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Mitgliederversammlung in Potsdam

Auf dem Weg zum Schrauber?

Die Mitglieder des ZVSHK trafen sich am 6. und 7. Mai 2010 in Potsdam. Kurz nachdem bekannt geworden war, dass das Marktanreizprogramm (MAP) zur Anlagenmodernisierung und Förderung regenerativer Wärme für dieses Jahr ganz gestrichen werden soll. ZVSHK-Präsident Manfred Stather fand deutliche Worte, um das Unverständnis aus Sicht der SHK-Organisation auszudrücken: „Durch die Förderung von Solarkollektoren, Biomasseheizungen oder Wärmepumpen konnten wir viele Kunden für eine zeitgemäße Gebäudetechnik gewinnen. Die Verlässlichkeit in diese Förderpolitik hat jetzt einen herben Rückschlag erlitten.“

Vertreter aus den Landesverbänden machten deutlich, welche unmittelbaren Auswirkungen dies in den Betrieben hat. Spontane Stornierungen von Aufträgen sind keine Seltenheit. Das Ergebnis der Erörterungen: Der ZVSHK wendet sich mit einer Resolution an wichtige Bundespolitiker, um das Vorhaben doch noch ins Gegenteil zu kehren. Im Vergleich zu anderen Förderungen gilt das MAP als besonders effizient. Es hat sich als Konjunkturmotor erwiesen und zielt unmittelbar auf die CO2-Minderung. ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser befürchtet im Auf und Ab einer unberechenbaren Förderpolitik, dass verunsicherte Bauherren abwarten. „Wenn ein Förder-Euro aus dem MAP bisher den Anreiz gegeben hat, dass Investoren acht weitere Euro zur Anlagenmodernisierung eingesetzt haben, dann drohen dem Wirtschaftsbereich jetzt 900 Millionen Euro an Investi­tionen verloren zu gehen.“

Energiekonzept anders gestalten

Trotz vorerst annullierter Förderung hat sich nichts an den ambitionierten Zielen der Bundesregierung zur Energieeinsparung und CO2-Minderung geändert. Doch wie realisieren?

An technischen Lösungen mangelt es nicht – im Gegenteil: Der ZVSHK sieht auf dem Weg zur Minderung von Umweltbelas­tungen so viele Möglichkeiten in der Haus- und Gebäudetechnik, dass die Zeit für neue Rahmenbedingungen gekommen ist. Der Vorschlag: In Zukunft soll die Energieeffizienz als Führungsgröße bestimmend sein. In den Bundesministerien sind bereits etliche Gespräche geführt worden. Nicht mehr einzelne Systeme oder Techniken sollen begünstigt werden, sondern das Maß der Einsparung oder der Schadstoffreduktion.

Im Herbst plant die Bundesregierung das „Energiekonzept 2010“ zu verabschieden. Der ZVSHK nutzt bis dahin weitere Gesprächsrunden. Zusammen mit der Politik, der Heizungsindustrie, der Energiewirtschaft und privaten Kreditinstituten will der ZVSHK in den nächsten Jahren ein Anreizsystem aufbauen, das sich unter anderem aus den Energiekosteneinsparungen in Gebäuden trägt. Die haushaltsabhängige Förderpolitik mit negativen Stop-and-Go-Effekten würde sich dadurch erübrigen. Elmar Esser sagte in Anspielung auf die angespannte Finanzsituation der öffentlichen Hand: „Ständige Forderungen nach Subventionen oder Fördermitteln aus Steuergeldern machen keinen Sinn, wenn die finanziellen Voraussetzungen hierfür nicht mehr gegeben sind.“

Energieeffizienz finanzierbar machen

Zum einen könnte das Einsparen von Energiekosten ein neues „Energiekonzept 2010“ tragen. Zum anderen zeichnet sich eine weitere Entwicklung ab: Inzwischen wird in Berlin nicht mehr darüber gesprochen, ob Atomkraftwerke länger am Netz bleiben, sondern wie lange. Andreas Müller, Geschäftsführer Technik im ZVSHK: „Wenn Laufzeiten verlängert werden, dann sollte man die erheblichen Mehreinnahmen sowohl in die Sicherheit der alten Meiler stecken als auch einen Fond zur Steigerung für Energieeffizienz aufbauen. Aus diesem Finanztopf ließen sich zahlreiche Projekte realisieren.“ Nicht nur Städten und Gemeinden fehlt das Geld. Auch für Handwerker könnte sich auszahlen, wenn möglichst viele Modernisierungsvorhaben aus diesem neu geschaffenen Fond vorfinanziert würden.

Vom Unternehmer zum Schrauber?

