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Optimierung mit Vier-Punkte-Programm

Berührungspunkte mit Kunden

Ob die Menschen immer wieder gerne beim gleichen Handwerker kaufen und ihn am Ende weiterempfehlen, entscheidet sich in den Momenten der Wahrheit, an den Kontaktpunkten zum Unternehmen. Diese entstehen überall da, wo ein Kunde oder Interessent mit einem Anbieter, seinen Mitarbeitern, Produkten und Arbeitsleistungen in Berührung kommt, also auf der Baustelle selbst, aber beispielsweise auch durch Hörensagen oder über Meinungsportale

Dabei vertrauen einer aktuellen Nielsen-Studie zufolge in Deutschland 88 % der Befragten auf Empfehlungen von Menschen aus ihrem Umfeld, 64 % vertrauen dem, was Menschen im Web zu berichten wissen, aber nur 25 % der Werbung des jeweiligen Anbieters. Zunehmend spielen also die Beeinflussungen durch Dritte – und immer weniger die teuer bezahlten Selbstanpreisungen der Unternehmen – die kaufentscheidende Rolle.

Deshalb muss es in Zukunft vorrangig um folgende Fragen gehen: Wird das, was wir tun, und vor allem, wie wir es tun,

  • unser öffentliches Ansehen stärken?
  • ein Immer-wieder-Kaufen bewirken?
  • unsere Kunden zu Fans und aktiven Empfehlern machen?

Dabei müssen alle Kontaktpunkte, im Englischen Touchpoints genannt, auf Exzellenz, Wiederkaufs- und Empfehlungspotenzial hin durchleuchtet und optimiert werden.

Momente der Wahrheit aus Kundensicht

Aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet entstehen die ersten Berührungspunkte zu ­einem Unternehmen oft lange, bevor er ­direkten Kontakt aufnimmt:

  • Der potenzielle Kunde hat einen Innenausbauwunsch und es kommt ihm dazu ein Anbieter in den Sinn. Dieser allererste Gedanke verursacht je nach Unternehmensreputation ein eher positives oder negatives Gefühl. Im zweiten Fall bedeutet dies oft bereits das vorzeitige Aus.
  • In seinem Umfeld hört oder in der Zeitung liest er ganz beiläufig etwas über ein Unternehmen und seine Angebote. Diese Informationen werden den ersten Eindruck färben.
  • Der Interessent befragt Kollegen oder Freunde, was sie zu einem Unternehmen und dessen Angeboten und Services sagen können. Und deren Meinung zählt – meistens jedenfalls.
  • Er durchforstet das Internet und stößt ­dabei auf zu- oder abratende Einträge in Foren oder auf Meinungs- und Bewertungsportalen. Diese beeinflussen das weitere Interesse erheblich.

So wird oft genug übersehen, dass man es sich mit seinen Interessenten bereits verscherzt hat, noch bevor diese einen ersten ­direkten Kontaktversuch starten. Spätestens jetzt wird klar, wie intensiv man sich im Rahmen eines Touchpoint-Projekts gerade auch mit solchen vorgelagerten Momenten der Wahrheit beschäftigen muss.

Sinn und Zweck des Touchpoint Managements

Unter Customer-Touchpoint-Management (Kundenkontaktpunkt-Management) versteht man die Koordination aller unternehmerischen Maßnahmen dergestalt, dass den Kunden an jedem Interaktionspunkt ein herausragender wie auch verlässlicher und vertrauenswürdiger Eindruck vermittelt wird. Ein wesentliches Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse an den einzelnen Kontaktpunkten, um bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlung hochwertiges Neugeschäft zu erhalten.

Hierzu wird untersucht, was die Kunden erwarten, welche Leistungen sie auf welche Weise erhalten und wie ihre Reaktion darauf ist. Dabei können neue Touchpoints gefunden, bestehende veredelt und veraltete über Bord geworfen werden. Insgesamt gelangt man schließlich zu einer Priorisierung der aus Kundensicht einflussreichsten Berührungspunkte und zu ihrem verbesserten Zusammenspiel.

