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ISH digital 2021

„Das Badezimmer wird grün, smart und multifunktional“

SBZ: Herr Wischmann, wie sehen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation für die Sanitärbranche?

Jens J. Wischmann: Die Wohnung ist aus naheliegenden Gründen derzeit der Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens. Auch wenn das Thema Wohnen schon vor der Pandemie wichtig war, hat es nun noch einmal an Bedeutung gewonnen: Die Menschen investieren in ihre Wohnung, renovieren, heimwerken, richten sich schön ein. Die Popularität des Themas sorgt auch für eine wachsende Attraktivität des Badezimmers. Es wird zunehmend als vollwertiger Aufenthaltsraum wahrgenommen – mit den entsprechenden Ansprüchen an ästhetische Gestaltung und Ausstattungskomfort.

Die hohe Bedeutung des Wohnumfelds für die Lebensqualität ist im privaten Bereich sicherlich ein Treiber für die gute bis sehr gute wirtschaftliche Lage der Sanitärbranche in Deutschland. Das Badezimmer wird zum Rückzugsort innerhalb der eigenen vier Wände und erfährt durch eine hochwertigere Ausstattung eine enorme Aufwertung.

SBZ: Auf der anderen Seite muss die Branche Einschränkungen kompensieren.

Wischmann: Angesichts der sehr guten Marktvoraussetzungen bestehen die Herausforderungen für das Handwerk vor allem in der dünnen Personaldecke, die wenig Reserven erlaubt, und zwar schon deshalb, weil wir seit Jahren ein Nachwuchsproblem haben. Natürlich sind diejenigen unserer Mitgliedsunternehmen aus der Industrie, die stark exportorientiert sind, auch ganz unmittelbar durch die globalen Folgen der Pandemie für die Wirtschaft betroffen – bislang aber erst mit einem überschaubaren Umsatzrückgang. Die digitale Variante der Leitmesse ISH ist vom Timing her also genau richtig gewesen und hat in dieser Phase der Pandemie neue Impulse gegeben.

SBZ: Pop up my Bathroom hat zur digitalen ISH 2021 relevante Badezimmertrends angesprochen.

Wischmann: Natürlich haben wir aktuelle stilistische Trends abgebildet und Neuheiten präsentiert, aber unser erstrangiges Ziel ist es immer gewesen, längerfristige Entwicklungen frühzeitig zu identifizieren und herauszustellen. In den letzten zwei Jahren ist viel passiert. Wir leben in spannenden Zeiten, und die Sanitärunternehmen sind gefordert, auf gesellschaftliche Veränderungen und Rahmenbedingungen Antworten zu geben – zum Beispiel in Form von neuen Produkten und Konzepten. Mit Pop up my Bathroom versuchen wir, Impulse zu setzen und den Fokus auf wichtige Entwicklungen im Badezimmer zu lenken. Dabei greifen viele Trends auch ineinander. Ein Ergebnis daraus ist zum Beispiel das Private Spa – ein wichtiger Trend, den wir vor zwölf Jahren zur ISH 2009 analysiert, benannt und kommuniziert haben.

SBZ: Welche Trends haben Sie ausgemacht?

Wischmann: Aktuell sehen wir drei dominante Badtrends und zwei Trendtreiber. Green Bathroom, Smart Bathroom und Living Bath­room beschreiben die Entwicklungen, die das Design und die Ausstattung künftiger Badgestaltung bestimmen, weil Konsumenten erstens umweltbewusst und wertorientiert investieren wollen, zweitens smarte Technologie neue Standards bei Hygiene, Komfort und Erlebnischarakter setzt und die Menschen drittens höhere Ansprüche an die Aufenthaltsqualität und Nutzungsmöglichkeiten des Bades als entspannendes Private Spa und Ort der Gesundheitspflege stellen.

