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Zertifizierungen

Gebäudeleittechnik im Green Building

Die bekanntesten Zertifizierungen für „Green Buildings“ sind das US-amerikanische LEED-Zertifikat, der britische BREEAM Standard und das relativ neue deutsche Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Für die Zertifizierung spielen jeweils unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Ausgangspunkt der Aktivitäten auf EU-Ebene ist die im Jahr 2002 verabschiedete Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden EPBD (Directive on the energy performance of buildings), die den Energieverbrauch von Gebäuden verringern soll.

Die Verabschiedung der EPBD steht in engem Zusammenhang mit der Abhängigkeit Europas von außereuropäischen Energielieferanten. Die Richtlinie fordert alle europäischen Staaten auf, nationale Standards und Gesetze zu formulieren, mit denen die ehrgeizigen Einsparziele der Europäischen ­Union erreicht werden können. Nach Berechnungen der EU-Kommission hätte bei Umsetzung in nationales Recht der Gesamtenergieverbrauch bei Gebäuden bis 2010 um 22  % gegenüber 2003 gesenkt werden können. Bis dato haben jedoch nur knapp über die Hälfte der Länder, darunter Deutschland, die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.

Wo die EPBD bereits umgesetzt wurde, gelten verbindliche Regeln etwa für Wärme- und Kälteschutz sowie für die Effizienz von Heiz- und Kühlanlagen. In Deutschland sind die Anforderungen der EPBD in der sogenannten Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, formuliert. Die Verordnung wurde ­bereits 2002 verabschiedet und seither ­zweimal aktualisiert (2007 und 2009). Geregelt werden in der EnEV Mindestanforderungen und verbindliche Werte für alle Wohnungsneubauten und die meisten zu errichtenden Nichtwohngebäude. Zusätzlich ist ein Energieausweis für Neubauten und größere Umbauten vorgeschrieben, der Auskunft über den Energieverbrauch des Ge­bäudes gibt.

Zusätzlich zu den nationalen Gesetz­gebungen werden auf europäischer Ebene Standards erstellt, die als europäische Norm (EN) zeigen sollen, wie man energiesparende Technik erfolgreich einsetzt. Gremien, die mit Spezialisten aus vielen europäischen Ländern besetzt sind, stellen diese Normen für alle Anwender auf. Beispielhaft kann hier die EN 15232 genannt werden, die abhängig von den Installationen der Gebäudeautomation versucht, die resultierende Einsparung zu errechnen.

Zertifizierung von Green Buildings

Es gibt kaum eine Premium-Immobilie ohne eine Zertifizierung. Gründe hierfür sind beispielsweise eine steigende Mieternachfrage nach geringen Nebenkosten aufgrund energiesparender Bautechnologien, aber auch Reputationsgründe. Die Betriebskosten eines nach LEED zertifizierten Gebäudes liegen laut einer Studie der Deutschen Bank 8 bis 9 % unter denen eines konventionellen Gebäudes, die energetischen Einsparungen erreichen sogar rund 30 %. Starke Argumente für eine nachhaltige Bauweise. Zertifizierungssysteme setzen Orientierungssignale im Immobilienmarkt. Vorreiter auf diesem Gebiet sind die USA, die mit der LEED-Zertifizierung Maßstäbe für eine neue Betrachtungsweise gesetzt haben. Organisationen in Deutschland (DGNB) und dem Vereinigten Königreich (BREEAM) bieten ebenfalls internatio­nale Zertifizierungen an.

Ein Zertifizierungssystem dient als Instrument, die Nachhaltigkeit eines Gebäudes zu bewerten. Sofern ein Gebäude alle Kriterien für nachhaltiges Bauen erfüllt, wird ein Zertifikat verliehen. Zusätzlich definieren die Systeme Standards für Green Buildings und konkrete Leitlinien für Bauherren, Investoren und Nutzer. Einen einheitlichen Standard gibt es in Europa nicht, daher können Eigentümer und Verwalter von Immobilien zwischen verschiedenen Systemen auswählen.

Verschiedene Methoden der Zertifizierung stehen zur Wahl

BREEAM steht für Building Research Establishment Environmental Assessment und ist ein britisches Zertifizierungsystem, das in Deutschland selten eingesetzt wird. Hinter BREEAM steht das private Bauforschungsinstitut BRE (Building Research Establishment).

LEED, das für Leadership in Energy and Environmental Design steht, stammt aus den USA und wurde vom U.S. Green Building Council (USGBC) eingeführt. LEED wird international und in Deutschland besonders häufig als Zertifikat verwendet. Es wird deshalb im Folgenden näher betrachtet.

DGNB, das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, ist die deutsche Antwort auf die Aktivitäten von LEED und BREEAM. 2009 eingeführt, gilt es als eines der umfassendsten Zertifizierungssysteme weltweit, da es sowohl ökologische, ökonomische als auch soziokulturelle Merkmale in die Betrachtung mit einbezieht.

