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Geschäft im Wärmemarkt wird sich deutlich ändern

Heizen nach Meseberg

Zur Klimakonferenz auf Bali im Dezember 2007, so das politische Ziel, sollte die Bundesrepublik Deutschland eindrucksvoll dokumentieren können, dass der Gedanke „Klimaschutz“ ernst genommen wird. Was da im Einzelnen auf den Weg gebracht werden soll, ist allein für den SHK-Bereich betrachtet bereits recht umfangreich. Das sind vor allem folgende Ziele:

  • Verschärfung der EnEV mit Ziel Passivhaus im Jahr 2020
  • Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG): Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien
  • Verbesserung der Fördersituation
  • Verdoppelung des Stromanteils durch Kraft-Wärme-Kopplung auf 25 %
  • Steigerung des regenerativen Stromanteils auf mehr als 25 %
  • Verbot von Nachtspeicherheizungen.

Der aktuelle Bearbeitungsstand ist erstaunlich weit fortgeschritten. Zwar sind auch reine Willensbekundungen darunter, doch die bereits beschlossenen Maßnahmen mehren sich. Die Summe aller offiziellen und inoffiziellen Aktivitäten legt nahe, dass das komplette Programm im geplanten Zeitplan durchgezogen wird.

Bezogen auf den jetzt erkennbaren aktuellen Stand, werden die Auswirkungen für das SHK-Handwerk erheblich sein. Sie bieten Chancen für eine deutlich bessere Einkommenssituation, denn die verkaufte Technik wird umfangreicher und teurer. Die Auswirkungen beinhalten aber auch Risiken. Wer nur herkömmliche Kessel anbietet, wird in naher Zukunft echte Probleme bekommen. Wenn ein Handwerksbetrieb nicht wenigstens in einem der Bereiche

  • hydraulischer Abgleich (auch im Bestand),
  • Wärmepumpen
  • Biomassekessel
  • Solar
  • kontrollierte Wohnungslüftung
  • Kraft-Wärme-Kopplung

baldmöglichst fit ist, wird er deutliche Wettbewerbsnachteile haben.

Verschärfungen am System Gebäude

Das Gebäude wird weiterhin als eine Einheit betrachtet werden. Das Zusammenspiel aus Dämmung, Lüftung und Heiztechnik wird in zunehmendem Maße wichtiger, um die politisch gewünschten Verbrauchsziele auch tatsächlich zu erreichen. Voraussichtlich zum 1.1.2009 wird die EnEV-Anforderung an die Primärenergie um 30 % verschärft werden. Da die Transmissionsanforderungen (Dämmung) nach dem jetzigen Stand „nur“ um 15 % verschärft werden, ist damit zu rechnen, dass die Anforderungen an die Technik in der Realität überproportional steigen werden. Eine weitere Verschärfung um ebenfalls 30 % ist für 2011/2012 geplant. Ziel ist es, zumindest für den Neubau das Passivhaus als verpflichtenden Standard bis 2020 vorzugeben.

Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen zudem die Folgerung zu, dass nach kurzer Zeit der tatsächlich gebaute Standard besser ist als die Mindestanforderung. Das war bei bisherigen Wärmeschutz- sowie bei Energieeinsparverordnungen so. Man kann deshalb damit rechnen, dass in den nächsten zwei Jahren der Anteil der 4-Liter-Häuser schon deutlich ansteigt. Ab 2011/12 wird der Anteil an Passivhäusern dann steil in die Höhe gehen. Die letztjährigen Steigerungen bei den KfW-geförderten Häusern (4 Liter und besser) wurden trotz der schwachen Auftragslage im Bauwesen realisiert und sprechen dahingehend schon heute eine deutliche Sprache.

Der Altbau wird mit geringer Verzögerung folgen. Die beschlossenen Förderprogramme werden hier für eine kontinuierliche Nachfrage sorgen, doch nur bei energetisch aufwendig sanierten Gebäuden oder im Fall eines Kesseltausches durch aufwendigere Technik (siehe nächster Abschnitt). Das Sanierungsprogramm „EnEV minus 30 %“ der KfW bedeutet einiges an Aufwand, hat aber im letzten Jahr eine erhebliche Nachfrage ausgelöst, während die Standard-Programme durchweg deutliche Rückgänge in einer Größenordnung von 50 % verzeichnet haben. Das bedeutet, dass auch das wichtige Sanierungs- und Austauschgeschäft in gleichem Maße beeinflusst werden wird wie der Neubau.