In Städten wie Berlin und Freiburg sind die Energieversorger auf der Suche nach neuen Betätigungsfeldern, Absatzmärkten und Vertriebsstrukturen. Welche Brisanz dadurch für das Fachhandwerk erwächst, kam auf der Mitgliederversammlung zur Sprache. Statt es weiterhin den Handwerksbetrieben zu überlassen, welche individuellen Maßnahmen sie zur Herstellung von Energieeffizienz empfehlen, initiieren einige Energieversorger ein Direktmarketing. Ins Angebot bei Beratung und Kundenwerbung kommt beispielsweise ein „Feldversuch“ mit 100 Mikro-BHKWs eines einzigen Herstellers zum Festpreis. Unter Vertrag sind 20 Betriebe, die die Geräte aufstellen und betreuen – ebenfalls zu fest vereinbarten Konditionen. „Vor dieser Entwicklung kann ich nur warnen“, äußerte sich Manfred Stather. Statt einer Marktpartnerschaft entwickelt sich seiner Einschätzung nach eine neue Vertriebsstruktur, die den Handwerker allmählich vom Unternehmer zum Schrauber degradiert.

Stather begrüßte es, dass namhafte Heizungshersteller zur ISH das bisher spärliche Angebot an BHKWs im kleinen Leistungsbereich erweitern. Wenn das Geräteangebot von bewährten Gewährleistungspartnern kommt, äußerten sich einige in der Mitgliederversammlung, kann der Markt und die Beratungskompetenz des Fachhandwerks auf die Entwicklungen reagieren.

Wirtschaftslage derzeit gut

In den ersten Monaten dieses Jahres haben die Handwerksbetriebe von einer stabilen Nachfrage profitiert, wie die Frühjahrsumfrage des ZVSHK ergab. Auf der Mitgliederversammlung zeigte sich Präsident Manfred Stather über diese Entwicklung erleichtert: „Unsere Betriebe sind weitgehend unbeschadet durch das Krisenjahr 2009 gekommen.“ Den Hauptgrund für die stabile Marktsituation sieht der Zentralverband in einer Rückbesinnung der Bürger auf Wohnimmobilien als sicheres Investment. Den Hauptanteil der Kunden stellten die privaten Haushalte. Zwischen 60 und 75 Prozent des Jahresumsatzes haben die SHK-Betriebe 2009 je nach Betriebsgröße durch Leistungen für private Investoren und Hauseigentümer erwirtschaftet.

Gezielt Nachwuchs werben

Die Mitgliederversammlung zeigte sich zufrieden mit der Image-Kampagne für das Handwerk. Seit Monaten erreicht der Zent­ralverband des deutschen Handwerks mit einer millionenschweren Kampagne hohe Aufmerksamkeit. Pfiffige Botschaften machen in Print- sowie elektronischen Medien unmissverständlich klar, dass es ohne Handwerk nicht geht. Der eine oder andere Slogan ist auch auf die SHK-Handwerke zugeschnitten.

Birgit Jünger, Marketing-Referentin im ZVSHK, machte deutlich, dass für eine gezielte Nachwuchswerbung in den kommenden Jahren mehr getan werden muss. Auch die Ansprache für Schüler – wenn sie erfolgreich sein soll – wird sich gegenüber einem Image-Poster unterscheiden müssen. Einstimmig beschloss die Mitgliederversammlung, ein passendes Konzept zur Nachwuchswerbung zu erarbeiten.

Mit Kommunen ins Gespräch

Angesichts leerer öffentlicher Kassen sind viele Bereiche der Kommunen von Streichungen betroffen. Auch Investitionen in Nahwärmekonzepte droht der Rotstift. Deshalb wird der ZV mit kommunalen Vertretern ausloten, was gemeinsam vorangebracht werden kann. Hauptgeschäftsführer Elmar Esser: „Wir möchten mit einem Kommunaltag zur ISH die Initiative ergreifen. Es gilt zu überlegen, welche Konzepte weiter ausgebaut werden können, um dem Modernisierungsbedarf in öffentlichen Gebäuden gerecht zu werden und die Handwerksbetriebe vor Ort einzubinden.“

