Die ISH in Frankfurt zeigte zahllose inspirierende Gestaltungsbeispiele für das Bad, oft mit dem Fokus auf Farbwirkung. Aber Hand aufs Herz: Welche Farben aus dem bunten Kaleidoskop der Möglichkeiten kommen für die Badplanung realistischerweise infrage? Ist Ihnen z. B. wohl bei Rot im Bad? Signalrot erinnert an Blut und macht aggressiv, nicht wahr? Feuerlöscher und Lippenstift sind rot, was den Puls erhöht. Da sind wir lieber vorsichtig. Himbeerrot und Pink erscheinen hingegen wie ein Zuckerwatte-Universum. Welches Grün hilft, dass der Kunde in seiner privaten Dschungeloase möglichst schnell und dauerhaft innere Ruhe bei äußerer Frische findet? Blau mutet an wie Wellenrauschen im heimischen Bad, aber ohne Salz in der Luft und Sturmgetöse; tiefenentspannend, bis man merkt, dass es keinen Nachschub für die leere Zahnpastatube gibt.
Das Unternehmen Bette präsentierte seine Neuheiten, die Duschwanne Ultra Space und die Ablaufgarnitur Compact+ in der neuen Farbe „Salvia“, was zu Deutsch nichts anderes als Salbei heißt und ein helles, zurückhaltendes und vor allem sicheres Blaugrün ist. Diese Nuance ist in der Möbelbranche seit Jahren zu beobachten. Als Wandfarbe und in der Dekoszene kommt ein ähnlicher Ton oft als Eukalyptus benannt vor. Was sich in anderen Branchen bereits längerfristig bewährt hat, wird auch gut im Bad funktionieren, denken wir: zum Beispiel als kühler Kontrast zu den warmen Hölzern der Möbelfronten, seien sie hell wie Eiche oder dunkel wie Nussbaum.
Mit 31 Key Colours, also Standard- oder Schlüsselfarben, und weiteren 40 sogenannten Bespoke Colours, die quasi maßgeschneidert im Kundenwunsch möglich sind, hat Bette ein riesiges Angebot für emaillierte Badelemente. Absolutes Highlight auf dem Stand war für uns allerdings die Präsentation einer freistehenden ovalen Stahlwanne in Weiß, platziert mit fast sakraler Aura auf einem Podest in kräftigem gebrannten Terra-di-Siena-Rot und Terrazzo flächig am Boden, umgeben von komplementärem, kräftigem, natürlichem Grün an Decke und Wänden. Wir sind hier weit entfernt von RAL 3000 und Alarm-Rot. Die beiden sorgfältig gewählten Nuancen wirken harmonisch, weil sie von ähnlicher Helligkeit und Sättigung sind. Man könnte bei dem Farbklang fast an schwedenrote Holzhütten in den Wäldern Skandinaviens denken, was eine erfreuliche Assoziation inmitten unseres grauen Alltags, fernab der schillernden Messewelt, wäre. Mit der gleichen Rot-Nuance zog Vitra ebenfalls viele Blicke auf sich. Und auch das eingangs erwähnte hellgrüne Salbei hat man hier – genau wie bei Bette – als Trend identifiziert. Zurückhaltendes Puderrosa in gleicher Helligkeit und Sättigung wie Salbei ergänzt bei Vitra die Harmonie, die eher zu uns flüstert, als dass sie schreit.

Bild: Kalthegener
Ein bedeutender globaler Trend sind großformatige Keramikoberflächen, die das Erscheinungsbild von Naturstein nachahmen. Zahlreiche Varianten, die täuschend echt wie Marmor, Travertin und andere Mineralien aussehen, erfreuen sich großer Beliebtheit, und zwar nicht nur als Ablagefläche, sondern auf ganzen Wänden, wie bei RAK Ceramics zu sehen war. Mit der Optik von echtem Stein an der Wand und Möbeln aus Holz mit dezenter Maserung davor platziert kann man nichts verkehrt machen, wird hier suggeriert. Unaufgeregt, außergewöhnlich und unübersehbar hochwertig.
Um das kostbare Bad-Ambiente nicht unterkühlt und zu statisch erscheinen zu lassen, wird das Ensemble über Kopf perfekt durch ein Mobile mit Elementen aus Wiener Geflecht vervollständigt. Auf der Trendplattform „Pop up my Bathroom“ wird diese steinerne Stilrichtung ebenso folgerichtig wie einprägsam als „Luxus pur“ bezeichnet. Allerdings überlassen wir „Marmor und Co“ nicht allein RAK, das deutsche Unternehmen Steinberg punktet ebenfalls mit einer extravaganten Doppelwaschbeckenlösung in leuchtendem Orange auf schwarz-grünen Marmorblöcken.