Der reine Kesseltausch hat kaum Zukunft

Was sind die Folgen für die Technik? Eine Tatsache steht für den Neubau bereits fest: Der einfache Kessel hat ausgedient. Als absolute Mindestanforderung wird sich die solare Warmwasserbereitung etablieren. So gesehen ist die Pflicht zur Solarnutzung aus dem EEWärmeG nur Makulatur. Sie greift nur bei denjenigen, die sich um die Solaranlage „drücken“ wollen. Ab der geplanten EnEV-Verschärfung 2011 wird der Anteil solarer Heizungsunterstützung zum Regelfall. Auch wird es keine Neubauten oder sanierten Gebäude mehr ohne eine kontrollierte Wohnungslüftung geben. Primärenergetisch effektive Systeme wie Pellets, Wärmepumpen und die Kraft-Wärme-Kopplung (zumindest bei größeren Gebäuden) werden als Alternativen weiteren Zuspruch erhalten.

Ähnliche Entwicklungen wird es im Bestand geben – selbst bei einem normalen Kesseltausch ohne weitere Sanierungsmaßnahmen. Die Förderkriterien sind schon jetzt so gestaltet, dass der Kunde nur dann Geld erhält, wenn er effiziente Technik einsetzt. Der Kessel ohne Solar gehört nicht mehr dazu (siehe nächsten Abschnitt).

Die Folgen daraus sind weitreichender als unmittelbar erkennbar. Der Einfluss des Nutzers auf den Verbrauch wird – relativ gesehen – extrem ansteigen. Die Koordinierung der einzel­nen Technikbausteine sowie die einfache Bedienbarkeit werden eine enorme Bedeutung bekommen. Nur wenn die Techniken auch effektiv eingesetzt werden, wird die Bundesregierung auch weiterhin Fördermittel zur Ver­fügung stellen. Mit anderen Worten: Die Akzeptanz durch den Nutzer wird in Zukunft eine Schlüsselfunktion einnehmen. Dazu bereitet der ZVSHK eine entsprechende Grundlagenforschung vor, um seinen Mit­gliedsbetrieben einen wichtigen Informationsvorsprung geben zu können.

Verbesserte Förderung für die Heizung

Die Bundesregierung fordert nicht nur Verbesserungen in der Energie- und Gebäudetechnik in ganz erheblichem Maße – sie fördert diese auch. Zum Jahresanfang 2008 wurden da­zu Fakten geschaffen, die nicht als zögerliche Maßnahmen abgetan werden können: Im Wärmebereich wurde die Förderung von Solaranlagen deutlich ausgebaut. Sie ist kombinierbar mit einer Förderung des Wärmeerzeugers. Bei fossilen Kesseln ist sie sogar eine der Voraussetzungen. Ohne Solaranlagen gehen diese auf jeden Fall leer aus. Auch die Förderung von Biomassekesseln wurde attraktiver gestaltet, Wärmepumpen wurden erstmals aufgenommen. Einzelheiten erfährt man beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unter http://www.bafa.de (Pfad: Energie, Erneuerbare Energien).

Energetisches Wissen wird immer wichtiger

Bei Wärmepumpen werden ­hohe Jahresarbeitszahlen gefordert. Zusätzlich werden ein Wärmemengen- und ein Stromzähler gefordert. Der Kunde sollte dann die Einhaltung der Jahresarbeitszahl schon aus Eigeninteresse überwachen. Ohne einen hydraulischen Abgleich werden die Anlagen die geforderten Jahresarbeitszahlen nicht erreichen können. Der Fachbetrieb muss den hydraulischen Abgleich schriftlich bestätigen – ansonsten gibt es kein Geld.

Erwirbt sich der SHK-Betrieb das nötige Know-how nicht durch eine spezielle Weiterbildung, ergibt sich fast zwangsläufig ein Konfliktpotenzial mit dem Kunden. Entsprechende Schulungsangebote des ZVSHK sind in Arbeit und werden über die jeweiligen Landesverbände angeboten.

