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Zweite ZVSHK-Abwassertagung in Ulm

Gut dimensioniert?

Aufgrund der guten Resonanz bei der Auftaktveranstaltung in Kassel hatte sich der ZVSHK zu einem weiteren Tagestermin im Süden der Republik entschlossen. Gut 150 Planer und Praktiker folgten der Einladung nach Ulm. Geboten wurden nicht nur zahlreiche Referate rund um die Entwässerungstechnik, denn allein das hätte die Seminargebühr bereits gerechtfertigt. Als Zugabe konnten die Teilnehmer auch den über 400 Seiten starken Kommentar mit integrierten Normen in Empfang nehmen, den ein Autorenteam zur geltenden DIN EN 12056-4 und der nationalen Restnorm DIN 1986-100 geschrieben hatte. Dank Sponsoring gab es dieses Nachschlagewerk im Wert von 74 Euro gratis. Informationen ließen sich auch in der begleitenden Fachausstellung einholen, denn einige Entwässerungsspezialisten präsentierten dort Spezialprodukte und Systemlösungen.

Kleinere Nennweite und weniger Wasser

Aufgrund einer Initiative des ZVSHK kam es in den vergangenen Jahren zu umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen in der Fachhochschule für Sanitärtechnik in Burgsteinfurt, durch die letztlich Verbesserungen in der Entwässerungstechnik erzielt wurden. Beispielsweise gelang dem Team von Prof. Bernd Rickmann der Nachweis, dass durch verringerte Spülmengen und reduzierte Nennweiten in häuslichen Schmutzwasseranlagen zumindest gleichwertige Spülergebnisse und Selbstreinigungseffekte zu erreichen sind. Diese Erkenntnisse haben zu Änderungen in der Normung geführt. In seinem Kurz-Referat zeigte Prof. Rickmann Punkte auf, die es bei der Planung und Ausführung von Sammel- und Grundleitungen zu beachten gilt. Er warnte davor, sich für die Dimensionierung größerer Systeme nur auf Tabellenwerte zu verlassen. „Das mag für Überschlagsrechnungen ausreichen“, gestand er zu, „doch in komplexen Entwässerungen verlangt die Hydraulik nach detaillierten Berechnungen.“ Seine Ausführungen wusste er mit Beispielen zu unterstreichen, die sich aus zahlreichen Störfällen und Schadensbildern im Laufe der Jahre ergeben haben.

Abwasserrohre sichtbar verlegen

„Grundleitungen gehören heute nicht mehr unter die Grundplatte“, prangerte ZVSHK-Referent Franz-Josef Heinrichs eine noch immer gängige Lösung an. Der Fachmann für Sanitärtechnik referierte über das fachgerechte Verlegen von Entwässerungsleitungen und verwies als Mit-Autor des Kommentars zur DIN 1986-100 auf die Vielzahl von Beispielen in Wort und Bild, die im Fachbuch thematisiert werden.

Wähle man für die Leitungswege der Entwässerung stattdessen Regionen unter der Kellerdecke, dann seien Störfall, Dichtheitsprüfung oder Teilerneuerung keine kostspielige Angelegenheit mehr, argumentierte er im Hinblick auf eine jahrzehntelange Gebäudenutzung. Er sprach auch eine weitere Forderung im neuen Regelwerk an: „Regen- und Schmutzwasser sollen möglichst getrennt geführt und erst an der Grundstücksgrenze in einem offenen Schacht zusammengeleitet werden.“ Zwar sei dies bei engster Bebauung im Stadtbereich oftmals nicht einfach umsetzbar. Für diese Fälle gebe es die Öffnung in der Norm, dass dann eine Zusammenführung unmittelbar an der Gebäudeaußenwand erfolgen müsse. Als wichtiges Schutzziel gelte es zu erreichen, dass es nicht zu Schäden durch austretendes Abwasser im Gebäude kommt.

