Zum 24. Sanitärtechnischen Symposium ging es 2025 nach Ahaus: Moderator Prof. Franz-Peter Schmickler (links) gehörte 1998 zu den Gründern des renommierten Branchentreffs und verabschiedete sich in diesem Jahr in den Ruhestand.
Wer in der Sanitärtechnik wissen will, welche Entwicklungen in der Versorgungstechnik rund um Durchfluss, Dimensionierung oder Temperatur beachtenswert sind, fährt im Frühjahr zum Sanitärtechnischen Symposium. Die Fachhochschule Münster/Burgsteinfurt bietet Planern und SHK-Unternehmern einen Branchentreff, auf dem Trends aus Forschung und Entwicklung transparent gemacht werden. Hohe Bedeutung hatte dieses Jahr erneut die Trinkwasserhygiene und ihre Bedrohung durch eine Legionellenkontamination. Erprobte Abwehrmaßnahmen bestehen zwar längst, doch das bewährte 60/55°-Niveau im warmen Trinkwasser erfordert einen hohen Energieaufwand, den die Branche auf den Prüfstand stellt.
Eigentlich hätte das Sanitärhandwerk allen Grund, die Legionelle als bedeutenden Arbeitsbeschaffer zu würdigen und deshalb zum offiziellen Wappentier zu ernennen, schlug Jurist Thomas Herrig schon vor 15 Jahren auf dem Symposium humorvoll vor. Er konnte sich des Beifalls im Hörsaal damals sicher sein – was allerdings die tragischen Auswirkungen von Legionellose-Erkrankungen ausblendete. Jetzt, etliche Symposien nach diesem scherzhaften Vorschlag, müsste sich die Gefahrenlage in der Trinkwasserhygiene eigentlich bedeutend verbessert haben, weil man die Gefahr einer Legionellenkontamination heute mit technischen Maßnahmen ziemlich sicher in den Griff bekommen kann.
Wasser- und Energiesparen ja, aber nur soweit es die Qualität des Wassers zulässt.
Bild: Thomas Dietrich
Gefahren durch Legionellen bestehen weiter
Von Entwarnung könne aber keine Rede sein, wusste Hygieniker Dr. Georg-Joachim Tuschewitzki auf dem diesjährigen Sanitärtechnischen Symposium im April anhand vieler Beispiele darzustellen. Dazu hatte er bedeutende Ausbrüche in Europa von 1985 bis 2023 in einer Liste zusammengefasst. Deutlich wurde dabei, dass es auch in deutschen Städten in den letzten 15 Jahren zu größeren Zwischenfällen gekommen ist.
Legionellose zunächst zehn Jahre erforscht
Im Schnelldurchgang zeigte er, welche Entwicklung die seit 1976 häufig als Legionärskrankheit bezeichnete Symptomatik inzwischen genommen hat – eine Atemwegserkrankung mit nicht selten tödlichem Ausgang. Dass nach dem berüchtigten Massenphänomen in einem Hotel in Philadelphia mit 182 Erkrankungen und 29 Todesfällen über lange Zeit Konsequenzen ausblieben, sieht Tuschewitzki im damaligen Stand der Wissenschaft begründet: „Die darauffolgenden zehn Jahre galten zunächst der Erforschung.“ Erst 1987 habe es eine Schriftenreihe mit dem Titel „Legionellen – Beiträge zur Bewertung eines hygienetechnischen Problems“ gegeben. Zwischen 1993 und 1998 kamen in Deutschland die wichtigen technischen Arbeitsblätter W 551 bis W 553 für Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen heraus. Sie wurden für Sanitärplaner zum unverzichtbaren Standardwerk.
Schon das erste Symposium hatte 1998 die Zirkulation in der Trinkwasserversorgung im Programm – damals wie heute aktuell.