Solaranlagen und Biomassekessel erhalten einen Effizienzbonus, wenn das Gebäude bestimmte energetische Kriterien erfüllt. Der Hintergrund: In Häusern mit hocheffizienten Gebäudehüllen sinkt der Wärmebedarf so stark ab, dass die Energie­kosteneinsparung im laufenden Betrieb in absoluten Zahlen möglicherweise nicht Investitionsanreiz genug sind. Um dies durch fundierte Kenntnisse erkennen und beurteilen zu können, sind diejenigen im Vorteil, die sich bereits entsprechend weitergebildet haben – zum Beispiel durch den Lehrgang „Energieberater SHK“, der über die Landesverbände realisiert wird.

Die Fachkenntnisse zum hydraulischen Abgleich sind auch gefordert, wenn Komplettsanierungen nach den Förderkriterien des CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) anstehen. Denn zum Abschluss der Arbeiten wird eine entsprechende Fachunternehmerbescheinigung verlangt. Wer in den komplexen Zusammenhängen von Primär- und Endenergie die Übersicht behalten und seine Kunden kompetent beraten möchte, wird ohne Weiterbildung nicht durchkommen.

Nachtspeicher sind out

Als neues Geschäftsfeld wird sich der Austausch der veralteten Nachtspeichertechnik darstellen. Bis 2020 wird der größte Teil der 1,4 Millionen Wohnungen umgestellt werden müssen – der Abschnitt im aktuellen EnEV-Entwurf ist eindeutig. Fernwärme, Wärmepumpen oder herkömmliche Kessel kommen als Ersatz­lösung in Frage.

Förderung regenerativer Stromerzeugung

Ähnlich positiv sieht es auf der Förderseite für die regenerative Stromerzeugung aus. Die Zuständigkeiten haben sich nach den aktuellen Kabinettsbeschlüssen nicht geändert: Das KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) regelt die Einspeisung von KWK-Strom. Das EEG (Erneuerbare Energien-Gesetz) sichert die Einspeisevergütung unter anderem für die Photovoltaik (PV-Strom). Bis 2011/2012 werden diese Gesetze voraussichtlich Bestand haben, danach werden sie im Bundestag überprüft. Die bis dahin gebauten PV-Anlagen werden über einen Zeitraum von 20 Jahren durch die Einspeise­regelungen gefördert, bei KWK-Anlagen sind es 30000 Vollbenutzungsstunden bzw. 5 Jahre.

Dies gibt eine relativ lange Planungssicherheit, wobei herausgestellt werden muss, dass die Kraft-Wärme-Kopplung im Einfamilienhausbereich (µ-KWK) vergleichsweise schlecht wegkommt. Das ist insbesondere deswegen bedauerlich, weil hier ideale Voraussetzungen vorliegen, um diese Technik in der Breite einzuführen. Es gibt eine zahlungskräftige Kundschaft, die bereit ist, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Außerdem bietet sich die Option, die Anlagen mit Biomasse zu betreiben, zumindest wenn es sich um Stirlingmotoren oder vergleichbare Motorkonzepte handelt. Auch dies wäre eine Eigenschaft, für die diese Kunden zahlen würden. Mit der aktuellen Fördersituation wird möglicherweise die Chance vertan, diese vergleichsweise solventen Bürger zu motivieren.

Die Probleme im Mietwohnungsbau sind ungleich größer. Dort herrscht größerer Preisdruck durch die maximale Höhe der Miete. Die Eigennutzung des erzeugten Stroms ist stark eingeschränkt. Den besseren technischen Randbedingungen stehen also deutlich stärkere finanzielle Grenzen entgegen. In diesem Bereich wäre also eine Nachbesserung angebracht.

Mit einer fundierten Weiterbildung hat das SHK-Handwerk alle Chancen, die sich aus der neuen Gesetzgebung entwickeln. Dabei bleibt die individuelle unternehmerische Entscheidung, welche zukünftigen Schwerpunkte gelegt werden sollen. Jeder Handwerksmeister sollte sich jedoch fragen, ob sein Wissen den aktuell notwendigen Stand hat. Die Frage kann nicht lauten, ob Weiterbildung notwendig ist. Vielmehr gilt es eine Antwort dafür zu finden: Soll man sich mit der Weiterbildung nur den veränderten Realitäten im jeweiligen Bereich anpassen oder möchte man Chancen in einem neuen Geschäftsfeld erschließen? Matthias Wagnitz