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Das war Luigi Colani

Der 72-Jährige strotzt vor Tatendrang und will hierzulande wieder etwas bewegen. Grund genug für die SBZ, den Altmeister in seinem Studio auf einem Gutshof bei Köln zu besuchen. Sein Vaterland jedoch empfängt den Weitgereisten nicht unbedingt mit weit geöffneten Armen. Dabei feierte die Sanitärbranche unlängst mit Stolz das silberne Jubiläum der vor 25 Jahren für Villeroy & Boch entworfenen Colani-Sanitärkollektion.

Als erste ihrer Art in dieser Branche zeigte sie neue Sichtweisen auf. Sie legte den Grundstein für einen bis heute anhaltenden Designtrend. Mit gewohntem Temperament und ungebrochener Begeisterungsfähigkeit überraschte uns Professor Colani sogar mit der Exklusiv-Enthüllung einer neuen Keramikkollektion, die wir jedoch leider nicht fotografieren durften. Für die SBZ-Redaktion fanden Frank A. Reinhardt und Dirk Schlattmann viele interessante Dinge rund um das Enfant terrible der Designwelt und auch über die Sanitärbranche heraus.

SBZ: Herr Colani, wo haben Sie die letzten Jahre gesteckt? Vor 25 Jahren haben Sie mit der nach Ihnen benannten Villeroy & Boch-Kollektion einiges ausgelöst. Das war der Anfang einer eigenständigen Design-Kultur in der Sanitärbranche. Seitdem haben Sie sich rar gemacht.

Colani: Ich war 15 Jahre lang in Japan. Dort bin ich innerhalb eines halben Jahres zur Nr. 1 aufgerückt und habe sämtliche großen Konzerne beraten: Das japanische Design ist Colani. Bis vor wenigen Jahren war ich Chef-Designer von Canon und Sony, ich habe dort in allen möglichen Branchen meine Duftnoten hinterlassen und ganz große Erfolge gehabt.

SBZ: Colani rollt den Rest der Welt auf, und das ganz allein?

Colani: Mit 120 Mann haben wir ganz Japan bearbeitet und von dort aus bis nach Indonesien und Vietnam rein gewütet, bis nach China. Noch heute werde ich in Japan wie eine Gottheit behandelt, weil ich die vom Kopieren weggebracht und ihnen mit diesen weichen asiatischen Formen ein eigenständiges Image gegeben habe.

SBZ: Warum sind Sie dann nicht in Japan geblieben?

Colani: Ich bin doch Europäer. Als ich merkte, dass in Europa die Lichter ausgehen, habe ich einen Schrecken bekommen und bin zurückgekehrt.

SBZ: Nobel, nobel. Was ist denn bei den Asiaten mittlerweile besser oder anders als bei uns?

Colani: Sie brauchen sich dort nur umzuschauen. Der Hunger, den wir in den 50er-Jahren in Europa hatten, der ist heute in China. In den 50er-Jahren war hier Aufbruchstimmung, da gab es keine Begrenzungen nach oben. Heute zögern unsere Vorstandsetagen, die sich eher um ihre Bullen-Farm in Argentinien und um ihre Clipper auf den Bahamas kümmern als um den Fortschritt in Deutschland.

SBZ: Was muss sich ändern?

Colani: In erster Linie die Vorstandsetagen.Nicht zuletzt wegen der Langweiligkeit der Vorstandsetagen habe ich Europa den Rücken gekehrt. Wir haben eine phantastische Arbeiterschaft, wir haben eine phantastische Infrastruktur, wir sind das am besten durchorganisierte Land der Welt. Aber wir funktionieren nicht!

SBZ: Wie meinen Sie „wir funktionieren nicht“?

