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Tipps zur Auslegung von Heizkörpern

Zwischen Theorie und Praxis, Norm und Realität

Diese wassergefüllten Boliden aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts haben nicht mehr viel gemein mit dem filigranen Heizkörper für ein nach EnEV errichtetes Gebäude. Das Prinzip des Wärmetransports liegt aber beiden zugrunde. Von den Möglichkeiten zum Wärmetransport per Strahlung, Konvektion oder Leitung werden nur die beiden erstgenannten genutzt, es sei denn man schläft mal mit dem Kopf auf dem Heizkörper ein. Strahlung kann Energie über unendlich weite Strecken transportieren. Die Sonne ist immerhin 150 Millionen Kilometer entfernt und trifft trotz dieses Abstands einige Urlaubsorte mit recht guter Genauigkeit mit eben der begehrten Wärmestrahlung. Konvektion ist bekannterweise der Anteil der transportierten Heizleistung, der an einen Stoff gebunden ist. Luftteilchen werden von einem Heizkörper erwärmt und nehmen dadurch an Dichte ab. In der Folge steigen diese Teilchen nach oben, denn die umgebende etwas kühlere Luft ist ja schwerer. Beide Mechanismen, also Strahlung und Konvektion, greifen wenn ein Heizkörper in Aktion gerät. Im Darwin-Jahr kann man sich aber auch mal Gedanken machen, warum immer noch eine Vielfalt von Heizkörpern auf dem Markt vertreten sind. Nach der Theorie des alten Naturforschers ist Evolution doch überall und da überlebt nur der Beste. Fakt ist, jeder Typ hat so seine spezifischen Vorteile und wird diese auch zukünftig ausspielen.

Der unkaputtbare Strahlemann

Der Radiator, auch Gliederheizkörper genannt, stellte lange Zeit die Urform eines Heizkörpers dar. Die Ausführung in Guss­eisen oder aus Stahl hatte für den praktischen Einsatz viele Vorteile. Die einzelnen Glieder können durch das Aneinandernippeln zu fast beliebig langen Körpern zusammengebaut werden. Bautiefe und Höhe waren und sind in gewissen Bandbreiten genormt und werden den Erfordernissen entsprechend geordert. Für diese Dinosaurier spricht heute noch ihre Robustheit und Korrosionsbeständigkeit. Die Schwere der Konstruktion lässt aber wegen der daraus resultierenden Trägheit bei der Erwärmung und umgekehrt natürlich auch bei der Abkühlung einige Wünsche offen. Dies betrifft einerseits die verzögerte Aufheizung beispielsweise zur kurzzeitigen Erwärmung eines Raumes. Andererseits wird durch die Trägheit auch die Regelbarkeit beeinträch­tigt. Hervorzuheben ist jedoch der recht hohe Strahlungsanteil bei der Wärmeabgabe der Radiatoren in den Raum mit insgesamt 20 bis 25 %. Strahlungswärme wird in der Regel als sehr angenehm empfunden.

Konvektor, der unauffällige Turbo

Wie der Name schon vermuten lässt, ist hier ein Vertreter seiner Gattung unterwegs, der einen Löwenanteil an Wärme durch Konvektion weitergibt. Einerseits kann man sich also darauf verlassen, dass ein Konvektor unter dem Fenster für eine ordentliche Luftbewegung sorgt. Das Fenster wird daher, selbst unter Extrembedingungen wie in einem Schwimmbad, nicht so leicht beschlagen. Nur kann der Konvektor nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden. Daher wirbelt er die Luft und leider auch den Staub gleichermaßen durcheinander. Diese „gewünschte Unart“ macht den Konvektor für einige Anwendungen ideal (Wintergarten und Bäderbereich) und verbietet seinen Einsatz in Bereichen wo Verwirbelungen von Luft und Staub unerwünscht sind (Hausstauballergiker). Eine weitere Besonderheit stellt die Einbaumöglichkeit im Fußboden dar. Der so genannte Unterflurkonvektor verschwindet mit samt seinem Konvektionsschacht im Estrich. Ein Vorteil, der diesen Heizkörpertyp bei bodentiefen Fenstern sinnvoll erscheinen lässt. Die natürliche Konvektion, bedingt durch die Abnahme der Luftdichte bei Erwärmung, kann bei Bedarf auch durch Ventilatoren unterstützt werden. Eine solche erzwungene Konvektion wirkt leistungssteigernd, birgt aber auch die Gefahr einer Geräuschbelästigung.

