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Heizungsoptimierung

Die richtige Mischung machts

Vor der hydraulischen Optimierung bot die bestehende Wärmeverteilung im Schulkomplex des Otto-Hahn-Gymnasiums ein großes Potenzial zur Reduzierung der Heizkosten. Ungeregelte Nassläuferpumpen förderten beharrlich mit konstanter Drehzahl das Heizwasser über weitverzweigte Verteilstrecken zu den statischen Heizflächen in den einzelnen Gebäudetrakten. Ein fehlender hydraulischer Abgleich verursachte in den Heizkreisen mit den kürzesten Leitungswegen zu hohe Fördermengen. Dagegen blieben entfernter gelegene Teile des Schulgebäudes oftmals unterversorgt. „Die Zielsetzung war, die Anlagenhydraulik in diesem weitverzweigten Verteilnetz in den Griff zu bekommen. Das heißt, dass die Heizkreise für die einzelnen Gebäudeteile trotz unterschiedlicher hydraulischer Eigenschaften nur mit den für die Wärmeübertragung nötigen Massenströmen versorgt werden sollen“, berichtet Dipl.-Ing. (FH) Markus Albert, Geschäftsführer des TGA-Planungsbüros Engineering Consult in Karlsruhe. Um dieses Optimierungsziel zu erreichen, waren zwei wesentliche Maßnahmen erforderlich:

  • Hydraulischer Abgleich der Wärmeverteilung
  • Anpassung der Pumpenfördermengen an den jeweiligen Wärmebedarf.

Für die installationstechnische Umsetzung waren die Möglichkeiten jedoch begrenzt: Die Verteilleitungen zu den einzelnen Gebäudeteilen und Unterrichtsräumen verlaufen in Installationskanälen und in Deckenbereichen, die nicht zugänglich sind. Unter diesen Gegebenheiten ließen sich innerhalb der Verteilung keine Regelungseinrichtungen wie beispielsweise Strangregulierventile oder Differenzdruckregler nachrüsten. Dafür bot die Heizzentrale ausreichend Platz, um die Verteileranlage neu aufzubauen und darin auch die Komponenten für die Optimierung der Wärmeverteilung zu integrieren.

Bedarfsabhängiger Betrieb der Heizkreise

Für den Neuaufbau der Verteilung wurde geplant, ein Regelsystem für die Vorlauftemperaturregelung zusammen mit drehzahlgeregelten Hocheffizienz-Umwälzpumpen einzusetzen. „Schon alleine durch den Austausch gegen Hocheffizienzpumpen konnte die elektrische Pumpen-Leistungsaufnahme um etwa die Hälfte reduziert werden“, berichtet Joachim Traum, Fachberater beim Hersteller KSB, dessen Pumpen Rio-Eco und das Regelsystem BOA-Systronic in der Heizungsanlage des Otto-Hahn-Gymnasiums eingesetzt wurden. Das Regelsystem wird anstelle eines Dreiwege-Mischventils eingesetzt.

BOA-Systronic kombiniert die Vorlauftemperaturregelung mit einer intelligenten Volumenstromsteuerung und passt den Förderstrom kontinuierlich an den aktuellen Wärmebedarf an. Das Prinzip der Beimischung wird beibehalten. So werden die Heizkreise nur noch mit der tatsächlich erforderlichen Warmwassermenge versorgt. Parallel dazu betreibt das Regelsystem die Umwälzpumpe leistungsminimal, abgestimmt auf die Hubstellungen der beiden Regelventile, sodass die Pumpen-Betriebskosten um bis zu 70 % reduziert werden. Der hydraulische Abgleich der Heizkreise untereinander entfällt.

Im Vergleich dazu stellt eine konventionelle hydraulische Schaltung (Beimischschaltung) im Teillastfall überwiegend kaltes Rücklaufwasser bereit, das von der Umwälzpumpe durch den Heizkreis gefördert wird. Nachteile sind unnötig hohe Betriebskosten für die Umwälzpumpe und überschüssige Pumpen-Förderhöhen, welche oftmals Strömungsgeräusche verursachen. Die Heizkreise müssen bei einer konventionellen Beimischschaltung untereinander hydraulisch abgeglichen werden.

Kombination aus Regelung und Volumenstromsteuerung

Alle vier Heizkreise des Schulgebäudes wurden mit dem Regelsystem BOA-Systronic ausgestattet. Für jeden Heizkreis besteht das System aus einem Haupt-Regelventil mit der werkseitig vormontierten Steuereinheit Systrobox, einem Regelventil zum Einbau in die Beimischleitung sowie einem Absperr- und Messventil zum Einbau in den Rücklauf. Das Messventil dient dazu, während der Inbetriebnahme die Kennlinie für den jeweiligen Heizkreis zu ermitteln. Die jeweilige Kennlinie wird in der zum Heizkreis gehörenden Steuereinheit Systrobox gespeichert.

