Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Störfaktoren in der Trinkwasserinstallation

Mit Zunahme der Komfortansprüche in den letzten Jahrzehnten wird Trinkwasser heute über eine Vielzahl von Entnahmestellen direkt am Ort des Gebrauchs als kaltes oder warmes Trinkwasser für den Verbraucher bereitgestellt. Die Bedarfsdeckung konzentriert sich dadurch nicht mehr nur auf wenige Entnahmestellen mit kurzen Fließwegen im Gebäude, sondern erfolgt über ein weitverzweigtes Rohrleitungssystem. Bedingt durch die große Anzahl von Entnahmestellen ist die Benutzungsfrequenz der einzelnen Armaturen gering. Das hat zur Folge, dass die zugehörigen Rohrleitungen nur schwach durchströmt werden und die Verweildauer des Trinkwassers in der Rohrleitungsanlage dadurch zunimmt.

Zusätzlich fördern „lauwarme Temperaturbereiche“ das Wachstum von Mikroorganismen und stellen damit zunehmend ein Problem in der Trinkwasserinstallation dar. Einerseits führen zu geringe Austrittstemperaturen aus der zentralen Trinkwassererwärmungsanlage oder eine mangelhafte bzw. fehlende Zirkulation zu einer Absenkung der Temperaturen des erwärmten Trinkwassers. Andererseits verursacht die heute übliche Installation der Rohrleitungen in Schächten, Zwischendecken und Vorwänden sowie die Parallelverlegung von Trinkwasserleitungen kalt mit warmgehenden Rohrleitungen erhöhte Temperaturen des kalten Trinkwassers.

Kaltes Trinkwasser soll kalt bleiben

Um das Wachstum von Mikroorganismen zu minimieren, müssen daher Temperaturbereiche vermieden werden, die im Wachstumsbereich fakultativer Krankheitserreger liegen. Niedrige Temperaturen bieten den Mikroorganismen schlechte oder keine Wachstumsbedingungen. Temperaturen nahe dem Wachstumsoptimum ermöglichen ein schnelles Wachstum. Bei Legionellen, atypischen Mykobakterien, aber auch bei P. aeruginosa sind Temperaturbereiche zwischen > 25 °C und < 55 °C, insbesondere aber 30 bis 40 °C strikt zu vermeiden. Häufig übersehen wird dabei der Kaltwasserbereich, in dem es durch Wärmeübergänge zum regelhaften und über längere Zeiträume andauernden Überschreiten von 25 °C kommen kann. Als sichere Temperatur wird beispielsweise in der DVGW-Wasserinformation 90 nur eine Temperatur von < 20 °C für Legionellen angesehen. Dies entspricht auch vielen internationalen Vorgaben, ist technisch jedoch schwer bis gar nicht umsetzbar.

Die besonders in der jüngeren Vergangenheit auch in neu erstellten Trinkwasserinstallationen vermehrt nachgewiesenen Kontaminationen mit Legionellen im kalten Trinkwasser verdeutlichen, dass die bereits seit vielen Jahren bestehenden Regeln und Zielsetzungen zur Reduzierung der Temperaturen des Trinkwassers kalt entweder nicht hinreichend konkret formuliert sind, nicht eingehalten werden oder aufgrund fehlender technischer Konzepte nicht eingehalten werden können. Das hat zur Folge, dass Trinkwasserinstallationen – häufig unbemerkt – mit zu hohen Temperaturen betrieben werden. Eine Kontamination des kalten Trinkwassers mit Legionellen kann das Ergebnis sein. Der Betreiber hat in diesem Fall lediglich die Möglichkeit, auf reaktive Maßnahmen zur Beseitigung der Kontamination zurückzugreifen.

Info: Reaktive Maßnahmen sind entweder Sofortmaßnahmen, die eine bestehende Kontamination im gesamten Rohrnetz kurzfristig beseitigen sollen, oder Maßnahmen, die nur an der Entnahmestelle wirksam sind.

Zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung für den Verbraucher ergeben sich durch diesen Zusammenhang erhöhte Anforderungen an die Hygiene bei Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasserinstallationen. Bereits im Planungsprozess sollte daher eine Kontrolle der nach einer Stagnationsphase an einer Entnahmestelle zu erwartenden Temperaturen sowohl des warmen als auch des kalten Trinkwassers erfolgen. Dabei müssen die Wärmeverluste bzw. der Wärmeeintrag gedämmter Rohrleitungen in Abhängigkeit von den vorherrschenden Umgebungslufttemperaturen Berücksichtigung finden.

Einfluss der Installationstechnik

In den letzten 30 Jahren hat sich die Installationstechnik für Trinkwasserleitungen grundlegend verändert. Bis in die 1980er-Jahre hinein wurden kalte und warme Trinkwasserleitungen in Schlitzen massiver Wände verlegt und anschließend eingemauert. Heizungsleitungen wurden in der Regel von kalten Trinkwasserleitungen weit entfernt installiert. Eingemauerte Stockwerks- oder Einzelzuleitungen wurden so nur unwesentlich mit den Wärmelasten aus dem senkrecht verlaufenden Installationsschlitz zur Aufnahme der Steig-/Fallleitungen beaufschlagt. Die Temperatur des kalten Trinkwassers wurde in diesen Leitungsteilen dadurch ausschließlich von den Lufttemperaturen, die die Installationswand umgeben, beeinflusst. Die Raumlufttemperaturen sind mit 24 °C im Badezimmer und maximal 22 °C in angrenzenden Flur- oder Wohnräumen verhältnismäßig gering, sodass sich das kalte Trinkwasser in den eingemauerten Leitungen nicht auf kritische Temperaturen erwärmen konnte. Diese Installationstechnik hatte viele Nachteile, führte aber automatisch zu relativ geringen Temperaturen des kalten Trinkwassers, auch nach Stagnationsphasen. Heute werden Trinkwasserleitungen aus guten Gründen fast ausschließlich in den Hohlräumen sogenannter Installationsvorwände frei verlegt. Insbesondere bei vertikalen Erschließungskonzepten kommt es dabei zu einem Luftverbund zwischen dem Installationsschacht und der Installationsvorwand. Nicht nur im Wohnungsbau ist es mittlerweile üblich, die Leitungen für das kalte Trinkwasser in einem Steigeschacht gemeinsam mit den warmgehenden Leitungen sowohl der Sanitär- als auch der Heizungstechnik zu verlegen. Durch den Luftverbund zwischen einem hochinstallierten Schacht und der Installationsvorwand werden bei den modernen Installationstechniken nicht nur die Steigleitungen, sondern auch die Stockwerks- und die Einzelzuleitungen höheren Umgebungslufttemperaturen ausgesetzt. In den Schächten und Vorwänden einer Vorwandinstallation müssen gegebenenfalls mittlere Lufttemperaturen erwartet werden, die deutlich höher liegen als 25 °C (Bild 1 und 2).

Bei horizontalen Verteilungen wird in der Regel die Zwischendecke in den Fluren als Installationsraum genutzt. Neben den warmgehenden Leitungen der Sanitär- und Heizungstechnik sorgen in diesem Bereich weitere Wärmequellen, z. B. aus der Elektro- und Klimatechnik, für Lufttemperaturen, die erfahrungsgemäß deutlich höher liegen als 25 °C. Vielschichtige Berechnungen und messtechnische Untersuchungen zeigen, dass der Einfluss der Dämmung der kalten Trinkwasserleitungen als adäquate Maßnahme zur Vermeidung bzw. Begrenzung der Temperaturerhöhung in der Fachwelt überschätzt wird. Bei zu erwartenden Umgebungstemperaturen von bis zu 30 °C in Rohrkanälen, Schächten, abgehängten Decken und Vorwänden in Verbindung mit geringen und ungleichmäßig über den Tag verteilten Wasserwechseln können selbst bei Dämmung der Rohrleitungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) die Temperaturen des Trinkwassers kalt vor den Entnahmearmaturen nicht dauerhaft unter 25 °C gehalten werden (Bild 3).