Der Plattenheizkörper – ein Allroundtalent mit Potenzial

Allgegenwärtig ist seine Einsatzmöglichkeit mittlerweile als fast universell anzusehen. Auch öffentliche Gebäude, die ehemals häufig mit robusten Radiatoren ausgestattet wurden, erscheinen heute im moderneren Look der Platte. Bauhöhe und Länge ist variabel bestellbar. Die Bautiefe resultiert aus der Anzahl der Platten. Bis zu drei Stück werden in der Standardfertigung hintereinander gesetzt. Und jede Platte kann dann noch die so genannten Konvektorbleche erhalten. Das ist auch sinnvoll, denn Wärmestrahlung kann zum Beispiel die mittlere von drei Platten wohl kaum an den Raum abgeben. Die Oberfläche der Körper ist von Hause aus meistens profiliert. Diese Maßnahme stabilisiert das Blech und verringert gleichzeitig die Empfindlichkeit gegen Dellen. Es gibt auch die Ausführung als Planheizkörper mit glatten Fronten. Diese sind dann zwar empfindlicher, aber auch leichter sauber zu halten. Der Strahlungsanteil der Plattenheizkörper variiert erheblich. Ein einlagiger Körper ohne aufgeschweißte Konvektorbleche bringt es auf annähernd 40 %, während der dreilagige Körper mit zusammen drei Konvektorblechen auf einen Strahlungsanteil von nur noch 15 % an den Raum kommt.

Sonderbauformen mit dem Kick für den Deckungsbeitrag

Die so genannten Bad- oder auch Handtuchheizkörper stellen eine Sonderform dar. Die grundsätzliche Konstruktion zielt darauf ab, ein schönes Bad noch schöner erscheinen zu lassen und eben ein Handtuch zu trocknen. Oft wird der Badheizkörper für einen ganzjährigen Betrieb vorgesehen. Und damit im Zweifelsfall der 40-kW-Kessel im Keller nicht für den 400-Watt-Badheizkörper anspringt, können auch elektrische Heizpatronen integriert werden, die diesen Dienst außerhalb der Heizperiode übernehmen.