Rosé ist seit gut zehn Jahren dauerhaft präsent auf der Bühne für bunte Perspektiven. Puderrosa hat sich nicht nur bei Villeroy & Boch, sondern auch bei vielen anderen Ausstellern etabliert, häufig in der Kombi mit schwarzen, kupfer- oder messingfarbenen Armaturen. Die Farbe, die die Millennials als „Powder Pink“ für ihre Generation kapern wollten, ist definitiv für alle da! Eine kleine Collage mit Lorbeergrün, Salbei-, Lachs- und Rosé-Nuancen nimmt wunderbar vorweg, wie Material- und Farbkombinationen später im lebensechten Showroom aussehen können. Die Umsetzung zeigte, wie naturnah und robust ein Hauch von Altrosa mit Alabaster, Kieselgrau und Olivenbäumchen wirkt, während nicht weit entfernt davon ein leiser Lachston unendlich zart und fast schüchtern aus dem cremefarbenen Torbogen des Messestands von Villeroy & Boch herausleuchtete.
Im deutschsprachigen Raum werden seit 100 Jahren der Minimalismus und das Bauhauserbe perfektioniert, während in anderen Regionen eine auffälligere Farbvielfalt zu beobachten ist. Etwa bei Toto aus Japan. Als perfekte Nuancen von Rot, Gelb, Grün und Blau wurden nicht die klassischen Grundfarben gewählt, sondern stattdessen vier Waschbecken in Piniennadel- bzw. Waldseegrün für den Frühling, in goldgelbem Safran für den Sommer, in leuchtendem Herbstlaubrot und im Nebelblau des Winters gezeigt. All das inmitten einer fantastisch duftenden Pracht aus über 5000 echten Blüten arrangiert. Wahrscheinlich war diese Wandgestaltung der beliebteste Selfie-Point des gesamten Messegeländes.
Am Beispiel von Safran und Mimosen-Sträußchen wurde gezeigt, wie perfekt sich die beiden gelben Waschtischschüsseln vor einem großzügigen Mosaikfliesen-Ambiente machen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auf dem Stand von Toto die klassischen Farben von Weiß bis Schwarz ergänzt durch Bicolor-Varianten und Armaturen in allen möglichen PVD-Farben ebenfalls gut vertreten waren.
Eine völlig andere, aber nicht minder farbenreiche Geschichte erzählte man auf dem Stand von Isvea Bagno aus Italien. WCs, Waschbecken in vier Designs, Bidets und Urinale wurden außer in den unbunten Tönen Schwarz, Anthrazit, Steingrau, Nerz und Weiß auch in selbstbewusstem Terrakotta, Nachtblau, Burgund, Mint, Lachs und sogar in „Erdölgrün“ (!) präsentiert. Und zwar auf so großer Fläche, dass Colorisvea selbst bei einem schnellen Messerundgang im Stechschritt nicht zu übersehen war. Für deutsche Augen war es ein fast etwas provokantes Statement, das zum Nachdenken über die eigene Gestaltungsroutine einlud. Wer hier keine Akzentfarbe findet, mag wohl nicht gern farbig denken, oder?
Die zahlreichen Hallen, Stände und Themen waren für den ein oder anderen Besucher vielleicht auch überfordernd und ermüdend. Beliebig tief konnte man ins Detail gehen. Zwischendurch bot es sich an, Pause zu machen und sitzend Zusammenfassungen der wichtigsten Trends in Vorträgen anzuhören, zum Beispiel auf der Design-Plaza den Vortrag unserer Autorin Dr. Hildegard Kalthegener. Oder man nutzte die Gelegenheit, die von der Design- und Kommunikationsagentur FAR-Consulting und der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft VDS großartig aufbereitete Ausstellung „Pop up my Bathroom“ zu betrachten. Neben dem bereits erwähnten Luxus pur mit Marmor und Co. wurde dort u. a. auf innovative Materialien hingewiesen und auf die Professionalisierung im Umgang mit Farbe im Badezimmer.