Eine Touchpoint-Analyse steht immer am Anfang

Im Touchpoint-Management werden zunächst alle kundenrelevanten Kontaktpunkte gelistet. Diese können

  • in direkter Form durch Beratungsgespräche, Angebote, die einzelnen Etappen einer Baumaßnahme, Rechnungen, Telefon, Anzeige, Website, Reklamation oder
  • in indirekter Form durch Meinungsportale, User-Foren, Presseartikel, Mundpropaganda, Weiterempfehlungen

auftreten. Manche Berührungspunkte sind dabei kritischer als andere. Und oft genug sind es Kleinigkeiten, die schließlich große Katastrophen bewirken. Jedes Detail kann dabei ausschlaggebend sein. Deshalb muss genau analysiert werden, was ein Kunde an den einzelnen Touchpoints im Einzelnen erlebt – und zwar immer aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet.

Da eine Kundenmeinung stets auch von Emotionen begleitet wird, favorisiere ich eine Vorgehensweise, bei der jeder Interaktionspunkt auf seine Enttäuschungs-, OK- und Begeisterungsfaktoren hin untersucht wird – und zwar am besten von den Mitarbeitern selbst. So werden die geplanten Maßnahmen dann auch viel engagierter umgesetzt. Denn sie wurden nicht von oben diktiert, sondern in Eigenregie entwickelt.

Die Einstimmung einer Touchpoint-Arbeitsgruppe

Wenn ich Touchpoint-Workshops gestalte, lasse ich, nach einer Einführung ins Thema, die Teilnehmer zunächst in Kleingruppen an folgenden Punkten arbeiten:

  • Wenn ich selber Kunde bin, was ist mir dann besonders wichtig?
  • Wenn ich selber Kunde bin, was ärgert mich und stößt mich ab?
  • Was erzählen unsere Kunden im Guten wie im Schlechten über uns? Und wonach haben sie in der letzten Zeit öfter mal gefragt?
  • Was dürfen wir keinesfalls tun, weil es unsere Kunden vergrault und vertreibt?
  • Was könnte unsere Kunden begeistern, weil es ihre Erwartungen übertrifft?
  • Von welchen blödsinnigen Vorgehensweisen, Standards und Normen sollten wir uns schnellstmöglich trennen?
  • Was sind die Minimumerwartungen unserer Kunden, also solche, die immer erfüllt werden müssen?
  • Was habe ich als Mitarbeiter/in davon, wenn ich Kunden begeistere? Was hat das Team davon, wenn wir das alle gemeinsam tun? Und die Firma?

Danach nimmt man sich konkrete Touchpoints vor, die man verbessern möchte. Nach dem Erfassen der dortigen Ist-Situation wird die jeweils gewünschte Soll-Situa­tion definiert und ein Maßnahmenplan entwickelt. Hierbei wird insbesondere auch nach Begeisterungsideen gesucht. Davon kann man gar nicht genug haben. Oft sind es nämlich die emotionalisierenden Kleinigkeiten, die den großen Unterschied machen, weil sie die Kunden berühren. Und wer die Herzen berührt, so stand es schon in meinem Poesiealbum, hat mit den Köpfen leichtes Spiel.

Checkliste

Der vierstufige Prozess

Der Prozess des Touchpoint-Managements besteht aus vier Etappen mit jeweils zwei Schritten.

Die Ist-Analyse. Sie besteht aus folgenden Teilschritten: Erfassen der kundenrelevanten Kontaktpunkte und Dokumentieren der Ist-Situa­tion aus Kundensicht.

Die Soll-Strategie. Sie besteht aus folgenden Teilschritten: ­Definieren der optimalen Soll-­Situation aus Kundensicht und Finden passender(er) Vorgehensweisen.

Die operative Umsetzung. Sie ­besteht aus folgenden Teilschritten: Planung erforderlicher Maßnahmen, die zur Soll-Situation führen, und Umsetzung eines passenden Maßnahmen-Mixes.