Während der Trend zum Living Bathroom durch die allgemeine Pandemieerfahrung und die dadurch bedingte allgemeine Aufwertung des Wohnens nochmals an Bedeutung gewinnt, sind mit dem wachsenden Hygienebewusstsein und dem Sanierungsstau bei Privatbädern und (halb-)öffentlichen Sanitäranlagen zwei Treiber zu nennen, die branchenspezifisch sind und die Marktanteile zugunsten der jeweiligen Produktsegmente beeinflussen dürften. Da wartet eine Menge alter Bäder auf eine Wiederbelebung. Und natürlich spielt auch die Pandemie in das Thema Badezimmer hinein und sensibilisiert die Menschen in Sachen Hygiene.

SBZ: Zur ISH 2019 hat das Trendforum Pop up my Bathroom die Branche für das aufkommende Thema einer mutigeren Farbgebung zu gewinnen versucht – durchaus mit Erfolg. Welches Motto hatten Sie sich dieses Jahr auf die Fahnen geschrieben?

Wischmann: Wir haben eine Entwicklung aufgegriffen, die sowohl für das Handwerk als auch für die Konsumenten interessant ist – und dabei speziell für die sanierungswilligen Bauherren. Diese Entwicklung ist eigentlich nicht neu, sondern hat sich in den letzten Jahren eher unauffällig in den Vordergrund gearbeitet und nimmt inzwischen großen Einfluss auf das Layout von Bädern und das Produktdesign: Zunehmend gehen Produkte „vor der Wand“ mit Produkten „hinter der Wand“ eine Symbiose ein – wir nennen es „Inside | Outside“. Unter diesem Motto werden wir auch die drei Badtrends zur ISH digital 2021 inszenieren. Denn das Thema wird nicht nur immer wichtiger für die Entwicklung der Branche, sondern zeigt auch, wie eng hier Design und Handwerk sowie Wohnkultur und Technik Hand in Hand gehen.

SBZ: Die Hygienefrage im privaten Badezimmer bekommt mit der Pandemie eine neue Bedeutung: Gibt es ein Hygieneproblem im Badezimmer?

Wischmann: Die Sensibilität für Sauberkeit und Sicherheit hat sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen deutlich erhöht. Lösungsangebote hierfür sind seitens der Industrie bereits vorhanden. Im Bereich Hygiene muss das Bad also nicht neu erfunden werden. Das Badezimmer ist eigentlich sowieso einer der saubersten Räume in der Wohnung. Das liegt an den Oberflächen und den modernen Produkten, die hier heute zum modernen Standard gehören.

SBZ: Ist dennoch ein gesteigertes Bedürfnis nach Hygiene im Badezimmer festzustellen?

Wischmann: Natürlich, in der Pandemie waschen wir uns täglich sieben- bis zwölfmal die Hände. Daher nimmt das private Badezimmer bei der Hygiene eine wichtige Funktion ein – erst recht in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling, in denen mehr Familienmitglieder als sonst das Badezimmer den ganzen Tag über nutzen. Damit es bei der hier immer wieder auftretenden Feuchtigkeit und Wärme nicht zu einem Nährboden für unerwünschte Keime und Bakterien wird, spielen neben einer modernen Ausstattung auch Pflegemaßnahmen und simple Verhaltensregeln wie gutes Lüften eine Rolle. Berührungslose Armaturen oder Spender gewinnen nun auch für private Bäder an Bedeutung.

SBZ: Sie betonen die zunehmende Bedeutung von Hygienemaßnahmen im privaten Bad – sieht die Entwicklung in öffentlichen Anlagen anders aus?

Wischmann: Im halböffentlichen und öffentlichen Raum hat das Thema Hygiene aktuell noch eine weit größere Relevanz. Die Pandemie hat uns schließlich alle sensibilisiert. Die Hospitality-Branche muss neue Hygienekonzepte entwickeln, und viele sanitäre Einrichtungen für Büroräumlichkeiten, Event-Locations oder im öffentlichen Raum müssen den erhöhten Hygieneanforderungen angepasst und umgerüstet werden. Die Sanitärwirtschaft bietet auch für den öffentlichen bzw. halböffentlichen Bereich diverse Lösungen an.