Alle drei Verfahren arbeiten mit Auditoren, die das Gebäude während der Planung und Ausführung begleiten. Nach einem Punktesystem werden dann die entsprechenden Zertifikate ausgestellt.

Anforderungskatalog im Zertifizierungssystem LEED

Bei der Zertifizierung von Green Buildings stehen nicht nur das energiesparende Bauen und Betreiben im Fokus. Vielmehr geht es um den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes: Die Herkunft von Baumaterialien, deren Herstellung und Entsorgungsweg am Lebens­ende des Gebäudes, den Gesamtverbrauch von Ressourcen während der gesamtem Benutzungsdauer und natürlich auch um den gesamten Energieverbrauch. Darüber hinaus finden Spezialisten für Heizung, Lüftung und Klima bei LEED zusätzliche Themen, die von anderen Beteiligten bei der Planung entschieden werden müssen, wie z. B. die Verkehrsanbindung, die Bodenversiegelung oder das soziale Umfeld.

Alle notwendigen Informationen zum Zertifikat sind in der aktuellen LEED-Broschüre „LEED 2009 for new constructions and major renovations“ zusammengefasst. Der Anforderungskatalog enthält sieben Hauptthemen mit diversen Unterthemen (Credits), die mit unterschiedlichen Punkten bewertet werden:

  • nachhaltige Standortentwicklung (26 mögliche Punkte)
  • Wassereffizienz (10 mögliche Punkte)
  • Energie und Luftqualität (35 mögliche Punkte)
  • Material und Rohstoffe (14 mögliche Punkte)
  • Nachhaltigkeit im Innenausbau (15 mögliche Punkte)
  • Designinnovationen (6 mögliche Punkte)
  • regionale Priorität (4 mögliche Punkte)

Für jeden Bereich müssen ein oder mehrere Mindestvoraussetzungen erfüllt werden. Ein einfaches Zertifikat erhält ein Gebäude mit insgesamt 40–49 Punkten. Das Silberzertifikat erfordert 50–59 Gesamtpunkte, das Goldzertifikat 60–79 und das Platin-Zertifikat 80 und mehr Punkte.

Erwartungsgemäß werden für eine LEED-Zertifizierung die klassischen Energiethemen wie Anlagenauswahl, regenerative Energien, Gebäudeautomation, Überwachen von Luftqualität sowie Verbräuche betrachtet und mit einer entsprechend hohen Punktzahl bewertet. Demzufolge gibt es für die Regelungstechnik gute Ansatzpunkte, einen wirksamen Beitrag zur Zertifizierung zu leisten.

Die Rolle der Regelungstechnik beim LEED-Zertifikat

Interessant für die Regelungstechnik ist der Zertifizierungsbereich „Energie und Luftqualität“, denn hier werden die Anforderungen formuliert, die ein Gebäude in Bezug auf den Energieverbrauch erfüllen muss. Zwei Beispiele sollen zeigen, wie die Heizungs- und Klimatechnik dazu beitragen kann, möglichst viele Punkte für eine Zertifizierung zu erreichen.

Beispiel 1: Anforderungen an ein Gebäude im Bereich Messen und Verifizieren. Diese Anforderung bezieht sich auf den Energieverbrauch und das Verifizieren der Einsparungen, beispielsweise im ersten Jahr. Zur ­Erfüllung dieses Kriteriums ist die Gebäudeautomation mit allen statistischen Verbrauchserfassungen gefragt: Der Gebäude­automationsexperte kann Verbrauchsreports aller Energieströme darstellen, die etwa über Energiezähler erfasst werden. Diese Daten werden aufbereitet und visualisiert, um in einem Vergleich mit gerechneten Daten aus der Planung mögliche Abweichungen zu korrigieren. Auf Basis der Analyse können neue Maßnahmen vorgeschlagen werden.

Um die physikalischen Daten zu messen und mit einer Software aufzubereiten, hat der Spezialist die Möglichkeit, Lösungen von Centraline einzusetzen. Eine Datenerfassung kann beispielsweise über einen Energiemengenzähler, der an Centraline DDC-Geräten angeschlossen ist, geschehen. Über die Gebäudeleittechnik und die professionelle Auswertung der Energiesituation werden Verbräuche transparent, übersichtlich dargestellt und protokolliert.

Beispiel 2: Anforderungen an ein Gebäude im Bereich Monitoring der Luftqualität. Um die Anforderungen an das Monitoring der Luftqualität zu erfüllen, ist es notwendig, die Lüftungsleistung und die damit verbundene Luftqualität (CO2-Konzentration) statistisch zu erfassen. Unter Anwendung von kontinuierlich messenden CO2-Fühlern müssen die richtigen Luftmengen in allen Gebäudeteilen erfasst und kontrolliert werden.

Centraline bietet hierfür folgende Lösung an: Eine Regelanlage des Lüftungssystems, mit der die minimalen Luftmengen abhängig vom jeweiligen Sollwert der Luftqualität eingeregelt werden können. Für den Fall einer natürlichen Lüftung kann eine reine Überwachung der Luftqualität und der Luftmengen vorgesehen werden, die mit einer Alarmmeldung einhergeht. Eine zentrale Leittechnik wie die Centraline ARENA vereinfacht die Darstellung der zeitlichen Verläufe der Luftqualität und der Anlagendynamik.

