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Thermie legt wieder zu

Talsohle durchschritten

Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), sieht die Zukunft der Solarthermie positiv: „Der Absatz von Solarwärmekollektoren hat im ersten Quartal 2012 mit einer Steigerung von 7,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich zugelegt. Damit setzt sich ein Wachstumstrend fort, der sich in der Vergangenheit bereits abzeichnete.“ Nach Angaben des Verbandes installierten Deutschlands Installateure von Januar bis März dieses Jahres knapp 219000 m2 Kollektorfläche. Im ersten Quartal des Vorjahres waren es 204000 m2. Betrachte man nur den März, belaufe sich der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar auf 18 %. Und dabei sei die Hauptsaison für den Verkauf von Sonnenkollektoren gerade erst angebrochen. Diese beginne immer mit dem Ende einer Heizperiode. Und Mayer geht davon aus, dass viele deutsche Immobilienbesitzer diese Zeit für die Modernisierung ihrer Heizungssysteme nutzen. „Wer sich von der Heizkosten-Spirale abkoppeln möchte, setzt auf günstige Solarwärme – das gilt für Häuslebauer und für Eigenheimbesitzer mit Modernisierungsplänen gleichermaßen“, erklärt Mayer.

„Dabei empfiehlt sich die Kombination aus Gas- oder Öl-Brennwerttechnik mit Solarwärme. Sie spart bis zu 40 % Energie und wird zudem vom Bund finanziell gefördert“, ergänzt Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). So könnten die Heizkosten um bis zu 50 % gesenkt werden. Dabei ist zu beachten, dass 80 % des Energieverbrauchs von privaten Haushalten für Heizung und Warmwasser benutzt werden.

Steigende Energiepreise helfen der Solarthermie

Und aus Sicht des BDH und des BSW-Solar sind es eben diese steigenden Energiepreise, die der Branche der Solarthermie zu einer Erholung verhalfen, die bereits letztes Jahr einsetzte. Noch im Vorjahr klagte die Branche über eine schlechte Entwicklung des Marktes. „Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 149000 neue Solarwärmeanlagen auf deutschen Dächern installiert, was einer Kollektorfläche von rund 1,27 Millionen m2 entspricht“, so Mayer. „Damit sorgen zum Ende letzten Jahres 1,66 Millionen Solarthermie-Anlagen in der Bundesrepublik für Warmwasser und/oder Raumheizung. Der Anteil der Solaranlagen, die neben der Warmwasserbereitung auch die Heizung unterstützen, liegt etwa bei der Hälfte.“ Damit sei der Absatzmarkt von Solarthermie-Anlagen 2011 um knapp 11 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Und die Vertreter des BSW-Solar meinen, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird und verweisen auf eine telefonische Repräsentativ-Befragung von 523 Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie 503 Heizungsbauunternehmen im Zeitraum Mai bis August 2011 durch das Beratungsunternehmen Technomar GmbH. Demnach denkt gut jeder dritte Eigenheimbesitzer über die Anschaffung einer solarthermischen Anlage zur Heizungsunterstützung oder zur Wassererwärmung nach. „Die Investitionsbereitschaft in die langfristig kostengünstige Solarwärme ist sehr groß. Immer mehr Menschen wollen sich von steigenden Öl- und Gaspreisen unabhängiger machen“, erklärt Jörg Mayer. Und diese steigen anscheinend immer weiter an. Und es gebe noch einen weiteren Grund für die starke Entwicklung im Bereich der Solarthermie. Denn im Gegensatz zur Photovoltaik ist der Bereich Solarthermie nicht von den finanziellen Kürzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetz betroffen. So könnten viele Endkunden, die über den Kauf einer Photovoltaikanlage nachdenken, ihren Plan ändern und eine solarthermische Anlage kaufen. „Die Indikatoren deuten auf nachhaltiges Wachstum im Solarwärme-Markt hin, was angesichts der beschlossenen Energiewende ausgesprochen wünschenswert ist“, so Mayer. Die Markterwartung des Installationshandwerks auf Basis einer zweiten Umfrage würde diese Entwicklung bestätigen. Jeder zweite Solarwärme-Handwerker (54 %) beurteilt die Geschäftserwartung für die kommenden drei Jahre besser beziehungsweise deutlich besser, eine gleichbleibende Entwicklung erwarten 20 %. Und nur 13 % rechnen mit schlechteren Geschäften.