Das Monitoring. Es besteht aus folgenden Teilschritten: Touchpointspezifisches Messen der Ergebnisse und kunden­relevante Optimierung der ­Prozesse.

Tipp

Ein Praxisbeispiel

Im Touchpoint-Management wird jeder Kundenkontaktpunkt auf seine Enttäuschungs-, OK- und Begeisterungsfaktoren hin analysiert. Das Ergebnis, durch die Brille des Kunden betrachtet, schwankt irgendwo zwischen herber Enttäuschung und hemmungsloser Begeisterung. Nehmen wir zur Anschauung ein Kollegenbeispiel aus einem benachbarten Gewerk.

Wenn ein Kunde in einem Elektroladen für sein neues Luxusbad ein paar Designerlampen ersteht und den dortigen Elektriker beauftragt, diese auch zu montieren, wird er ­eine Funktionsprüfung erwarten. Wird diese schlampig durchgeführt und stellt der Kunde wenig später fest, dass eine Lampe nicht brennt, wird er ungehalten sein. Macht der Elektriker die Prüfung korrekt, ist das ganz normal. Fachliches Können ist aus Kundensicht nur ein OK-Faktor, also selbstverständlich. Mängel oder Fehler hingegen tolerieren die Menschen nicht. Und mehr noch: Ist ein Kunde unzufrieden, wird er Sie dafür bestrafen: mit Unbequemlichkeit, mit einer verschärften Reklamation, einer Rechnungskürzung oder mit übler Nachrede – neuerdings auch online.

Wenn hingegen der Elektriker nach Montage und Überprüfung noch höflich fragt, ob der Kunde im Schein dieser Lampe bevorzugt duschen oder baden will, dementsprechend eine Empfehlung für einen stromsparenden Glühbirnentyp gibt und diese gleich noch einsetzt, das Bad so sauber verlässt, wie er es betreten hat, und den kleinen Aufpreis für die Sparlampe mit einem augenzwinkernden „gern geschehen“ erlässt (da er angesichts des Gesamtpreises wirklich keine Rolle spielt), dann wird der Kunde wahrscheinlich begeistert sein. Und wenn dann der Kunde, kaum dass der Elektriker gegangen ist, das neue Bad auf typische Handwerkerspuren inspiziert und statt vergessenen Drecks eine hübsche Tüte Badesalz mit einem persönlichen Gruß entdeckt plus eine zweite zum Weiterverschenken an jemanden, der auch Designerlampen mag, dann ist der Kunde sicher entzückt.

Es sind vor allem Kleinigkeiten, die der Kunde so nicht erwartet, die zur Begeisterung führen. Wir können gar nicht genug Aufmerksamkeit darauf lenken. Solch emotionalisierende Details nenne ich Sternenstaub. Gerade durch sie entsteht am Ende Gesprächsstoff für reichlich Mundpropaganda – und Empfehlungen kommen fast wie von selbst.

Buchtipp

Touchpoints

Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute – Managementstrategien für unsere neue Businesswelt, ­Anne M. Schüller, 350 Seiten, ISBN: 978-3-86936-330-1, Gabal Verlag, https://www.gabal-verlag.de/, 29,90 Euro.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Zunächst wird näher beleuchtet, was in Management und Marketing bleiben kann, was weg muss und was neu hinzugenommen werden soll. Dabei wird unter anderem erläutert, wie Social Networks funktionieren. Im zweiten Buchteil Customer-Touchpoint-Management entwickelt die Autorin in einem Vier-Stufen-Prozess eine Methode, die Kundenbeziehungen in Zeiten von social und mobile passend gestaltet. Der dritte Teil beschäftigt sich mit Mitarbeiter-Touchpoint-Management. Das Buch soll Führungskräften und Mitarbeitern in KMU helfen, eine Brücke von der Theorie zur Praxis zu schlagen – mit einfachen Bordmitteln und ohne teure Hilfe von außen.

Autor

Anne M. Schüller ist Beraterin mit dem Spezialgebiet Loyalitätsmarketing, 81545 München, Telefon (0 89) 6 42 32 08, info@anneschueller.de, http://www.anneschueller.com