SBZ: Welche Auswirkungen hat dies auf die Sanitärwirtschaft?

Wischmann: Die ISH digital 2021 hat weitere Produkt- und Dienstleistungsneuheiten aus dem Bereich Hygiene gezeigt. Wasserführende Hygieneprodukte im Bad stellen einen Wachstumsmarkt dar. Hinzu kommt noch, dass bei vielen der hygienischen Sanitärprodukte der Aspekt der Nachhaltigkeit bereits inkludiert ist.

SBZ: Das Thema Sanierung scheint für den deutschsprachigen Raum ein wichtiges Thema zu sein – Sie sprechen sogar von einer Sanierungswelle?

Wischmann: Auf den Immobilienmarkt kommt in den nächsten Jahren eine lange Welle von Sanierungen zu. Dabei steht in Deutschland die Erneuerung des Bades an erster Stelle der geplanten Sanierungsmaßnahmen. Unsere eigene Befragung hat ergeben, dass 16,7 Millionen Bundesbürger zeitnah in ihr Bad investieren wollen. 6,2 Millionen Deutsche planen sogar eine Generalüberholung. Zudem wirkt die Pandemie wie ein Katalysator: Das Zuhause wird immer wichtiger.

SBZ: Welche Motivation haben Besitzer von Eigentumswohnungen oder Häusern bei der Sanierung von Badezimmern?

Wischmann: Bauherren, die fast 20 Jahre lang kaum Kapital ins eigene Bad investiert haben, profitieren nun von der enormen technologischen Entwicklung der Sanitärprodukte in den letzten Jahren. Mit einer Sanierung schließen diese Objekte daher nicht nur an den modernen Standard einer vom Lifestyle geprägten Badarchitektur an, sondern kommen auch in den Genuss innovativer Badprodukte – wie etwa eines Dusch- WCs oder einer großzügigen bodenebenen Dusche. Der damit erzielte konkrete Mehrwert kann durchaus zu einer Wertsteigerung der Immobilie beitragen.

SBZ: Die VDS fordert einen neuen Umgang mit stark veralteten Badezimmern seitens der Entscheidungsträger, Wohnungsbaugesellschaften und Eigentümer. Wie meinen Sie das?

Wischmann: Bei vermieteten Immobilien wird im Badezimmer häufig nur das Notwendigste saniert. Oft scheuen die Eigentümer die Investitionskosten oder mögliche Miet­ausfälle. Dabei zahlt eine Badsanierung wie keine andere Modernisierungsmaßnahme in den Werterhalt einer Immobilie ein.

SBZ: Aber nicht nur in privaten Bädern müsste mal saniert werden. Eltern von Schülern wird es freuen, dass sich die VDS auch für die Modernisierung von Toiletten in Bildungseinrichtungen einsetzt.

Wischmann: Der Gang auf die Toilette und das anschließende Händewaschen gehören zum Grundbedürfnis des Menschen, dem wir in unserem hoch entwickelten Industrie­land auch Rechnung tragen sollten. Die Verhältnisse in deutschen Schulen, Kindergärten und Universitäten sind zum Teil katastrophal. Hier ist ein Richtungswechsel durch die Verantwortlichen unbedingt notwendig.

SBZ: Zur ISH digital 2021 haben Sie unter anderem einen „Green Bathroom“ angesprochen. Was ist das?

Wischmann: Ja, bislang haben nur wenige Badplaner das Thema „Nachhaltigkeit“ beim Verkaufsprozess stärker in den Vordergrund gestellt. Dabei bietet die Sanitärindustrie schon lange nachhaltige Produktlösungen für das Badezimmer an. Da gibt es eine große Auswahl wassersparender Armaturen, die ohne Komfortverlust auskommen, reinigungsfreundliche WCs, die durch eine innovative Spültechnik ohne Rand den Reinigungsmitteleinsatz reduzieren helfen, sowie Dusch-WCs, die durch die Reinigung mit Wasser Toilettenpapier einsparen. Das Umweltbewusstsein ist ja nicht erst mit der Coronapandemie nach oben gespült worden – der Wunsch nach ökologisch nachhaltigem Bauen ist für viele Bauherren schon länger ein echtes Anliegen. Nach der Etablierung eines hohen Designanspruchs in den letzten Jahren wird das grüne Badezimmer sich zum nächsten Standard entwickeln.