Heftige Niederschläge wurden neu definiert

Starkregenereignisse haben der Entwässerungs-Norm für Gebäude ihren Stempel aufgedrückt. Bedingt durch den Klimawandel hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) zu erwartende außergewöhnlich heftige Niederschläge neu definiert. Ein 5 Minuten dauernder Starkregen, der statistisch einmal in 5 Jahren zu erwarten ist, muss heute etwa um 10 % reichhaltiger bemessen werden als früher. Alle Regionen Deutschlands sind in der Datenbank „Kostra DWD 2000“ erfasst und können beispielsweise von Entwässerungsspezialisten für ihre Planung genutzt werden. Nähere Infos zur erforderlichen Software (auch Demo-CD) gibt es über http://www.itwh.de

Prof. Bernd Rickmann erläuterte wichtige Punkte in der Entwässerungstechnik auf privatem Grund. Die kommunalen Wasserbehörden würden jetzt deutlich stärker darauf drängen, dass möglichst wenig Niederschlag dem öffentlichen Entwässerungssystem zugeführt wird. Deshalb gelte es, eine zeitlich bedingte Regenrückhaltung anzustreben. Wenn möglich, sollte man sich für eine dezentrale Versickerung stark machen, war sein Rat an die Planer und Praktiker.

Flächen für Über­flutungen vorbereiten

Die „schadlos überflutbare Grundstücksfläche“ sei nun eine Definition, der in Zukunft hohe Bedeutung zukomme, erläuterte Prof. Rickmann. „Ein kostengünstiges Flachdach kann aber nicht auch noch mit einer kostengünstigen Entwässerungstechnik kombiniert werden – beides lässt sich nicht vereinbaren. Nur wenige Zentimeter an aufgestauten Niederschlägen können zu ganz erheblichen Auflastungen führen“, warnte er. Der Planer einer Dachentwässerung habe sicherzustellen, dass auch ein so genannter Jahrhundertregen durch Notüberläufe funktionssicher vom Dach abgeleitet werden könne. Unterstützend dazu müsse das Entwässerungssystem zu einem bzw. mehreren Entspannungspunkten auf dem Grundstück geführt werden, über die die Niederschläge austreten und definierte Flächen schadlos überfluten können.

Wie groß diese Flächen bemessen sein müssen und wie zeitnah von dort Niederschläge ans öffentliche Netz weitergegeben werden dürfen, ist im Merkblatt DWA-A118 festgelegt. Der Hamburger Entwässerungsspe­zialist Klaus-Dieter Sondergeld ging auf die Regenrückhaltung in Mulden, Rigolen und indus­triell gefertigten Volumenspeichern ein, die als Drossel wirken können. „Als Ausgangsgröße für entsprechende Nennweiten in der weiterführenden Entwässerung nach dem Entspannungspunkt gilt der fünfminütige Bemessungsregen, der alle zwei Jahre einmal zu erwarten ist“, machte er den Planern deutlich und erinnerte daran, dass entsprechend der Kostra-Daten die zu erwartenden Mengen sehr unterschiedlich ausfallen können. Im Vortrag wurde klar, dass sich jeder betroffene Fachbetrieb intensiv mit der Thematik auseinandersetzen muss. Weitere Fachbeiträge konzentrierten sich auf folgende Punkte:

  • Planung von Abwasserhebeanlagen
  • Bauprodukte und ihre CE-Kennzeichnung
  • Empfehlenswerte Weiterbildungen, die durch die Überwachungsgemeinschaft Technische Anlagen der SHK-Handwerke ­realisiert werden können.
  • Instandhaltung von Entwässerungsleitungen.

Statt wie früher mehr als ein Dutzend einzelne Regelwerke berücksichtigen zu müssen, ist zur Grundstücks­entwässerung nun alles einer Norm bzw. einem kommentierenden Fachbuch zu entnehmen: Alles Wichtige für die ­Gebäude- und Grundstücksentwässerung wurde in der über­arbeiteten DIN 1986-100 zusammengefasst und gilt seit Mai 2008. Für Planer und Praktiker wurden in dieser Tagesveranstaltung die wesentlichen Dinge herausgearbeitet.TD