Colani: Dass wir, als das neben Japan und Amerika höchstentwickelte Technologieland der Welt, aus Indien „Knöppe-Drücker“ holen müssen, das hat es beispielsweise in der deutschen Geschichte ja wohl noch nie gegeben. Oder Sie machen mir den Vorwurf, ich sei in der Sanitärbranche nicht mehr aufgetreten. Ich bin seit eineinhalb Jahren aus Asien zurück! Ich suche seit Januar hier in Deutschland vergebens Partner in der Sanitärbranche, um meine Architekturprojekte auszustatten. Bisher habe ich mich ausschließlich mit den Firmen, mit denen mich eine langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit verbunden hat, in Verbindung gesetzt, doch die sind satt und wollen einfach nicht mehr.

SBZ: Die Sanitärbranche hat sich verändert, andere Persönlichkeiten rund um Starck und Co. sind in den Fokus der Öffentlichkeit getreten und beleben die Branche mit außergewöhnlichen Formen.

Colani: Starck ist ein hervorragender Architekt, aber im Design hat er aufgehört. Wir wollen aber nicht über Starck sprechen, die besten Designer der Welt sitzen immer noch in Deutschland.

SBZ: Nach allgemeiner Ansicht findet man die doch vor allem in Italien?

Colani: Italien ist ausgeblutet. Italien hat 40 oder 50 Jahre nach dem Kriege das Design in der Welt beherrscht. Mit Joe Colombo ist der letzte große italienische Designer gestorben, und laut Weltpresse kann nur Prof. Luigi Colani seine Nachfolge antreten. Nur in Deutschland wurde dies nicht zur Kenntnis genommen. Ich bin denen zu unbequem.

SBZ: Aber Sie sagten im Vorgespräch doch, wir hätten in der Sanitär- und Heizungsbranche ein schlechtes Design.

Colani: Nein, es ist ein Techno-Design. Und dieses Techno-Design ist menschenunfreundlich, aber im eigentlichen Sinne kein schlechtes Design. Es ist für unsere Zeit typisch, wir leben ja auch mit dieser Scheißmusik, nur eintöniges Wumm-Wumm. Und auch die Sanitärkeramik ist Ausdruck unserer Zeit.

SBZ: Aber wir müssen doch auch Produkte machen, die diesen „Wumm-Wumm-Menschen“ gefallen und dem Zeitgeist entsprechen.

Colani: Wenn diese Leute sich erst an einen „richtigen“ und dann an einen „falschen“ Waschtisch stellen, dann würden die den Unterschied schon merken. Die sind ja nicht dumm, das sind junge, bewegliche Leute.

SBZ: Sie sind für eine besonders weiche Formensprache bekannt.

Colani: Ich kenne die Maße des menschlichen Körpers und meine Villeroy & Boch-Produkte hatten die besten ergonomischen Maße aller Zeiten in der Sanitärbranche. Ob das nun die Klobrillen waren, auf denen man gut sitzen konnte, die abtropfenden Ellenbogen über diesen geschweiften Formen oder die Akzeptanz des Bauches durch die Negativwölbung. Beim Colani-Becken wird man nicht abgedrückt durch eine Rundung, die entgegengesetzt der Körperform arbeitet, sondern empfangen in einer väterlichen Schutzgeste, in einer schönen, netten Geste. Und das wissen die Menschen zu schätzen. Und es sind ganz einfache Mittel, mit denen sich das erreichen lässt: mit Bildhauerei und Ergonomie. Die neuen Designer, die sich vertrauensvoll auf den Computer und CAD stürzen, kommen ins Hintertreffen, weil die Computer noch nicht so weit sind.

SBZ: Sie vermissen also bei der aktuellen Formgebung die Handarbeit?