Als Beispiel für die Perfektionierung von Farbdesign dient das neue Badmöbelprogramm Moto von Burgbad, inspiriert durch einen der größten Farbenkünstler des 20. Jahrhunderts schlechthin, Josef Albers. Mit seiner „Huldigung an das Quadrat“ stand er Pate für die selbstbewusste und zeitgemäße Auswahl der Möbeloberflächen in leuchtendem Citro, dunklerem Curry und aufgehelltem Lachs, zusammengefasst von weißem Korpus im Framed-Look. Und mit dem hellen Lachston sind wir auch schon wieder einmal in der Nähe von Puderrosa angelangt, und zwar bei Hewi. Die Idee, Rosé massiv zu nutzen, entstand dadurch, dass Spielzeughersteller Mattel Mitte 2024 ganz spezielle Barbie-Puppen zum Thema Inklusion auf den Markt brachte. Im Rahmen der Kooperation von Hewi und Barbie ist eine gleichermaßen ästhetische wie funktional überzeugende Badwelt in Pink mit über 40 durchdachten Sanitärprodukten auch inklusiv möglich.

Bild: Kalthegener
Burgbad und Hewi waren mit vielen anderen großen Markenherstellern in Halle 3.1 vertreten. Natürlich ist es sehr interessant, welche Innovationen die etablierten Akteure der Badbranche hier alle zwei Jahre präsentieren. Ebenso überraschend – und zugegebenermaßen manchmal gewöhnungsbedürftig – sind aber die vielen kleinen, meist bei uns nicht so bekannten internationalen Aussteller mit oftmals bunteren Ständen in einigen der anderen Hallen.
Eine fröhliche Farbenparade von Wasserkränen zeigte z. B. Maykke (wird gesprochen wie das englische „make“), ein amerikanischer E-Commerce-Start-up-Händler aus dem Silicon Valley in Kalifornien. Die Armaturen erinnerten uns fast ein wenig an die glücksbringenden Winke-Katzen, die nicht nur in Asien – und zwar dort als Maneki-neko – sehr beliebt sind. Oder betrachten wir die Waschbecken aus der Serie Hiera des türkischen Herstellers EGE. Der Farbklang erinnert gut gelaunt an Vanille- und Erdbeer-Softeis unter einem wolkenlosen, blauen Sommerhimmel. Ein wenig Leichtigkeit kann manchmal hilfreich sein.
Kurz und knackig wollen wir in unserer Nachlese zusammenfassen, dass man auf vielen Ständen der ISH 2025 zwar gekonnter, aber gleichzeitig ein wenig zurückhaltender mit dem Thema Farbe umging. Früher war mehr Lametta, und auf der ISH 2023 war es insgesamt wohl bunter als zur diesjährigen Auflage. Bei Firmen im deutschsprachigen Raum ist man von bunter Ungezwungenheit bzw. Heiterkeit noch ein Stück entfernt. Aber wäre das vielleicht nicht auch unangemessen für ein Badezimmer, zumindest solange es um die langlebigen Sanitärelemente geht?
So sei, last but not least, Duravit erwähnt, wo 2023 neben Weiß, Hell- und Dunkelgrau mit einer mutigen Sanitärserie in Zimt, Salonblau und einem eisigen Grünblau ein wahrer Blockbuster bzw. Messe-Stopper präsentiert wurde. Dieses Jahr zeigte der Hersteller mit der Serie Balcoon einen eher beschaulichen Film, ruhig und fast ein bisschen unspektakulär. Bei der Auswahl der Farbpalette setzte Stardesignerin Patricia Urquiola mit „Clay Terra Matt“ ein Beige als zentrale Nuance ein. Um die feinen Riffel- und Terrazzostrukturen der Oberflächen sehen zu können, musste man schon wirklich nahe ans Produkt gehen.
Den ein oder anderen Endverbraucher im Boomer-Alter wird die Serie ans Bahama-Beige der 1970er-Jahre erinnern. Vielleicht ist es aber das, was genau jetzt wieder in die Badezimmer vieler Kunden passt, zumal es sich vor langer Zeit ja schon einmal gut bewährt hat und heutzutage in Kundenhaushalten kaum mehr anzutreffen ist. Insofern wäre es eigentlich wieder neu. Für alle aber und besonders für diejenigen, die von Weiß, Grau und Beige genug haben, war die ISH eine wahrlich inspirierende Reise durch ein farbenfrohes Badezimmer-Chancen-Wunderland.

Bild: Kalthegener

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