Kooperation für die industrielle Anwendung

Aber nicht nur private Haushalte entwickeln ein immer stärkeres Energiebewusstsein. Auch die Industrie sucht Wege, Energie einzusparen. Und dabei entdecken immer mehr Unternehmen die Technik der Solarthermie für sich. Genau darauf setzten die beiden Unternehmen Eisenmann AG, ein international führender Systemanbieter in der Oberflächentechnik, und Ritter XL Solar GmbH, ein Spezialist für große Solarwärmeanlagen. Vor rund einem Jahr haben sich die Firmen zu einer „grünen Allianz“ zusammengeschlossen. Mit dem Ziel, den Einsatz von Solarwärmeanlagen in industriellen Prozessen, speziell in Lackieranlagen, voranzubringen. Nun haben die beiden Unternehmen einen ersten gemeinsamen Auftrag erhalten. Und zwar aus der Schweiz von der Zehnder Group. Auf einer neuen Werkshalle am Stammsitz Gränichen im Kanton Aargau soll eine große Solaranlage installiert werden, zur Beheizung der Tauchbecken ihrer Lackieranlage. Im Mai dieses Jahres begannen Eisenmann und Ritter mit dem Bau einer Anlage aus 80 Hochleistungs-Vakuumröhrenkollektoren mit einer Gesamtfläche von 400 m2. „Ein echtes Novum in diesem Bereich sind dabei die von Ritter XL Solar garantierten jährlichen Mindest­erträge der Anlage. Die damit verbundene Kalkulationssicherheit war für Zehnder ein wichtiges Argument bei der Entscheidung für diese Investition“, so Detlev Seidler, Geschäftsführer der Firma Ritter XL Solar aus Karlsbad bei Karlsruhe.

Für die grüne Allianz Eisenmann-Ritter sei der Auftrag aus der Schweiz aber nur der Auftakt für ein sehr erfolgreiches Jahr, ist sich Bodo Mayer, Vertriebsleiter bei Eisenmann, sicher: „Wir gehen davon aus, dass wir dieses Jahr weltweit mindestens noch vier weitere, zum Teil noch größere Solaranlagen platzieren können.“ Dies zeige ein Blick nach Deutschland. Dort würden jährlich 70 Milliarden kWh an Wärmeenergie in industriellen Produktionsprozessen bei Temperaturen unter 100°C verbraucht, so wie in der Lackieranlage in der Schweiz. „Dieser Temperaturbereich eignet sich bestens für die ganzjährige Unterstützung durch unsere hocheffizienten solarthermischen Systeme“, sagt Seidler. „Die Prozesse der Oberflächenbehandlung gewährleisten eine kontinuierliche Abnahme der Solarwärme und sind daher sehr gut mit unserer Technik kombinierbar.“

Während Ritter die Solaranlagen und das solare Knowhow liefert, zeichnet Eisenmann für die Integration der Solartechnik in die Produktionsprozesse sowie für Marketing und Vertrieb verantwortlich. „Unser Angebot stößt auf großes Interesse bei unseren Kunden, weil es genau zu deren Zielsetzung passt, ihre Produktionsprozesse nachhaltiger, energiesparender und umweltfreundlicher, eben grüner, zu gestalten“, so Markus Hachmöller, der für Eisenmann den weltweiten Vertrieb dieser Sparte betreut. Auch die großen Automobilhersteller würden sich mittlerweile für die Umwelttechnik aus Deutschland interessieren, um ihre Produktionsstätten rund um den Globus energie- und ressourceneffizient aufzustellen.

Die Verbände fordern Steueranreize

BSW-Solar und der BDH betonen allerdings, dass der Solarthermie-Markt gegenüber dem Boom-Jahr 2008 gerade einmal ein Niveau von etwa 60 % erreicht hat. Stark schwankende Energiepreise und mangelnde Anreize würden den dringend notwendigen Ausbau der Solarthermie im Wärmemarkt behindern. Daher fordern die Verbände die Politik auf, endlich attraktive und verstetigte Anreize für potenzielle Investoren in Effizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich zu schaffen. Beide Verbände sprechen sich seit geraumer Zeit für Abschreibungsmodelle aus, die allerdings nach wie vor von Fiskalpolitikern unter Preisgabe der umwelt- und energiepolitischen Zielsetzungen der Energiewende verhindert würden.

Auch wenn die Verbände Anreize zur Förderung der Solarthermie fordern, scheinen einige Unternehmen in der derzeitige Situa­tion gut aufgestellt zu sein, sodass sie in der Lage sind, sich besser im Markt zu positionieren. Wie zum Beispiel die Firma Sonnenkraft. Das Unternehmen eröffnete vor kurzem zwei weitere Vertriebsbüros in Großbritannien und in der Schweiz. Damit erhöht sich die Zahl der Tochterunternehmen im Ausland auf neun. Ein Blick zur angeschlagenen Photovoltaikbranche zeigt, dass Unternehmen, die international breit aufgestellt sind, in Krisenzeiten bessere Chancen haben.

Autor

Markus Grunwald ist Redakteur beim EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-75, m.grunwald@europressedienst.com , https://www.europressedienst.com/