Heizkörper einfach auslegen

Grundlage zur Festlegung der Leistung eines Heizkörpers ist die Norm-Heizlast nach DIN EN 12831. Einen einführenden Bericht zur Heizlast finden Sie unter dem Titel „Heizlast kompakt“ in der SBZ 13/2009. Wenn die Norm-Heizlast beispielsweise 1000 Watt beträgt dann ist das Ziel definiert und erkannt. Klar, höre ich jetzt einige sagen, ausgelegt wird nach Katalog des Herstellers. Und wenn da als Leistung 1000 Watt angegeben werden, dann wird der Heizkörper das auch bringen. Richtig, nur unter welchen Bedingungen? Getestet werden die verfügbaren Heizkörper bei magischen 75/65/20. Also 75 °C Vorlauftemperatur, 65 °C Rücklauftemperatur, und einer Raumtemperatur von 20 °C. Nur welche Leistung ergibt sich bei anderen Temperaturen? Die Frage ist nicht akademischer Natur, sondern stellt sich für fast jede Heizungsanlage in Deutschland. 75 °C zu 65 °C ist hierzulande keine übliche Auslegung. Ein Niedertemperaturkessel beispielsweise wird im Auslegungsfall 70 °C liefern und damit das Rohrnetz nicht zu groß wird, legt man eine Spreizung von 15 Kelvin fest. Das Wasser kommt also mit 55 °C zum Kessel zurück. Wollte man einen Heizkörper mit 1000 Watt Leistung haben, müsste dieser schon etwas größer ausgelegt werden als bei den heißeren 75 °C zu 65 °C. Und ein Raum mit einer Temperatur von 24 °C ist natürlich ungleich schwieriger zu beheizen, als der Test­raum mit 20 °C. Auch für diesen Fall müsste der 1000-Watt-Heizkörper aus der ersten Betrachtung vergrößert werden. Oder, was wenn der Heizkörper den Betrieb einer Brennwertanlage optimal unterstützen soll? Gefragt wäre dann der Dreierpack 55/45/20 und hätte natürlich ebenfalls eine Vergrößerung des Heizkörpers gegenüber der Ausgangslage zur Folge. Extremer und noch deutlicher wird die Situation bei Absenkung der Vorlauftemperatur um beispielsweise eine Wärmepumpe ganzjährig unter idealen Bedingungen einzusetzen. Würde man das Vorlaufwasser mit 40 statt mit 75 °C ins Netz schicken und mit 35 statt mit 65 °C vom Heizkörper abholen, der Heizkörper müsste bei den geforderten 1000 Watt enorm vergrößert werden gegenüber der Testsituation mit 75/65/20.

Alles eine Frage der Temperaturen und Formeln

Wie immer, wenn verlässliche Werte benötigt werden, geht es auch über das großzügige Schätzen hinaus. Die zugehörige Norm, DIN EN 442 hält Formeln parat die jede sinnvolle erdenkliche Temperaturkonstellation berechenbar machen. Also ausgehend von einer Herstellerliste, in der dieser die Normleistung seines Heizkörpers ausweist (bei 75/65/20), kann jede andere Einsatzsituation berechnet werden. Die Formel lautet:


Wobei:

Φ = sprich Phi, Wärmeleistung des Heizkörpers bei Betriebsbedingungen in Watt

ΦNorm = Norm-Wärmeleistung des Heizkörpers in Watt

ΔΘln = logarithmisch gemittelte Übertemperatur in Kelvin

Und diese logarithmisch gemittelte Übertemperatur ist auch ebenfalls benannt.


wobei:

ΘV/R/L = Celsiustemperatur des Vorlauf/Rücklauf/zu beheizenden Raum

n = der Exponent der Heizkörperkennlinie ohne Einheit

Mit dem Exponenten der Heizkörperkenn­linie wird die Einflussgröße der Temperaturen der unterschiedlichen Heizkörpertypen bewertet. Beispielsweise reagiert ein Radiator anders auf geänderte Normtemperaturen als ein Konvektor und dieser wieder anders als ein einlagiger oder dreilagiger Flachheizkörper. Die Heizkörperexponenten sind bei:

  • Radiatoren: n = 1,30
  • Konvektoren: n = 1,25 – 1,50
  • Plattenheizkörper: n = 1,20 – 1,33
  • Handtuchradiatoren: n = 1,20 – 1,30
  • Fußbodenheizung: n = 1,0 – 1,05

Auffällig sind der hohe Wert des Exponenten bei einem Konvektor und der sehr niedrige Wert für eine Fußbodenheizung. Der Zusammenhang ist, wie man schon vermuten kann, in dem hohen konvektiven Anteil bei der Wärmeabgabe für den Konvektor zu sehen. Die Fußbodenheizung kommt fast ganz ohne Konvektion aus und der Exponent ist folglich sehr viel kleiner. Ein kleines Beispiel sollen den Zusammenhang aller Faktoren kurz verdeutlichen:


Zuerst soll der Wert ΔΘIn für die Normbedingungen, also 75/65/20, ermittelt werden.

Dieses Ergebnis erklärt den Wert 49,83 innerhalb der „Urformel“.

Als zweites Beispiel ist eine alltägliche Situa­tion aus der Praxis durchgerechnet.