SBZ: Dann sehen Sie ein größeres Potenzial für das Thema „Green Bathroom“ in der Kommunikation der Sanitärbranche?

Wischmann: Ja. Außerdem kann man sich damit auch immer noch sehr gut vom Wettbewerb abgrenzen. Wer das Thema Nachhaltigkeit bei der Badplanung in den Fokus rückt, löst beim Bauherrn nicht nur ein Kopfkino aus, sondern kann auch mit harten Fakten punkten. Durch die frühzeitige Einbeziehung der Badplanung in das Architekturkonzept lässt sich das Thema Green Bathroom noch viel konsequenter und attraktiver umsetzen, etwa durch die direkte Anbindung des Bades an den Garten oder die Ausrichtung des Bades nach dem favorisierten Sonnenstand. Bei der Abgabe des Angebotes und der Planung können nachhaltige Aspekte tabellarisch aufgeführt werden. Hier kann sich der Handwerker mit einem innovativen Storytelling vom Wettbewerb abheben, insbesondere gegenüber dem Onlinehandel.

SBZ: Werden jetzt Badezimmer begrünt?

Wischmann: Pflanzen im Badezimmer sind ja grundsätzlich eine schöne Idee, machen aber noch keinen Green Bathroom. Dafür sind nachhaltige Lösungsansätze mit langfristigen Effekten gefragt. Ähnlich wie beim Private Spa bedarf es eines Planers, der ganzheitliche Badentwürfe unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit entwickelt. Auch hier sehe ich einen großen Wachstumsmarkt.

SBZ: Wird der Wunsch nach Nachhaltigkeit das Badezimmer verändern?

Jens J. Wischmann: Definitiv. Wir werden bald so etwas wie einen ökologischen Beipackzettel zum Bad bekommen. Glaubwürdigkeit ist hier das wichtigste Asset. Gerade, weil die Bewertung von nachhaltigem Handeln oder einer nachhaltigen Produktion so komplex ist. Transparenz alleine hilft da nicht, die erreichten Standards müssen auch vermittelbar sein. Zertifikate wie zum Beispiel der Blaue Engel, FSC oder PEFC sowie die Nachhaltigkeitsberichte von Sanitärunternehmen können hier Orientierung geben.

SBZ: Besteht nicht die Gefahr, dass in vielen „grünen“ Badezimmern nur übers Marketing grün gewaschen wird?

Wischmann: Solange man ehrlich kommuniziert und nicht zu dick aufträgt, kann dieser Vorwurf eigentlich nicht ziehen. Da sind Augenmaß und Faktentreue gefragt. Die Branche hat sich mit ihrem Blue-Responsibility-Ansatz ja schon eine gute Basis erarbeitet. Aber Sie haben natürlich nicht unrecht: Produzentenseitig ist durchaus ein gewisser Respekt vor dem Thema zu spüren, eben weil bekannt ist, wie sensibel informierte Konsumenten auf Greenwashing reagieren. Wenn Unternehmen beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit schon über einen längeren Zeitraum in der Unternehmensphilosophie verankert haben, zahlt das natürlich auch in die Glaubwürdigkeit ein.

Ich bin davon überzeugt, dass viele Sanitärunternehmen dem Beispiel folgen werden, da sich die Kaufentscheidung künftig stärker am Nachhaltigkeitsprofil orientieren wird. Dies gilt dann auch für den kompletten dreistufigen Vertriebsweg. Handel und Handwerk werden bei diesem Thema den gleichen Beitrag leisten müssen.

SBZ: Das Badezimmer wird wohnlicher – diese Entwicklung ist nicht neu. Warum haben Sie den Trend „Living Bathroom“ als Top-Trend für das Badezimmer in Ihre 2021er-Kampagne von Pop up my Bathroom aufgenommen?

