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Erst berechnen, dann einstellen

  • Das Potenzial für Energieeinsparungen der Raumheizung durch einen hydraulischen Abgleich haben inzwischen mehrere Studien nachgewiesen.
  • Der Einbau neuer Heizungen im Bestand wird im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ nur gefördert, wenn ein hydraulischer Abgleich gemäß ­Verfahren B erfolgt.
  • Verteilprobleme innerhalb des wasserführenden Systems lassen sich nur durch eine hydraulische Einregulierung beheben. Dafür müssen für die Heizflächen oder Heizkreise die Widerstände beim Auslegungsvolumenstrom berechnet und dann an geeigneten Ventilen eingestellt werden.
  • Bei größeren Gebäuden mit komplexeren Anlagen ist eine möglichst genaue Berücksichtigung des tatsächlichen Rohrleitungsnetzes und genau ­ermittelter Heizlasten unerlässlich.
  • Softwarebasierende Lösungen für den hydraulischen Abgleich berücksichtigen eine Vielzahl von Parametern wie Raum-/Gebäude- und Heizsystemdaten.
  • Beim Preisvergleich gilt es, nicht nur auf die Investitionskosten für Basis- und Zusatzprogramme zu achten, sondern auch auf die Folgekosten für Updates und Upgrades.
  • Die Heizanlagen in etwa 80 % der deutschen Wohngebäude sind hydraulisch nicht optimal eingestellt. Das geht aus einer Analyse der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online hervor, die Daten von über 60.000 Gebäuden ausgewertet hat. Würde man diese nicht ganz einfache, aber sehr effiziente Maßnahme zur Heizungsoptimierung konsequent umsetzen, könnten hierzulande jährlich Millionen Tonnen an CO2-Ausstoß vermieden werden.

    Sparpotenzial und Fördervoraussetzung

    Ein hydraulischer Abgleich schont nicht nur Klima, sondern spart zudem beachtliche Mengen an Primär- und Sekundärenergie – und schont somit auch den Geldbeutel. Das Potenzial für Energieeinsparungen der Raumheizung durch einen hydraulischen Abgleich haben inzwischen mehrere Studien nachgewiesen. Die Optimus-Studie der Ostfalia Hochschule sieht aufgrund einer über einen längeren Zeitraum in verschiedenen Gebäuden durchgeführten Untersuchung Einsparpotenziale an Primärenergie von etwa 10 kWh/(m2 a), in neuen und energetisch modernisierten Gebäuden sogar von
    15 bis 20 kWh/(m2 a).

    Einer Studie des ITG Dresden zufolge werden in bestehenden Mehrfamilienhäusern mit Radiatorheizung in der Regel Einsparungen von 7 bis 16 kWh/m2 beim Wärmeenergieverbrauch und 25 % beim Hilfsenergieverbrauch (Strom) erzielt. Aus weiteren europäischen Studien geht hervor, dass der Energieverbrauch zwischen 11 und 22 % reduziert werden kann.

    Weil nicht optimierte Anlagen demnach einen Energie-Mehrverbrauch verursachen, ist der hydraulische Abgleich für wassergeführte Anlagen für bestimmte Programmteile der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) vorgeschrieben und wird gleichzeitig auch (mit)gefördert. Achtung: Der Einbau neuer Heizungen im Bestand wird im Rahmen der BEG nur gefördert, wenn ein hydraulischer Abgleich gemäß Verfahren B erfolgt, bei dem die raumweise Heizlast berechnet werden muss. Der hydraulische Abgleich nach dem (Schätz-)Verfahren A ist für Förderanträge seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr zulässig.

    Bild: www.co2online.de / Alois Müller

    Das Prinzip des geringsten Widerstands

    Da das Heizungswasser nach dem hydraulischen Prinzip des geringsten Widerstands durch das Heizsystem strömt, werden bei nicht einregulierten Heizungsanlagen zunächst die Heizkörper mit dem geringsten Widerstand im Fließweg überversorgt. Weiter entfernte Heizflächen werden dagegen verzögert und nicht ausreichend versorgt, in den entsprechenden Räumen wird die Solltemperatur nicht erreicht. Als Gegenmaßnahme werden oft leistungsstärkere Umwälzpumpen eingebaut, deren Drehzahl oder die Vorlauftemperatur erhöht. Das bedingt allerdings einen höheren Energieverbrauch, Strömungsgeräusche und teilweise überhitzte Räume. Die Ursache des Problems wird aber damit nicht behoben.

