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Integrale Planung der Gebäudetechnik

Basis für Trinkwasserhygiene

Technisch hochanspruchsvolle Projekte wie das Gebäudeensemble am Potsdamer Platz in Berlin, das Militärhistorische Museum in Dresden, die mit Bauverzögerungen kämpfende Elbphilharmonie in Hamburg oder der neue Berliner Großflughafen sorgen in der öffentlichen (Bau)Diskussion immer wieder für Schlagzeilen. Denn sie zeichnen sich alle durch eine ungeheuer komplexe Gebäudetechnik aus, die aus Planer-Sicht für ­einen nie dagewesenen Paradigmenwechsel steht: Über die zunehmenden Wechselwirkungen zwischen den Systemen der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) sowie teilweise gegenläufige Planungsziele rund um Betriebssicherheit, Energieeffizienz, Trinkwassergüte oder vorbeugenden Brandschutz bekommen die Bauprojekte eine Dimension, die mit den herkömmlichen, „arbeitsteiligen“ Planungsprozessen nicht mehr zu bewältigen ist. In kleinerem Maßstab wiederholt sich der Konflikt im anspruchsvoll ausgestatteten Einfamilienhaus oder in komfortablen Geschossbauten.

Schon die Konzeptionsphase ist entscheidend

Dieser Konflikt ist nicht systemimmanent, sondern ihm kann durch eine integrale Planung erfolgreich begegnet werden, die auf einer in der Konzeptionsphase eines Objektes durchgeführten Bedarfsplanung aufsetzt. Das war die Kernbotschaft des Fachplaner-Symposiums „Planen in 360°“ Anfang Oktober in Bonn, zu dem Systemanbieter Viega als Referenten Professor Achim Heidemann, Professor Dr. Thomas Kistemann, Dieter Hellekes, Dipl.-Ing. Marc Stolbrink und Professor Dr.-Ing. Klaus Heikrodt gewinnen konnte.

Integrale Planung mit Prozessen hinterlegen

Professor Achim Heidemann, der sich bereits seit Jahren intensiv mit der Notwendigkeit integraler Planung auseinandersetzt, ging in seinem Auftaktvortrag auf ein zentrales Problem ein: „Integrale Planung ist schon lange als Erfolg versprechender Lösungsansatz bekannt, damit Architekten und Ingenieure der gestiegenen Komplexität und den höheren Anforderungen ihrer Arbeit gerecht werden können. Aber bisher wurde nicht gewerkeübergreifend definiert, was unter diesem Begriff zu verstehen ist!“ Ebenso fehlten die Klarstellungen, welche Prozesse eine integrale Planung auszeichnen und in welcher Organisationsstruktur sie am besten umzusetzen sind. So sei diese Form der Zusammenarbeit bisher eher „als ein Mysterium anzusehen, ein Allheilmittel, nach dem sich viele Planer sehnen, um den täglich zunehmenden Problemen in Bauprojekten Herr zu werden.“

Die Konsequenz daraus ist für Professor Heidemann klar: „Schon zum Start einer jeglichen Planung gehören die TGA-Ingenieure mit ins Team, denn ohne die frühzeitige, konkrete Beteiligung aller TGA-Fachplaner geht es gar nicht. Damit die Zusammenarbeit gelingt, muss aber aufgrund von Kompetenzüberschneidungen unbedingt die Zusammenarbeit zwischen Architekten und TGA-Fachplanern reformiert werden.“

Brennende Schnittstellenprobleme

Welche dieser Schnittstellen besonders konfliktbeladen sein können, zeigte Dipl.-Ing. Marc Stolbrink an diversen Fallbeispielen aus seiner Berufspraxis als Planer und ehemaliger Berufsfeuerwehrmann im höheren Dienst auf: „Brandschutzkonzepte für Gebäude haben zwangsläufig viele Bezugspunkte zur Planung der TGA. Umso schwerer wiegen Planungs- oder Ausführungsmängel. Hinzu kommt, dass häufig Abweichungen von den Standardvorgaben zum baulichen Brandschutz notwendig sind, die geeignet kompensiert werden müssen. Das aber wirkt sich sofort auf die Komplexität und damit auf Investitionskosten und Funktionalität, später sogar auf die Betriebskosten von Bauwerk und TGA aus.“

Als Konsequenz forderte Brandschutz-Fachmann Stolbrink wie sein Vorredner eine frühzeitige und durchgehende Einbindung der Brandschutz-Ingenieure, da die Brandschutzplanung als Querschnitts-Kompetenz übergreifend fast alle Gewerke der TGA berühre. Außerdem sei von der Bauantragsplanung über die Bauausführung bis zur Bauabnahme ein verantwortlicher Brandschutz-Ingenieur in den Projektleitungsstab zu integrieren. Der könne dann auch während des Baufortschritts überprüfen, ob Planer und Handwerker regelgerecht unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen usw. arbeiten.

Ganzheitliches Planen und ­Denken notwendig

Speziell in der Betriebsphase eines Gebäudes nicht minder gefährlich sind in der TGA-Planung die Schnittstellen zum Erhalt der Trinkwassergüte, machte Professor Dr. Thomas Kistemann deutlich. Der Hygieniker stellte die dringliche Forderung auf, ­bereits in der Planungsphase ­einer Trinkwasser-Installation das „Wirk-Dreieck“ aus Temperaturhaltung, Wasseraustausch und Durchströmung zu ­berücksichtigen: „Dafür müssten aber schon frühzeitig die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, und zwar über ein gemeinsam mit dem Betreiber dezidiert aufzustellendes Lastenheft, ein Raumbuch nach VDI 6023.“ Dies sei umso wichtiger, als sich das Trinkwasser in den modernen, komplexen Trinkwasser-Installationen sowohl in hygienisch-mikrobiologischer als auch in chemischer Hinsicht nachteilig verändern könne. Die Trinkwasser-Installation müsse also auf ­jeden Fall über einen ganzheitlichen Ansatz vom ersten Entwurf bis hin zum bestimmungsgemäßen Betrieb betrachtet werden.

