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SBZ-Serie Betriebsübergabe

Abschied und Neubeginn

Der letzte Akt der Firmenübergabe ist in der Theorie schnell erzählt: Nachdem der Nachfolger gefunden wurde, finanzielle sowie organisatorische Modalitäten geklärt sind und die Tinte unter den Verträgen getrocknet ist, bleibt nur noch eines zu tun – die Übertragung der Verantwortung für die Zukunft des Unternehmens auf den Nachfolger und der Rückzug des bisherigen Inhabers in ein entspanntes Leben, weit abseits des Unternehmensalltags. Schöne Theorie – in der Praxis sieht das natürlich etwas anders
aus.

Der Einfluss des Vorgängers

In der Regel ist der bisherige Inhaber nicht von einem auf den anderen Tag spurlos aus dem Unternehmen verschwunden. Er übt, bewusst oder auch unbewusst, weiterhin Einfluss auf den Betrieb aus.

Das geschieht auf eine gewisse Weise alleine schon aus praktischen Gründen. Denn häufig ist in der Betriebsübergabe geregelt, dass der bisherige Inhaber den Nachfolger eine bestimmte Zeit bei der Einarbeitung unterstützt, weiterhin in beratender Funktion dem Unternehmen erhalten bleibt oder auch noch Anteile am Betrieb behält.

Gleichzeitig wirken weiterhin noch viele emotionale Verbindungen des Vorgängers zu den Mitarbeitern, den Kunden, den Lieferanten und Geschäftspartnern, die auch lange nach dem Ausscheiden aus dem Geschäftsalltag spürbar sind. Unvergessen bleiben all die Erinnerungen an „die guten alten Zeiten“, die durch den nahenden Abschied lebendiger sind denn je.

Den Abschied bewusst gestalten

Doch irgendwann kommt nun mal der Zeitpunkt, an dem der Unternehmer die Schlüssel an den Nachfolger übergibt. Die Art und Weise, wie diese Machtübergabe erfolgt, beeinflusst dabei maßgeblich die Zukunft des Unternehmens. Natürlich kann man das auch über eine kurze schriftliche Stellungnahme mitteilen. Das zeigt aber eher die reservierte Beziehung zwischen dem alten Chef und den Mitarbeitern sowie Kunden – und das lässt schon nichts Gutes erahnen.

Ein offizieller und öffentlicher Übergabeakt hilft immer dabei, dass der bisherige Inhaber sich ganz offiziell von der Unternehmerrolle lösen kann. Er zeigt zudem, dass der Nachfolger nun der neue Kapitän am Bord ist und das Unternehmen wortwörtlich „in Besitz nimmt“. Egal in welcher Form diese Übergabe stattfindet – sie muss zwingend zum Unternehmen, der Kultur und allen Beteiligten passen. So kann beispielsweise das jährliche Sommerfest Rahmen für die Betriebsübergabe sein, bei dem dann neben den Mitarbeitern auch Kunden sowie die örtliche Presse Zeugen der Übergabe sind. So fühlt sich jeder abgeholt und es wird klar:

  • Von wem und was verabschieden wir uns heute eigentlich?
  • Wie sieht die neue Zukunft des Unternehmens aus?
  • Die Chance zu Veränderungen wahrnehmen

    Ist die Übergabe noch recht frisch, ist ein Unternehmen nicht selten verletzlicher denn je. Selbst wenn die Übergabe perfekt vorbereitet ist und weitgehend alles beim Alten bleiben soll, entsteht bei den Beteiligten erst einmal eines: Unsicherheit – denn kein Nachfolger wird exakt in die Fußspuren des Vorgängers hineinpassen.

    Bei aller Unsicherheit ist der Generationswechsel aber auch die beste Gelegenheit, eingefahrene Gleise zu verlassen. Denn so manches hätte sich in den Augen der Mitarbeiter schon längst verändern müssen – beispielsweise der Auftritt bei den Kunden, die Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmer, der Schritt in die digitale Welt und vieles mehr.

    Nur leider sind diese Vorhaben in der Vergangenheit am Widerstand des Inhabers gescheitert oder aufgrund festgefahrener Strukturen nicht möglich gewesen. Wahrscheinlich auch einfach deshalb, weil der Schmerz für die Veränderungen nicht groß genug war und das fordernde Tagesgeschäft im Vordergrund stand.