Der Wasserinhalt einer kalten Trinkwasserleitung mit geringer Nennweite (DN 20), die sich z. B. in einer Zwischendecke oder einer Installationswand mit einer Umgebungstemperatur von 28 °C befindet, überschreitet bereits nach einer Stagnationsphase von etwas mehr als zwei Stunden eine Temperatur von 25 °C (Bild 4).

Sofern nicht Methoden zur thermischen Entkopplung konsequent umgesetzt werden, muss bei den heute üblichen Installationsmethoden sowohl bei horizontalen als auch bei vertikalen Verteilungskonzepten damit gerechnet werden, dass nach einer Stagnationsphase kurzzeitig Kaltwasser mit Temperaturen > 25 °C aus den Entnahmearmaturen austritt (Bild 5 und 6). Das trifft insbesondere auf die Wintermonate zu, wenn die Raumheizung mit höheren Vorlauftemperaturen gefahren wird.

Es gehört zu den alltäglichen Erfahrungen, dass frühmorgens das „kalte“ Trinkwasser zunächst leicht erwärmt aus der Entnahmearmatur austritt und dass erst nach Ablaufenlassen des Stagnationswassers kühleres Trinkwasser zur Verfügung steht. Das spürbar erwärmte Wasservolumen stammt dabei aus den Leitungen mit geringem Leitungsdurchmesser (Stockwerks- und Einzelzuleitungen), während das kühlere aus großvolumigen Leitungen (Steig-/Verteilungsleitungen) nachströmt (Bild 1).

Spätestens wenn bei aktuellen Neuplanungen überwiegend nur Installationsräume mit zu erwartenden Lufttemperaturen > 25 °C für die Verlegung der kalten Trinkwasserleitungen zur Verfügung stehen, muss die Temperatur des Kaltwassers im Planungsprozess berücksichtigt werden, damit alle Anforderungen aus den Regelwerken erfüllt werden können.

Temperatur-Zapfprofile

Neben einer Kontamination der Trinkwasserinstallation mit Krankheitserregern können auch Komfortaspekte, wie stark schwankende Fließdrücke vor den Entnahmearmaturen und damit verbundene Temperaturschwankungen des Mischwassers oder auch ein zu geringer Entnahmevolumenstrom usw., zu Beanstandungen führen. Eine erste Beurteilung der Betriebsverhältnisse auffällig gewordener Trinkwasserinstallationen erfolgt in der Regel auf der Grundlage von sogenannten Zapfprofilen an ausgewählten Entnahmearmaturen.

Unter einem Zapfprofil wird der zeitliche Verlauf der Kalt- bzw. Warmwassertemperatur bei Wasserentnahme an einer Entnahmestelle im laufenden Betrieb verstanden. Dabei wird mit einem Sekundenthermometer die Temperatur im Kernstrom des aus einer Entnahmearmatur austretenden Wasserstrahls kontinuierlich gemessen (Bild 7 und 5). Für die messtechnische Aufnahme der Zapfprofile sollten jeweils im Rohrnetz endständig positionierte Entnahmestellen ausgewählt werden. Die Lage dieser Entnahmearmaturen ist durch maximal lange Fließwege von der Wassereinspeisung im Gebäude bis zur Entnahmestelle gekennzeichnet.

Anforderungen an Entnahmearmaturen

Da sich erste Untersuchungen auf die Entnahmearmaturen konzentrieren, müssen für eine kritische Beurteilung der Betriebsverhältnisse zunächst die wesentlichen Anforderungen an Entnahmearmaturen aus maßgeblichen Regelwerken bekannt sein (DIN 1988-200, DIN 1988-300, DIN 1988-500, DVGW W 551, DVGW W 553, VDI 6003, VDI 6023 usw.).

