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Technische Referententagung

Wer ist wirklich Marktpartner?

Längst sollte das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) Wirkung zeigen, denn die nationale Umsetzung der Brüsseler Vorgaben war überfällig. Ziel dieses EDL-G ist es, dass Mineralölhändler, Strom- oder Gasanbieter nicht nur Energie verkaufen, sondern auch dafür sorgen sollen, dass Energie möglichst effizient verwendet wird. Mindestens neun Prozent sollen in neun Jahren eingespart werden.

Nicht zu Schraubern degradieren lassen

Zweifel am Erfolg des Gesetzes sind angebracht, denn aus der Kabinettsvorlage von 2009 wurden viele Punkte entfernt und stattdessen allgemein gehaltene Formulierungen in diesem Sommer verabschiedet. Kaum ist das EDL-G in Kraft getreten, wird erwartet, dass das neue Energiekonzept der Bundes­regierung bereits für Nachbesserungen sorgen wird. Ist das Gesetz ein Papiertiger, das nur Bürokratie bringt? „Das neue EDL-G birgt reichlich Sprengstoff,“ machte ZV-Geschäftsführer Andreas Müller deutlich. Es wird Energieversorger geben, die am Fachhandwerk vorbei Leistungen für mehr Energieeffizienz anbieten. Entweder engagiert man dazu handwerksfremde Dienstleister oder es werden Fachhandwerker für die Montage geworben und zu Schraubern degradiert. Die Wertschöpfung bleibt dabei stets beim Energieversorger!“ Müller machte deutlich, dass diese Entwicklung in der SHK-Verbandsorganisation mit Sorge verfolgt und gegengesteuert wird.

Von politischer Seite gewollter Bürokratismus erschwert die Sachlage. Allein schon ­eine im EDL-G vorgesehene Liste mit Anbietern von Energiedienstleistungen wird dafür sorgen. Wer dort vermerkt sein will, um von den Energieversorgern (EVU) als fachkundiges und kompetentes Unternehmen genannt zu werden, soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) auf Grundlage schwammig formulierter Kriterien bestimmen und überwachen. Längst ist die Verbandsorganisation im Gespräch mit EVUs und Entscheidungsträgern in der Politik, um die Mitgliedsbetriebe als Ansprechpartner für mehr Energieeffizienz zu positionieren.

Eon-Ruhrgas setzt aufs ­Handwerk

Wie erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen EVUs und dem Fachhandwerk sein kann, zeigt die Marketing-Strategie „Brennwert plus Solar“, die inzwischen abgeschlossen wurde. In der Vermarktung kam den Handwerksbetrieben des Erdgaspartner-Teams die Aufgabe zu, das Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden zu nutzen, um Effizienzvorteile einer neuen Heizung und deren Fördermöglichkeiten aufzuzeigen. An dieser Mittlerfunktion des Handwerks will die Eon-Ruhrgas festhalten. Ab Oktober startet ein Förderprogramm für Endkunden bis Ende März 2012, um die Technologien von Mikro-KWK und Gas-Wärmepumpen pub­lik zu machen.

Das Engagement für die Mikro-KWK stützt die EON-Ruhrgas auf ein „Push-Programm“ sowie eine „technologieneutrale Vermittlung“. Im Push-Programm sieht sich die Eon-Ruhrgas als Vermarktungspartner für die Hersteller, während dem SHK-Handwerk die Aufgabe zukommt, die Mikro-KWK-Anlagen dem Endkunden zu verkaufen und zu installieren.

Was wird gefördert? Der Einbau einer Mikro-KWK-Anlage mit einer elektrischen Leistung von max. 2 kW oder die Installation einer Gas-WP mit einer thermischen Leistung von max. 50 kW. Drei Punkte sind für das Marketing von Bedeutung:

  • Alle Antragsteller erhalten als Innovationsunterstützung eine Gutschrift in Höhe von 20000 kWh zum kostenlosen Bezug von Erdgas durch die teilnehmenden EVUs
  • Neukunden sichern sich einen Bonus von 5000 kWh
  • Beim Erdgas ergibt sich eine regenerative Komponente durch die Beimischung von 10 % Biogas.
  • Anträge stellen können Hausbesitzer, die bereits Gaskunde sind (Modernisierer) oder die eine Heizungsanlage auf Erdgas umstellen.

Effizient oder effizienter?