    Verteilprobleme innerhalb des hydraulischen Systems lassen sich nur durch eine hydraulische Einregulierung beheben. Dafür müssen für jeden Heizkörper respektive jede Flächenheizung und gegebenenfalls vorgelagerte Bereichsarmaturen die Widerstände beim Auslegungsvolumenstrom berechnet und dann an voreinstellbaren Thermostatventilen, Differenzdruckreglern oder Strangregulierventilen eingestellt werden. Zweirohrsysteme lassen sich so sehr genau einregulieren, bei Einrohrsystemen ist ein Abgleich nur beschränkt möglich; hier sind spezielle Konzepte mit zusätzlichen Armaturen erforderlich.

    Ein softwaregestützter hydraulischer Abgleich sorgt dafür, dass in allen Räumen und Geschossen die Wunschtemperatur erreicht wird.

    Bild: Graphisoft Building Systems

    Ein softwaregestützter hydraulischer Abgleich sorgt dafür, dass in allen Räumen und Geschossen die Wunschtemperatur erreicht wird.

    Heizlastberechnung ist Voraussetzung

    Voraussetzung für einen exakten hydraulischen Abgleich ist eine softwaregestützte Heizlastberechnung, die je nach Gebäudetyp durch eine aufwendige Rohrnetzberechnung ergänzt werden sollte: Während bei Einfamilien- und kleinen Mehrfamilienhäusern eine Heizlastberechnung mit überschlägiger Rohrnetzerfassung meist ausreicht, ist bei größeren Gebäuden mit komplexeren Anlagen eine möglichst genaue Berücksichtigung des tatsächlichen Rohrleitungsnetzes und genau ermittelter Heizlasten unerlässlich. Je mehr Gebäude- und Heizsystemdaten berücksichtigt werden, desto exakter sind die Ergebnisse. All diese Lösungen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Funktionsweise und Effizienz, sondern auch im Aufwand, den Kosten und der Genauigkeit. Außerdem wird jede Maßnahme unterschiedlich gefördert.

    Relativ schnell, aber ungenau sind analoge Daten- oder Rechenschieber – digitalisiert in Form einer App können sie auch nur die Bedienung vereinfachen. Dabei werden auf Grundlage des Gebäudealters respektive des energetischen Zustands und der Raumgröße und weiterer Angaben die Einstellwerte für die Thermostatventile näherungsweise ermittelt. Zu den hardwarebasierenden Abgleichverfahren gehören selbstregulierende Ventile wie beispielsweise „Q-Tech“ von Oventrop oder rechnergesteuerte Lösungen wie „MyWarm“.

    Damit ermittelt ein Softwareprogramm mithilfe von an den Heizkörpern angeschlossenen Messgeräten die Heizlast, die optimale Wassermenge und den passenden Volumenstrom. Auch Pumpen, wie zum Beispiel Alpha2 von Grundfos, bieten Unterstützung bei der Einstellung der Widerstände für den hydraulischen Abgleich. Solche und weitere Lösungen sind so unterschiedlich, dass sich ihre Effizienz kaum miteinander vergleichen lässt. Außerdem sollte man beachten, dass ein korrekter hydraulischer Abgleich stets eine exakte Berechnung der Volumenströme in Abhängigkeit von der Heizlast und den installierten Heizflächen voraussetzt.

    Die meisten Programme ermöglichen einen hydraulischen Abgleich nach unterschiedlichen Verfahren und Normen.

    Bild: Zub Systems

    Die meisten Programme ermöglichen einen hydraulischen Abgleich nach unterschiedlichen Verfahren und Normen.

    Hydraulischer Abgleich mithilfe einer Software

    Softwarebasierende Lösungen für den hydraulischen Abgleich berücksichtigen eine Vielzahl von Parametern wie Raum-/Gebäude- und Heizsystemdaten, inklusive Rohrnetz-, Heizkörper-, Ventil- und Pumpendaten etc. Die Berechnungsgenauigkeit wird damit erheblich gesteigert und die Ergebnisse sind reproduzierbar. Integrierte Herstellerdatenbanken für Anlagenkomponenten wie Ventile oder Pumpen vereinfachen die Eingabe und sorgen ebenfalls für präzisere Ergebnisse. Mit diesen Daten kann die Software nach unterschiedlichen Methoden die niedrigste Vorlauftemperatur im Auslegungsfall sowie die Pumpen- und Thermostatventileinstellungen des Heizsystems berechnen. Darüber hinaus werden Formulare für KfW- oder Bafa-Fördergeldanträge oder Dokumentationen erstellt. Einige Programme (z. B. Heizungspaket von Solar-Computer, Optimus 3D Plus von Hottgenroth mit Zusatzmodul) ermöglichen auch Simulationsrechnungen für vorgegebene Zeitschritte.