Bild: Thomas Dietrich
Regelwerke werden angepasst
Etliche weitere Vorgaben zur Legionellenprophylaxe sind in den Folgejahren hinzugekommen und heute Bestandteil von anerkannten Regeln der Technik. Tuschewitzki wusste viele weitere Stationen aufzuzeigen, die Ursache und Wirkung rund um Legionellenkontaminationen transparent gemacht haben (siehe Darstellung „Was haben wir erreicht“).
Regelwerke wurden wiederholt angepasst. So ist beispielsweise in der aktuellen Trinkwasserverordnung 2023 die Meldepflicht einer Kontamination nicht erst bei Überschreitung Pflicht, sondern bereits bei Erreichen eines definierten Technischen Maßnahmenwertes. Das bringt vor allem dem zuständigen Gesundheitsamt und letztlich auch dem Umweltbundesamt den Vorteil, auf eine Kontamination möglichst zeitnah reagieren zu können.
Legionellosen steigen weltweit an
Aufgrund der Weiterentwicklungen in den letzten Jahren fragte Tuschewitzki provokant ins Fachpublikum: „Alles gut?“, um anschließend aus einer Fachpublikation für Krankenhaushygiene von 2017 zu zitieren. Darin wird konstatiert, dass Legionellosen weltweit ansteigen würden und dass gesetzliche Vorgaben aus der Trinkwasserverordnung in Deutschland nichts bewirkt hätten, weil die Erkrankungsfälle weiter zunehmen würden. Auch seien Public-Health-Maßnahmen nicht nur wirkungslos, sondern auch extrem teuer und würden allein in Deutschland mindestens 500 Millionen Euro kosten. „Was also tun?“, lautete seine Anschlussfrage, mit der Tuschewitzki auf bestehende Forschungsprojekte überleitete.
Bild: Hochschule Luzern / von Euw
Stufenladung ist energieeffizienter als Schichtladung: Während sich eine Stufenladung mehr für Wohnhäuser eignet, sind Sportbauten oder Krankenhäuser für eine Schichtladung prädestiniert.
Legionellenforschung geht weiter
Unter Hygieneexperten findet beispielsweise das Projekt Ultra-F der Technischen Universität Dresden Beachtung, bei dem die Vereinbarkeit von Energiesparen und Legionellenprophylaxe untersucht wurde. Dabei standen 16 Trinkwassersysteme im Fokus, die mithilfe von Filtration und abgesenkten Temperaturen betrieben wurden, um Legionellen auf diesem Weg quasi aushungern zu können. Seit Mai 2024 liegt eine Zusammenfassung vor (als Stichworte Projekt Ultra-F in eine Websuchmaschine eingeben).
Demnach kann die Warmwasserzirkulation unter günstigen Anlagenbedingungen statt der Grundeinstellung auf 60/55-°C-Niveau durchaus eine Absenkung von 5 K verkraften, muss aber unter Beobachtung bleiben, um auf ein mögliches Legionellenwachstum zeitnah reagieren zu können.
Außerdem unterscheidet man in der Forschung längst verschiedene virulente Legionellenarten. Denn unter dem Mikroskop wird deutlich, dass es nicht die eine Legionelle gibt, sondern zwischen diversen Biotypen Unterschiede bestehen. Das ist bedeutsam, um künftig gezielt und effizient gegen besonders gesundheitsgefährdende Legionellen vorgehen zu können.
Legionellen können auch in kaltem Wasser vorkommen, sich bei Temperaturen unter 20 °C aber nicht mehr nennenswert vermehren.
Bild: Thomas Dietrich
Amöben sind Brutschränke für Legionellen
„Bei der Vermehrung von Legionellen sind mehrere Faktoren wie Temperatur, Nährstoffe und Amöben von besonderer Relevanz“, erläuterte Dr. Andreas Korth vom Technologie Zentrum Dresden. Über zahlreiche Versuchsreihen kam er zu dem Ergebnis, dass bestimmte Biofilme vor allem bei Temperaturen ab 30 °C gute Startvoraussetzungen für die Vermehrung von Amöben bilden. Diese sind auf bestimmte Nährstoffe angewiesen, die sie aus Biofilmen beziehen. Welche Verkettungen durch ungünstige Rahmenbedingungen daraus entstehen können, machte Korth in seinem Vortrag durch etliche Charts deutlich und klärte auf: „Amöben wirken wie Brutschränke für Legionellen und andere Organismen.“ In der Kombination Amöbe plus den darin enthaltenen Legionellen sei die Vermehrung nicht nur bei 30 °C günstig, sondern entwickle sich auch bei 40 °C stark.
