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Kundenrückgewinnung

Die zweite Chance beim Ex

Zwei Zielrichtungen hat ein professionelles Kundenrückgewinnungsmanagement: Oberstes Ziel ist es, ein Maximum an profitablen verlorenen Kunden zurückzugewinnen. Daneben sollen die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um zukünftige Kundenverluste weitestgehend zu vermeiden. Diese Oberziele lassen sich weiter spezifizieren:

  • Die Kundenfluktuation soll dauerhaft eingedämmt werden.
  • Hohe Kosten für die Neuakquisition zum Ersatz verlorener Kunden sollen vermieden werden.
  • Das Image als kundenfokussiertes Unternehmen soll gefestigt werden.
  • Negative Mundpropaganda soll abgewendet werden.
  • Die dem Abwandern zugrunde liegenden Mängel sollen behoben und hieraus ­entstehende Fehlerkosten zukünftig reduziert werden.
  • Das Leistungsangebot soll verbessert und kundenfreundlicher gestaltet werden.
  • Eine gute Basis für die „zweite Loyalität“ rentabler Kunden soll gelegt werden.

90 % der verlorenen Kunden sind rückholbar

Im Ex-Kundenkreis schlummert ein beträchtliches Ertragspotenzial. Es ist nicht nur kostengünstiger, sondern häufig auch leichter, abgesprungene Kunden zurückzuholen, als Neukunden zu gewinnen. Und oft waren es nur Kleinigkeiten, die Verärgerung und Missstimmung hervorgerufen haben. Menschen vergessen meist schnell und verzeihen gern. Viele ehemalige Kunden wären demnach bereit, Ihnen eine zweite Chance zu geben, würde man sie nur gebührend darum bitten, etwaige Probleme aus der Welt schaffen – und ihnen das Wiederkommen ein wenig versüßen.

So ergab eine vom Marktforschungsinstitut Ciao GmbH online durchgeführte Studie zum Kundenservice in Deutschland, dass nur 12 % der Befragten unter keinen Umständen zu ihrem ehemaligen Anbieter zurückkehren wollten. Im Übrigen verdeutlichen die Ergebnisse den Vorrang emotionaler Aspekte. Auf die Frage: „Was müsste eine Firma tun, die Sie aufgrund eines schlechten Kundenservice als Kunden verloren hat, um Sie zurückzugewinnen?“ antworteten die 1000 Teilnehmer auf die vorgegebenen Möglichkeiten wie folgt:

  • beweisen, dass ich ihnen als Kunde wichtig bin zu 28 %,
  • beweisen, dass sich ihr Kundenservice verbessert hat zu 24 %,
  • mir einen Preisnachlass beziehungsweise eine Gutschrift anbieten zu 12 %
  • nichts, ich werde nie wieder zurückgehen zu 12 %
  • die Mitarbeiter im Kundenservice besser schulen zu 7 %
  • sich entschuldigen zu 6 %
  • einer der Manager müsste mich kontaktieren zu 2 %

Die Prävention von Kundenfluktuation

Kundenverluste haben viel seltener etwas mit Preisen zu tun, als allgemein angenommen wird. „Zu teuer“ ist ein wunderbarer Vorwand für beide Seiten: für den Kunden, damit er seine emotionale Verletztheit nicht offen legen muss. Und für den Betreuer, um sich aus der persönlichen Verantwortung zu stehlen. Doch nur, wer die wahren Fluktua­tionsursachen kennt, kann die richtigen korrigierenden Maßnahmen einleiten.

So erbrachte eine Untersuchung der Forum-Marktforscher aus Mainz, dass nicht die Konditionen, sondern kommunikative und zwischenmenschliche Faktoren die Hauptgründe für niedrige Zufriedenheitswerte bei Ex-Bankkunden waren. Übrigens hatten nur 5 % aller Kunden, aber 14 % aller Ex-Kunden sich bereits bei ihrer Bank beschwert. Die jeweils letzte Beschwerde erfolgte bei den bestehenden Kunden zu 13 %, bei den Ex-Kunden zu 29 % per Brief. Eine schriftliche Beschwerde heißt also: fünf vor zwölf.

