuco keiner vorstellen können.

SBZ: Welche Entscheidung/Entwicklung hätten Sie gerne zurückgenommen?

Dalheimer: 2015 haben wir in unserem Tochterunternehmen Ludewig, in dem wir auch die Badmöbel produzieren, ein ERP-System eingeführt. Im Nachhinein muss ich sagen, haben wir die Umstellung zu schnell vorgenommen. Das System war noch nicht ausgereift und wir hatten es offensichtlich nicht ausreichend getestet. Das hat unsere Lieferperformance über Monate stark belastet und das Unternehmen tief erschüttert. Eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte.

SBZ: Das Badezimmer als Raum mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten hat in den vergangenen Jahren ja einen großartigen Entwicklungsschub erhalten. Wie sehr müssen Sie sich heute noch schütteln, wenn jemand von „Nasszelle“ spricht?

Dalheimer: Im Laufe der Berufsjahre habe ich gelernt, dass es viele Begriffe für Badezimmer und Armaturen gibt. Die Nasszelle ist einer davon. Ein sehr alter Begriff, der sich leider über viele Jahre im Projektgeschäft gehalten hat. Und dennoch ist festzustellen, dass gerade bei der Vermarktung von Immobilien und Wohnungen die Qualität der Ausstattung der Badezimmer eine immer wichtigere Rolle spielt. Daher glaube ich, dass die Branche es geschafft hat, das Bild vom Badezimmer in den Köpfen der Menschen zu verändern, und den Wunsch nach einem modernen Traumbad geweckt hat.

SBZ: Worauf sollten Unternehmen wie Keuco künftig Schwerpunkte legen, damit das Bad sich auch weiterhin vom Begriff der „Nasszelle“ emanzipiert?

Dalheimer: Ich denke, es ist ein permanenter Prozess, die Idee und Vision von einem positiven Lebensgefühl mit dem Bad zu verbinden. Wir als Branche müssen immer wieder dafür Sorge tragen, diesen Raum ins Bewusstsein zu rücken. Die Medien – egal ob Print- oder Digitalmedien – spielen dabei eine große Rolle. Sie zeigen Wünsche, wir bieten die Produkte, damit aus Wünschen Wirklichkeit werden kann.

SBZ: Das Vertriebsstufen-übergreifende Zusammenspiel war für Sie und Keuco immer sehr wichtig. Warum ist das aus Ihrer Sicht auch am Anfang des neuen Jahrzehnts immer noch Garant für eine erfolgreiche Marktbearbeitung?

Dalheimer: Ein neues Bad ist ein großes Projekt innerhalb eines Hauses. Es bedarf vieler Überlegungen, Beratungen, Auswahl und Entscheidungen, Vorbereitungen, handwerklicher Arbeiten verschiedenster Gewerke, einer gut funktionierenden Logistik verbunden mit entsprechenden Markenprodukten. Das erfordert viele Fähigkeiten seitens Handel, Handwerk und Industrie.

SBZ: Mal ganz frei gesprochen: Was wünschen Sie der SHK-Branche für die kommenden Jahre?

Dalheimer: Ich wünsche mir, dass sich Industrie, Handel und Handwerk immer bewusst machen, dass das „Produkt Bad“ eine Gemeinschaftsleistung darstellt und dass die Effizienz der Branche weiter zunimmt, wenn sich alle insbesondere auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.

INFO

Zur Person

Hartmut Dalheimer war rund 30 Jahre für Keuco tätig. 1991 erfolgte der Einstieg als Leiter Marketing und seit 1995 leitete Hartmut Dalheimer als Geschäftsführer die Bereiche Marketing, Vertrieb und Technik. Er gestaltete die Zukunft des Unternehmens maßgeblich und führte es erfolgreich zum Komplettanbieter für Badausstattungen. Seine Leidenschaft für ästhetische Produkte, die immer dem Anspruch gerecht werden sollten, Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit zu vereinen, gab die Richtung vor. Er prägte die Sortimentsstrategie mit Zielstrebigkeit, dem richtigen Fingerspitzengefühl und unternehmerischem Mut. So lancierte Keuco unter seiner Leitung 2002 erfolgreich Armaturen und zahlreiche Produkte, die technisch eine Vorreiterrolle in der Sanitärbranche eingenommen haben.

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