Beispiel aus der Praxis

Ein sehr gut wärmegedämmtes neues Haus wird mittels Wärmepumpe beheizt. Die Auslegungstemperaturen für den Vor- und Rücklauf sind mit 35 °C und 28 °C sehr niedrig. Im Keller des Hauses soll zur schnellen Aufheizung ein Heizkörper eingesetzt werden. Der Raum soll auf 22 °C beheizt werden können. Der Exponent für den Heizkörper der Normliste beträgt 1,3. Welche Heizkörperleistung muss bei einer Heizlast von nur 300 Watt für einen Heizkörper aus einer Normliste gewählt werden?

Zuerst wird die logarithmisch gemittelte Übertemperatur berechnet:


Dann wird diese Temperatur in die Formel eingesetzt.


Bewertung des Ergebnisses: Ein Heizkörper der anstatt bei Normbedingungen 75/65/20 für die Bedingungen 35/28/22 vorgesehen wird, gibt nur noch das 0,109-fache seiner Leistung ab, das entspricht 10,9 %. Will man also aus der Normliste der Heizkörper einen Heizkörper mit 300 Watt Heizleistung herauspicken, so sollte die Leistung


betragen.

Nochmals zusammengefasst, weil es die Sache von der anderen Seite erklärt: Ein Heizkörper mit einer Normleistung von 2752 Watt gibt unter 35/28/22 nur noch das 0,109-fache seiner Leistung ab (10,9 %) also 300 Watt.

Tipps für die tägliche Arbeit

Ist erst einmal die Heizlast mit Rechnerunterstützung erstellt worden, so wird fast immer auch die Heizkörperauslegung auf diesem Weg erfolgen. Eine Handberechnung birgt aber auch kaum Gefahren und ist nicht sonderlich schwierig. Denn in der Regel ist für ein Objekt nur eine Auslegungstemperaturspreizung vorgesehen. Und in den meisten Fällen ergeben sich drei bis vier unterschiedliche Raumtemperaturen innerhalb eines Objektes (meist 15, 20, 22, und 24 °C). Vier Korrekturwerte wären also maximal zu errechnen und man könnte sämtliche Heizkörper des Objektes aus nur einer Heizkörperliste entnehmen. In der Praxis können insbesondere im Bestand noch einige Behinderungen bei der Wärmeabgabe auftreten. Beispielsweise werden einem dreilagigen Plattenheizkörper die konvektiven Anteile gekürzt, wenn man ihn zu dicht unter die Fensterbank montiert oder zu knapp über dem Fußboden. Auch kann ein schwerer Vorhang vor dem Heizkörper dessen Wärmeabgabe erheblich beeinträchtigen. Sogar der Anstrich eines Heizkörpers hat Auswirkungen und kann zu einer Änderung der Leistung gegenüber der Normleistung führen. Ein verchromter Badheizkörper gibt beispielweise weniger Wärme ab als ein baugleiches Modell mit üblichem Heizkörperlack. Es sind also leistungsmindernde Faktoren für Heizkörper bekannt, die bereits in die Auslegung einfließen sollen. In der täglichen Praxis sind in diesem Beitrag aufgezählte Parameter unbedingt zu berücksichtigen. Sonst droht die ein oder andere unliebsame Überraschung.

Weitere Informationen

Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held ist Mitarbeiter der SBZ Monteur-Redaktion, betreibt ein Ingenieurbüro, ist Dozent bei der Handwerks­kam­mer und Sachverständiger für Sanitär- und Heizungstechnik; Telefon (0 23 89) 95 10 21, Telefax (0 23 89) 95 10 22, E-Mail: elmar.held@t-online.de, http://www.ingenieurbueroheld.de

Excel-Tool zum Download

Für einfache Berechnungen steht SBZ-Lesern ein kostenfreies Werkzeug in Form einer Excel-Tabelle zur Verfügung. Schauen Sie doch einfach mal auf der SBZ-Internetseite unter https://www.sbz-online.de/ und da unter Downloads nach.

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