Wischmann: Zur ISH digital 2021 haben wir uns auf drei Trends beschränkt – wir beschreiben die drei wichtigsten Trends, die uns auch in den nächsten Jahren begleiten werden und großen Einfluss auf die Gestaltung von Badezimmern haben werden. Auch wenn die Aufwertung des Badezimmers für Branchen-Insider kein Thema mehr sein mag, das noch groß diskutiert werden muss, so ist doch die Evolution, die das Zimmer „Bad“ aktuell durchläuft, für viele recht groß. Für diese relativ kurze Zeit erscheint das vielen Endkunden fast wie eine kleine Revolution. Das muss erst richtig bei den Menschen ankommen.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass es in Mietshäusern Etagen-WCs gab, und nun sprechen wir von einem Lifestyle-Badezimmer mit hoher Ausstattungs- und Aufenthaltsqualität. Der Trend „Living Bathroom“ ist für Handel, Handwerk und die Industrie der wohl wichtigste Katalysator für Umsatzzuwächse – und das nicht nur im heimischen Markt, sondern auch auf internationalen Märkten. Hochwertiges Design und innovative Technologien für das Private Spa „made in Germany“ sind zweifelsohne auch Exportschlager.

SBZ: Was sollte ein „Living Bathroom“ beinhalten?

Wischmann: Badmöbel übernehmen bei einem wohnlichen Badezimmer nicht nur eine wichtige optische Funktion, sondern sorgen gleichzeitig auch für ausreichend Stauraum. Das „Living Bathroom“ muss viel Platz zum Dekorieren bieten. Das Interior Design leiht sich Gestaltungsmittel aus dem Rest der Wohnung: viele Stoffe, warme Holztöne sowie Sitzmöbel und Accessoires geben dem Bad einen wohnlichen Charakter. Mal liegt ein Teppich auf dem Fußboden, mal lädt eine Sitzbank oder ein Sessel zum Verweilen ein, und eine professionelle Lichtplanung begleitet die Nutzer von der stimulierenden Morgentoilette bis zum emotionalen Runterkommen am Abend. Durch die Pandemie-Erfahrung ist die Funktion des Badezimmers als Rückzugszone noch wichtiger geworden, und auch eine Funktionserweiterung als Raum, in dem man Fitness und Gesundheit trainieren und pflegen kann, erscheint vielen angesichts reduzierter Betätigungsmöglichkeiten und Kontakte zu Trainingspartnern reizvoll.

Das reicht vom normalen Ergometer bis zum Onlinetraining auf dem Spinning-Bike, von der Gymnastikmatte bis zum smarten Workout-Spiegel. Je mehr Platz ich für eine Sitzgelegenheit oder ein Trainingstool habe, umso mehr wird das Living Bathroom zum echten Lebensraum.

SBZ: Zur Wohnlichkeit trägt auch Farbe bei. Ist Farbe im Bad immer noch ein Thema? Und welche Farben bestimmen aktuell die Badgestaltung?

Wischmann: Das Thema Farbe im Badezimmer ist so aktuell wie nie zuvor. Die ISH 2019 hat im Bad eine regelrechte Farboffensive ausgelöst. In Coronazeiten ist ein wohnliches Zuhause besonders gefragt. Daher ist es auch plausibel anzunehmen, dass die Pandemie Einfluss nimmt auf die Farbpalette im Badezimmer. Beigetöne etwa vermitteln nicht nur ein naturnahes Ambiente, sondern auch Wohnlichkeit. Kein Wunder also, dass immer mehr Bäder in Beigetönen gestaltet werden – wenn man mal vom immer noch vorherrschenden Weiß absieht. Mit Beige als Basisfarbe verschiebt sich das vor zwei Jahren noch uneingeschränkt herrschende Greige um eine Tonlage ins Wohnliche, denn es zitiert deutlicher die aus dem übrigen Wohnbereich bekannten Brauntöne.