Info: Betriebsverhältnisse sind die Wechselwirkung zwischen Wasseraustausch durch Entnahme von kaltem Trinkwasser, Induktion oder Spülmaßnahmen in einer Rohrleitung und den damit verbundenen Temperaturen des Trinkwassers kalt bei einer vorgegebenen Umgebungstemperatur.

Eine Entnahmearmatur wird auf ihrer Kennlinie (Armaturenkennlinie) zwischen Fließdruck und Ruhedruck betrieben. Der Fließdruck ist der niedrigste statische Druck im Armaturenanschluss, der sich mit Auftreten des Spitzendurchflusses (Auslegungsfall) einstellt. Der Fließdruck muss immer größer oder gleich dem Mindestfließdruck sein. Der Ruhedruck ist der statische Druck, der sich einstellt, wenn kein Wasser aus der Trinkwasserinstallation entnommen wird. Der Ruhedruck im Armaturenanschluss sollte aus Gründen des Schallschutzes 5000 hPa nicht überschreiten. Je nach Lage im Rohrnetz variieren sowohl die Ruhe- als auch die Fließdrücke vor den Entnahmearmaturen. Je geringer die Differenz zwischen Ruhe- und Fließdruck ist, umso geringer ist der Einfluss anderer Wasserentnahmen im Netz auf den Entnahmedurchfluss. Temperaturschwankungen an Mischarmaturen ohne thermostatische Temperaturregelung können so reduziert werden.

Damit eine Kontrolle der Hygiene- und Komfortanforderungen an Entnahmearmaturen bereits im Planungsprozess erfolgen kann, müssen für jede Entnahmearmatur sowohl der Fließ- als auch der Ruhedruck und die möglichen Durchflüsse an den Entnahmearmaturen bekannt sein. Diese Werte ergeben sich aus einer Rohrnetzberechnung für die Trinkwasserinstallation.

Aus der in Bild 8 dargestellten Entnahmearmatur mit einem Berechnungsdurchfluss von 0,15 l/s können im realen Rohrnetzbetrieb bei voller Öffnung z. B. mit Auftreten des Spitzendurchflusses minimal 0,12 l/s oder bei Ruhedruck maximal 0,18 l/s entnommen werden. Für die Berechnungen sollten vorzugsweise die Angaben der Hersteller über die Berechnungsdurchflüsse und die Mindestfließdrücke der Entnahmearmaturen berücksichtigt werden.

3-Liter-Regel

Eine erste Anforderung an die Funktionalität einer Entnahmearmatur erfolgt aus trinkwasserhygienischen Gründen. Im DVGW-Arbeitsblatt W 551 wurde erstmalig die sogenannte 3-Liter Regel aufgestellt. Danach können Stockwerks- und/oder Einzelzuleitungen mit einem Wasservolumen von weniger als 3 l im Fließweg ohne Zirkulationsleitungen realisiert werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass spätestens nach Ablauf von 3 l an jeder Entnahmearmatur Wasser mit mindestens 55 °C zur Verfügung stehen muss.

In der Kaltwasserinstallation gilt ebenfalls eine 3-Liter-Regel. Danach müssen Einzelzuleitungen so kurz wie möglich sein. Ein Wasservolumen von 3 l ist als Obergrenze einzuhalten; kleinere Wasservolumina sind anzustreben.

30-Sekunden-Regel

Zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit von Entnahmearmaturen gilt gemäß DIN 1988-200 die Anforderung, dass bei bestimmungsgemäßem Betrieb maximal 30 s nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Kaltwassers 25 °C nicht übersteigen darf und die Temperatur des warmen Trinkwassers mindestens 55 °C erreicht haben muss. Damit gilt auf der Warmwasserseite neben der 3-Liter-Regel aus dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 auch noch die 30-Sekunden-Regel aus DIN 1988-200.