Colani: Nein, es ist schlicht und einfach die Ergonomie, die mir fehlt. Nichts von dem, was heute gemacht wird, schließt ergonomisch an das an, was ich einmal einzubringen versucht habe. Das hätte fortgesetzt werden müssen. Noch mehr Dienst am Menschen, der nackt, früh am Morgen und müde sich mit diesen Dingen konfrontieren muss. Dem muss Fröhlichkeit entgegenkommen, und nicht super-gestyltes Design. Der braucht Weichheit, nicht Stahl, Holz, spitze Dinge, Kanten, Ecken usw. Wir müssen hier philosophisch arbeiten. Und Design-Philosophie in diesem Sinne ist nicht in einem der Stücke drin, die auf dem Markt sind. Nicht in einem.

SBZ: Trotzdem freuen sich die Leute über ihre schönen neuen Bäder.

Colani: Ich habe kürzlich eine Dame aus der höheren Gesellschaft Deutschlands getroffen, die ein 70 000-DM-Bad bei sich hat einbauen lassen. Die letzte Scheiße und teuer.

SBZ: Aus Ihrer Sicht oder aus Sicht der Dame?

Colani: Aus ihrer Sicht nicht. Die liebt das, sie hat das ja teuer bezahlt. Es ist trotzdem der letzte Dreck an menschenunwürdigem Design, das aber unheimlich kess aussieht. Anscheinend sind die Menschen heute bereit, Unbequemlichkeit in Kauf zu nehmen, wenn irgendeiner von diesen hochgepusteten Namen dransteht.

SBZ: Aber wenn die Frau doch glücklich ist mit ihrem Bad?

Colani: Sie könnte glücklicher sein, wenn da ein richtiges Design drinstecken würde. Warum wird die Frau in einem Bad nicht zu einem Lächeln animiert? Markenprodukte müssen heutzutage auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt sein.

SBZ: Warum tun Sie sich in Europa mit neuen Produkten trotz Ihrer Erfahrung und Ihres Wissens so schwer? Verkennt man Sie?

Colani: Nein, nein. Ich habe immer wieder eine ungeheure Resonanz bei den Menschen. Die wollen meine Produkte. Und ich will meine Produkte anbringen. Ich sehe meine Rolle nicht darin, die deutsche Industrie aufzurütteln.

SBZ: Kann es sein, dass die Marketingabteilungen befürchten, der Colani passt einfach nicht mehr zum Image der jeweiligen Marke?

Colani: Nun mal halblang! Colani hat bei einer Kollektion, die ich zu machen habe, ganz wenig zu tun. Es ist die Aussage des Produktes, die nachher auf dem Markt für den Erfolg sorgt. Stellen Sie sich vor, ein Szenario: Irgendein großer Hersteller macht mit Colani eine Nachfolgekollektion mit Verbesserungen, die seinerzeit bei Villeroy & Boch nicht einzubringen waren. Stellen Sie sich vor, was das für eine Zugkraft hat: Colani ist wieder da.

SBZ: Wie sieht die Colani-Dienstleistung aus, die Sie anbieten – ist das lediglich ein Entwurf?

Colani: Ich plane bis zum Modell. Detailfragen und Anpassungen kann der dann mit mir im Gespräch ausmachen, an dem Punkt bin ich von äußerster Elastizität.

SBZ: Es wird Ihnen ja häufig unterstellt, dass Ihre Produkte nicht serienfähig seien und nicht – oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand – in die Praxis umgesetzt werden könnten.

Colani: Das ist eine dümmliche Erklärung von neidischen Gegnern.

SBZ: Letztes SHK-Produkt war wohl ein Thermostatventil, das Sie für Oventrop gemacht haben.

Colani: Ja, diese Firma hat ein Produkt mit mir gemacht, hat es ausgestellt und prompt einen Bundespreis dafür bekommen. Daraufhin sollten wir ursprünglich sämtliche Ventile ändern und auch mit anderen Heizungsfirmen zusammenarbeiten. Passiert ist nichts. In Deutschland wird viel geredet und wenig getan.

SBZ: Ist Design nicht eher für den Badbereich relevant, im Heizungsbereich spielt es doch keine so große Rolle?