Grundsätzlich müssen für diesen Teil der Zertifizierung vier Grundbedingungen erfüllt sein:

  • Es muss sichergestellt werden, dass die Planungsvorgaben des Bauherrn bezüglich aller energierelevanten Funktionen durch einen unabhängigen Fachmann bei der Inbetriebnahme überprüft und dokumentiert werden.
  • Es muss dokumentiert werden, dass der Energieverbrauch bei einem neuen Gebäude mindestens 10 % oder bei ­einer energetischen Sanierung mindestens 5 % unter dem im LEED-Bewertungssystem definierten Standardverbrauch liegt.
  • Fluorierte Chlorkohlenwasserstoffe dürfen bei Neubauten nicht eingesetzt werden. Bei Renovierungen muss ein Plan vorgelegt werden, wie und wann auf „umweltfreundlichere“ Kältemittel umgestellt wird.
  • Lüftungsanlagen müssen dem aktuellen technischen Stand entsprechen.

Die Erfüllung der Kriterien aus Beispiel 1 werden mit drei Punkten, die aus Beispiel 2 mit einem Punkt bewertet. Weitere 36 Punkte können durch zusätzliche Effizienzmaßnahmen im Bereich der Gebäudeautomation erzielt werden.

Zahl der zertifizierten Gebäude wächst schnell

Mehr als 6000 Gebäude wurden zwischen 1996 und April 2011 allein in den USA nach LEED zertifiziert. Allein schon an dieser hohen Zahl lässt sich die Aktualität des Themas ablesen. Die Zunahme der Zertifizierungen ist zum einen die Folge gesetzlicher Rahmenbedingungen, zum anderen erkennen immer mehr Investoren und Eigentümer die Vorteile einer nachhaltigen Bauweise. Immobilien lassen sich leichter vermieten und gegebenenfalls weiterverkaufen und auch Mieter und Betreiber profitieren, denn sowohl die Nebenkosten als auch die Betriebskosten fallen deutlich niedriger aus.

Speziell LEED-Zertifizierungen sind ein international anerkannter Nachweis für nachhaltigere und effizientere Gebäude. Sind die Grundbedingungen erfüllt, so lassen sich im Neubau allein mithilfe der auf die Gebäudeautomation bezogenen LEED-Credits die nötigen Punkte für ein Standard-Zertifikat erreichen. Die technischen Lösungen von Centraline können bei der Zertifizierungen von Green Buildings einen wichtigen Beitrag leisten, sei es nun nach LEED, BREEAM oder DGNB.

Info

Das deutsche DGNB-System

Das DGNB-Zertifizierungssystem gibt es seit 2008. Es dient der Planung und Bewertung von nachhaltigen Gebäuden. Zur Gewährleistung höchstmöglicher Qualität und Transparenz fließen etwa 50 Kriterien aus den Themenfeldern Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und Standort in die Bewertung ein. Werden diese in herausragender Weise erfüllt, wird das DGNB-Zertifikat in Gold, Silber oder Bronze vergeben. Basis ist eine ganzheitliche Betrachtung. Das DGNB-System bewertet den gesamten Gebäudelebenszyklus. So lassen sich bereits in der Planungsphase Nachhaltigkeitsziele definieren, anhand derer zukunftsfähige Gebäude mit hohem Qualitätsstandard entstehen.

Für die Bau- und Immobilienwirtschaft ist das DGNB-Zertifikat ein aussagekräftiges Qualitätszeichen. Bis heute wurden weltweit über 750 Projekte nach DGNB zertifiziert oder zur Zertifizierung angemeldet.

Info

Europäische Richtline

Die Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) besteht aus den folgenden Hauptelementen:

Gemeinsame Methode zur Berechnung der ­Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.

Mindestanforderung an die Gesamt­energieeffizienz neuer Gebäude und bestehender Gebäude, die einer größeren ­Renovierung unterzogen werden.

Erstellung von Energieausweisen für neue und bestehende Gebäude; die Ausweise dürfen nicht älter als fünf Jahre sein.

Regelmäßige Inspektionen von Heizkesseln und zentralen Klimaanlagen in ­Gebäuden sowie Überprüfung von Heizungsanlagen, ­deren Kessel mehr als 15 Jahre alt sind.

Literatur

EU-Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von ­Gebäuden

Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009

LEED 2009 for new constructions and major renovations

Andrew J. Nelson, Olivier Rakau, Philipp Dörrenberg: „Nachhaltige Gebäude. Von der Nische zum Standard“, dbresearch-Studie vom 11.05.2010.

Autor

Hannes Lütz ist ­Produktmanager bei Centraline c/o Honeywell GmbH, 71101 Schönaich, Telefon (0 70 31) 6 37-01, hannes.luetz@honeywell.com, http://www.centraline.com

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