Bild 9 zeigt den Verlauf der Ausstoßzeiten für 3 l Leitungsvolumen über Entnahmearmaturen mit einem Berechnungsdurchfluss von 0,15 l/s bzw. 0,07 l/s. Bei einer handelsüblichen Mischarmatur für eine Dusche mit einem Berechnungsdurchfluss von 0,15 l/s beträgt die Ausstoßzeit für 3 l Stagnationswasser bei Mindestfließdruck 27 s. Damit kann zu jedem Zeitpunkt die 30-Sekunden-Regel erfüllt werden. An einer Waschtischarmatur mit einem Berechnungsdurchfluss von 0,07 l/s liegt allerdings die Ausstoßzeit mit fast 60 Sekunden bei Mindestfließdruck bereits doppelt so hoch. Die 30-Sekunden-Regel ist damit bei Waschtischarmaturen die deutlich schärfere funktionale Anforderung.

Die Einhaltung der betrieblichen Parameter wird in der Regel an Waschtischarmaturen überprüft. Damit nach einer Stagnationsphase auch an diesen Entnahmestellen die 30-Sekunden-Regel erfüllt werden kann, muss das Stagnationsvolumen (VnZirk) in den nichtzirkulierenden Stockwerks- und Einzelzuleitungen mit Temperaturen < 55 °C deutlich geringer gehalten werden als 3 l.

Für einen sicheren Planungsprozess ist es daher erforderlich, mit der Rohrnetzberechnung den nichtzirkulierenden Wasserinhalt (VnZirk) und die zugehörige Ausstoßzeit (tAus) für jeden Warmwasser-Fließweg zu berechnen und zu überprüfen (Bild 9). Die Druckverhältnisse vor der Entnahmearmatur und die zugehörigen Entnahmedurchflüsse müssen dabei berücksichtigt werden (Bild 10).

Die Dämmung der PWC-Stockwerks- und Einzelzuleitungen mit geringen Nennweiten (DN 12 bis DN 20) kann die Temperaturerhöhung in einer Stagnationsphase auf Umgebungstemperatur nur geringfügig zeitlich verzögern, aber nicht verhindern. Die Leitungsanlage muss in solchen Fällen so gestaltet werden, dass zumindest noch die 30-Sekunden-Regel der DIN 1988-200 sicher eingehalten werden kann. Gegebenenfalls müssen temperaturgeführte Spül- bzw. Wasserwechselmaßnahmen, die auch die Stockwerksinstallationen umfassen müssen, etabliert werden.

Zur Überprüfung der 30-Sekunden-Regel muss daher bereits im Planungsprozess, abhängig von der Charakteristik der Entnahmearmatur, sowohl die Ausstoßzeit (tAus) für das nichtzirkulierende Wasservolumen als auch die Ausstoßzeit für das PWC-Stagnationswasser im Fließweg, das nach einer zu erwartenden Stagnationsphase eine Temperatur von 25 °C überschritten hat, berechnet und nachgewiesen werden (Bild 11 und 6).

Komfortklassen nach VDI-Richtlinie 6003

Mit der VDI-Richtlinie 6003 werden zusätzlich noch Komfortklassen für die Bewertung von Warmwasser-Entnahmestellen eingeführt, um zu einer technisch einwandfreien und rechtssicheren Grundlage und Planung zu gelangen. Die Komfortklasse muss in Abstimmung mit dem Nutzer bzw. Auftraggeber für jede Entnahmearmatur entsprechend der Nutzung festgelegt werden. Die Komfortklassen sind abhängig vom Armaturentyp und legen die PWH-Ausstoßzeit tAus und den Entnahmevolumenstrom VE der betreffenden Armatur fest.