Colani: Nein, das stimmt nicht, da hinter Ihnen liegt eine Heizung eines der weltweit führenden Unternehmen. Eine revolutionäre Heizung, die ich im asiatischen Raum mit einer deutschen Firma einführe. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

SBZ: Zur Eisenwarenmesse 1999 haben Sie für den Baumarktproduzenten Dusar eine Duschabtrennung vorgestellt, obwohl bei Dusar die Infrastruktur bzw. der Unterbau in Sachen Design recht dünn ist.

Colani: Ich habe noch nie einen Kunden abgelehnt, der mit einer honorigen Anfrage zu mir kam. Ich helfe allen, ich helfe noch viel kleineren Firmen.

SBZ: Es geht uns nicht um die Größe, sondern um die Positionierung. Dusar ist zuallererst ein Baumarkthersteller mit Billigprodukten und entsprechendem Image. Der Name Colani war im Sanitärbereich eher mit höherwertigen Produkten verbunden.

Colani: Warum nicht in Baumärkten? Die Baumärkte bauen sich ja langsam auf und bringen heute schon ganz schön kesse Produkte. Ich sehe die Dinge dort stehen, und ich sage mir, warum nicht hier?

SBZ: Glauben Sie, dass die Baumarktschiene auf Dauer dem professionellen Vertriebsweg auch in Sachen Design Pfründe streitig machen kann?

Colani: Ich habe mit Manfred Maus von Obi tagelange Gespräche geführt und danach ganz neuartige Baumärkte entworfen. Dann habe ich ihm angeboten, sein gesamtes Inventar im Laufe der Jahre im Sinne einer Humanisierung der Außenformen umzubauen. Aber das Ganze schlief dann mit der Umstrukturierung von OBI irgendwie ein.

SBZ: Unabhängig von der Branche wieder das gleiche Problem. Sie sind hier letztlich wieder nicht zum Zug gekommen.

Colani: Der Fehler liegt nicht bei mir, verdammt und zugenäht, ich weigere mich, das zu akzeptieren, ich biete denen gute Sachen an. Diese Vorschläge sind möglicherweise für die heutige Zögerzeit zu weitreichend, zu visionär und zu sehr in die Fernperspektive gedacht; aber das gehört sich doch auch in einem Land wie Deutschland.

SBZ: Der andere Grund könnte sein, dass die von Ihnen designten Produkte einfach nichts taugen!

Colani: (Pause) Das ist bei meinem Design bewiesenermaßen nicht der Fall. Die Dinge sind einfach bewusst weit in die Zukunft gejagt. Die Produkte, die wir für heute machen, die haben immer wieder hervorragende Gebrauchswerte und sind große Erfolge geworden. Meine Produkte sind ihrer Zeit manchmal einfach zu weit voraus.

SBZ: Wie sieht denn eigentlich Ihr Badezimmer aus, Herr Colani?

Colani: Ich wohne hier oben in einer Studentenbude, wenn ich in Deutschland bin. Eine Matratze auf der Erde, zwei Kochplatten, ein Tisch und ein Stuhl. Und ich genieße das. In Südfrankreich habe ich ein Schloss mit 40 Zimmern und vier Angestellten, aber da bin ich ganz selten. Als Kreativer brauche ich nicht unbedingt eine geschönte Umgebung. Das ist wie beim Schuster, der in der Regel schlechte Absätze hat.

SBZ: Früher waren Sie auf Schloss Harkotten zu Hause. Heute befindet sich dort die Design-Schmiede von Dieter Sieger. Hartes Kontrastprogramm für Sie!

Colani: Der Sieger ist ein erfolgreicher Macher, aber selbst macht er kein Design mehr. Was er an Design macht, nun, das will ich nicht weiter kommentieren. Er ist zwar in Colanis Haus eingezogen – aber der Geist von Colani, der da drin schwebte, ist nicht in ihn eingezogen!