Weitere Punkte in Kürze

  • Die Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft hat mit der Initiative &bdquo;Intelligent Heizen&ldquo; ein Programm aufgelegt, um die Modernisierung von Heizungsanlagen voranzubringen. Auch die &bdquo;Initiative Erdgas pro Umwelt&ldquo; (IEU) hat das Ziel, den Modernisierungsstau in Deutschland aufzulösen und den Kunden für eine Heizungsmodernisierung zu gewinnen. Beide Kampagnen setzen ausdrücklich auf die Leistungen der Innungsbetriebe. Auf <a href="http://www.moderne-heizung.de" target="_blank">http://www.moderne-heizung.de</a> und <a href="http://www.intelligent-heizen.info" target="_blank">http://www.intelligent-heizen.info</a> lässt sich eine Handwerkersuche per Postleitzahl starten, die nur auf organisierte Eckring-Betriebe hinweist.
  • Ein erfolgreich abgeschlossener TRGI-Kurs kann nicht allein Voraussetzung sein für einen Eintrag ins Installateurverzeichnis der Gasversorger. Die Entscheidung bleibt allein dem Installateurausschuss vorbehalten, den Stand der Qualifikation zu bewerten.
  • Die vom Schornsteinfeger angebotene Dienstleistung einer Gas-Hausschau ist in klar definiertem Umfang zulässig. Von Bedeutung ist, wie der Schornsteinfeger für diese Dienstleistung wirbt. Dabei ist nicht akzeptabel, dass hoheitliche Aufgaben als Bezirksschornsteinfeger mit einer Gas-Hausschau verknüpft werden.
  • In den nächsten 12 Monaten sollen Vereinbarungen zum SHK-Mindestlohn getroffen werden.
  • Arbeitet eine Wärmepumpe effizient? Die Empfehlung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen lautete zunächst, dass sich der Auftraggeber eine schriftliche Leistungszusage vom Fachbetrieb einholen sollen. Das ist jetzt vom Tisch. Vielmehr wird jetzt gemeinsam mit dem ZVSHK, der Heizungsindustrie und anderen an Auswahl- und Bewertungskriterien gearbeitet und eine Checkliste erstellt.

Schlussbemerkung

Für den Staatshaushalt sind Kürzungen in vielen Bereichen angesagt. Auf öffentliche Fördertöpfe ist angesichts von Stop-and-go kein Verlass. Dennoch bedarf es Planungssicherheit und ohne finanzielle Zuschüsse werden viele nicht investieren wollen. Die Bildung eines Fonds könnte die Lösung bringen. Der ZVSHK hat die Initiative ergriffen und will zusammen mit Politik, Heizungsindustrie, Energiewirtschaft und Kreditinstituten ein Anreizsystem aufbauen, das sich zum einen aus den Energiekosteneinsparungen in Gebäuden trägt. Jeder weitere Arbeitstag in abgeschriebene Kernkraftwerke bringt den Stromversorgern üppige Gewinne – deshalb könnte auch von dieser Seite Geld in den Fond fließen, um ehrgeizige Ziele zur CO2-Minderung (zwischen)finanzieren zu können. TD

Protest

Resolution des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima

Das Marktanreizprogramm wurde am 3. Mai gekippt. Die Mitgliederversammlung des ZVSHK formulierte folgende Resolution, die inzwischen an die Entscheider der Berliner Polit-Bühne gegangen ist:Die Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima beschließt die folgende Resolution zur sofortigen Aufhebung der MAP-Haushaltssperre Die am 3. Mai 2010 in Berlin endgültig wirksam gewordene Haushaltssperre für das Marktanreizprogramm zur Förderung der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt wird Investoren und Modernisierer massiv verunsichern.

Die unter finanzpolitischen Aspekten entschiedene Beendigung des Marktanzreizprogramms für den Einsatz erneuerbarer Energien ist aus Sicht des ZVSHK wirtschafts- und umweltpolitisch falsch sowie ein klarer Schritt zurück in die Vergangenheit. Der Sparbeschluss des Bundestages kommt zur Unzeit und ist unverantwortlich. Wie schon so oft bei haushaltsabhängigen Förderprogrammen werden die Verbraucher jetzt erneut mit Verunsicherung und Zurückhaltung reagieren. Dringend notwendige private Investitionen in moderne und umweltfreundliche Heizungsanlagen werden dadurch unterbunden.

Der Förderstopp beschädigt die nach wie vor geltenden Zielsetzungen der Bundesregierung zum Klimaschutz. Angesichts der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele zum Klimaschutz, zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, benötigt der Mittelstand dringend nachhaltige Anreize, um die enor­men Effizienzpotenziale im Wärmemarkt zu aktivieren. Die Haushaltssperre konterkariert diese Bemühungen.

Die bereits im Bundeshaushalt 2010 eingestellten Mittel in Höhe von 115 Millionen Euro für das Marktanreizprogramm zu sperren und damit den Markt extrem zu verunsichern, ist ein Vertrauensbruch gegenüber Bürgern und Wirtschaft. Der positive Effekt von einem Euro Förderung, die bis zu acht Euro Investition auslösen, ist völlig aus dem Blickfeld geraten.

Die Mitgliederversammlung des ZVSHK fordert die Bundesregierung und den Bundestag umgehend zur Aufhebung der Haushaltssperre auf!

Potsdam, 6. Mai 2010

Zentralverband Sanitär Heizung Klima