Bei Mindestfließdruck dauert es z. B. ca. 1 min, bis 3 l Wasser aus einer Waschtischarmatur (VR = 0,07 l/s) abgeflossen sind. Damit kann zwar die 3-Liter-Regel erfüllt werden, die 30-Sekunden-Regel wird aber erheblich überschritten. Nach den VDI-Regeln würde diese Armatur noch der Komfortklasse I zugeordnet werden können (Bild 12), während nach DIN 1988-200 die Gebrauchstauglichkeit nicht mehr gegeben wäre! Die Ausstoßzeiten von Stagnationswasser sollten wahlweise mit dem Berechnungsdurchfluss der Entnahmearmatur bzw. mit dem Entnahmevolumenstrom bei Ruhe- oder bei Fließdruck berechnet werden können.

Berechnete Temperatur-Zapfprofile

Zur Vermeidung gravierender Fehlfunktionen im laufenden Betrieb ist es sinnvoll, bereits im Planungsprozess über die Rohrnetzberechnung für jede Entnahmearmatur ein Zapfprofil zu berechnen. Auf der Warmwasserseite sind die Einhaltung der 3-Liter-Regel, der 30-Sekunden-Regel und auch der Nachweis der Komfortklasse relativ einfach rechnerisch nachzuweisen. Die Temperatur des kalten Trinkwassers an der Entnahmestelle im Planungsprozess rechnerisch zu kontrollieren ist ungleich schwerer. Der Verlauf der Kaltwassertemperatur im laufenden Betrieb ist instationär und abhängig von der Eintrittstemperatur des Trinkwassers in das Gebäude, den jeweiligen Rohrdurchmessern, den Umgebungstemperaturen, der Dämmung und auch noch vom Wasserwechsel durch Zapfvorgänge.

Einfach zu berechnende, näherungsweise stationäre Zustände ergeben sich erst in Stagnationsphasen, in denen kein oder nur wenig Trinkwasser aus der Leitungsanlage entnommen wird. Für die Berechnung von Temperatur-Zapfprofilen müssen daher die maximale Stagnationszeit und für jede Teilstrecke die Nennweite, die Dämmschichtdicke mit Wärmeleitfähigkeit und die entsprechende Umgebungstemperatur bekannt sein.

Für die grundsätzliche Beurteilung der zu erwartenden Funktionalität einer Trinkwasserinstallation ist es ausreichend, wenn die Berechnung eines Zapfprofils in einer ersten Näherung erfolgt, das heißt ohne Berücksichtigung der instationären Wärmeübergänge während des Zapfvorgangs.

Maximale Stagnationszeit

Die maximale Stagnationszeit ist der längste Zeitabschnitt, in dem bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Trinkwasserinstallation in einer Teilstrecke kein bzw. nur wenig Wasser fließt. In allen Trinkwasserinstallationen, die von Personen mit einem normalen Lebensrhythmus genutzt werden, kann die maximale Stagnationszeit mit fünf bis acht Stunden erwartet werden (Bild 3). In Gebäuden, die bestimmungsgemäß an den Wochenenden nicht oder nur teilweise genutzt werden, wie Schulen, Kindergärten, Verwaltungsgebäude, Kaufhäuser usw., kann die maximale Stagnationszeit auch deutlich länger werden.

Umgebungstemperaturen

Für die Berechnung der Kaltwassertemperaturen nach einer Stagnationsphase und der Ausstoßzeiten für überwärmtes Kaltwasser ist die jeweilige Umgebungslufttemperatur der betreffenden Rohrleitungen von besonderer Bedeutung. Die zu erwartenden Lufttemperaturen in Zwischendecken von Fluren ergeben sich vorwiegend aus Messergebnissen zwischen 25 und 30 °C (z. B. Bild 3). Für den Luftverbund Schacht/Vorwand kann die zu erwartende mittlere Lufttemperatur aus den inneren Wärmelasten und den Transmissionswärmeübergängen an den Umschließungsflächen (Schacht/Vorwand) über eine Wärmebilanz berechnet werden. Bild 2 enthält Anhaltswerte. Messtechnische Untersuchungen an Versuchsaufbauten bestätigen die rechnerischen Ergebnisse und liefern darüber hinaus weitere Erkenntnisse zur thermischen Entkopplung.