Fünf Tipps zur Vermeidung von Kundenverlusten

  • Manche Unternehmen sind so sehr mit der Neukundengewinnung beschäftigt, dass Bestandskunden oft das Gefühl ­haben, nur noch zweite Klasse zu sein. Jedoch: Ihre Stammkunden sind Ihre wichtigsten Kunden. Diese – und nicht die Neukunden – bekommen also die besten Angebote, Sonderpreise und Privilegien.
  • Kunden fehlt oft die so wichtige emotionale Aufmerksamkeit. Zeigen Sie daher Akzeptanz, Anerkennung, Wertschätzung und Respekt. Bedanken Sie sich ausdrücklich, persönlich und ehrlich für jeden Kauf beziehungsweise für jede Transaktion. Legen Sie öfter mal einen Danke-Tag ein und starten Sie Gratulationsmaßnahmen für Kundentreue.
  • Dem Kunden nichts aufzwingen. Lassen Sie ihn vielmehr selbst entscheiden, wer ihn wie oft und auf welchem Weg kontaktieren darf. Aktualisieren Sie kontinuierlich alle kundenrelevanten Informationen in Ihrer Datenbank und ergänzen Sie diese sukzessive um emotionale Details.
  • Bei jeder Unzufriedenheit denken Kunden sofort über einen Wechsel nach. Beugen Sie also Unmut vor, indem Sie fokussierende Fragen stellen, etwa wie folgt: „Wenn es eine Sache gibt, lieber Kunde, die wir in Zukunft für Sie noch ein wenig besser machen können, was wäre da das Wichtigste für Sie?“ Entwickeln Sie ein Frühwarnsystem mit den typischen Anzeichen für Abwanderungsbereitschaft.
  • Gehen Sie mit Reklamationen professionell um. Schlecht oder gar nicht bearbeitete Reklamationen sind ein Hauptgrund für Kundenfluktuation. Denken Sie nicht nur an den Ausgleich des tatsächlichen Schadens, sondern geben Sie auch eine emotionale Wiedergutmachung. Denn der Kunde hatte Ärger und Stress, und das sieht er auch als eine Art von Körperverletzung.

Die Rückgewinnung abgewanderter Kunden

Nicht alle Ex-Kunden sind auf immer und ewig verärgert. Vielleicht sorgte eine Bagatelle für das Abwandern oder der Lieblingsverkäufer des Abtrünnigen ist nicht mehr bei Ihnen – finden Sie ihm einen netten neuen – oder ein Mitarbeiter war inkompetent und unfreundlich, ist aber inzwischen entlassen. Oder Sie sind schlichtweg in Vergessenheit geraten – weil es zu ruhig um Sie wurde. Womöglich wollten Ihre Kunden ganz einfach mal was Neues ausprobieren – und sind gar nicht so glücklich dabei. Oder sie konnten den Billigangeboten eines Mitbewerbers nicht widerstehen und wollen nicht zugeben, dass sie auf die Nase gefallen sind.

Vielleicht liegt es aber auch an Ihren Produkten, an mangelhaftem Service, an Änderungen im Kaufverhalten oder am Preisverfall, wenn Ihre Kunden abwandern. Eines ist ebenfalls sicher: Nicht jeder Ex-Kunde ist rückholbar. Und manche Ehemaligen wünscht man lieber der Konkurrenz als sich selbst. Demnach stellen sich vor einer Rückgewinnungsaktion folgende Fragen:

  • Wie viele Kunden haben wir aus welchen Gründen verloren?
  • Welchen Wert verlieren wir mit jedem abgesprungenen Kunden?
  • Wie viele verlorene Kunden können wir auf welche Weise zurückgewinnen?
  • Welche schlafenden Kunden können wir wieder beleben?
  • Welche Kunden wollen wir nicht wieder zurück?

Ein aufmunterndes Beispiel aus der Praxis

Meist ist es die Angst vor dem Nein, die uns beim Kundenzurückholen zögern lässt. Wer gut vorbereitet ist und mutig voranschreitet, kann am Ende sogar die Erfahrung machen, dass ein reaktivierter Kunde zum aktiven Empfehler wird. Ein Verkaufsleiter erzählte mir hierzu die folgende Geschichte:

„Ein Kunde besuchte uns während einer Ausstellung und zeigte großes Interesse an einem unserer Produkte. Aufgrund einer Gebietsumverteilung fasste der verantwortliche Verkäufer nicht sofort nach, und ein Anruf blieb unbeantwortet. Als wir ihn schließlich kontaktierten, war der Deal bereits gelaufen. Der Kunde war außerdem ziemlich verärgert über die scheinbare Arroganz unseres Unternehmens, so kleine Kunden wie ihn nicht zu bedienen. Nachdem er bis dahin stolz war, unsere Produkte einzusetzen, hatte er sich daraufhin bewusst gegen uns entschieden. Er war aber offen, mich bei Gelegenheit noch einmal zu treffen. Nach einem vollen Arbeitstag bin ich gegen Abend bei ihm vorgefahren. Er war spontan bereit, mir fünf Minuten seiner Zeit zu schenken. Das Gespräch hat dann über zwei Stunden gedauert. Er hatte leider keinen weiteren Bedarf und war hochzufrieden mit der Anschaffung, die er bei der Konkurrenz gemacht hatte. Ich war zwar enttäuscht, zeigte aber Verständnis für seine Entscheidung. Sechs Monate später rief er mich an. Wir vereinbarten einen Termin für die Besprechung eines neuen Projekts im Umfang vom zehnfachen des verlorenen Geschäfts. Wir bekamen den Auftrag und weitere lukrative Folgeaufträge. Einige Monate später erhielt ich den Anruf eines uns unbekannten Unternehmens, das genau die gleiche Lösung benötigte. Nach minimalem Beratungsaufwand erhielten wir den Zuschlag. Es war eine Empfehlung des wieder gewonnenen Kunden.“

Einen Leitfaden, wie Sie Gespräche zur Kundenrückgewinnung vorbereiten und durchführen können, finden Sie in der Checkliste.

