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Dessauer Tagung mit Status quo

Wie läufts denn?

Ursprünglich sollten die Ziele der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) zumindest in den Gesundheitsämtern kostenneutral umgesetzt werden. Sprich: Falls es bei Prüfung, Bewertung und nötigen Sofortmaßnahmen durch die Behörde Mehrarbeit geben sollte, ließe sich das sicher durch Umstrukturierung des Personals bewerkstelligen. Diese naive Vorstellung provoziert heute allenfalls noch ein müdes Lächeln. Heute ist man um einige Erfahrungen reicher. Mittlerweile stellt zwar niemand die TrinkwV, ihre Ziele und die dafür nötigen Anstrengungen infrage. Doch Kostenneutralität? Die Tagung in Dessau ließ viele Personen der beteiligten Fachkreise zu Wort kommen. Und überdeutlich wird, dass hygienisch einwandfreies Trinkwasser als Lebensmittel Nr. 1 keine Selbstverständlichkeit zum Nulltarif ist.

Von Behörde bis Betreiber: Wasser OK?

Mittlerweile arbeiten Gesundheitsämter in Sachen Trinkwasser an ihrer Belastungsgrenze, akkreditierte Prüflabore führen lange Wartelisten und Planer und Sanitärbetriebe sind auf Schwachstellen sensibilisiert und bilden sich weiter. Nicht zuletzt hat auch die Wohnungswirtschaft als Betreiber zahlloser Versorgungssysteme erkannt, dass hohe Trinkwasserqualität bis zur letzten Zapfstelle ein ­eigenes – mit Kosten verbundenes – Engagement erfordert.

Aber wie lässt sich das Schutzziel hygienisch einwandfreies Trinkwasser an der letzten Zapfstelle möglichst effizient erreichen? Ohne Zweifel hat es Verunsicherungen und einen dringenden Klärungsbedarf in den letzten Jahren gegeben. Ein Beispiel: Ursprünglich noch 2012 sollten alle Betreiber, die Trinkwasser an Dritte abgeben, sowohl Liegenschaft als auch Ansprechpartner den Gesundheitsbehörden melden und möglichst zeitnah eine Erstbeprobung der Trinkwasserqualität vornehmen – allein vom Zeitrahmen eine utopische Forderung der alten TrinkwV.

Mittlerweile beschränkt die aktuelle Verordnung eine Meldepflicht auf öffentliche Gebäude. Eine Beprobung des Trinkwassers hat sowohl dort stattzufinden als auch in sogenannten großen Trinkwasseranlagen für Warmwasser, in denen Duschen oder sonstige Vernebelungseinrichtungen Dritten zur Verfügung stehen. Auch wenn die TrinkwV Ein- und Zweifamilienhäuser als sogenannte Kleinanlagen von der Pflicht zur Erstbeprobung ausnimmt, verbleiben bundesweit etwa zwei Millionen Anlagen, die bis Ende 2013 erstmalig zu prüfen sind.

Ergibt sich kein Verdacht in der Trinkwasseranalyse, kann die wiederkehrende Prüfung erst nach drei Jahren erfolgen. Damit es zur Beprobung der letzten Zapfstelle beim Mieter kommen kann, sind nötige Terminabsprachen allerdings ein erhebliches organisatorisches Problem für die Wohnungswirtschaft, wie in Dessau zur Sprache kam.

Maßnahmewert hat wichtige Funktion

Auffällige Werte im Trinkwasser rufen eine nötige Gefährdungsanalyse auf den Plan. Denn wenn der technische Maßnahmewert einer Wasseranalyse mehr als 100 Kolonien bildende Einheiten (KBE) pro 100ml aufweist, muss dies dem Gesundheitsamt angezeigt werden. Doch wie kann eine aussagekräftige Gefährdungsanalyse entstehen? Das Gesundheitsamt will schließlich einen Maßnahmenkatalog darauf abstimmen. In Dessau gab es dazu zahlreiche Wortbeiträge. Konsens bestand darin, dass Hygieniker und Sanitärfachleute mit ihrem jeweils speziellen Know-how am besten gemeinsam einen individuellen Maßnahmenkatalog erarbeiten.

Gefährdungsanalyse: Was kann wo schiefgehen?

Erst wenn ein Trinkwassersystem mit allen Details bekannt ist, lassen sich durch die entstandene Transparenz Schwachstellen erkennen und beheben. Wie man dazu im Einzelnen vorgeht? Der ZVSHK erläutert die seit November 2012 geltende novellierte ­TrinkwV in einem Kommentar, den jeder organisierte Mitgliedsbetrieb als Print-Fassung über seinen Landesverband erhalten hat. Auch steht der Kommentar für Mitgliedsbetriebe im Onlineshop unter http://www.zvshk.de kostenlos zum Download bereit.

Im Anhang des Kommentars ist der Aufbau einer Gefährdungsanalyse exemplarisch dargestellt. Auch wird die Weiterbildung zum „Fachbetrieb für Sicherheit und Hygiene in der Trinkwasser-Installation“ in Zukunft näher darauf eingehen.

Wer ist wie qualifiziert?