    Für den Nachfolger geht es also darum, genau zu erkennen und zu erfragen, welche Veränderungen dem Umfeld guttun und für die Zukunft essenziell sind, ohne die eigentliche Identität des Unternehmens komplett über Bord zu werfen. Eine herausfordernde Aufgabe, da sich der Nachfolger parallel in die neue Leitungsaufgabe einarbeiten muss. Und es bleibt nicht viel Zeit: Werden die notwendigen Veränderungen nicht zeitnah umgesetzt, werden die Macht der Gewohnheit und das Tagesgeschäft einen kräftigen Strich durch die Rechnung machen. Letztlich bliebe doch alles beim Alten – die guten Vorsätze werden leider nicht eingehalten. Der Nachfolger erlebt dadurch direkt vor den Augen der Mitarbeiter eine erste herbe Schlappe und sofort werden die Rufe nach dem Vorgänger laut.

    Klare Regeln

    Das kann unter anderem der Zeitpunkt sein, an dem sich der Vorgänger berufen fühlt, wieder das Steuer an sich zu reißen, um die schwierige Situation zu lösen. Erst recht, wenn der bisherige Inhaber während der Übergabezeit oder als Berater im Unternehmen weiterhin mitarbeitet. Alte Verhaltensmuster treten wieder auf, sodass sich die Mitarbeiter wieder an den alten Chef wenden, wenn ihnen etwas unter den Nägeln brennt. Der Nachfolger wird zukünftig bei allen wichtigen Themen umgangen und auf das Abstellgleis gestellt. Eigentlich ist damit alles so wie früher. Der bisherige Inhaber hat wieder alles unter Kontrolle – nur mit dem Unterschied, dass ihm der Betrieb vermutlich nicht mehr alleine gehört.

    Damit so etwas nicht passiert und das eigentliche Engagement des Vorgängers wirklich eine Bereicherung wird, gilt es, die Rolle und die Kompetenzen des ehemaligen Unternehmers eindeutig zu definieren. Dazu gehören klar festgelegte Tätigkeiten, Ziele und ein Szenario, bei dem das Engagement des Vorgängers zu einem bestimmten Zeitpunkt vorbei ist oder der Nachfolger entscheiden kann, dass der Vorgänger das Schiff nun endgültig verlässt. Nur dadurch kann der neue Chef seine Integrität vor den Mitarbeitern und Kunden wahren – auch in schwierigen Situationen. Es sollte stets die positive Absicht im Vordergrund stehen, dass man auf eine festgelegte Zeit auf die besonderen Fähigkeiten und Erfahrungen des Vorgängers für das Unternehmen zurückgreift. Die alleinige Entscheidungsgewalt und Verantwortung trägt aber von nun an der Nachfolger.

    Info

    Heftserie und Onlinethema

    Folgende Artikel beinhaltet die SBZ-Serie zur ­Betriebsübergabe:

  • SBZ 16-2020: Sich für den Schritt zur Nachfolgeregelung entscheiden; als Chef zurückziehen; neue Perspektiven leben!
  • SBZ 18-2020: Was ist das Unter­nehmen wert?
  • SBZ 1-2021: Welche Nachfolgeoptionen gibt es und welche ist für welchen Betrieb die richtige?
  • SBZ 2-2021: Welche Unterlagen benötigt man für den Verkauf und die Übergabe?
  • SBZ 3-2021 (aktuelle Ausgabe): Den Betrieb übergeben!
  • SBZ-Webinar am 16. April 2021: mehr dazu im Kasten rechts: „In eigener Sache“ .
  • In eigener Sache

    Kostenfreies Webinar: So gelingt die Betriebsübergabe

    Die SBZ bietet mit ihrem Autor Christian Bräuer ein Webinar zum Thema Nachfolgeregelung/Betriebsübergabe an. Es bildet den Abschluss dieser Artikelserie. Die Onlineveranstaltung ist geplant für den 16. April 2021 (das ist ein Freitag, 11 Uhr). SHK-Handwerksunternehmer können bereits heute per Mail ihr Interesse bei SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger bekunden (jaeger@sbz-online.de) und weitere Infos zum Thema einholen. Sie werden dann über den Termin auf dem Laufenden gehalten bzw. daran erinnert. Das Webinar ist für SBZ-Abonnenten kostenlos, alle anderen zahlen 95 Euro oder können Abonnent der SBZ werden (mehr zu den Modalitäten und zur Anmeldung in den kommenden Wochen über jaeger@sbz-online.de). Mehr zum SBZ-Abo unter:

    Autor

    Christian Bräuer
    (B. Sc. Wirtschafts­informatik) ist geschäftsführender Gesellschafter der Ewald W. Schneider GmbH. Das Unternehmen bietet Unterstützung bei der Nachfolgeregelung sowie in Personalberatung und Personaltraining.

    Bild: Chr. Bräuer

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