SBZ: Nachdem Sie dort gehaust haben, hat Sieger wohl erst einmal ordentlich renovieren müssen, oder?

Colani: Ich habe das Schloss damals restauriert und in die Zeitepoche zurückversetzt, in der es gebaut wurde. Ich war noch vor ein paar Wochen da, seine Söhne waren da, der Sieger hat da eine modernistische Designwerkstatt draus gemacht, die mit dem Schloss in keiner Weise zusammenpasst. Das ist ein Stilbruch übelster Sorte.

SBZ: Dieter Sieger hat es auf jeden Fall geschafft, über zehn Jahre eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Duravit aufrechtzuerhalten.

Colani: Ja, ja, der vermarktet sich hervorragend. Das macht der gut. Das ist schon etwas, was den einen vom anderen trennt.

SBZ: Mit Colani scheint eine dauerhafte Zusammenarbeit unmöglich!

Colani: Doch! Die aus der Industrie sind zu kurzsichtig. Es fehlt ja schon an der Bereitschaft, langfristig zu arbeiten. Eine langfristige Zusammenarbeit, wie ich sie mit Villeroy & Boch über viele Jahre hatte, müsste eigentlich fortgesetzt werden, hätte fortgesetzt werden müssen.

SBZ: Also liegt der Knackpunkt bei den Unternehmen?

Colani: Bei den Vorstandsetagen. Die lernen zu langsam, sind zu kurzsichtig und zu verkrampft. Man traut sich heute nicht mehr, Sprünge nach vorne zu machen wie in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren. Es herrscht ein zu großer Druck, natürlich. Die Entscheider werden ja heute nach Quartalsabrechnungen bewertet und nicht nach langfristigen Entwicklungen. Wie im Fußball. Hier wird überall zu kurzsichtig und zu kurzfristig gehandelt.

SBZ: Wie kann sich das Ihrer Meinung nach ändern?

Colani: Es müssten viel mehr Frauen in die Vorstände rein, die sind es eher gewohnt, langfristige Entscheidungen zu treffen. Die haben im Kopf einen Drei- oder Vier-Jahres-Zyklus eingebaut, noch aus der Zeit der Dinosaurier. Männer sind für Sprintstrecken hervorragende Leute, weil die muskulöser sind und Kurzsituationen etwas kraftvoller beherrschen können; für langfristige Entscheidungen dürfte in einer Vorstandsetage eigentlich kein Mann sitzen. Die sind unfähig dazu.

SBZ: Wenn künftig Frauen in den Vorstandsetagen wären, würden Sie mit Ihren Ideen schneller vorankommen?

Colani: Seit anderthalb Jahren versuche ich wirklich sehr ernsthaft, mit europäischen Firmen – möglichst deutschen – zusammenzukommen. Schon, um meine großen Architekturprojekte anständig ausstatten zu können. Es ist zum Heulen: Ich bin willens, habe die Produkte, habe die Ideen, ich baue ganz konkret – und ich werde in diese Bauten kein Villeroy & Boch von heute reinhängen, das ist schon mal klar. Aber die wollen nicht. Seitdem ich zurück bin, seit eineinhalb Jahren, habe ich Luitwin Gisbert von Boch-Galhau und Wendelin von Boch mit Telefonaten und Briefen beackert, weil mich laufend Leute auf meinen Ausstellungen ansprechen und sagen: „Colani, warum machen Sie nicht was Neues, wir brauchen Nachschub, Villeroy & Boch baut keine mehr, die haben Ihre Serie auslaufen lassen.“

SBZ: Wie kam die Zusammenarbeit vor 25 Jahren eigentlich zustande?