SBZ: Das Badezimmer wird zudem auch digitaler. Wie ist der Trend „Smart Bathroom“ aktuell zu bewerten?

Wischmann: Die Vernetzung von Produkten und Geräten im Home-Bereich ist weltweit ein Wachstumsmarkt. Neben der Digitalisierung der Haus- und Sicherheitstechnik im privaten Heim sind Küche und Badezimmer im hohen Maße geeignet, bestehende Produkte in das Netzwerk zu integrieren – allerdings immer unter dem Aspekt der Optimierung des Komforts für den Badnutzer. Ich sehe in den nächsten Jahren im Badezimmer eine zunehmende Digitalisierung.

SBZ: Wie kann ich mir ein „Smart Bath­room“ vorstellen?

Wischmann: Das Prinzip von smarten Anwendungen im Home-Bereich basiert auf der Vernetzung von Anwendungen und der Digitalisierung von Routinen. So ist es heute schon möglich, sein individuelles Duschprogramm für den Start in den Tag abzurufen – jedes Familienmitglied kann über ein eigenes Profil Gradzahl und die Intensität der Wasser­anwendungen einstellen. Auch im Bereich der Dusch-WCs ist der Grad der Digitalisierung schon sehr hoch. Per App können viele Dusch-WCs eingestellt und bedient werden. Spiegelschränke übernehmen smarte Funktionen im Bereich der Lichtgestaltung im Bad und simulieren über die Lichttemperatur wichtige Funktionen im Ablauf des Tages. Und berührungslos auslösende Armaturen werden zunehmend auch im privaten Bad nachgefragt.

Überhaupt sind die Armaturhersteller in ihren Entwicklungen für das Badezimmer schon weit vorangeschritten. Die automatische Befüllung einer Badewanne oder eine multimediale Unterlegung des Duschens ist heutzutage keine Zukunftsvision mehr. Wasser auf Knopfdruck ist im „Smart Bathroom“ der Trend der Stunde.

SBZ: Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand smarter Anwendungen im Badezimmer?

Wischmann: Wir haben zur ISH digital 2021 einen weiteren Digitalisierungsgrad neuer Produkte beobachtet. Dabei steht in erster Linie die Vereinfachung von tagtäglichen Anwendungen für den Badnutzer im Vordergrund. Aber wir werden auch zunehmend Schnittstellen sehen, die dem Handwerk Wartungsmöglichkeiten einräumen. Natürlich spricht die smarte Technik in erster Linie technik­affine Nutzer an, aber die Sanitärhersteller arbeiten vor allem an smarten Nutzungen, um das Leben im Bad zu vereinfachen. Smarte Produkte sollen die Aufenthaltsqualität im Badezimmer erhöhen. Davon profitieren dann zum Beispiel auch ältere Menschen, die länger selbstständig bleiben können.

Dabei denke ich vor allem an eine Unterstützung durch ergonomische Produkte: höhenverstellbare Produkte, bessere Beleuchtung, Wärme, Fitness, Wasser auf Knopfdruck oder eine Erhöhung des Hygienestandards durch ein Dusch-WC.

INFO

Das ist Pop up my Bathroom

Bei Pop up my Bathroom handelt es sich um eine Initiative der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) und der Messe Frankfurt zur ISH. Es ist eine experimentelle Plattform zur Badgestaltung. Hier soll untersucht und gezeigt werden, welche Möglichkeiten das Bad als ästhetischer und funktionaler Raum für die Menschen noch bereithält. Zum einen können sich Fachleute hier über neue Entwicklungen informieren, zum anderen sollen die hier entwickelten Entwürfe in Bilder umgewandelt werden, die weltweit verstanden werden. Als Kommunikationsplattform hierzu ist die Internetseite www.pop-up-my-bathroom.de zu einem stetig aktualisierten Blog ausgebaut worden mit knapp einer Million internationalen Besuchern. Hier können sich Profis und interessierte Endverbraucher neben den „Pop up my Bath­room“-Trends auch über neue Entwicklungen in diversen Sanitärbereichen informieren.

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