    Neben speziell für den hydraulischen Abgleich entwickelten Lösungen wie DanBasic, Optimus 3D Plus, Evebi Hydraulischer Abgleich und anderen gibt es auch an CAD-Planungsprogramme für die Haustechnik gekoppelte Berechnungsprogramme wie DDScad, liNear Analyse Heating, RauCAD oder Rukon-HSR. Diese erfassen sowohl Räume als auch das Heizungsrohrnetz grafisch und ermitteln über integrierte oder aufgesetzte Berechnungsprogramme alle erforderlichen Raum- und Heizungsnetzdaten.

    Allerdings setzen diese Programme CAD-Kenntnisse voraus und eignen sich insbesondere für (neu geplante) große, komplexe Anlagen. Werden diese damit geplant, sind ein hydraulischer Abgleich und andere Berechnungen quasi inklusive. Berechnet werden neben Voreinstellwerten auch Pumpen-Volumenströme, Rohrdimensionen, Druckverluste, Strömungsgeschwindigkeiten und andere Daten.

    Unverzichtbare Voraussetzung für einen exakten hydraulischen Abgleich ist eine softwaregestützte Heizlastberechnung.

    Bild: Solar-Computer

    Unverzichtbare Voraussetzung für einen exakten hydraulischen Abgleich ist eine softwaregestützte Heizlastberechnung.

    Kriterien für die Softwareauswahl

    Konzeption, Einsatzbereiche, Zielgruppen, Berechnungsverfahren, Ausgaben und Preise der Programme unterscheiden sich teilweise, weshalb man insbesondere auf folgende Details achten sollte:

  • Welche Einsatzbereiche deckt die Software ab: z. B. den Abgleich von Heizkörpern, Flächenheizungen, Einrohr- und Zweirohranlagen, 3-/4-Leiter-Anlagen, Bestands-/Neuanlagen und gegebenenfalls auch Warmwasser-Leitungsnetze?
  • Ist die Projektgröße begrenzt und falls ja,
    mit welcher Anzahl der Verbraucher, der ­Heizkreise, Räume, der Fläche oder Gesamtleistung?
  • Welche Berechnungsverfahren liegen dem Programm zugrunde – das VdZ-Verfahren A und/oder B, Optimus oder gar ein Simulationsverfahren?
  • Werden aktuelle Regelwerke wie die DIN EN 12831-1, DIN/TS 12831-1 und DIN EN 12831-3 berücksichtigt?
  • Wie werden Räume tabellarisch oder
    grafisch erfasst?
  • Muss der U-Wert eingegeben oder kann er berechnet werden?
  • Verfügt das Programm dazu über eine Materialdatenbank oder einen Bauteil­rechner?
  • Werden Wärmebrücken berücksichtigt?
  • Können Daten aus der GEG-, Heiz-
    oder Kühllastberechnung übernommen ­werden?
  • Lassen sich Raumdaten vor Ort mobil per Smartphone- oder Tablet-App erfassen?
  • Verfügt das Programm über einen DXF-, IFC- oder gbxML-Import?
  • Wie wird das Rohrnetz erfasst: überschlägig gemäß Optimus, per tabellarischem oder grafischem Strangschema oder kann es per DXF- oder IFC-Schnittstelle importiert werden? Kann man dabei auf Herstellerkataloge für Ventile, Pumpen, Heizkörper etc. zurückgreifen?
  • Wie werden Heizkörper oder Heizflächen ­erfasst: nach Bauart oder Typ, Abmessungen und Anzahl der Glieder und wird ein Heizkörperexponent berücksichtigt?
  • Lassen sich auch mehrere Heizkörper oder Heizflächen pro Raum erfassen?
  • Was wird berechnet: Werden neben den Voreinstellwerten für die Thermostatventile, Differenzdruckregler oder Strangregulierventile auch der Pumpen-Volumenstrom, die Förderhöhe, die Raum-Heizlast, die Vorlauftemperatur, die Rücklauftemperatur, Rohrdimensionen, Druckverluste, Strömungsgeschwindigkeiten und ggf. weitere Parameter ermittelt?
  • Welche Dokumente werden in welchen ­Datenformaten ausgegeben: VdZ-Formulare, KfW- und Bafa-Fördergeldanträge, Dokumentationen, Strangschemen oder Materiallisten als TXT-, RTF-, DOC-, XLS- oder PDF-Datei?
  • Bei den Softwarepreisen, die – je nach Ausstattung und erforderlichen Basis- oder Zusatzprogrammen – zwischen 300 und 5500 Euro liegen, sollten auch jährliche Folgekosten für Updates und Upgrades berücksichtigt werden. Kostenfrei sind DanBasic von Danfoss sowie zwei Excel-Tools der Ostfalia Hochschule (www.delta-q.de/projekte/dbu-optimus/#Hilfen).