Im Betrieb werden geänderte Lastsituationen von der übergeordneten Heizungsregelung erfasst und an die Steuerung Systrobox weitergegeben. Diese passt mithilfe der beiden Regelventile den Förderstrom automatisch an den veränderten Bedarf an. Die regelbare Umwälzpumpe reduziert den Förderstrom zusätzlich, falls der Wärmebedarf noch weiter sinkt – zum Beispiel dann, wenn in den Unterrichtsräumen bei Wärmegewinn durch Sonneneinstrahlung die Thermostatventile schließen (unterlagerte Raumtemperaturregelung). Dieser Mechanismus ist jedoch unabhängig von BOA-Systronic.

Die Wärmegrundlast des Gebäudes wird durch einen Gas-Brennwertheizkessel gedeckt. Durch die bedarfsgerechte Regelung von Temperatur und Volumenstrom kann dem Wärmeerzeuger das Heizwasser mit der nötigen tiefen Rücklauftemperatur zugeführt werden, damit das Abgas kondensiert und die dabei frei werdende Wärme genutzt werden kann. Den Beweis hierfür liefert in der Heizzentrale ein Blick in das DN 250-Abgasrohr aus Glas, in dem während des Kesselbetriebs sichtbar Kondensat zum Abgaswärmetauscher fließt. Während des Ortstermins in der Heizzentrale des Otto-Hahn-Gymnasiums an einem Märztag lässt sich außerdem feststellen, dass der 720-kW-Brennwertkessel trotz der milden Außentemperatur von 12°C nicht taktet. Durch die kontinuierliche Brennwertnutzung lässt sich in dieser Größenordnung eine deutliche Einsparung bei den Kosten für den Gasverbrauch erzielen.

Energieeinsparung durch Verschiebung der Heizkennlinie

Bei der Inbetriebnahme des Regelsystems BOA-Systronic verbindet ein Service-Mitarbeiter von KSB oder ein geschulter SHK-Fachmann die Steuereinheit des Systems mit ­einem Laptop, um die erforderlichen Parameter mittels Software zu übertragen. Als Basisdaten werden der Förderstrom im Auslegungspunkt, der hydraulische Widerstand des Heizkreises, die minimale Förderhöhe der Umwälzpumpe im Heizkreis und die Nennweite der Regelventile eingegeben. Zusätzlich lässt sich die erforderliche Anhebung der Vorlauftemperatur auf zwei Arten parametrieren. Diese Temperaturanhebung erfolgt entweder durch Neigungsänderung oder Parallelverschiebung der Heizkennlinie. Durch Parallelverschiebung der Heizkennlinie kann BOA-Systronic bereits für den Nennlastfall den Volumenstrom stets um 25 % reduzieren. Das Regelsystem sucht sich anhand dieser Daten selbsttätig die richtige Anlagenkennlinie.

Anhand der Kennlinienverschiebung lässt sich die Wirkungsweise von BOA-Systronic verdeutlichen. Bei der Inbetriebnahme in der Anlage des Otto-Hahn-Gymnasiums wurde die Neigung der Heizkennlinie eingestellt. Die steilere Neigung der Kennlinie im Teillastbereich erhöht die Vorlauftemperatur, zum Beispiel um 3K von 70°C auf 73°C. Die Rücklauftemperatur ist nach dem Durchströmen der Heizkörper um den gleichen Betrag abgesenkt, zum Beispiel von 50°C auf 47°C.

Die abgegebene Heizleistung wird damit durch Veränderung der Parameter Spreizung und Volumenstrom reguliert. Die Theorie dahinter: Bei erhöhter Vorlauftemperatur benötigt der Verbraucher (Heizkörper) einen geringeren Förderstrom, um die erforderliche thermische Leistung abzugeben. Die Rücklauftemperatur senkt sich dadurch um den Betrag der Vorlauftemperaturanhebung ab. Die thermische Leistung bleibt durch das proportionale Verhältnis zwischen Volumenstrom und Temperaturdifferenz konstant.

Diese Betriebsweise ermöglicht bedarfsabhängig angepasste Förderströme mit minimierten Pumpenleistungen und abgesenkter Rücklauftemperatur. Der daraus resultierende Komfortgewinn aufgrund minimierter Strömungsgeräusche ist ein zusätzlicher Vorteil, weil die Umwälzpumpe keine überschüssige Förderhöhe erzeugt. Dies führt zu deutlichen Kostenersparnissen beim Betrieb der Pumpen und des Heizkessels. „Im Ergebnis wird neben den minimierten Pumpen-Betriebskosten und der bedarfsgerecht angepassten Wärmeabgabe auch ein verbesserter Wirkungsgrad des Brennwertkessels erzielt“, sagt KSB-Berater Joachim Traum.