Colani: Wir sind auf irgendeiner Sanitär-Messe zusammengetroffen. Meine Bedingung war seinerzeit – und die wurde akzeptiert –, dass wir den Kreis interner Fachleute außen vorließen. Das war sicher nicht einfach. Ich bin ja wirklich kein einfacher Mitarbeiter. Denn bei mir heißt es: Ihr zahlt und quatscht mir nicht rein in mein Design. Und ich verbürge mich dafür, dass es ein Erfolg wird, ich setze mich für euch ein. Und das habe ich bei V & B getan.

SBZ: Haben Sie sich bei V & B denn überhaupt öfter sehen lassen?

Colani: Ich bin zusammen mit der Modellbauabteilung bis zu den Knien in Gips gewatet, ich habe die Dinger selber gemacht mit denen, ich bin nicht einer, der eine große Schnauze hat und dann weggeht und nur noch kassiert. Ich habe die Dinger selber gebaut.

SBZ: Haben Sie denn konkrete Vorstellungen, wie eine Nachfolgekollektion – nennen wir sie mal Colani II – aussehen könnte?

Colani: Die Nachfolgegeneration ist bereits entworfen, die liegt in meinem Keller, die sehen wir uns jetzt an. Die habe ich noch keinem gezeigt (Besichtigung durch die SBZ erfolgte).

SBZ: Was meinen Sie, warum V & B Ihre Offerte nicht annimmt?

Colani: Die haben das ganz klar formuliert: Man wolle in erfolgreiche Serien – was ich bezweifle! – nicht eingreifen. Villeroy &Boch ist nicht mehr die Number one in der Branche.

SBZ: Wer ist es dann?

Colani: Ich weiß das nicht. Die sind es nicht mehr, mit dem, was die heute herstellen. Die können noch honorige Umsätze machen. Aber das ist nicht mehr die Revoluzzer-Firma, die ich kannte.

SBZ: Aber es gibt ja nicht nur Villeroy & Boch.

Colani: Ich bin ein Treuer, aber was soll ich machen? Wenn die nicht wollen, arbeite ich eben mit einem anderen Hersteller zusammen. Ich bin mit Abstand der am meisten hofierte Designer der Welt und werde auch in Deutschland gute, erfolgshungrige Industriefirmen als Partner finden.

SBZ: Warum hat V & B eigentlich Ihre Serie letztes Jahr aus dem Programm gestrichen?

Colani: Da fragen Sie mich doch nicht, das müssen Sie Villeroy & Boch fragen. Der Rosenthal hat vor Kurzem bei mir angefragt, ob sie die Tee-Service, die ich für sie gemacht habe, wieder auflegen dürfen. Die haben gemerkt, dass nichts passiert auf dem Markt und dass meine Kreationen immer noch besser sind als die heutigen Produkte. Bei Villeroy & Boch hat man diesen Gedankensprung anscheinend noch nicht vollzogen. Und dabei habe ich denen mitgeteilt, dass ich Sanitärprodukte für meine Therme brauche, aber die schalten nicht. Ich bin sauer auf die.

SBZ: Wollen Sie trotz der vielfältigen Widerstände wirklich in Europa bleiben?

Colani: Ja natürlich, ich verstärke meine Präsenz und werde jetzt massiv. Ich bin auch bereit, gegen Vorstandsetagen anzutreten. Ich möchte immer noch mit europäischen Firmen zusammenarbeiten. Aber ich stehe auch unter Druck, ich muss innerhalb der nächsten sechs Monate großartige Serien auf die Beine stellen, um meine Architekturprojekte mit meinem Zeug zu bestücken.

SBZ: Und wie geht es konkret weiter?

Colani: Ich bin offen nach allen Seiten, ich lege nur größten Wert darauf, dass wir bald anfangen. Und darum begrüße ich ja auch, dass Sie heute da sind. Damit da mal endlich Bewegung reinkommt.

SBZ: Bleibt uns nur noch, uns für das interessante Gespräch zu bedanken.

Colani: Ich bedanke mich für euren Besuch. Macht was draus. Dann helf ich eurer Branche auf die Beine. Einpacken, Abmarsch.