    Einjustiert werden die Heiz­körper- und Heizkreisventile entsprechend den vom ­Programm ermittelten Ventilkennwerten.

    Bild: Graphisoft Building Systems

    Einjustiert werden die Heiz­körper- und Heizkreisventile entsprechend den vom ­Programm ermittelten Ventilkennwerten.
    Eine präzise Berechnung setzt unter anderem eine exakte Erfassung aller ­heizlastrelevanten Raum- und Bauteildaten sowie Anlagendaten voraus.

    Bild: Ingenieurbüro Bially-Nidderau

    Eine präzise Berechnung setzt unter anderem eine exakte Erfassung aller ­heizlastrelevanten Raum- und Bauteildaten sowie Anlagendaten voraus.
    Strangschemen mit allen Teilstrecken und Pumpkreisen verbessern die Anlagenübersicht.

    Bild: Solar-Computer

    Strangschemen mit allen Teilstrecken und Pumpkreisen verbessern die Anlagenübersicht.
    Die Bandbreite der ­Lösungen reicht von speziell für den hydrau­lischen Abgleich kon­zipierten Programmen oder Modulen …

    Bild: Envisys

    Die Bandbreite der ­Lösungen reicht von speziell für den hydrau­lischen Abgleich kon­zipierten Programmen oder Modulen …
    … bis hin zu TGA-CAD-Programmen, mit denen auch komplexe Anlagen geplant und hydraulisch abgeglichen werden können.

    Bild: Hottgenroth Software

    … bis hin zu TGA-CAD-Programmen, mit denen auch komplexe Anlagen geplant und hydraulisch abgeglichen werden können.

    Literatur und Quellen

    [1] DIN 18380: VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen, Beuth/Berlin, ­September 2019

    [2] DIN EN 12831-1: Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Teil 1: Raum-Heizlast, Modul M3-3, Beuth/Berlin, ­September 2017

    [3] DIN/TS 12831-1 (Vornorm): Verfahren zur Berechnung der Raumheizlast – Teil 1: Nationale Ergänzungen zur DIN EN 12831-1, mit CD-ROM, Beuth/Berlin, April 2020

    [4] DIN EN 12831-3: Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Teil 3: Trinkwassererwärmungsanlagen, Heizlast und Bedarfsbestimmung, Module M8-2, M8-3, Beuth/Berlin, ­September 2017

    [5] Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e. V. VdZ (Hrsg.): VdZ-Fachregel Hydraulischer Abgleich in ­Heizungsanlagen und VdZ-Fachregel Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand, VdZ, Berlin, 2016 und 2022, Download: https://vdzev.de/broschueren/formulare-hydraulischer-abgleich

    [7] ZVSHK (Hrsg.): Fachinformation „Hydraulischer ­Abgleich von Heizungs- und Kühlanlagen“, St. Augustin, April 2013, Download: www.zvshk.de/downloadservice/heizungs-klima-lueftungstechnik/fachinform…

    Weitere Programme und ­Anbieter

  • AX 3000 (www.ax3000-group.de)
  • EasyPlan (www.imi-hydronic.de)
  • HT 2000 CAE (www.willms.de)
  • OVplan (www.oventrop.de)
  • pit-CAD (www.pit.de)
  • SSS Rohrnetzberechnung (www.sss2000.de)
  • Taconova (www.taconova.com)
  • Optimierung EFH&ZFH, Optimierung MFH
    Programm (www.delta-q.de)
  • (Anm.: ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

    Autor

    Dipl.-Ing. Marian Behaneck
    ist Fachautor zahlreicher Publika­tionen zu Hardware, Software und IT im Baubereich.

    Bild: Behaneck

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