Info

Förderstromanpassung

Die konventionelle Beimischschaltung verändert nur die Temperatur. Durch bedarfsgerechte Fahrweise stellt hingegen das Regelsystem BOA-Systronic die erforderliche thermische Leistung mit lastabhängigen Förderströmen sowie minimierten Pumpenleistungen bei abgesenkter Rücklauftemperatur bereit. Die derart optimierte Anlagenhydraulik schöpft das Energiesparpotenzial aus. In Folge lassen sich die Betriebskosten für Pumpen und Kessel deutlich senken.

Um die Wirkungsweise zu verdeutlichen, wird zunächst die konven­tionelle Beimischschaltung betrachtet: Diese Schaltung stellt ein im Verbraucherzweig mengenkonstantes hydraulisches System dar, das die abgegebene Heizleistung durch Änderung der Heizwassertemperatur mithilfe eines Dreiwegemischers anpasst. Das Regelorgan vermischt dazu heißes Vorlaufwasser mit abgekühltem Rücklaufwasser. Der Massenstrom über dem Verbraucher bleibt dabei konstant. Im Teillastbetrieb fördert die Umwälzpumpe somit überwiegend kaltes Rücklaufwasser durch den Heizkreis – mit nachteiliger Auswirkung auf die hydraulische Energieeffizienz, da die Förderleistung der Umwälzpumpe nur dann angepasst wird, wenn eine unterlagerte Raumtemperaturregelung (z.B. durch Thermostatventile) aktiv ist.

Eine höhere Energieeffizienz wird erzielt, wenn die Vorlauftemperaturregelung mit einer Volumenstromsteuerung kombiniert wird. Durch intelligente Beimischung erzeugt BOA-Systronic hier einen bedarfsgerechten Förderstrom. Die erforderliche thermische Leistung wird durch gleichzeitige Anpassung der Temperaturspreizung gewährleistet. Die Systemlösung besteht aus den folgenden Komponenten:

Die Steuereinheit Systrobox beinhaltet das System-Know-how und steuert zeitgleich beide Regelventile sowie die Umwälzpumpe. Die Steuerung ist am Hauptregelventil BOA-CVE Supercompact werkseitig vormontiert.

Das Hauptregelventil BOA-CVE Supercompact steuert den Förderstrom im Vor- und Rücklauf.

Das zweite Regelventil BOA-CVE Supercompact steuert als Beimischregelventil die Menge des beizumischenden kalten Rücklaufwassers in der Beimischleitung.

Das Messventil BOA-Control IMS ermittelt bei der Inbetriebnahme der Anlage den von der Umwälzpumpe zu fördernden Volumenstrom im Rücklauf. Mithilfe dieses Messsignals wird BOA-Systronic an die Besonderheiten der jeweiligen Anlage angepasst.

Die drehzahlgeregelte Hocheffizienzpumpe Rio-Eco erhält von der Steuereinheit Systrobox die minimierten Förderhöhen-Sollwerte.

Zum Betrieb benötigt BOA-Systronic das Leistungssignal (Mischersignal) einer beliebigen, übergeordneten Regelung des Heizsystems, das an die Steuereinheit Systrobox in Form eines konventionellen Dreipunkt- oder analogem DC 0...10 V-Signal übermittelt wird. Basierend auf dieser Vorgabe errechnet die Steuerung die erforderlichen Heizwasser- und Rücklaufwassermengen und gibt die erforderlichen Stellsignale an beide Regelventile aus. Zeitgleich errechnet die Steuerung zusätzlich den passenden Förderhöhen-Sollwert und gibt diesen an die angeschlossene Umwälzpumpe aus. Alle Ausgangssignale sind vom Typ DC 0...10 V.

Das Drehzahlregelsystem der Umwälzpumpe verarbeitet den empfangenen Förderhöhen-Sollwert und betreibt diese in jedem Betriebspunkt energie- und kostenminimal.

Steckbrief

Ausführende Betriebe

Die Planung für das Projekt Otto-Hahn-Gymnasium führte die Engineering Consult GmbH, Beratende Ingenieure VDI in 76133 Karlsruhe aus, Telefon (07 21) 9 12 19-0

Die Abwicklung der Baumaßnahmen im Heizungskeller des Gymnasiums erfolgte durch die Oehler Heizungstechnik in 76137 Karlsruhe, Telefon (07 21) 37 44 48

Autor

Wolfgang Heinl schreibt als Fachjournalist für die SHK-Branche, 88239 Wangen, Telefon (0 75 22) 90 94 31, wolfgang.heinl@t-online.de

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