In der Weiterbildung für das Fachhandwerk entstand in der Vergangenheit eine erhebliche Verunsicherung. Denn bislang gab es bundesweit keine abgestimmte Regelung ­darüber, welche Qualifikation beispielsweise beim Sanitärhandwerker als ausreichend anzusehen ist, um bestimmte Arbeiten an Trinkwasseranlagen vorzunehmen. Im Brennpunkt stand die Frage: Bedarf es einer Weiterbildung ausschließlich nach VDI 6023 – wie mittlerweile in vielen Ausschreibungen gefordert? Oder ist die Qualifizierung zum „Fachbetrieb für Sicherheit und Hygiene in der Trinkwasser-Installation“, die von der SHK-Organisation angeboten wird, als gleichwertig anzusehen?

Franz-Josef Heinrichs, als langjähriger ZVSHK-Referent für Sanitärtechnik mittlerweile im Ruhestand, konnte für eine Klarstellung sorgen, der niemand widersprach. „Maßgeblich für Planung, Installation, Betrieb und Wartung einer Trinkwasseranlage sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik.“ Heinrichs ließ sich gar nicht erst auf eine Diskussion ein, ob nur eine Weiterbildung nach VDI 6023 als Voraussetzung anzusehen ist oder nicht. Vielmehr konzentrierte er sich darauf, was im Einzelnen zu den anerkannten Regeln gehört. In einer Übersicht spannte Heinrichs den Bogen von der DIN EN 806 über die DIN EN 1717 (Schutz des Trinkwassers) bis zur deutschen Ergänzungsnorm DIN 1988-100 (Schutz des Trinkwassers) und -200 (Planung). „Unsere Mitgliedsbetriebe bekommen in der Weiterbildung zum Fachbetrieb für Sicherheit und Hygiene in der Trinkwasser-Installation vermittelt, welche Spezialkenntnisse nötig und welche Normen und Kommentare wichtig sind“, betonte Heinrichs.

Workshops beleuchteten Details

Auf Einladung des UBA diskutierten etwa 60 Teilnehmer in drei Workshops einzelne Aspekte der TrinkwV. Zum einen stand das Thema Regelwerk im Mittelpunkt. Ergeben sich Lücken? Besteht dringender Handlungsbedarf? Nein. Defizite wurden vielmehr darin erkannt, dass wichtige Punkte nicht immer beherzigt werden und keine Kontrollinstanz darauf drängt, dass das Regelwerk fachgerecht umgesetzt wird.

Im Qualifikations-Workshop kamen DVGW, Gesundheitsämter, SHK-Fachhandwerk sowie VDI überein, in Zukunft zusammenzuarbeiten und Weiterbildungen so aufeinander abzustimmen, dass keine Widersprüche oder Zweifel in der gegenseitigen Anerkennung aufkommen.

Im Workshop Kommunikation wurde deutlich, dass rund ums Thema Wasser bislang viele brauchbare Arbeitshilfen für die verschiedensten Zielgruppen geschrieben wurden, beispielsweise die UBA-Broschüren „Rund ums Trinkwasser“ oder „Legionellen“. Deshalb soll das UBA als neutrale Stelle weitere geeignete Flyer, Broschüren, Pressetexte oder auch Manuskripte für Lehrer und Erzieher sammeln und über eine Web-Plattform zugänglich machen.

TrinkwV wird angenommen

Auch wenn inzwischen Prüffristen geändert wurden, Labortermine mit langen Wartezeiten verbunden sind, Kosten z.B. für Entnahmearmaturen und Wasserproben entstehen und der Wohnungszutritt bei Mietern teils mühsam verläuft – die aktuelle TrinkwV wird grundsätzlich positiv angenommen, denn sie spielt eine wichtige Rolle, um Menschen mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser versorgen zu können.

Allerdings: Ob eine bestmögliche Qualität an der letzten Zapfstelle erreicht werden kann, hängt auch entscheidend von Nutzergewohnheiten ab. Der Sanitärfachmann weiß um die Faustformel „Wasser muss fließen“. Wenn der Endverbraucher trotz aller Aufklärungsarbeit wichtige Regeln nicht beachtet und stagniertes Wasser nicht erst ablaufen lässt, sondern – den Spargedanken im Kopf – unmittelbar zum Duschen, für die Zahnbürste oder den Trinkbecher nutzt, kommt die TrinkwV hier nicht ans Ziel.

Info

Grenzwert für Blei ­verschärft

Aufmerksam verfolgt wurde die Tagung auch von etlichen Herstellern, die Leitungssysteme bzw. Armaturen der verschiedensten Werkstoffe im Markt haben. Mit ein Grund für das Interesse: Die TrinkwV senkt den momentan geltenden Grenzwert für Blei im Trinkwasser von 0,025 mg/l nochmals drastisch auf 0,010 mg/l (Frist: 1. Dezember 2013). Auch ein Bestandsschutz wurde aufgehoben.

Doch ob Alt- oder Neuanlage – dieser verschärfte Grenzwert für Blei lässt sich offenbar vielfach nicht erreichen, weil beispielsweise bleifreie Messing-Legierungen noch die Ausnahme sind. Die Tagung hätte mit einer Diskussion darauf eingehen können, doch thematisierte man das Problem nur am Rande. Allerdings ist absehbar, dass das Thema bald in den Fokus kommt.