Wassertemperaturen im kritischen Bereich
Zwei Problembereiche in der Trinkwasser-Installation sah Korth noch nicht befriedigend gelöst: Wie lassen sich in der Warmwasserzirkulation Temperaturen unter das bewährte 60/55-°C-Niveau senken, um Energie zu sparen, doch ohne dass dadurch ein Legionellenwachstum begünstigt wird? Und wie kann es gelingen, dass auch in Hitzeperioden Kaltwasser an der Übergabestation im Gebäude möglichst 20 °C nicht übersteigt, damit Legionellen auch dort keine günstigen Startvoraussetzungen bekommen?
Bei der Schichtladung bleibt die Speicheraustrittstemperatur während der gesamten Speicherladung konstant.
Bild: Thomas Dietrich
Warmwasserspeicher und Wärmepumpe
Aufschlussreiche Einblicke in die effiziente Warmwassererzeugung mit Wärmepumpen bot Prof. Reto von Euw, der an der Hochschule Luzern forscht. Anhand etlicher Messergebnisse machte er deutlich, welcher Vorteil damit verbunden ist, einen Speicher mit Schichtladung zu betreiben. Denn bei diesem System könne man davon ausgehen, dass kein Temperaturabfall während der Speicherladung auftritt. Vor allem Sportbauten wie Hallenbäder oder auch Krankenhäuser würden für diese Bauart zu den ersten Adressen gehören.
Im Speicher mit Stufenladung erkannte von Euw dagegen den Vorteil, dass die Zusammenarbeit mit der Wärmepumpe energieeffizienter erfolgen könne: Eine Stromeinsparung von 15 % gegenüber der Schichtladung sei dort möglich und biete sich insbesondere für Ein- und Mehrfamilienhäuser an, weil der Temperaturabfall von etwa 3 K am Speicheraustritt während der Speicherladung nicht als kritisch anzusehen sei.
Als wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Betrieb mit der Wärmepumpe empfahl von Euw, dass der Planer die Systemanforderungen mit dem Wärmepumpenhersteller klar definiert und festschreibt. Sollte sich bei der Projektplanung abzeichnen, dass erforderliche Warmwassertemperaturen nicht sicher erreicht werden könnten, sollte man sich für eine separate Wärmepumpe zur Warmwasserbereitung entscheiden – dann kann eine Legionellenprophylaxe auch hier Wirkung zeigen.TD
Bild: Tuschewitzki
Fast 50 Jahre Forschung zu Legionellen: Bedeutende Erkenntnisse zur Abwehr von Kontaminationen haben inzwischen die allgemein anerkannten Regeln der Technik beeinflusst (hier nur ein Ausschnitt aus einem Vortrag).
Termin vormerken
Das Sanitärtechnische Symposium der Fachhochschule Münster hat sich seit der ersten Veranstaltung 1998 längst zum renommierten Branchentreff entwickelt und findet fast jährlich auf dem Campus in Burgsteinfurt statt. Sanitärplaner, SHK-Unternehmer und Vertreter von Sanitärhersteller nutzen den Tagestermin, um sich über aktuelle Entwicklungen und Forschungsergebnisse der Ver- und Entsorgungstechnik im Sanitärbereich zu informieren und auszutauschen. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima unterstützt als Handwerksorganisation den Expertentreff seit vielen Jahren. Bis zum Jubiläum, dem 25. Sanitärtechnischen Symposium auf dem Campus der Fachhochschule Münster/Burgsteinfurt, dauert es noch bis zum 5. März 2026.