„Was ist überhaupt ein effizientes System“, fragte Andreas Müller in die Runde der Technischen Referenten. Einen alten Kessel gegen ein Brennwert-System zu tauschen, werde man zweifellos als überfällige Maßnahme ansehen. Zur Diskussion stellte er jedoch folgendes Szenario: „Aufgrund des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes betreiben mittlerweile zahlreiche Kommunen Heizkraft­werke mit Biomasse und verhängen einen Anschlusszwang für das neu geschaffene Nahwärmekonzept. Niemand fragt danach oder erbringt den Nachweis, ob dieses Heizkraftwerk tatsächlich günstiger und effizienter Wärme zum Endverbraucher bringt als ­etwa die einzelne Brennwertanlage plus Solarthermie oder die Einzelfeuerstätte im Niedrigenergiehaus.“ Müller zeigte sich unzufrieden mit der derzeitigen Betrachtungsweise rund um die Energieeffizienz. Weder gehe man weit genug in den Fragen nach Wirkungsgrad und Einsatz von Primärenergie, noch gebe es einheitliche Vergleichskriterien, damit z.B. ein Planer diverse Systeme in ihrer Energiebilanz gegenüber stellen könne.

In den Wortbeiträgen zeigte sich, dass vor allem bei den erneuerbaren Energien nicht die Frage nach der Effizienz im Mittelpunkt steht, sondern dass man sich beispielsweise mit der Erkenntnis begnügt: „Ich spare 250 Liter Öl beziehungsweise 250 Kubikmeter Gas durch eine solarthermische Anlage auf dem Dach“. Einzelbetrachtungen werden offenbar: Vom solarthermischen Kollektor über das PV-Modul bis hin zum Heizgerät mögen Angaben zum Wirkungsgrad bestehen, doch dies ist weit entfernt von einer Gesamtbetrachtung der Anlageneffizienz – von einem transparenten Zahlenvergleich verschiedener Systeme ganz zu schweigen.

Der Mensch als Störgröße

Inwieweit nimmt der Nutzer eines Heizsystems Einfluss auf prognostizierte Verbrauchswerte? Mit Ergebnissen aus zwei Studien konnte ZVSHK-Referent Matthias Wagnitz aufwarten. Eine wichtige und zugleich ernüchternde Erkenntnis: Viele Nutzer machen im Gegensatz zu dokumentierten Messwerten deutlich andere Aussagen. Was beispielsweise die kontrollierte Lüftung an Wärmeenergie einsparen könnte, wird durch vergessene, permanent geöffnete Fenster eliminiert.

Wagnitz prognostizierte, dass ungeachtet dessen die Vorschriften für das Energiesparen weiter verschärft werden. Konfliktpotenzial entsteht, weil der Fachbetrieb auf der einen Seite Effizienzzusagen aufgrund von Herstellerangaben zu machen hat, auf der anderen Seite jedoch SmartMeter oder andere Messmethoden den tatsächlichen Energieverbrauch transparent machen. Ungeachtet seines Nutzerverhaltens stellt der Kunde dann fest, dass der Wärmeverbrauch höher liegt als erwartet. Wagnitz sieht einen hohen Beratungsaufwand auf die Fachbetriebe zukommen und ließ die Frage offen: „Wie weit wird der Kunde in seinem Nutzerverhalten beeinflussbar sein, wenn es um die intelligente Bedienung der Gebäudetechnik geht?“

Chancen für neue Angebote von Dienstleistungen eröffnen sich: In Zusammenarbeit von ZVSHK und dem Web-Portal CO2-Online soll eine Informationsplattform entwickelt werden, in die Endkunden ihre Anlagendaten einbringen. Wenn der Endverwender dies erlaubt, soll ein bestimmter Mitgliedsbetrieb Zugriff auf die Kundenanlage bekommen und Dienstleistungen anbieten (z.B. Überwachung oder Effizienzbewertung).

Energieeffizienzfonds als ­Modernisierungsschub

Auch der ZVSHK-Entwurf für einen Energieeffizienzfonds beschäftigte die Runde der Technischen Referenten in Potsdam. Das Fondsmodell sieht vor, sanierungswilligen Hausbesitzern ein Effizienzdarlehen zu gewähren. Ähnlich dem Bafög-Modell wären die Modernisierer verpflichtet, einen Teil der eingesparten Energiekosten über einen festzulegenden Zeitraum an den Fonds zurückzuzahlen. Zur finanziellen Grundausstattung könnten nach Vorstellung des ZVSHK auch Anteile der zu erwartenden Abschreibungsgewinne aus einer möglichen Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke genutzt werden.