Je länger ein Unternehmen einen rentablen Kunden hält, desto mehr Gewinne kann es durch ihn erzielen. Oberstes Ziel sollte es daher sein, keinen einzigen Kunden zu verlieren, den man behalten will. Hohe Kunden­loyalität und niedrige Abwanderungsraten sichern den dauerhaften Geschäftserfolg. Das systematisch betriebene Kundenrückgewinnungsmanagement ist ein äußerst wirkungsvoller Baustein auf dem Weg zu diesem Ziel.

Checkliste

Aktionsplan zur Kundenrückgewinnung

Karteileichen nicht entsorgen, sondern wiederbeleben. Ermitteln Sie unter den abgewanderten beziehungsweise schlafenden Kunden diejenigen, die Sie zurückhaben wollen und die aus Ihrer Sicht rückholbar sind. Sichten Sie alle Informationen, die Sie über den verlorenen Kunden vorliegen haben und/oder aktuell beschaffen können. Forschen Sie nach den wahren Abwanderungsgründen. Diese liegen oft im emotionalen Bereich.

Telefonieren Sie zu einem optimalen Zeitpunkt, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Bereiten Sie sich auf das Telefonat gut vor. Überlegen Sie sich einen Leitfaden für den möglichen Gesprächsverlauf. Planen Sie ausreichend Zeit ein. Seien Sie auf ein mögliches Lamento des Kunden vorbereitet.

Planen Sie das anschließende Gespräch sorgfältig. Seien Sie optimistisch, glauben Sie an Ihren Erfolg. Setzen Sie sich ein Teilziel für den Fall, dass Sie Ihr Gesprächsziel nicht erreichen. Beispielsweise wollen Sie die genauen Hintergründe für den Wechsel ermitteln, negativer Mundpropaganda vorbeugen oder den Weg für ein späteres Zurück offen halten.

Lassen Sie dem Kunden während des Gesprächs viel Redezeit. Fragen Sie nach den Bedingungen, unter denen er zur Rückkehr bereit wäre. Halten Sie einen Rückholköder in petto. Dieser kann materieller, finanzieller oder emotionaler Natur sein. Ein geldwertes Bonbon kommt immer gut. Sagen Sie dem Abwanderer aber auch, wie wichtig es Ihnen ist, ihn als Kunden zurückzugewinnen.

Die ersten Transaktionen nach der Rückkehr müssen perfekt laufen. Kümmern Sie sich um jedes Detail, informieren Sie alle beteiligten Stellen und bleiben Sie in dieser Phase mit dem Kunden in engem Kontakt. Halten Sie ein kleines, überraschendes Comeback-Willkommensgeschenk parat. Bedanken Sie sich für die Rückkehr. Markieren Sie den Kunden in der Datenbank als Rückkehrer.

Literatur

Das Hörbuch zum Thema

Anne M. Schüller, Effiziente Kundenrückgewinnung – die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte, 1 CD, 72 Min, ISBN: 978-393962188, Breuer & Wardin, 19,90 Euro

Die Pflege des bestehenden Kundenstamms ist zunehmend schwieriger umzusetzen, da die Wechselbereitschaft eine hohe Akzeptanz erreicht hat. Weil die Neukundengewinnung dennoch ungleich aufwendiger ist, lohnt es sich, abgewanderte Kunden zur Wiederkehr zu animieren. Um hier erfolgreich zu agieren, müssen die Unternehmen zunächst Kundenverluste aktiv registrieren, um die Fehler, die bei diesen Kunden gemacht wurden, zu analysieren und zukünftig zu verhindern. Das Hörbuch „Effiziente Kundenrückgewinnung“ enthält 25 Erfolgsrezepte für die Rückgewinnung verlorener Kunden, die Ihnen zeigen, wie Sie zukünftig die Verluste profitabler Kunden vermeiden und wie Sie bei zurückgeholten Kunden neue Loyalität aufbauen können.

Autor

Anne M. Schüller ist Beraterin mit dem Spezialgebiet Loyalitätsmarketing, 81545 München, Telefon (0 89) 6 42 32 08, info@anneschueller.de , http://www.anneschueller.de