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Großer Sanierungsbedarf

In Entwässerungsanlagen auf privatem Grund geht manches schief. Die Gründe sind so vielseitig wie bekannt: Ein Versatz an der Muffe, ein zerborstenes Rohr oder ein massiver Wurzeleinwuchs kann dafür sorgen, dass Abwässer nicht ausnahmslos in den öffentlichen Kanal fließen, sondern Teilmengen im Boden versickern oder dass das gesamte System durch Verstopfung einen Infarkt erleidet. Schadensbilder kommen regelmäßig auf die Leinwand, wenn die DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall) in Kooperation mit dem ZVSHK die Grundstücksentwässerungstage in Fulda veranstaltet. In diesem Jahr war dies am 13. und 14. Januar.

Wahre Ursache für den Wurzeleinwuchs

Kaum bekannt dürfte der wahre Grund sein, warum Wurzeln den Weg zur Entwässerungsleitung suchen und dort jede Möglichkeit aufspüren, um eindringen zu können. Nein, es ist nicht die Suche nach Wasser. Prof. Bert Bosseler vom IKT Gelsenkirchen (Institut für Unterirdische Infrastruktur) hat durch viele Untersuchungen eine andere Erkenntnis gewonnen: Es ist der weniger verdichtete Boden rund um die Entwässerungsleitung bzw. der Freiraum im Rohr selbst, der Wurzeln dorthin wachsen lässt. Werden Wurzeln mit Abwässern konfrontiert, zeigen sich sogar eher toxische Wirkungen, als dass dieses Wasser zum Energiespender werden könnte – die Wurzeln sterben ab.

Was bedeutet dies für die Praxis? Es gilt, dem Wurzelwachstum Freiräume zu bieten, die nicht auf Kollisionskurs mit Ver- oder Entsorgungsleitungen liegen. Wer Grundleitungen beispielsweise im offenen Graben saniert, kann einiges falsch machen. Beispielsweise sollte man armdicke Wurzeln über einer Entwässerungsleitung, die in nächster Nähe an einem Baum vorbeiführt, nicht einfach kappen. Meist ergeben sich auch andere Möglichkeiten, um die Leitung unterhalb dieser stabilisierenden Wurzeln zu sanieren. Mit dem Kappen einer großen Wurzel tritt nämlich nach Erkenntnis des IKT ein unerwünschter Effekt ein: An der Schnittstelle entsteht neues, dichtes Wurzelwerk, das dann erst recht in Nähe der sanierten Entwässerungsleitung aktiv wird, statt auf dem herkömmlichen Wurzelweg etliche Meter entfernt aktiv zu sein.

Besondere Fristen für Wasserschutzgebiete

Doch ist die Sanierung maroder Entwässerungsleitungen überhaupt noch ein attraktiver Markt für Sanitärbetriebe? Schließlich wird von politischer Seite nicht weiter Druck gemacht, dass alle Bürger in allen Regionen in naher Zukunft ihre Entwässerungssysteme überprüfen lassen sollen. Antwort: Dies mag auf viele Regionen zutreffen, doch in Wasserschutzgebieten gelten andere Fristen für die Überprüfung. Und solche Gebiete liegen keineswegs fernab. Klaus Platzbecker (Stadtentwässerung Düsseldorf) berichtete, dass die Landeshauptstadt ein Drittel seiner Fläche als Wasserschutzgebiet ausgewiesen hat. In Köln ist es gar die Hälfte des Stadtgebietes, indem das Land NRW verschärfte Bedingungen für Wasserschutzzonen erlassen hat. Das bedeutet beispielsweise, dass Wohngebäude, die vor 1965 errichtet wurden, bis zum Jahresende 2015 einer Erstprüfung unterzogen werden müssen. Und bis 2020 müssen dort die danach errichteten Wohngebäude überprüft sein. Heinz Brandenburg (Stadtentwässerung Köln) zählt allein für die Domstadt 150 000 Anschlüsse.

Sanierungsmarkt und Weiterbildung

Wann und wie die jeweilige Kommune dies realisiert, bleibt ihr überlassen. Die meisten Städte und Gemeinden sanieren möglichst ganzheitlich. Dies bedeutet: Sie gehen mit gutem Beispiel voran und sorgen meist straßenweise für die Sanierung des öffentlichen Kanals. Mit der dafür eingesetzten Prüftechnik inspiziert man oft auch gleichzeitig etliche Meter bis in die Hausanschlüsse hinein, um Aussagen über den dortigen Reparaturbedarf machen zu können.

Auch entscheidet jede Stadt und jede Gemeinde selber darüber, welche Qualifikation der Sanierungsbetrieb haben muss, um Entwässerungsleitungen zu erneuern. Hier sollten die regionalen Sanitärbetriebe entscheiden, ob sie den Markt für sich erschließen – oder anderen überlassen. Mit welcher Prüftechnik und mit welchen Sanierungsverfahren Erfolge erzielt werden können, war auch diesmal ein wichtiges Thema in Fulda. Entsprechend der Nachfrage haben die Landesverbände der SHK-Berufsorganisation ihren Mitgliedsbetrieben in den letzten Jahren Weiterbildungen für Dichtheitsprüfung, Inspektion oder Sanierung angeboten.

Wo genau ist die Rückstauebene?

Doch es geht nicht allein um die Sanierung defekter Leitungen. Manches Entwässerungssystem auf privatem Grund zeigt Lücken auf andere Art. Es sind Sicherheitslücken, die sich auch erst nach vielen Jahren „plötzlich“ offenbaren können. Beispielsweise führen Starkregen oder Hochwasser zum Versagen des öffentlichen Kanalnetzes und fluten manchen Keller auf unangenehmste Art. Gefahr droht vor allem dann, wenn sich Gebäudeteile unterhalb der Rückstauebene befinden.

Doch wo genau befindet sich diese Bezugslinie? Schließlich ist dies von entscheidender Bedeutung, weil eine Hebeanlage diese Förderhöhe noch überragen muss, um sicher entwässern zu können. Entgegen einer allgemeinen Annahme: Keineswegs ist dies immer die Oberkante der benachbarten Straße. Braucht der Fachmann beispielsweise eine sichere Aussage zu einem Gebäude in Tallage, gibt ihm die Gemeindesatzung in der Regel eine verlässliche Definition, hieß es auf der Tagung.

Pro und Contra der Systeme

Bietet eine Rückstausicherung die Lösung für die Entwässerung auf unterster Gebäudeebene? Hat die zeitgemäße Technik einer Hebeanlage mehr Sicherheit zu bieten? Mehrere Beiträge lieferten dazu ein Pro und Contra. Doch alternativ könnte auch Hybridtechnik zur Anwendung kommen. Wie die Grafik zeigt, könnte im Normalfall das Abwasser ungehindert im Freispiegel fließen. Wenn ein Rückstau entsteht, schließen zwei motorische Sicherheitsklappen und je nach Behälterstand pumpt eine Hebeanlage über die Rückstauebene hinweg ab.

Ist der Sanitärfachbetrieb über die verschiedenen Systeme mit ihren Vor- und Nachteilen informiert, kann er seine Kunden kompetent beraten. Gut möglich, dass 2015 weitere Entwicklungen auf den Markt kommen.