Udo Wirges zeigte auf, dass in den kommenden Jahren durch die angespannte Haushaltslage nicht mehr viel an Fördergeld zu erwarten ist, um beispielsweise den Modernisierungsstau bei veralteten Heizungsanlagen abzubauen. Auch ein Stop-and-Go – wie in diesem Jahr beim Marktanreizprogramm – bringt große Verunsicherungen bei Investoren. Daher die Suche nach einem langfristigen und verlässlichen Finanzierungsmodell.

Angestrebt wird, wieder zur Modernisierungsquote von einer Million Altanlagen pro Jahr zu kommen (Stand der 90er-Jahre). Derzeit werden etwa 500000 Alt-Anlagen aufgrund eines Defektes ersetzt, 100000 Neu-Anlagen gehen aufs Konto der Aufklärungsarbeit pro Umwelt und Effizienz. Udo Wirges: „Für den Effizienzfonds ist der ZVSHK nicht nur im Gespräch mit den politischen Entscheidern in Berlin, sondern auch mit der Finanzwirtschaft, denn ohne eine Anschub-Finanzierung wird es nicht gehen.“

BImschV bleibt vorerst unklar

„Wir brauchen keine schwammigen Formulierungen, sondern klare Handlungsanweisungen“, lautete der Tenor in der Technikerrunde. Im Brennpunkt standen einmal mehr unpräzise Aussagen in der Immissionsschutzverordnung (BImschV). ZVSHK-Referent Tim Froitzheim erläuterte den Hintergrund. Der Gesetzgeber legt Wert darauf, dass zwischen Einzelraumfeuerstätte und Zentralheizungsanlage unterschieden wird. Entsprechend unterschiedlich fallen Bedingungen für Emissionen und Übergangsfristen aus. Doch statt Klarheit gibt es derzeit Verwirrung: Eine Definition zu Einzelraumfeuerstätten geht davon aus, dass eine solche Feuerstätte vorrangig zur Beheizung des Aufstellraumes verwendet wird.

  • Ist dieses „vorrangig“ in Bezug auf die zeitliche Nutzung zu interpretieren oder hinsichtlich der Wärmeleistung?
  • Kann die Nennwärmeleistung einer Einzelraumfeuerstätte als Entscheidungskriterium dienen?
  • Ist eine Einzelraumfeuerstätte mit Wassertasche/Wärmetauscher, wie sie mittlerweile etliche Hersteller anbieten, per Definition keine Zentralheizung oder lässt sich dies anders interpretieren?

Die unpräzisen Formulierungen und offenen Fragen können derzeit nicht in der BImschV verändert beziehungsweise beantwortet werden. Vielmehr kommt die Lösungsaufgabe den Länderkommissionen in Zusammen­arbeit mit dem Bundesumweltministerium zu. Daran wird in den nächsten Monaten ­gearbeitet werden. Statt einer Verwaltungsvorschrift müsse dies eine Durchführungsverordnung regeln, war man sich in der Referentenrunde über den Verfahrensweg einig.

Aktuelles in Kürze

  • Die neue Trinkwasserverordnung liegt derzeit auf Eis. Während die Länder auf eine zügige parlamentarische Beratung drängen, hat die Immobilienwirtschaft bis dato erfolgreich interveniert, weil Auswirkungen der neuen Verordnung ­eine zu große finanzielle Belastung bedeuten würden.
  • Die Überprüfung der Entwässerungssysteme auf privaten Grundstücken soll erstmalig bis 2015 erfolgen. Noch zu Jahresbeginn sah es aus, dass sich die Bundesländer ohne Ausnahme auf diesen zeitlichen Rahmen festlegen würden. Leider sind Länder wie Schleswig-Holstein und Hessen ausgeschert und gewähren Fristverlängerung bis 2020. Dessen ungeachtet führen Landesverbände ihre angekündigten Weiterbildungen zur „Fachkraft Grundstücksentwässerung“ durch.
  • Vereinzelt werden Schäden an Kunststoffleitungen im Warmwasserkreislauf bekannt. Franz-Josef Heinrichs verwies auf den geregelten Verfahrensweg im Rahmen der Haftungsübernahmevereinbarungen: Für die Verbandsorganisation ist es wichtig, dass der Mitgliedsbetrieb diesen Schaden frühzeitig seinem Landesverband meldet, damit eine Lösung gemeinsam mit dem Hersteller erarbeitet werden kann.
  • Der ZVSHK will bis zum Frühjahr 2011 ­eine Fachinformation zum Thema Hybridheizsysteme erstellen. Das Know-how wird dann wichtig, wenn es um Feuerungsanlagen mit Wassertechnik zur Unterstützung der Zentralheizung geht oder wenn Solarthermie das Heizsystem ergänzen soll. <i>TD</i>