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Ganzheitliche Heizungsmodernisierung, Teil 2

Die Bestandsaufnahme der Anlagentechnik

Vor der Bestandsaufnahme vor Ort findet, im Rahmen der Akquise, ein (kurzes) telefonisches Kundengespräch statt. Dieses dient dazu, das Leistungsportfolio des SHK-Betriebs zu kommunizieren und einen Termin zu vereinbaren. Wenn sich ein Hausbesitzer für eine Heizungsmodernisierung inte­ressiert, kann ihn der Handwerker zu einem Gespräch in seinen Betrieb einladen, um sich zunächst einmal über die Wünsche und Vorstellungen des Kunden zu informieren. Bei diesem zielorientierten, persönlichen Erstgespräch sollte der Handwerker auch den Investitionsrahmen und die Verhältnismäßigkeiten von (sinnvollen) Maßnahmen skizzieren und (fachlich) kommentieren. Diese Vorgehensweise ist der Einstieg in die Kundengewinnung, noch bevor ein Angebot erstellt wird.

Der Interessent wird aktiv miteinbezogen

Im Vorfeld des Erstgesprächstermins bietet es sich an, dem Interessenten zu bitten, zur Vorbereitung einige wichtige Basisinformationen zusammenzustellen, die den Beginn der Bestandsaufnahme markieren. Mit den wesentlichen Gebäudedaten und Nutzerbedürfnissen kann sich der SHK-Fachhandwerker schon einen ersten, konkreten Eindruck bezüglich des Objekts machen, ohne dass selbst tätig werden zu müssen. Hilfreich hierbei ist das Formular „Gebäudedaten und Nutzerbedürfnisse“, das man dem Interessenten mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf per Post, Fax oder E-Mail übermittelt. In diesem Formular kann man auch nach dem Budget der Investition fragen. Neben der Informationsgewinnung motiviert man den Interessenten auch, sich mit dem Vorhaben Heizungsmodernisierung ernsthaft zu beschäftigen. Das Ergebnis seiner „Hausarbeit“ bildet dann nicht nur die Gesprächsgrundlage, sondern sie hilft dem Handwerker einzuschätzen, wie ernst es der Kunde meint und wie weit man bei den Bemühungen (bzw. beim zeitlichen Einsatz) um den Kunden gehen möchte: also ob man z.B. ein kostenfreies Angebot erstellt oder ein kostenpflichtiges, umfangreiches Modernisierungskonzept ausarbeitet. Diese basieren auf der Bestandsaufnahme, deren Umfang und Notwendigkeit dem Interessenten erläutert werden muss. Denn die Strom- und Wasserverbräuche haben zwar nicht unmittelbar etwas mit der Heizungsanlage zu tun, geben aber Auskunft über das Nutzerverhalten und über „stille Verbraucher“. Daraus kann dann der Handwerker erste hilfreiche Energieeinspartipps ableiten und sie an den Interessenten weitergeben. Diese Vorgehensweise hilft dabei, das Vertrauen der Gesprächspartner zu festigen.

Praktisch: Das Formular lässt sich später dann noch ergänzen, z.B. bezüglich besonderer Nutzerbedürfnisse oder Anforderungen wie z.B. der Wunsch nach einer effizienten Sommerheizung.

Tipp: Eine Kleinigkeit ist es, dem Datenformular noch eine „Verbrauchsmengenliste“ beizulegen. Hieraus lässt sich im Handumdrehen der Endenergiebedarf überschlagen.