Die Berechnungen für die Ausstoßzeiten sollten wahlweise für den Durchfluss der Entnahmearmatur bei Fließ- bzw. Ruhedruck (Bild 8) durchgeführt werden können. Werden in die berechneten Temperatur-Zapfprofile die Grenzlinien für die Ausstoßzeiten aus den vorgenannten Regelwerken eingetragen, ergibt sich dadurch bereits in der Planungsphase eine leistungsfähige Bewertungsgrundlage (Bild 11 und 6).

Das nicht zirkulierende Warmwasservolumen im Fließweg VnZirk, die Ausstoßzeit tAus und die Komfortklasse sollten im Datenblatt des entsprechenden Warmwasser-Fließwegs protokolliert werden (Bild 11). Dementsprechend sollten auch im Datenblatt eines Fließwegs, der zu einer Kaltwasser-Entnahmestelle führt, das Volumen des Stagnationswassers VStag>25°, das nach einer zu erwartenden Stagnationsphase eine Temperatur von 25 °C überschritten hat, und die zugehörige Ausstoßzeit tAus angegeben werden (Bild 6).

Probenahme

Nach Ablauf von 1 l Wasser wird die Probe für die Untersuchung auf Legionellen gezogen. Es ist daher von Interesse zu wissen, über welche Temperatur die Wasserprobe nach einer Stagnationsphase verfügt. Im Zapfprofil der Entnahmestelle sollte aus diesem Grunde auch eine Grenzlinie für das Zapfvolumen von 1 l angegeben werden (Bild 11 und 6), wie beispielsweise in der Berechnungssoftware Dendrit Studio 2.0 (Version 2017). Mit Anklicken dieser Grenzlinie wird dort die Teilstrecke im Strangschema blau markiert, aus der die Wasserprobe gewonnen wird.

Fazit

Der konstruktive Aufbau der Stockwerksinstallationen hat nennenswerte Auswirkungen auf die zu erwartende Temperatur des kalten Trinkwassers nach einer Stagnationsphase. In diesem Installationsbereich müssen verstärkt Methoden zur thermischen Entkopplung umgesetzt werden, damit die montagetechnischen Vorteile einer Vorwandinstallation genutzt werden können, ohne dass die Temperatur des Kaltwassers dadurch unzulässig steigt. Spätestens wenn bei aktuellen Neuplanungen überwiegend nur Installationsräume mit zu erwartenden Lufttemperaturen > 25 °C für die Verlegung der kalten Trinkwasserleitungen zur Verfügung stehen, muss die Temperatur des Kaltwassers im Planungsprozess berücksichtigt werden, damit alle Anforderungen aus den Regelwerken (a.a.R.d.T.) erfüllt werden können.

Bereits im Planungsprozess muss das Zusammenwirken von Umgebungstemperatur, Rohrdurchmesser, Dämmung und Wasserwechsel planerisch aufeinander abgestimmt werden, damit die Temperaturen des Trinkwassers kalt in jedem Betriebszustand möglichst niedrig, zumindest jedoch unter 25 °C gehalten werden können. Innovative Rohrnetzberechnungssoftware bietet hier eine ideale Hilfestellung.

Info

Folgende Personen waren als Co-Autoren an dieser Publikation beteiligt:

Prof. Bernd Rickmann, Prof. Dr. Werner Mathys und Timo Kirchhoff.

Autor

Dr. Lars Rickmann promovierte 2014 an der UMIT mit dem Thema „Einfluss neuer Konzepte bei Planung und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des Trinkwassers“. E-Mail: Rickmann47@gmail.com