Neue Forschungsergebnisse stellte Professor Dr. Kistemann in diesem Zusammenhang zur Überwachung der Trinkwassergüte vor: Die für Hausinstallationen zwischenzeitlich definierten Beprobungsstellen sind entgegen der Erwartungen nicht belastbar aussagefähig. Stattdessen sei ein gewisses Monitoring zu physikalischen Größen wie Temperaturhaltung oder Vermeidung von Stagnation die weitaus sicherere Maßnahme. Vor allem, wenn dieses Monitoring in einen umfassenden Wassersicherheitsplan (WSP) eingebettet werde, der letztlich den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasser-Installation und dessen Einhaltung in Gänze abbilde.

Gewerkeübergreifende Konzepte erarbeiten

Ein gewerkeübergreifendes Energiekonzept forderte auch Professor Dr.-Ing. Klaus Heikrodt: „Die TGA-Fachplaner sind, wie ihre Kollegen für Anlagentechnik, Tragwerk oder Bauphysik, immer auf ihrem Spezialgebiet die Experten. Je nach Komplexität kommen dann noch Fachleute beispielsweise für Beleuchtung, Fassaden oder bestimmte nutzungsspezifische Anlagen hinzu. Das Thema Energie ist jedoch übergreifend hinsichtlich dieser Fachkompetenzen zu sehen, denn die Arbeiten sämtlicher Beteiligter und die Wechselwirkungen zwischen ihnen wirken sich auf die Energieeffizienz und den späteren Energieverbrauch eines Gebäudes aus.“

Um eine für den Investor wie den späteren Nutzer gleichermaßen optimale Lösung zu erarbeiten, sei also über die integrale Planung zu Beginn des Planungsprozesses ein gewerkeübergreifendes Energiekonzept zu entwickeln. Das sei möglichst schon in der Projektierungsphase eines Objektes aufzustellen, die weitere Detailplanung habe sich dann ­anzuschließen: „Spätestens mit Inkrafttreten der novellierten EnEV 2016 wird es ohne diese interdisziplinäre Zusammenarbeit gerade bei komplexen Projekten nicht mehr möglich sein, den erforderlichen EnEV-Nachweis für eine erfolgreiche Bauantragstellung ohne TGA-Planer zu erbringen.“

Technische Lösungen gibt es bereits

Aber unabhängig von den Fragen zum Erhalt der Trinkwassergüte oder zum baulichen Brandschutz, zur komfortablen Versorgung der Nutzer mit Wärme und Warmwasser oder zu den möglichst günstigen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb eines Objektes – zusammengeführt und realisiert werden müsse die integrale Planung immer über die entsprechenden Produkte und Systeme, so Viega-Schulungsleiter Dieter Helle­kes. „Hier laufen die Anforderungen letztlich immer direkt zusammen, und auf der Baustelle müssen die beschriebenen Schnittstellen-Probleme dann spätestens wieder aufgelöst werden!“

Die notwendigen technischen Lösungen dafür gebe es schon seit Jahren, aber „grundlegende Fehler, die in der lange zuvor abgeschlossenen Planungsphase gemacht wurden, lassen sich dann auch nicht mehr heilen. Selbst wenn, wie aktuell beim Brandschutz, zum Beispiel nahezu sämtliche Rohrleitungssysteme und Installationsvarianten miteinander geprüft sind – es kommt immer zu einem Mehraufwand, der durch die integrale Planung im Vorfeld auf jeden Fall vermieden werden kann und vermieden werden sollte!“

Fazit

In den vergangenen zehn Jahren stieg der Umsatz der Gebäudetechnik-Branche um fast 40%, während der Hochbau als solcher nahezu stagnierte, das hat der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) ermittelt. Bezeichnender lässt sich kaum belegen, wie komplex die TGA mittlerweile geworden ist – und welche wachsende Bedeutung sie damit für die tägliche Arbeit aller am Bau Beteiligten bekommt, vor allem aber für Architekten, Fachplaner und Ingenieure. Die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, sich frühzeitig auf die integrale Planung einzustellen. Da waren sich die Besucher des Viega-Fachsymposiums in Bonn einig.

Buchtipp

Für alle, die an dem Symposium „Planen in 360°“ nicht teilnehmen können, sei auf das neue VDI-Fachbuch „Integrale Planung der Gebäudetechnik – Erhalt der Trinkwassergüte – Vorbeugender Brandschutz – Energieeffizienz“ verwiesen, das alle Teilnehmer am Ende der Symposien als Tagungsband erhalten. Auf rund 400 Seiten werden die Inhalte der Vorträge des Fachsymposiums mit zahlreichen Tabellen und Abbildungen ­erläutert.

Tipp

Jetzt schnell anmelden

Das Viega-Fachsymposium „Planen in 360°“ wird in insgesamt zwölf deutschen Städten durchgeführt: Nach dem Start in Leipzig und Bonn stehen bis Ende November weitere Termine in Stuttgart, Nürnberg, München, Hamburg, Essen, Frankfurt und Berlin auf dem Programm. Im Dezember hat Viega für die Symposien Locations in Bremen, Hannover und Dresden gebucht. Wer noch teilnehmen möchte, sollte sich jetzt schnell anmelden unter

https://www.viega.de/de/unternehmen/messen-und-veranstaltungen/symposium-2018.html

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