Über den Tellerrand der energetischen Betrachtung hinaus

Grundsätzlich bedeutet eine Bestandsaufnahme, die sich auch bei einer Heizungswartung durchführen lässt, die bestehende Anlagentechnik vor Ort umfassend und detailliert zu dokumentieren. Die DIN 4701 zur energetischen Bewertung von heiz- und raumlufttechnischen Anlagen und der Trinkwassererwärmung definiert die Anlagentechnik in folgenden Bereichen: Wärmeübertragung/Wärmeübergabe, Wärmeverteilung, die Bereitstellung und Speicherung, sowie die Wärmeerzeugung. Sämtliche Bereiche werden als Anlagenteile definiert und bewertet. Ihre zusammengefasste Bewertung drückt sich in der Anlagen-Aufwandszahl aus. Sie ist ohne technische (Maß-) Einheit und verdeutlicht, wie viel Energieeinheiten aufgebracht werden, um eine Energiemenge zu erhalten. Empfehlenswert ist es, eventuell vorhandene, energetische Optimierungspotenziale schon im Rahmen der Bestandsaufnahme zu berücksichtigen.

Durch diese Vorgehensweise ist der SHK-Handwerker zudem in der Lage, die Anlage sehr viel schneller und konkreter zu überblicken, sowie verdeckte Mängel oder Defekte und schleichende Gefahren zu finden. Aber auch über den Tellerrand der energetischen Betrachtung hinaus, lassen sich z.B. Defizite im Sanitärbereich entdecken: dazu gehören u.a. der Trinkwasserschutz und die Trinkwasserhygiene sowie die sicherheitstechnischen Einrichtungen. Dadurch eröffnet sich dem Betrieb die Chance, zusätzliche Umsatzquellen zu erschließen, an die man vorher noch gar nicht gedacht hatte.

Wichtig: Je umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude geplant sind, desto notwendiger ist die Erstellung eines Modernisierungskonzepts unter Berücksichtigung von Wärmedämmmaßnahmen und vor allem den Anforderungen der Energieeinsparverordnung. Wichtig ist, dass der Handwerker dem Interessenten vermittelt, dass zunächst ein Modernisierungskonzept erstellt werden sollte bzw. muss, bevor ein Leistungsangebot erfolgen kann. Und: Da so ein Modernisierungskonzept einen erhöhten Aufwand für den SHK-Betrieb bedeutet, kann es nicht kostenlos bzw. honorarfrei geleistet werden.

Nutzeranforderungen und Wärmeübertragung an den Raum

Das Nutzerprofil ist ein wesentlicher Bestandteil der Bestandsaufnahme. Es verlangt die Dokumentation der verschiedenen Bedürfnisse und Gewohnheiten der Nutzer. Auch das Energieeinsparverhalten, besondere Anforderungen an den Heizenergie- und Warmwasserverbrauch sowie an die Raumtemperaturen müssen erfragt werden (z.B. wenn Kleinkinder oder Pflegeperson im Haushalt sind). Die Frage nach der Häufigkeit der Nutzung von Wasch- und Geschirrspülmaschine ist dahingehend interessant, dass man beim Einsatz einer Solarthermieanlage Warmwasser­anschlüsse für diese Geräte vorsehen kann, um deren Stromverbrauch zu reduzieren.

Eine genaue Dokumentation (inkl. Fotos) der Heizflächen ist hilfreich für die Bestimmung der Wärmeabgabeleistung, für einen eventuellen Heizkörperaustausch oder für den nachträglichen Einbau einer Flächenheizung. Eine sogenannte Raumliste ergänzt die erfasste Wärmeübertragung mit sämtlichen Rahmenbedingungen zur überschlägigen Ermittlung des Wärmebedarfs des entsprechenden Raumes. Eine Raumliste ist ein eigenständiges Datenblatt für jeden einzelnen Raum des Gebäudes. Zunächst gilt es zu prüfen, ob eine funktionierende Einzelraumregelung vorhanden ist, wie sie die EnEV fordert. Bei einfachen Regulierventilen besteht Nachrüstpflicht. Auch die Möglichkeit zur Einstellung des hydraulischen Abgleichs muss an Heizkörperventilen möglich sein.

Alte Heizkörper sollten nicht zuletzt aus optischen Gründen gegen moderne Heizkörper mit hohem Strahlungsanteil ausgetauscht werden. Insbesondere alte Guss-Heizkörper weisen zudem an den Innenoberflächen Materialabtragungen auf, welche die Heizungswasserqualität verschlechtern.

Trinkwassererwärmung und ­Wärmeerzeugung

Die Trinkwassererwärmung bildet den größten Ansatz einer anlagentechnischen Optimierung, selbst wenn der Wärmeschutz des Gebäudes erst später verbessert wird. Bei einem Eingriff in das System ist hinsichtlich der Trinkwasserhy­giene zu erwägen, eine Frischwassererwärmung zu realisieren. Der dazu notwendige Pufferspeicher ließe sich dann auch gut einbinden, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Austausch des vorhandenen Wärmeerzeugers gegen einen Pelletkessel, eine Heizungs-Wärmepumpe etc. kommen sollte.

Unbedingt zu beachten ist auch ein eventuell vorhandenes WW-Zirkulationssystem (zu beachten ist z.B.: Steuerung der Zirkulationspumpe, Fehlzirkulation bei Systemen ohne Pumpe etc.).

Neben einer fotografischen Dokumentation gilt es die technischen Daten, die Anschlusswerte und den Zustand des Wärmeerzeugers zu dokumentieren. Ist eine Modernisierung abzusehen, sollten bei Bedarf auch alternative Aufstellorte geprüft werden. Dies gilt auch für die vorhandene oder künftig zu errichtende Brennstofflagerung. Ebenfalls zu berücksichtigen ist das Thema Kaminsanierung. Eventuell sollte der Bezirkskaminkehrermeister dazu einbezogen werden.

Steht eine Zentralheizungs-Wärmepumpe zur Debatte, gilt es zu prüfen, wo der Zählerschrank installiert ist und ob sich darin noch ein freier Platz für den Wärmepumpenstromzähler (Sondertarif) befindet.

Die Bestandsaufnahme bildet die Grundlage für die Vorgehensweise einer Heizungsmodernisierung. Je umfassender und detaillierter diese Bestandsaufnahme vorgenommen wird, desto zielorientierter und konkreter kann ein nachhaltiges Modernisierungskonzept gestaltet werden. Ziel der Bestandsaufnahme ist eine detaillierte Erfassung des Anlagenbestands für die anschließende Bewertung nach EnEV zur Definition des IST-Zustands, auf dessen Basis diverse Modernisierungsvarianten zu erstellen bzw. dem Kunden vorzuschlagen sind.

Der nächste Teil dieser Artikelserie widmet sich der Bewertung des anlagentechnischen Bestands.

Arbeitshilfen zum Download

Unter https://www.sbz-online.de/ können Sie sich unter dem Menüpunkt „Downloads” folgende wertvolle Arbeitshilfen des Forums Wohnenergie kostenfrei herunterladen:

  • Formular „Gebäudedaten und Nutzerbedürfnisse”
  • Formular „Anlagentechnische Bestandsaufnahme”
  • Kommentar + Checkliste zur anlagentechnischen Bestandsaufnahme

Weitere Informationen

Unser Autor Frank Hartmann ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Nach mehrjähriger Tätigkeit im Handwerk mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien gründete er im Jahre 2002 das „Forum Wohnenergie“ als Dienstleistungszentrum für energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Die Betätigungsfelder sind: Beratungs- und Planungsleistungen, Publikationen, Weiterbildung und Qualifizierung. Zur kompetenten Abwicklung verschiedener Maßnahmen (auch im Projektmanagement) kann das „Forum Wohnenergie“ auf ein umfangreiches Netzwerk von Fachkompetenzen zurückgreifen (Energieberater, Ingenieure, Geologen, Architekten usw.).

Forum Wohnenergie, 97509 Zeilitzheim, Telefon (0 93 81) 71 68 31, Telefax (0 93 81) 71 63 30, http://www.forum-wohnenergie.de

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